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1902.

Amtliches.

Für das Königliche Remontcdepot Breithülen wird wie im Vorjahr eine Anzahl Remonten auf Märkten wieder aufgekauft und zwar am 16. Juni in Münsingen, am 17. in Ravensburg, am 18. in Saulgau, am 19. in Horb, am 26. in Bietigheim.

Tagespolitik.

Gegen den Dreibund haben in der österreichischen Delegation Tschechen und Polen ihren Groll losgelassen. Kaftan (Jungtscheche) meinte, der Dreibund nütze Wohl Deutschland, aber nicht Oesterreich. Bülows Aeußerung, der Dreibund sei für Deutschland nicht mehr unbedingt notwendig, beweise den geringen Wert der Erneuerung. Die Aeußerung sollte Wohl nur die Forderungen Oesterreichs und Italiens herabstimmen. Infolge Artikel 8 des deutschen Zollgesetz­entwurfs sei ein Zollkrieg denkbar, daher eine Erneuerung des Dreibundes vor Abschluß des Zoll- und Handelsbündnisses verwerflich. Der Redner forderte einen engeren Anschluß an Rußland in den Balkanfragen. Dzieduszyky (Pole) führte aus, der Zweibund und nicht der Dreibund habe die europäische Kriegsgefahr beseitigt. (!) Trotz der Friedensreden dreier kontinentaler Herrscher bestehe kein Vertrauen zum Frieden. Der Friede werde geschaffen durch Gewährung von Religions- und Unterrichtsfreiheit. Zwischen Verbündeten solle kein wirtschaftlicher Kampf bestehen; namentlich die bisherigen Veterinärmaßnahmen Deutschlands gegen die österreichischen Länder, die polenfeindlichen' Postbestimmungen und Ausweisungen müßten aufhören. Der Minister Goluchowski, der den Dreibund erst wacker vertreten hat, wird Wohl die Antwort nicht schuldig bleiben.

* *

(England und Transvaal.) Den Vogel in der Be­richterstattung über die Vorgänge in Südafrika hat das Kapstädter Telegramm einer Wiener Bank abgeschossen, das kurz und bündig meldete, die Friedenspräliminarien seien nunmehr in Pretoria unterzeichnet worden. Nach den vielen andeutungsvollen. bald hoffenden und bald zweifelnden aber niemals bestimmt lautenden Meldungen über den Stand der Friedensfrage in Südafrika machte diese Präzise Angabe einen ungemein angenehm und erfrischenden Eindruck. Leider war die Nachricht zu schön, als daß sie hätte wahr sein können; es bat ihr wohl auch kein Mensch Glauben bei­gemessen. Ader eine Augenweide war es, die wenigen Worte gedruckt nebeneinander stehen zu sehen. Die Friedens­präliminarien sind unterzeichnet worden. Wann, ja ob dies in absehbarer Zeit überhaupt geschehen wird, entzieht sich im Augenblick noch immer jeder Beurteilung. Die eng­lischen Meldungen über die Friedensfrage stießen bald spär­licher, bald reichlicher, bald lauten sie hoffnungsvoller, bald unsicherer, auf Kombinationen beruhen sie immer, auf diese

aber kann man bei der überaus wichtigen Frage, welche die Entscheidung über Krieg oder Frieden in Südafrika bildet, rein gar nichts geben. Es kann sein, daß unsere Geduld noch auf eine recht lange Probe gestellt wiro, cs kann auch möglich sein, daß die Entscheidung schon in der nächsten Stunde bekannt wird; es ist aber jedes und alles in völlige Ungewißheit gehüllt, und es bleibt uns nichts übrig als zu warten, bis die mit Ungeduld und Spannung erwartete entscheidende Nachricht aus Pretoria eintrifft.

