mögen fällt satzungSgcmäß der Stadt anheim zur Verwend­ung für die Fortbildungsschulen. Man ist begierig, was nun die Handwerker ohne die Unterstützung der anderen Gewerbetreibenden und sonstigen Gewerbevereinsmitglieder aus eigener Kraft leisten werden.

* Stuttgart, 3. Febr. Der Ausschuß des Verbandes der württemb. Gewerbevereine bat sich in seiner letzten Sitzung auch mit der Frage der Heranziehung der Fabrik­lehrlinge zu den durch die Handwerkskammern zu veran­staltenden Lehrlingsprüfungen beschäftigt und dabei dem Bedauern über die bekannte Entscheidung der württemb. Regierung (wonach Fabriklehrlinge zu diesen Prüfungen nicht herangezogen werden können) Ausdruck gegeben. Der Ausschuß beschloß, den Reichstag und den Bundesrat um eine Entscheidung darüber zu ersuchen, ob der erwähnte Erlaß des württemb. Ministeriums des Innern dem Sinne des Gesetzgebers entspreche/ ferner die dem Verband ange­hörenden Mitglieder von Handwerkskammern zu ersuchen, darauf hinzuwirken, daß Fabriklehrlinge nur dann geprüft werden, wenn sie bei der Handwerkskammer zur Lehrlings­rolle angemeldet sind.

* Stuttgart, 10. Febr. Heute nachmittag ist zu Nachod in Böhmen Ihre Hoheit die Prinzessin Wilhelm zuSchaum- burg-Lippe, geborene Prinzessin von Anhalt, die Mutter Ihrer Majestät der Königin, Plötzlich verschieden.

* Stuttgart, 11. Febr. Ihre Majestät die Königin hat Sich heute Morgen nach Na > od begeben.

* Der Stuttgarter Hauptbahnhof soll erweitert werden. Der König hat sich bereiis die von Prof. Jassoy her­rührenden Pläne vorlegen nnd Bericht erstatten lassen. Nach den Absichten der Generaldirektion soll keine Ver­schiebung des Hauptbahnhofes stattfinden, dieser auch Kopf­bahnhof bleiben, jedoch durch seine Anlage den Durchgang von Zügen gestatten. Der Haupteingang soll wie bisher in der Schloßstraße verbleiben.

* Auf Jahrtausende alte Knochen ist man bei Wange» unweit Cannstatt gestoßen. In den sogenannten Hessen, dem Hügel, von welchem das Auffüllmaterial zu der neuen Stuttgarter Schlachthausaulage gewonnen wird, wurden in vergangener Woche zwei Stoßzätzne und zwei sehr gut er­haltene Backenzähne eines Mammuts, sowie mehrere Knochen von Rhinozeros, Wildpferd und Baren ausgegraben. Die Funde lagen 2Meter tief ru den Schuttmassen des mittleren Keupers, welche wohl durch einen früheren Berg­rutsch den Gipsmcrgeln des unteren Keupers aufgelagert Wurden.

* Kerrliugeu, 10. Febr. Die Firma Wieland u. Co. in Ulm hat den Arbeitern ihres hiesigen Messingwerkes an­gekündigt, daß der Betrieb in nächster Zeit eingestellt werden wird. Die Weiterführung des hiesigen Nebenwerkes hat sich als zu umständlich und kostspielig erwiesen. Die Ulmer Fabrik wird entsprechend vergrößert und von hier etwa 40 Arbeiter nach Ulm genommen werden. Etwa 20 Arbeiter müssen sich anderweitige Beschäftigung suchen.

* (Werschiedeues.) In Eschenau wurden in der Nacht zum Freitag einer alleinstehenden Frau durch erschwerten Einbruch 1350 Mark entwendet. In Kißlegg war es zweien im Ortsarrest befindlichen Handwerksburschen so Wohl zu Mute, daß dieselben ihre sämtlichen Kleider und Schuhe in kleine Stücke zerrissen und beiseite warfen. Als man morgens nach den Burschen sah, standen beide gänz­lich unbekleidet in ihrer Zelle. Der in guten Verhält­nissen lebende, jung verheiratete Löwenwirt E. in Schön- bro nn hat gestern morgen seinem Leben durch Erhängen gew cksam ein Ende gemacht. Geistige Umnachtung muß den Mann in den Tod getrieben haben. Aus Nieder­stetten wird gemeldet: Ein recht charakteristisches Zeichen unserer Zeit liegt in der Thatsache, daß man bei dem jüngsten Dienstbotenwechsel Knechte beobachten konnte, welche neben ihrem Kleiderkoffer als unentbehrliches Utensil ein

ihnen gehöriges Fahrrad auf dem Wagen hatten. Vielleicht ist nächstes Jahr bei einigermaßen steigenden Löhnen das Wandern zu Automobil in Mode.

