Wanderlehrer Ich. Georg Luz, Glascimeister hier, dieser Tage einen starken Bienenschwarm. Wohl der erste in unserer Umgegend!
* Wftovdorf. 29. Mai. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich gestern nacht. Der Dienstknecht des Farrenhalters Walker wurde von einem Farren derart an die Wand gedrückt, daß er bewußtlos zu Boden sank. In der chirurg. Klinik in Tübingen, wohin der Knecht verbracht wurde, wurden schwere innerliche Verletzungen festgestellt, die ein Aufko mmcn des braven und fleißigen jungen Menschen sehr in Frage stellen.
* WevenLÜrg, 28. Mai. Gestern wurde hier Waldinspektor Gauß beerdigt, der die städtischen Waldungen beinahe 50 Jahre lang mit großer Sachkenntnis und Pflichttreue bewirtschaftet hat. Stadtschultheiß Stirn legte namens der Stadt einen Kranz am Grabe des verdienten Beamten nieder.
* Stuttgart, 28. Mai. Die Geschäftskommission der Kammer der Abgeordneten trat heute zu einer Sitzung zusammen, um zur Note des Staatsministeriums vom 20. d. M. betr. die Vereinfachung der Form im schriftlichen Verkehr Stellung zu nehmen. Die Kommission beschloß, die Kammer der Abgeordneten zu ersuchen, sich dahin zu äußern und einverstanden zu erklären, daß im schriftlichen Verkehr des Kgl. Staatsministeriums mit den Landständen die Formel „hochachtungsvoll" künftig in Wegfall kommen soll und bei der Kammer der Standesherren in Anregung zu bringen, ob nicht von dem Gebrauch dieser Formel auch im Verkehr der beiden Kammern untereinander und im Verkehr mit den ständischen Behörden Umgang genommen werden soll.
* Zu einem Fall, der im vorigen Quartal vor dem Schwurgericht Stuttgart verhandelt wurde, berichtet man dem „Schwarzw. Boten" : Im Oktober v. I. wurde in Keimsheim die Scheuer des Stadtschultheißen Nick in Brand gesteckt; dem Feuer fielen sieben Gebäude zum Opfer. Der Verdacht, das Feuer gelegt zu haben, fiel auf den Steinbrecher Christ. Bauer. Am Dienstag abend erhängte sich derselbe im hiesigen Amtsgerichtsgefängnis, nachdem er zuvor ein umfassendes Geständnis, die in Spiegelschrift geschriebenen Drohbriefe an Nick und den Brand verursacht zu haben, abgelegt hatte. Der Bruder des Erhängten, Steinbrecher Jak. Friedr. Bauer, ist wegen eines auf Stadt- schultheiß Nick verübten Bombenattentats zu 1 Jahr 4 Mon. Zuchthaus verurteilt worden.
* (Verschiedenes.) Die üble Gewohnheit der Kinder, kleine Gegenstände in den Mund zu nehmen, hat dem 6jährigen blühenden Knaben des Fabrikarbeiters Handel aus Dettingen a. E. das Leben gekostet. Der Junge hatte einen Schuhnagel in den Mund genommen, unglücklicherweise geriet der Nagel in die Luftröhre, und der Knabe erstickte, ehe ihm Hilfe gebracht werden konnte. — Der Bauunternehmer Sotti aus Nordstetten wurde beim Ueber- schreiten der Geleise auf dem Horb er Bahnhof von einem Herzschlag getroffen, der den sofortigen Tod des in bestem Mannesalter stehenden Sotti zur Folge hatte. — Jn Asperg ist ein in den 20er Jahren stehender Flaschnergehilfe nach seiner eigenen Aussage im Bette überfallen und mit Stockschlägen traktiert worden, daß er nur lässig gekleidet, ganz entstellt zu Fuß in Stuttgart eintraf, um in einem dortigen Krankenhaus Aufnahme zu finden. —In Göppingen wurde die ca. 40 Jahre alte ledige Nähterin Ankele in ihrer Wohnung erhängt aufgefunden. Eine langwierige Krankheit soll die Ursache der That sein.
* Aon der öadischen Grenze, 28. Mai. Bemerkenswerte Submisstonsangebote hat die Vergebung der in Pforzheim vorzunehmenden Kanalisations- und Enzkorrektions- arbeiten ergeben. Das Mindestangebot, das von einer Frankfurter Firma gestellt wurde, lautete auf 434,486 Mk., das
Höchstangebot auf 1,084,833 MI. Zwischen beiden Angeboten besteht also ein Unterschied von 650,347 Mk.