* *

*

Die Besorgnis, daß der Organisator des amerikanischen Schifftrustes, Morgan, einen schönen Tages Anstalten machen könne, sich der Kontrolle unserer beiden großen überseeischen Dampfergesellschaften, des Norddeutschen Lloyd und der Hamburg-Amerika-Linie, zu bemächtigen, hat diese beiden Korporationen veranlaßt, so lange es noch Zeit ist, an Maßnahmen zu denken, die die Ausführung dieses Anschlags verhindern sollen, dessen Ausführung dem deutschen Handel und unserer Schifffahrt einen sehr empfindlichen Schlag ver­setzen würde und auch leicht zu einer Lähmung unserer Kriegstüchtigkeit führen könnte, denn die Schnelldampfer I der beiden Gesellschaften sind für den Kriegsfall als Hilfs­kreuzer unter die deutsche Flagge zu stellen. Die Hamburg- Amerika-Linie hat, um einer Ueberrumpelung durch Herrn Morgan vorzubeugen, Abänderungsvorschläge zu ihren Satzungen ausgearbeitet, die heute der Generalversammlung zur Genehmigung unterbreitet w:rden sollen. Ohne Zweifel werden dieselben Satzungsänderungen, so weitste nicht durch bereits getroffene Bestimmungen überflüssig erscheinen, auch demnächst den Aktionären des Norddeutschen Lloyd zur Annahme empfohlen werden. Es unterliegt auch keinem Zweifel, daß die Reichsbehörden über die geplanten Satzungs­änderungen befragt worden sind und sich mit ihnen einver­standen und für ausreichend erklärt haben, um die dabei so stark berührten Interessen des Reiches zu wahren und zu schützen. Das zwischen der Hamburg-Amerika-Linie und dem englisch-amerikanischen Dampfertrvft veröffentlichte Ab­kommen wird bereits in der Presse veröffentlicht. Die Ver­öffentlichung zeigt, daß Vorstand und Aufsichtsrat der Hamburg-Amerika-Linie ernstlich und nicht ohne Erfolg be­müht waren, bei dem Abkommen, dem zu entgehen nicht möglich war, die vaterländischen Interessen zu wahren.

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Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 27. Mai. (102. Sitzung.) Die Kammer nahm heute den Rechenschaftsbericht des ständischen Aus­schusses entgegen. Dabei regte v. Geß (D. P.) an, die Anlehenstilgung nicht mehr durch vertragsmäßige Bindung und durch regelmäßige Verloosung, sondern durch ein System

des Rückkaufs an der Börse zu bewerkstelligen. Finanz­minister v. Zeyer widersprach diesem Vorschlag mit der Begründung, daß bei der stehenden Schuldenlast, die zur Zeit eine halbe Milliarde betrage, ein fester Tilgungsplan größere Sicherheit gewähre. Haußman n-Gerabronn (Bp.) beantragte, die von Geß angeregte Frage durch die Finanz­kommission prüfen zu lassen. Die Kammer nahm diesen Antrag an. Darauf stand der Leibgedingsvertrag, ein Nach­trag des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, zur Beratung. Der betr. Gesetzentwurf steht nicht eine Be­schränkung, sondern im Großen und Ganzen nur eine Fix­ierung des bisherigen gewohnheitsmäßigen Zustandes vor. Kiene (Ztr.) bezeichnet diesen Weg als einen glücklichen, da eine Lösung der sittlichen Bande und deren Ersetzung durch geldwirtschaftliche Gesichtspunkte bei der nahen natür­lichen Verwandtschaft der Vertragsschließenden bedauerlich wäre. Haußman n-Gerabronn erklärte ebenfalls, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse diese Naturunterhaltung der alten Leute als die geeignetste erscheinen lassen. Blum- hardt (Soz.) dagegen wünschte, daß das Gesetz auf eine Einschränkung des Leibgedings hinwirken möge. Das Haus überwies den Entwurf an die Justizgesetzgebungs­kommission. _