ff München, 11. Febr. DenMünch. N. Nachr." wird durch ein Privattelcgramm ans Kufstein gemeldet: Am letzten Sonntag nacht stürzte der Corpsstudent Fritz Lutz aus München in die Sparchcnklamm am Eingang in das Kaiser­thal bei Kufstein. Der Tourist war auf dem Heimweg von Pfandl nach Kufstein begriffen. Er geriet wahrscheinlich in­folge der großen Dunkelheit von dem sonst ungefährlichen Wege ab. Die alpine Rettungsstation Kufstein hat sofort Leute zur Suche ausgesandt. Die Leiche wurde heute, Diens­tag, früh mit klaffender Kopfwunde am Sparchc -bache auf­gefunden und in das Leichenhaus des Kufsteiner Friedhofes verbracht.

* In Ludwigshafe» hat sich der 19 Jahre alte Schlossergehilfe Bengel deshalb erschossen, weil er zum Militärdienst nicht tauglich befunden wurde. Er wollte sich freiwillig stellen.

* Sticht weniger als 136,000 Mark Zuschuß erfordert das Spiel- und Festhaus in Worms, das der dortigen Stadtgemeinde gehört, für das Jahr 1901. Das ist für die Wormser Stadlkasse eine ganz ansehnliche Last. Das Spiel und Festhaus dient freilich auch zur Hebung des Verkehrs in Worms und bringt so den Bürgern wieder Stutzen.

^ Was Kohlengroßhändler mitunter verdienen, zeigt folgendes Vorkommnis: In einer Stadt bei Zraakfirrt ge­riet eine Baufirma in Zahlungsschwierigkeiten, die noch einen Lieferungsvertrag mit einer answäriigen Kohlengroß­handlung über 3802 Ztr. hatte. Nun erklärte sich die Kohlengroßhandlung gegenüber dem Gläubigerausschuß mit der Auflösung des Vertrags einverstanden, wenn ihr der entgehende Gewinn bar ausbezahlt würde: Sie stellte da­bei folgende Berechnung ans: Verkaufspreis für je 200 Ztr. 220 Mk., der Selbstkostenpreis für je 200 Ztr. 135,50 Mk., mithin der Verdienst für je 200 Ztr. 84,50 Mark oder für die noch zu liefernden 3802 Ztr. 1606,35 Mk. Der Ge­winn der Großhandlung an den Kohlen beträgt hiernach über 60 Prozent.

ff Dresden, 11. Febr. DasDresdener Journal" meldet: Der König nahm die Demmission des Finanz- ministers von Watzdorf an, lehnte die Demission der üb­rigen Minister ab und übertrug die Leitung des Finanz­ministeriums dem Justizminister unter einstweiliger Fortführung des Justizministeriums.

* Neustrelitz, 10. Febr. Ans dem See von Tredbow brachen am Samstag drei Kinder, sowie die zu ihrer Rettung herbeigeeilte Mutter des einen mit zwei weiteren Kindern ein. Von den Kindern sind drei ertrunken. Die Frau starb am gleichen Tage an den Folgen der Er­kältung.

* Hierti», 9. Febr. Erbprinz zu Wied, Leutnant im 3. Garde-Ulanenregiment, wurde unter Beförderung zuni Oberleutnant mit Patent vom 15. September 1898 in das Garde-Kürassier-Regiment versetzt.

ff Geepevrnüuöe, 11. Febr. Der hier beheimatete FischereidampferUnion" ist von seiner letzten Fangreise überfällig. Es wird kein Zweifel mehr gehegt, daß der Dampfer mit der ganzen 10 Mann starken Besatzung in der Nordsee untergegangen ist.

* Wie ein Grablied auf den Parlamentarismus hört es sich an, wenn dieFrkftr. Ztg." zu den von den Sozial­demokraten veranlaßten Debatten des Reichstags über das EtatskapitelReichsamt des Innern" bemerkt:Ein bald wildes, bald langweiliges Hin- und Herreden, von dem auch die Zeitungen nur noch in recht abgekürzter Form Notiz nehmen können, sodaß man sich wirklich fragen muß, wozu diese Art von parlamentarischen Verhandlungen?

Diese Frage drängt sich vielen auf. Am Bundesratstisch sitzt Tag für Tag geduldig Graf Posadowsky vom Anfang bis zum Ende jeder Sitzung, jederzeit bereit, sachliche Aus­kunft zu geben, nicht gereizt, aber doch sichtbar müde. Von 10 bis 1 Uhr sitzt er in der Zolltarifkommission, von 1 bis 6 Uhr im Plenum des Reichstages, und nebenbei dürste der Staatssekretär und preußische Minister auch noch einiges zu thun haben, und nicht wenig. Man braucht da nur flüchtig hineinzublicken, um zu erkennen, daß diese Art, wie unser Parlamentarismus und die Gesetzgeberei jetzt betrieben wird, für die dabei Beschäftigten einfach ruinös ist. Das läßt sich ja äußerlich fortführen: wie man sieht, leidet aber innerlich die Sache.