* Keideköerg, 28. Mai. Wie das „H. T." meldet, ist vergangene Nacht Professor Adolf Kußmaul an einem asthmatischen Anfall plötzlich gestorben. (Adolf Kußmaul, geb. 22. Febr. 1822 zu Graben bei Karlsruhe, war ein hervorragender Pathologe. 1855 habilitierte er sich in Heidelberg, wo er 1857 zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. 1859 wurde er Professor der Medizin und Direktor der medizinischen Klinik in Erlangen. 1863 innerer Kliniker in Freiburg, 1876 in Straßburg. Seit 1889 lebte er im Ruhestand in Heidelberg. Er schrieb eine Reihe namhafter Werke. Die Behandlung der Magenkrankheiten bereicherte er durch Einführung der Magenpumpe.)
* Die Arbeiter in den Streichholzfabriken hatten seither furchtbar unter dem Einfluß des giftigen Phosphors zu leiden, sofern sie sogenannte „Deutsche Streichhölzer" machten. Das wird jetzt besser. Man schreibt darüber aus der „Diamantstreichholzfabrik" auf der Rheinau bei Mannheim: Heule wurde hier die letzte Kanne Weißen Phosphors in die Mischmaschine geführt, jenes gefährlichen Giftes, welches die schwersten Knochenerkrankungen heroorruft. Die Diamantgesellschaft hat nun für alle ihre zahlreichen Fabriken einen giftfreien Zündstoff eingeführt, dessen Zusammensetzung Geheimnis des Unternehmers ist. Die Firma fabriziert 60 Millionen Zündhölzer pro Tag, eine Maichine liefert 360 000 Schachteln. Die Fabrikation hat vollständig amerikanische Einteilung. Schachteln sowohl wie Streichhölzer werden von den Maschinen fix und fertig geliefert und nur das Einstecken der Schachteln wird von Arbeiterinnen besorgt.
* Ans der Wfakz, 26. Mai. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus ! Anfang Juni kommt Prinz Ludwig in die Pfalz, und überall rüstet inan sich, dem ältesten Sohne des Regenten einen würdigen Empfang zu bereiten. Weitgehend scheinen insbesondere die Vorbereitungen zu sein, die man im weitberühmten Deidesheim für den Prinzenbesuch trifft. Der „Neuest. Ztg." wird nämlich von dort , e- schrieben: „Ein Teil der hiesigen Männerwelt ist der Manneszierde beraubt worden. Da Prinz Ludwig auch unserer Stadt einen Besuch abstattet und es am königlichen Hofe Sitte ist, daß die Dienerschaft unbebartet erscheint, haben sämtliche Bedienstete der angesehensten hiesigen Häuser ihre Schnurrbärte verschwinden lassen müssen." Ob der Prinz volles Verständnis für diese Ovation zeigen wird?
* Werli«, 28. Mai. In der heutigen Verhandlung des Prozesses gegen Sanden und Genossen wurde der Anklagepunkt, der sich aus das Vergehen gegen das Hypotheken- bankgesetz bezieht, verhandelt. Gegen das Gutachten des Sachverständigen, Kommerzienrat Lucas, hatte die Verteidigung Widerspruch erhoben. Sie erklärte die Art, wie das Zahlenmaterial zusammengestellt sei, für nicht einwandsfrei und die Schlußforderungen für falsch und beantragte, den Bücherrevisor Reuter als Gegensachverständigen zu vernehmen. Der Gerichtshof beschloß demgemäß. Hierauf wurde die Verhandlung auf morgen vertagt.
* Werlin, 29. Mai. Der Beginn der Nordlandreise des Kaisers, die von Travemünde aus angetreten werden soll, fällt auf den 7. Juli. Am 5. August endet dann die Reise in Emden. Die Hohenzollern kehrt hierauf sofort nach Kiel zurück und beschafft die Ausrüstung für eine Kaiserreise nach Rußland.
* Werkln, 28. Mai. Aus St. Petersburg depeschiert man dem B. T.: Hier gilt als feststehend, daß Kaiser Wilhelm von der Nordlandreise kommend am 26. Juli auf der Reede von Reval eintreffen und 4 Tage lang als Gast des Zaren bei den großen Flottenmanövern verweilen werde, ohne an Land zu gehen.
ff Wotsdam, 29. Mai. Der Schah von Persien traf um 6 Uhr nachm, hier ein und wurde vom Kaiser, den
Tobbi Dvortschack schon einmal verhaftet. Damals lastete auf ihm der Verdacht, seinen Vater ermordet und hier auf der Palwe eingescharrt zu haben. Und mit dem Einscharren hatte es auch seine Richtigkeit. Das wegen des Mordes ist unklar geblieben."
Tobbi sah den Sprecher mit einem so durchdringenden Blick an, daß dieser unwillkürlich die Augen zu Boden schlug.
