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Kammer der Abgeordueteu.

* Stuttgart, 10. Mai. (37. Sitzung.) Zunächst wird der TitelStückweiser Güterverkauf" durch Annahme der gestern beanstandeten Strafbestimmungen nach dem Kommissionsantrag erledigt. Hierauf tritt die Kammer in die Beratung des Gesetzentwurfs über das Gesindewesen. Berichterstatter ist v. Geß. Seinem Berichte zufolge ist zwar nach Ansicht der Kommission nicht zu leugnen, daß der frühere familiäre Charakter des Verhältnisses zwischen Herrschaft und Gesinde zurückgetreten sei, so daß man eigent­lich mit den Vorschriften über den Dienstvertrag sich be­gnügen könne, doch rechtfertigten immerhin die besonderen Verhältnisse die einheitliche Zusammenfassung der landes­gesetzlichen Bestimmungen. Der von der Regierung vorge- lrgte Entwurf wird in seinen Grundzügen von der Kommis­sion gebilligt. Die Bestimmungen des Entwurfs sind dispositive; als Grundlage ist die VortragSfreiheit angenommen Die in den Städten vorhandenen Gesindeordnungen treten außer Kraft; wo eS nötig ist, sind die Vorschriften de« B.G.B. ergänzend anzusühren. Gewohnheitsrechtliche Normen kommen nicht in Betracht, dagegen behält die Gewohnheit im natür­lichen Sinne ihre Bedeutung. Der Entwurf beschränkt sich darauf, das Verhältnis zwischen Dienstherrschaft und Gesinde nach privatrechtlicher Seite zu regeln. Ueber das Verfahren bei Streitigkeiten zwischen Herrschaft und Dienstboten ent­hält das Gesetz keine Bestimmungen, diese eigneten sich zur Erledigung durch die Gemeindegerichte. Er beantrage, in die Einzelberatung einzutreten. R a t schließt sich als Bericht­erstatter an. Egger klagt über di-Dienstbotenverhältnisse auf dem Lande, diese hätten sich sehr verschlechtert, zur Sommerszeit laufe das Gesinde davon. Er glaube nicht, daß das Gesetz viel helfen werde. Prälat v. Schwarz­kopfs hält eine Reihe von Verbesserungen des Entwurfs für notwendig und wünscht z. B. Schaffung von Organen, die eine gewisse Kontrole über die Schlafräume der Dienst­boten auszuüben hätten. Prälat v. Weitbrecht betont dre Wichtigkeit der ethischen Beziehung zwischen Herrschaften und Dienstboten. Der Dienstbote soll nicht bloS AuSbeutungS- objekt sein, ebensowenig soll es umgekehrt so sein. Spieß: Der Landwirtschaft werde damit nicht geholfen. ES sei fest­gestellt, daß die Getreidrpreise gegen früher nicht gesunken seien, aber die Dienstbotenlöhne seien auf das Doppelte ge­stiegen. Kloß giebt zu, daß eS wünschenswert sei. die Verhältnisse zwischen Dienstboten und Dienstherrschaft zu regeln. DaS patriarchalische Verhältnis habe sich überlebt. Redner sucht nun nachzuweisen, daß die Dienstboten zwar höheren Lohn bekommen, daß sie aber längst nicht mehr familiär behandelt würden, daß die Verpflegung schlechter geworden sei. Die Klagen über die Dienstboten sind alt; Redner verliest solche, die aus dem Ende vorigen Jahrhun­derts stammen und mindestens so kraß lauten wir die heuti­gen. Dentler bestreitet, daß die Lebenshaltung der Dienstboten sich verschlechtert habe. Spieß: In Franken esse der Dirnstbote noch mit dem Herrn am Tische; Kloß sei über die ländlichen Verhältnisse nicht genügend informiert. Gröber: Der Gedanke, das Gesinderecht zu kodifizieren, sei nicht durchführbar, da wichtige Bestimmungen sich im B.G B. sowie in den AussührungSgesetzen befinden. Redner macht dann noch einige formale Zinwände, gegen die sich v. Geß ausspricht. Das Gleiche thut der Minister des Innern, v. Pischek. Der Entwurf wolle das völlig gleiche Recht, er werde vielleicht günstig wirken, die Dienstbotennot könne er aber nicht beseitigen. Zu den Ausführungen des Prälaten Schwarzkopff bemerkt der Minister: für die Städte werde die Schaffung von Wohnungsinspektionen notwendig, diese könnten eine Kontrolle ausüben. Nieder wendet sich gegen Gröbers formale Bedenken. Die Generaldebatte wird geschlossen und das Haus tritt in die Einzeldebatte.Art.