Ausländisches

* Wieu. 11. Febr. Aufsehen erregt in politischen Kreisen die Meldung aus Budapest, daß Erzherzog Franz Ferdinand, der gegenwärtig in St. Petersburg weilt, als Begleiter auch den Grafen Johann Zichy, den Präsidenten der katholischen Volkspartei in Ungarn, mitnehmen wollte, wogegen die ungarische Regierung Einspruch erhob. Sie legte dem Erzherzog uahe, daß das Oberhaupt einer oppo­sitionellen Partei nicht geeignet sei, sich im Gefolge des Erzherzogs zu befinden. Daraufhin lehnte der Erzherzog alle anderen ihm zur Begleitung vorgeschlagenen ungarischen Kavaliere ab und ließ auch den Grafen Zichy zu Hause. Die Angelegenheit wird im ungarischen Parlamente zur Erörterung gelangen.

* Aus «>ieu erfährt derDaily Telegraph", daß die antipreußische Bewegung in Galizien im Zunehmen begriffen sei, und daß der Boykott, den man über Deutschland ver­hängt habe, sich auch auf die deutschen Bäder und Heil­anstalten ausdehnen werde. Zahlreiche polnische Familien, die früher deutsche Badeorte aufsuchten, sollen ihren Hotels und Pensionen jetzt schon mitgeteilt haben, daß sie in Zu­kunft nicht mehr kommen würden.

* Z?ar:s, 10. Februar. Die siamesischen weiblichen Zwillinge des Zirkus Barnum wurden gestern von dem bekannten Chirurgen Doyen durch eine Operation vonein­ander getrennr. Das eine der beiden Mädchen ist schwer an Tuberkulose der Lunge und des Bauchfells erkrankt. Die Operation bezweckte, bas Leben der gesunderen Doodica zn retten und zugleich den Zustand der schwer erkrankten Radiea zu bessern durch Entfernung der tuberkulösen Herde aus dem Bauchfell. Die Operation währte nur 20 Minuten. Sie bestand in der Durchschneidung einer von der Leber gebilbeien und mit Haut bedeckten BerbindnugSbrncke, welche 7 Centimeter lang und 4 Centimeter dick war und drei Schlagadern führte. Wie der Doktor selbst in den Zeit- ungerr berichtet, ist er bisher mit dem Erfolg der Operation zufrieden.

ff W rüste l 11. Febr. Als die sozialistischen Deputierten das Kammergebäude verließen, wurden sie von den Mani­festanten umringt und mit lauten Zurufen begrüßt. Dann zog eine große Abteilung vor die Redaktion des sozialisti­schen BlattesLe Peuple". Der sozialistische Deputierte van der Velde trat an ein Fenster und richtete folgende Worte an die Menge:Wenn heute ein Tag der Aufregung ist, so wird binnen einigen Tagen, wenn die Kammer sich darauf versteift, das allgemeine Stimmrecht zu verweigern, Revolution sein!" Die Menge brach in Beifallsrufe aus und wandte sich dann nach den inneren Boulevards.

ff Fimstek, 11. Febr. Im Verlauf der Kundgebungen die nachmittags hier stattsanden, wurde ein Schutzmann, welcher sich einer roten Fahne bemächtigen wollte, schwer verletzt; ein anderer wurde leicht verletzt. Einige Manifestanten versuchten einem Sappeur-Offizier, dessen Soldaten ihnen ebenfalls eine rote Fahne entrissen- hatten, vergeblich den Säbel zu entreißen.

H Lesefrucht. M

Deine wahren Freunde sehen deine Fehler und machen dich darauf aufmerksam. Deine falschen Freunde sehen ebenfalls deine Fehler, nur machen sie andere darauf aufmerksam.

Der verschollene Wcrron.

Novelle frei nach dem Englischen v. W ilib ert Sahlmann.

(Fortsetzung.)

Die tragischen Weiterungen unserer Geschichte werden das Spiel allmählich entrollen, das dieser straflose Ver­brecher trieb.

Zwei Tage nach Henrys Abreise erhielt Mary den ersten Brief. Der Inhalt atmete Liebe; die innigste Liebe sprach aus jeder Zeile, aus jedem Wort.

Der Brief meldete des jungen Barons glückliche Ankunft, unter sichtlichem Schmerz waren aber die Zeilen geschrieben, welche das seine Familie betroffene Unglück näher schilderten, und ferner die Zeilen, die dem Andenken seines Großvaters und seiner Verwandten ge­widmet waren.