„Der Herr Amtmann könnte mich und meinen Arrestanten Wohl begleiten," sagte er. — „Es ist besser, wenn dem Dvortschack zwei gegenüber stehen."
Diese letzten Worte waren an den Gerichtsbeamten gerichtet, der nun das amtliche Siegel auf das beschlagnahmte Gut zu legen hatte.
„Wahrhaftig — tot!" sagte dieser, die Kammer betretend und in die starren, wachsbleichen Züge des alten Anskat blickend. „Das Mädchen daneben auf der Erde ist wohl auch gestorben. Himmel, ist das ein Tag! Gott behüte uns in Gnaden vor ähnlichem!"
Er bückte sich, hob das regungslose Mädchen vom Boden auf und legte es auf ein zweites, in der Kammer stehendes Bett.
„Sie ist ohnmächtig!" sagte er dabei, erleichtert aufatmend! „Das arme Kind! Ja, ja, es ging scharf her da drinnen in der Stube — und derweilen that der alte Mann da seinen letzten Atemzug; wahrhaftig, dabei können einem wohl die Sinne vergehen."-—
Einige Tage später, zu abendlicher Stunde, stand eine tief verhüllte Frauengestalt vor dem Besitzer der größten Gastwirtschaft in der Kreisstadt des Bezirkes und fragte schüchtern: „Ob der Herr Blankenstein Wohl Arbeit und Obdach für sie habe?"
Der Angeredete, ein ehrenhafter und menschenfreundlicher Mann, sah von seinen Kontobüchern auf und der Sprecherin einen Augenblick forschend in die Augen. Dann sagte er, ihr die Hand zum Gruße hinreichend: „Und es
ist doch so! Du bist die Lene Anskat aus Pergitten! Nicht wahr?"
Sie nickte nur. Es that ihr wohl, daß der Herr Blankenstein sie erkannte, wenn schon sie eigentlich lieber unbekannt bleiben wollte und auch sicher gedacht hatte, es würde niemand sie erkennen in diesen abgetragenen Kleidern, die nicht einmal schwarz waren, wie es sich Wohl für die trauernde Tochter geschickt hätte — und mit den blassen Wangen, den hohlen Augen, aus denen jetzt ein Strom von Thränen hervorstürzte.
„Gewiß habe ich Arbeit und Obdach für dich, Lene!" sagte Herr Blankenstein freundlich. „Weine nicht, Kind. Ich führe dich zu meiner Frau — sie soll dich anstellen, in Haus, Hof, Küche oder wo sonst es ihr beliebt. Ich weiß, du bist eine fleißige, tüchtige Marielle; wo man dich hin- stellt, da bist du auch am Platze."
„Wie gut Sie zu mir sind!" sagte Lene. „Vielleicht wissen Sie nicht..."
„Ich weiß alles. Glaubst du, Kind, daß solche Dinge, wie die, welche sich auf der Palwenkate zugetragen haben, hier im Städtchen unbekannt bleiben konnten?"
„Und der Tobbi?" fragte die Lene kaum hörbar. „Ist er hier? Hat man ihn ins Gefängnis gesteckt?"
„Ja," sagte der Wirt achselzuckend, „das war nicht anders möglich. Sein Gewaltakt gegen den Amtmann und seine offenbare Widersetzlichkeit gegen den Gerichtsdiener konnten unmöglich ungestraft bleiben."
„Stina Jakubeit sagt, sie würden den Tobbi auf- ängen," schluchzte Lene, „oder doch lebenslänglich gefangen alten."
„Unsinn," rief Blankenstein. „Altweibergeschwätz. Ein paar Wochen wird er Wohl wieder brummen müssen, der allzu hitzige Palwenkätner, und nachher . .
Lene wiederholte in höchster Spannung diese beiden
Prinzen, der Generalität und dem Staatssekretär des Auswärtigen empfangen. Die Ehrenwache bildete eine Kompagnie der Gardejäger, deren Kapelle die persische Nationalhymne spielte. Der Kaiser und der Schah schüttelten sich wiederholt die Hände und begaben sich nach Abschreiten der Ehrenkompagnie in offenem Wagen nach der Orangerie, wo beim Eintreffen des Schahs die persische Reichsstandarte gehißt wurde. Eine Kompagnie des 1. Garderegiments bildete die Ehrenwache. Nach der Vorstellung des Gefolges kehrte der Kaiser nach dem Neuen Palais zurück. Der Schah besuchte um 7 Uhr das Mausoleum und legte am Grabe des Kaisers und der Kaiserin Friedrich Kränze nieder.
ff Werkia, 29. Mai. (Neues Palais in Potsdam.) Der Kaiser empfing abends gegen 7 Uhr den Gegenbesuch des Schahs von Persien und überreichte demselben eigenhändig den Schwarzen Adlerorden. Der Schah überreichte dem Kaiser eine hohe persische Ordensauszeichnung. Zur Abendtasel sind geladen: Der Kronprinz vom Siam, Prinz Paribatra und das Prinzenpaar Friedrich August von Sachsen.