1 und 2 werden ohne Arnderung angenommen. Art. 3 bestimmt, daß das Haftgeld im Zweifel auf den Lohn nicht anzurechnen sei. Die Kommission will, daß das Haftgeld nur angerechnet werde, wenn das Dienstverhältnis von den Dienstboten schon vor dem Termin, für den ihm gekündigt werden konnte, aufgehoben wird. ES entstand darüber eine lange Debatte. Rath: Das Haftgeld solle im Zweifelfallr angerechnet werden. Dagegen spricht Haußmann. Der Landtag solle doch die Beratung der Gesindeordnung nicht damit beginnen, daß er den Dienstboten das hergebrachte Haftgeld entziehe. Nieder weist darauf hin, daß der Dienstbote ohnehin schadenersatzpflichtig ist. falls er den Dienst ohne Grund verläßt. Der Kommissionsantrag wird mit einer Aenderung Kiene angenommen, wonach aus Gründen, die in der Person deS Dienstboten liegen, die Kündigung erfolgen muß. Die Artikel 4 bis 10 werden ohne erhebliche Debatte genehmigt. Bei Art. 1l wird eine dem Art. 3 entsprechende Bestimmung zu Gunsten der Dienstherschaft angenommen. Bei Art. 14 wird abgebrochen. Freitag Fortsetzung.

L«rir-eKir«retzriehteir.

* Alten steig, 12. Mai. Seit Ostern haben wir manche Unbilden der Witterung über uns ergehen lassen müssen und auch das gestrige Himmelfahrtsfest, das in der Morgenfrühe die beste Hoffnung auf einen schönen Tag er­weckte, brachte bald wieder eine Enttäuschung, indem eS schon gegen 9 Uhr zu tröpfeln und gegen Mittag regelrecht zu regnen anfing. Mancher Ausflyg, der voller Zuversicht auf herrlichen Sonnenschein unternommen wurde, mißlang gründ­lich. Unser Liederkranz ließ sich nicht abhalten, eben­falls auszufliegen. Vollzählig begab er sich nachmittags nach Wörnersberg, um in der dortigen neuerbauten und nunmehr dem Betrieb übergebenen Wirtschaft zum Anker sich ein Stelldichein zu geben. Bei frisch-fröhlichem Gesang einer Reihe ansprechender Lieder entspann sich eine gemütliche Unterhaltung, die für die zahlreichen dankbaren Zuhörer nur zu rasch verstrich. Jupiter Pluvius war nicht im Stande, den guten Humor der Sänger zu beeinträchtigen und frohen Sinnes machte man sich wieder auf den Heimweg.

* Altensteig, 12. Mai. Nach einer von der Staats­schuldenkasse aufgestellten Berechnung beläuft sich ihr Geld­bedarf für das Etatsjahr 1899 über Abzug der an dem Zinsbedarf von dem Eisenbohnbaufond zu deckenden Summe von 49000 Mk, auf 19 655 361 Mk. 08 Pfg. und sind hiefür folgende Staatseinnahmen zum Bezug angewiesen: a) dirkte Steuern von dem Grundeigentum, von den Gefällen, Gebäuden und Gewerben 4 470 000 Mk.; b) direkte Steuern von Apanagen, Kapital- und Renten-, Dienst- und BerufS- einkommen 3 785 361 Mk. 08 Pfg.; o) Wirtschaftsabgaben 3000000Mk.; ä) Reinertrag vom Eisenbahnbetrieb 8400000 Mt., zusammen 19 655 361 Mk. 08 Pfg.