Der Brief schloß:

Leider liegen die Verhältnisse so, daß ich meine Anwesenheit hier auf eine Woche, oder Wohl gar zwei ver­längern muß; indes ich werde mich beeilen, und dein liebes, liebes Bild, süße Mary, schwebt ja Tag und Nacht vor mir. Mein Trost in der Trennung von dir ist, daß ich dich Wohl beschützt weiß; du weilst bei guten Leuten und Haft unsern treuen Cameron, meinen und deinen Lebensretter als Freund, als Ratgeber jeden Augenblick zur Seite. Ich küsse dich, Geliebte meiner Seele, im Geist, blicke in deine lieben, blauen Augen und rufe dir zu : Bald, bald schließe ich dich wieder in meine Arme, und dann soll es auch keine, keine Trennung mehr geben. Dein auf ewig. Dein Henry."

Als Mary den Brief wieder und wieder gelesen, blickte sie hinaus in den lachenden Frühling. Eine Perle glänzte in ihren Augen und ihr Mund hauchte:Dann soll es auch keine keine Trennung mehr geben!"

Mary beantwortete noch denselben Tag Henrys Brief.

Jedes ihrer Worte hauchte Liebe und der Schluß der nicht enden wollenden Zeilen gipfelte in der Hoffnung, Antwort aus seinem eigenen Munde zu vernehmen, da sie ihn mit Sehnsucht zurück erwarte.

Und Tage vergingen, lange bange Tage für die hoffende Braut. Henry kam nicht, aber auch kein Brief von ihm traf mehr ein.

Dagegen erschien Cameron jetzt fast täglich in dem kleinen Waldhäuschen. Er hatte sich, um, wie er sagte, der Braut seines einzigen Freundes nahe zu sein, doch in Lanark in demselben Gasthause eingemietet, in welchem Henry wohnte und war nun unaufhörlich bemüht, Mary gefällig zu sein.

Das schöne Mädchen befürchtete, daß Henry irgend ein Unfall zugestoßen sei, anders vermochte Mary sich das Schweigen des Geliebten nicht zu erklären, Cameron tröstete sie.

Sie glauben nicht, wie es in der großen Welt draußen aussieht, Miß," sagte er, Henry wird übervoll be­schäftigt sein, warten Sie nur, es wird schon ein Brief von ihm, oder er selber ganz unvermutet eintreffen."

Wer aber nicht eintraf, war Henry oder ein Brief von ihm.

Mary hatte noch zweimal geschrieben, Cameron übergab beide Male mit eigener Hand die Briefe der Post,

und wieder vergingen Tage, ohne daß sie beantwortet wurden.

Der Mai, der Wonnemonat, hatte den wetterwendischen April abgelöst und Wald und Park prangte in vollster

Frühlingspracht, in Marys Brust wurde es dagegen trüber und trüber.

Camerons Beruhigungen vermochten nichts mehr. Vergeblich stellte er ihr vor, daß Henry Wohl gar zur Ordnung seiner Familienangelegenheiten nach dieser oder jener Besitzung des verstorbenen Großvaters habe reisen müssen. Marys Antwort darauf war:Man hat immer Zeit, an eine Person, die man liebt, wenn auch nur wenige Worte, zu schreiben."

Wenn das junge Mädchen allein war, ging eine Welt von Gedanken durch ihr Köpfchen. Daß Henry aufgchört habe, sie zu lieben? Nein, der Gedanke faßte nicht Wurzel, aber ein Unglück konnte ihm zugestoßen sei».

Mit jedem neuen Tage steigerte sich die Unruhe Marys sie setzte sich in ihren Gedanken ein Ziel, war der Tag überschritten, so wußte sie, was sie zu thun hatte.

Diese Ungewißheit war tötend. Sie hatte sich fest vorgenommen, selber nach Jorkshire zu reisen, sie mußte wissen, was vorgefallen war.

Zuerst verbarg sie noch ihr Vorhaben, als aber der Tag näher und näher rückte, bis zu welchem sie warten wollte, teilte sie ihren unabänderlichen Entschluß ihren Hausgenossen und dann Cameron mit.

Der brave Jäger hatte sich der jungen Miß zum Be­gleiter angeboten, er war um Urlaub eingekommen und hatte ihn erhalten. Mary nahm dankend und hocherfreut sein Anerbieten an.

Als Cameron erfuhr, um was es sich handle, lächelte er:

Ich kann Ihre Unruhe, Ihre Sorge um Henry be­greifen," sagte er,aber sie ist wirklich überflüssig. Ich sorgte bereits dafür, daß wir jetzt genaue Nachricht er­halten, ich habe nämlich au ein mir befreundetes Bankhaus in Dorkshire geschrieben, in einigen Tagen werden wir unterrichtet, und Sie, Miß Mary, überzeugt sein, daß all' Ihre Besorgnis grundlos war."