* Die Aufhebung der Privatposten hat der deutschen Postverwaltung 7 Vs Millionen Mark an Entschädigungen gekostet. Hierzu kommen noch die von der württembergischen und der bayerischen Post bezahlten Summen.
sj (Deutscher und Chinesin.) Ein junger Mann aus der Umgegend von Königsberg, in Ostpreußen, der den Krieg in China mitmachte, verliebte sich in eine Chinesin und versprach ihr die Ehe. In seiner Heimat angelangt, arbeitete er den Winter über im Bergwerk zu Palmnicken. Jüngst erhielt er von seiner „Braut" ein Schreiben, er möge doch so bald wie möglich zurückkommen, die Eltern Hütten in die Heirat gewilligt. Dem Schreiben lag eine Geldsumme bei. Sofort packte der Bergmann seine Sachen und er schwimmt bereits auf dem Meere seiner neuen Heimat zu.
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Ausländisches
* Wien. 29. Mai. Nach offiziösen Mitteilungen steht der Abschluß der Dreibundverträge bevor. Die Unterzeichnung erfolgt in Rom. Die Vertragsdauer ist die gleiche wie bisher. Der Text weist keinerlei Aenderung auf. Neu ist nur die Bestimmung, wonach im Falle einer Veränderung des Verhältnisses eines der Bundesstaaten zu einer anderen Macht die verbündeten Kabinette hievon in Kenntnis gesetzt werden müssen.
ff Wien, 29. Mai. Wie die Neue Freie Presse meldet, sind heute beim Aufstieg auf die Rax zwei Touristen, ein Einjährig-Freiwilliger und ein Chemiker, beim Katzenkopf abgestürzt. Beide sind tot.
* Waris, 27. Mai. Gleich bei Wiederzusammentritt der Kammer wird die Regierung 5 Mill. Francs zu Gunsten der Hinterbliebenen der Opfer auf Martinique verlangen. Außerdem wird der Kvlonialminister beantragen, den Kindern des umgekommenen Gouverneurs eine Jahresrente von 6000 Francs bis zum 21. Lebensjahre auszusetzen.
* Waris, 28. Mai. Am 24. Mai kam der Postdampfer „La France" mit Passagieren von Martinique in St. Nazaire an. Mr. Ernoult, der stellvertretende Bürgermeister von
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letzten Worte, wie eine Frage, von deren Beantwortung Leben oder Tod für sie abhing.
„Nachher," fuhr Blankenstein fort, „wird es von dem Ausgang des Zivilprozesses abhängen, den Zehrmann gegen Dvortschack angestrengt hat, ob und was diesem von seinem Grundstück ab- oder zugesprochen werden wird. Die Angelegenheit soll ziemlich kompliziert sein. Ich merke es daran, daß die Herren Richter und Anwälte sich Abend für Abend über den Ausfall dieses Rechtsfalles streiten. Es kann eine gute Weile dauern, bis das Urteil spruchreif wird; aber ans Leben geht es dem Tobbi nicht, darüber kannst du ruhig sein."
Verdingen wollte Lene sich nicht. Gegen Taglohn und Kost — vor allen Dingen gegen Obdach — wollte sie arbeiten, was und so viel man von ihr begehren werde.
„Aber ich binde mich nicht auf lange Zeit im voraus!" sagte sie fest und bestimmt.
Frau Blankenstein schüttelte den Kopf.
„Da guckt die ehemalige Prinzessin von Pergitten durch," sagte sie zu ihrem Manne. „Der alte Bauernstolz ist nicht klein zu kriegen. Die Lene sollte froh sein, in unserm Hause einen guten, festen Dienst zu finden, anstatt wie der Vogel auf dem Dache gewärtig zu sein, jeden Augenblick wieder auffliegen zu müssen. Kann sie uns jeden beliebigen Tag aufkündigen — so können wir natürlich desgleichen thun! . . ."
„Werden das aber bleiben lassen," schloß der Hausherr die etwas erregte Auseinandersetzung seiner Hausfrau. „Die Lene ist, da die Gritte krank wurde, uns wie gerufen ins Haus gefallen. Gerade jetzt bei der Ernte und bei den vielen auswärtigen Gästen, die zum Kram- und Viehmarkt in die Stadt hereinkommen, wie hätten wir ohne das Mädchen fertig werden sollen? Und ich denke, die Lene wird schon bleiben, wenn sie sieht, daß sie es gut bei uns hat." (F. f.)
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