* Zum Weiler, 13. Mai. D^r Bauer Georg Landherr war dieser Tage bei der Baiermühle mit dem Aufpoltern von Langholz beschäftigt. Plötzlich kam ein Stamm ins Rollen und schlug dem untenstehenden Manne den einenjFuß ab. Wenig hätte gefehlt, so wäre der Mann erdrückt worden.

* Der auf dem Heimweg begriffene Straßenwart Niet­hammer von Sulz bei Nagold fiel in der Nacht zum Sonn­tag in die Nagold und ertrank. Er hinterläßt 9 Kinder.

* Freuden st adt , 9. Mai. Heute nachmittag zog über unsere Stadt von Osten her ein schweres Gewitter, das mit sehr starkem Regen und Hagelschlag verbunden war; doch hat letzterer keinen erheblichen Schaden angerichtet.

* Neuenbürg, 10. Mai. Der Realschüler Weik, der

2 Tage vermißt wurde, hat sich gestern abend wieder hier eingestellt. Derselbe ist ein schwach begabter Schüler, der den Anforderungen der Realschule nicht nachzukommen ver­mag, worauf auch dessen Verwandte schon seitens der Herrn Reallehrers aufmerksam gemacht wurden. Als der Knabe

am Montag früh sehr schlecht vorbereitet zur Schule kam, wurde er von seinem Lehrer zur Strafe vor die Thüre ge­stellt. Diese Gelegenheit benutzte der Schlingel, um auS- zureißen. Er trieb sich in Dennjächt und Unterreichenbach herum, während zu Hause alles auf den Beinen war, um ihn zu suchen. Daß er in der Schule geschlagen wurde, bestätigt sich nicht.

* Stuttgart, 11. Mai. Der Volksverein beschloß zur Stadtvorstandswahl einstimmig die Unterstützung der Kandidatur des Gemeinderots Gauß.

* Stuttgart, 11. Mai. Endlich hat Herr Ahlwardt auch den Weg nach Stuttgart gefunden. Als Zweck seines Hiersein« nannte er die Gewinnung von Abonnenten für sein neues WochenblattDas Schwert", die Nummer 10 Pfg., 13 Nummern Mk. 1.20. Die Erhebung eines Eintrittsgeldes von 30 Pfg. entschuldigte er damit, daß er al» ehrlicher Deutscher sich verpflichtet halte, die Verbindlichkeiten, welche aus seinem verkrachten Zeitungsunternehmen herrühren xsu L pau zu begleichen. 1500 bis 1600 Personen, der Mehr­zahl nach junge Leute, hatten sich zu dem Bortrag in Dinkelacker's Saalbau eingefunden, alle natürlich lüstern nach Radau, der auch nicht ausblirb. Der die Versammlung beaufsichtigende Polizeiamtmann Raible schritt aber zeitig genug ein, um eine Auflösung zu verhindern. Man sah schon geballte Fäuste hrrumfuchteln, hörte schrilles Pfeifen und heftige Pfuirufe und ein weniges hätte genügt, um «ine regelrechte Hauerei zu veranlassen. Es waren nämlich auch viele Juden da, die sich durch Zwischenrufe bemerklich gemacht hatten. Daß diese Leute aufs höchste gereizt wurden, dürfte durch nachstehende Blütenlese aus dem Ahlwardt-Vortrag sich erklären:Sämtlich« Zuchthäusler Europas haben an der Menschheit nicht so viel gesündigt, wie zwei Juden: Hirsch und Bleichröder, die 1500 Millionen aus dem Blute des Volkes abzapfen, während das ganze Königreich Preußen durch Napoleon I. nur um 900 Millionen geschädigt worden war. Die Zigeuner und Juden sind die einzigen heimat­losen Völker, jedoch mit dem Unterschiede, daß der Zigeuner sich zufrieden giebt, wenn er satt ist, während der Jude mit unersättlicher Gier Reichtümer aufhäuft .... 8000 Menschen enden alle Jahre in Deutschland an Selbstmord, wozu sie durch die Juden getrieben wurden. Wir haben auf diese Weise seit dem 1870er Kriege an Vi Million Menschen verloren u. s. w." Obwohl der Redner eingangs versichert hatte, man könne gegen ihn sagen was man wolle, er werde den Rechtsweg nicht beschreiten, meldete sich nur ein Jüng­ling zum Wort, der nachzuweisen suchte, daß der Anarchis­mus eine Kulturausgabe zu erfüllen habe. Um den Schwaben zu schmeicheln, lobte Ahlwardt den feinen Takt der Be­völkerung und verriet, daß oerSchwäbische Bauernkrieg" sein Ideal sei.