* Stuttgart, 28. Mai. (103. Sitzung.) Die Kammer stimmte heute dem volksparteilichen Antrag zu, die Ernte­beurlaubungen der Soldaten möglichst zu fördern und die Einberufung des Beurlaubtenstandes während der Erntezeit möglichst zu vermeiden. Kciegsminister v. Schnürten sagte diesem Wunsche weitgehendes Entgegenkommen zu. Die gleiche wohlwollende Aufnahme bei der Regierung wie im Hause fand ein Antrag auf Beschleunigung der Ausdehnung des Telephonnetzes; doch konnte die Regierung bezüglich dieser Beschleunigung sowohl wie bezüglich der ziffernmäßigen Herabsetzung der Telephongebühren auf dem Lande eine bestimmte Zusage noch nicht geben. Bisher wurden jähr­lich 100 neue Telephonstationen eingerichtet, sodaß sich die Zahl der Stationen seit 1881 verdreifacht hat und in Württemberg gegenwärtig 1193 Stationen bestehen. Zum Schluß machte der Präsident Payer Mitteilung von zwei Anträgen, von denen der eine (der volksparteiliche) einen Grundsteuernachlaß für die durch den Frost geschädigten Weingärtner verlangt, der andere (bauernbündlerische) die Errichtung einer Landesdarlehcnskasfe fordert, die in Orten unter 3000 Einwohnern Darlehen auf Gebäude bis zu 3z pCt. oder wenigstens bis zur Hälfte des Wernes gegen mäßigen Zins gewährt.

Lanöesnachrichtea.

* Akte»sterg, 30. Mai. Trotz der in letzter Zeit ge­herrschten ungünstigen Witterung für die Bienen erhielt

KeimaLws.

Roman von C. v. Zell.

(Fortsetzung.)

Der kleine Amtmann zitterte merklich. Ec trat noch weiter als zuvor hinter den Rücken des breitschulterigen Schulzen zurück und flüsterte:

Da seht Ihr selbst, was das für ein Berserker ist! Wie ein toller Hund gebärdet er sich."

Auch der Abgeordnete des Gerichts war erschreckt einen Schritt zurückgetreten, als er die furchtbare Wirkung seiner Worte gewahrte. Aber an Auftritte dieser Art mehr gewöhnt als Zehrmann nnd Wilkeneit, faßte er sich schnell und sagte geschäftsmäßig:

Es kann nichts helfen! Da, nehmt das Schreiben und lest. Ich werde derweilen die Siegel auflegen."

Das werdet Ihr nicht!" brüllte Tobbi, und mit den Worten :Her mit dem erbärmlichen Wisch!" entriß er dem Bestürzten das amtliche Schreiben und hatte es in kleine Stücke zerrissen, ehe nur einer von den drei Männern zum Bewußtsein dessen gekommen, was sich eigentlich zutrug.Und nun packt euch !" schrie Tobbi mit Donnerstimme.Der Knirps da" er deutete auf den Amtmannweiß, daß ich nicht viel Federlesens zu machen Pflege, wenn ich in meinen vier Wänden allein sein möchte."

Tobbi sah aus wie ein Athlet. Mit rollenden Augen und hoch erhobenem Arm wies er nach der Ausgangsthür.

Lene sah es von der Kammer aus, in der sie vor dem Bett des alten, weinenden Vaters saß, der immer nur flehte:Beschütze mich, Lene, beschütze mich!" Sie wußte kaum, welches Empfinden in ihrer Seele größer war, das der zitternden Sorge um alles, was für sie im Schoße der Zukunft lag, oder der freudige Stolz auf Tobbi, ihren Freund, ihren Bruder! Sie wollte aufspringen, wollte an seiner Seite mitstreiten, mitsterben, wenn es sein mußte,

aber der Vater umklammerte sie angstvoll und stöhnte: Mir ist so bange. Geh nicht von mir. Lene. Ich kann nicht allein sein!" und willenlos sank das Mädchen wieder zurück auf den Holzstuhl zur Seite des Vaters.