* Ein aus fünf Herren bestehendes Konnte in Stuttgart erläßt eine Einladung an sämtliche frühere Angehörige de» 2. Jägerbataillons ungefähr folgenden Inhalts:.Verehrte Kameraden! Am 18. Juli d. Js. sind es 40 Jahre, daß das 2. Jagerbataillon gegründet wurde und am gleichen Tage feiert der Bataillonskommandeur, Se. Exzellenz der Herr General der Infanterie v. Knörzer seinen 80. Ge­burtstag, sowie sein 60jähriges Dienstjubiläum. Es haben eine große Anzahl alter Jäger in einigen V-rsammlungen beschlossen, diesen für sie so wichtigen Tag am Sonntag, den 16. Juli d. IS. festlich zu begehen und mit der Ein­leitung dieses Festes ein Konnte, bestehend aus den Herren I. Klein, I. Höret, G. Knoll, G. Bissinger und A. Stoll, beauftragt. Es ist nun Ehrenpflicht eines jeden alten Jägers des 2. Bataillons, sich am Sonntag, den 16. Juli in Stuttgart einzufinden, um Sr. Exzellenz seine Gratulation darzubringen und zugleich mit dieser dreifachen Feier das schon längst ersehnte Wiedersehen zu verbinden. ES werden daher die Kameraden ersucht, ihre Adresse bis längstens 1. Juli an Herrn Höret, Schreincrstraße 10 in Stuttgart mit­

gespenstige Gestalt vor sich gerichtet, welcher er immer näher kam.

Jetzt blieb er wieder stehen, denn von Neuem schwank­ten die Knie unter ihm und seinen Lippen entrang sich der zitternde Ruf:

Im Namen Gottes, stehe!"

Die Erscheinung, welche bisher abgewendet von dem Bauer gestanden war, kehrte jetzt das Antlitz nach diesem und Pablo schaute betroffen in rin wunderbar schöne-, totenbleiches Mädchenantlitz, welches von einer lockigen Flut mächtigen Haares umwallt wurde. Das Antlitz der Er­scheinung kam Pablo Fuelde bekannt vor, ein jäher Ge­danke durchzuckte sein Gehirn und mit beherzterem, schärferem Blicke schaute er von Neuem nach dem verwemtlichen Gespenst.

Gerechter Gott! es ist die Juanita, des Manuel wahnsinnige Schwester!" entrang es sich zitternd seinen Lippen undunwillkürlich wachte er noch einige Schritte gegen die Gestalt.

AIS diese aber, ihn noch immer unverwandt anstarrend, das Näherschreiten Pablos gewahrte, stieß sie einen schrillen Schrei aus und streckte wie zur Abwehr beide Arme weit vor sich. <

Bist Du gesandt, mich einzufangen, weil ich Blut vergossen habe?" kam eS dann in bebenden Lauten über ihre Lippen, während namenloses Entsetzen auf den toten­bleichen Zügen sich ausdrückte.Er stahl mir die Ehre und deshalb nahm ich ihm das Leben."

Kein Zweifel mehr, eS ist die Wahnsinnige?" schrie Pablo und beherzter vorwärts springend, faßte er Juanita, denn diese war eS wirklich, mit nervigem Griffe am Arm.

Zurück!" schrie die Wahnsinnige gellend auf, sich unter dem eisenharten Griffe deS Bauern windend, Aug' um Aug', Zahn um Zahn! Wenn Du mich vor die Richter schleppen willst, dann steh' Dir Gott bei, denn ich stoße Dich nieder, wie den meineidigen Schurken."

In demselben Augenblicke riß sie mit der freigrbliebe-

nen Linken ein spitze- Stilet aus ihrem Busentuche und be­drohte den unwillkürlich zurückweichenden Pablo damit.

Dieser sah das Mondeslicht in der blanken Klinge gleich einem schmalen Silberstreifen funkeln und ließ die Hand des Mädchens los, aber im nächsten Augenblicke hatte er auch dos Dolchmcsser aus seinem Gurt gerissen.

Unselige was hast Du gesprochen?" rief er heiser vor Erregung,wessen Blut Haft Du vergossen?"

Blut Blut!" schrie die Wahnsinnige auf und gräßliche Seelennot spiegelte auf ihrem Angesichte sich wider. Gott Hot es so gewollt, ich sah's im Traum, daß ich ihn töten mußte!"

Ein surchtbarer Argwohn durchzuckte das Hirn des Bauern und einem Tiger gleich sprang er auf das Mädchen zu, mit geschicktem Griffe die dolchbewehrte Linke Juanitas hart am Gelenke fassend.

Mörderin, wen traf Dein Dolch?" rief er keuchend.

Zur Hilfe! Er will mich töten!" schrie da die Unglückliche auf und ein gewaltsames Ringen entspann sich zwischen den Beiden. Schon wähnte der starke Mann das Mädchen überwunden, als diesem es gelang, durch eine geschickte Wendung ihre Hand von der Umschlingung loszumachen. Im nächsten Augenblicke flüchtete Juanita, einem aufgescheuchten Wilde gleich, in den noch dämmernden Wald.

Pablo war zurückgetaumelt und mit der Hand nach dem linken Oberarm gefahren, an welchem er plötzlich einen heftig stechenden Schmerz verspürte. Jetzt gewahrte er im Mondschein, wie Blut durch den Aermel hervorsickerte. Aber in seiner maßlosen Erregtheit achtete er der Verwundung kaum.

Hast Du gestochen, Schlangt?" knirschte er mit ver­bissener Wut;steh' Gott Dir bet, wenn ich Dich erhasche, dann mußt Du mit zum Alkalden und die Engel im Himmel selbst sollen Dich vom Tode nicht erretten!"

Mit jähen Sätzen sprang auch er seitab von der

Straße in den finster schweigenden Wald, um die Spur der Wahnsinnigen zu verfolgen.

VI.

Kaum dämmerte ein schmaler Lichtstreif im Osten, als auch schon rings um die Gerichtsstätte eine Menge Volkes sich versammelte, um Zeugen des seltenen Schauspieles einer zwiefachen Hinrichtung zu sein. Die in dumpfem Schweigen verharrende, noch in tiefem Dunkel eingehüllte Menge rings um den Platz und die mitten auf dem letzteren stehende schwarzverhängte, von einem Vogt bewachte Totenbahre machten einen schauerlichen Eindruck. Mit banger Scheu blickten auch die Zaghafteren unter den Zuschauern immer von Neuem nach dem verdeckten Leichnam, der Zeuge sein sollte des blutigen Sühnopfers, welches noch vor Sonnen- aufgangder geschehenenMissethat halber gebrachtwerdenmußte.

Als endlich die Nacht dem langsam aufgrauenden Morgen gewichen war und ringsum aus der Erde dampfende Nebelmassen hervorguollen, fanden sich in feierlichem Zuge wiederum unter Vorantritt des Alkalden die Nettesten in ihrer AmtSgewandung auf der Rlchtstätte ein. Als der Ring geschlossen und die Eröffnung des Gerichts vom Alkalden verkündet worden war, befahl dieser die zum Tode Verurteilten vor seinen Stuhl zu führen.

Nach einer Weile erschien der kleine traurige Zug, eröffnet und geschlossen von den bewaffneten Vögten der Gemeinden, und in der Mitte das Liebespaar, getrennt durch einen Geistlichen im Ordensgewand, der zwischen ihnen einhrrschritt. Scheu wichen die Zuschauer zur Seite, um die Verurteilten rinzulassen in den Bann des Gerichtes. Heute wurden keine Verwünschungen laut, und nicht eine einzige Faust ballte sich; emem schweren Alp gleich lastete beklemmend Stillschweigen auf den Reihen des Volke- und der Anblick der beiden jungen, dem gräßlichsten Tode ver­fallenen Menschenkinder senkte tiefe-Mitgefühl in ein jedeSHerz.

(Fortsetzung folgt.)