Inzwischen hatten die drei Männer sich von ihrem Schrecken erholt.

Auf die Papierfetzen zeigend, welche in der Stube umherlagen, sagte der Gerichtsdiener zu Wilkeneit und Zehrmann:

Euch zwei rufe ich zu Zeugen auf! Ihr habt es gehört und gesehen, was hier gesagt und gethan worden ist. Kraft meines Amtes als Diener des Gerichts fordere ich Euch auf, mir behilflich zu fein, diesen Menschen, diesen Tobias Dvortschack zu verhaften."

Ein grelles, höhnisches Lachen des in seiner Freiheit Bedrohten war die einzige Antwort auf diese Aufforderung, denn Zehrmann und Wilkeneit rührten sich nicht von der Stelle.

Tobbi aber hatte die Arme verschränkt und sein rechtes Bein entschlossen vorgesetzt; eine Stellung, die zugleich her­ausfordernd und abwehrend genannt werden konnte.

Der Gerichtsdiener sah sich um.

Packt ihn!" rief er Wilkeneit und Zehrmann zu. Drei gegen einen! Kinderspiel!"

Äber er hatte sich verrechnet. Einmal darin, daß der Amtmann energisch mit angreifen werde, und dann in der Schätzung der Kräfte des vor ihm stehenden Uebelthäters.

Als Tobbi den Gerichtsdiener und Wilkeneit auf sich zustürzen sah, bog er den Oberleib und die Kniee vor, schob seine fest zusammengeballten Hände wie ein paar Eisbrecher vor sich her und erwartete nun in dieser Stellung mit blitzenden Augen seine Widersacher.

Zweimal gingen diese vor, aber auch sofort wieder zurück, bis sie sich durch Zeichen und Blicke über die beste Art des Angriffs verständigt hatten.

Dann aber begann ein hartes Ringen, nur unter­brochen durch die Wutausbrüche der Angreifer.

Zehrmann stand dabei und schrie dazwischen:

So ist's recht! Laßt nicht nach! Eine wilde Bestie muß man unschädlich machen, je eher, desto besser!"

Einen geeigneten Augenblick erspähend, warf sich der kleine Amtmann plötzlich geschmeidig wie eine Katze zwischen die Kämpfenden und versetzte Tobbi mit seinem Fuß einen so heftigen Stoß in die Knieekehle, daß der Palwenkätner das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte.

So! Jetzt haltet ihm die Hände fest. Bindet ihn, knebelt ihn!" zeterte Zehrmann.Hört ihr wohl, wie der Alte da in der Kammer aufkreischt?"

Sic hörten es deutlich genug. Sie hörten auch, wie Lene jammerte:Vater, Vater! O, geh nicht von mir! Hilfe, Hilfe, mein armer, alter Vater stirbt!"

Es ist eine Finte!" rief Zehrmann den aufhorchenden zweien zu, die auf Tobbi knieten und ihm die Hände zu binden suchten!Glaubt es nicht! Die hübsche Hexe will Euch mit List besiegen, nun sie steht, daß ihr doch stärker seid, als ihr sauberer Schatz. Laßt nicht ab, bindet ihn, schleppt ihn vor die Thür."

In der Kammer nebenan war es plötzlich ganz still geworden, auch Tobbi regte sich nicht mehr. Stumpf und willenlos lag er da. Erbachte nur noch an die Lene . . . neben der Leiche ihres alten Vaters; denn er wußte, daß es Wahrheit war, was des Mädchens Jammerlaute ver­raten hatten. Er wußte, daß Anskat in diesem schrecklichen Augenblick gestorben war.

Man stellte den Ueberwundenen auf die Füße und machte sich bereit, ihn fortzuführen.

Es ist ein eigentümlicher Zufall," sagte Wilkeneit halb zu sich, halb zu dem Gerichtsdiener,hier auf dieser selben Stelle nur stand damals noch kein Haus und kein Baum hier! habe ich vor mehreren Jahren den