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Erscheint Dienstag Donnerstag, SamStag und Sonntag mit der GratiS-Beilage »Der SonntagS- Gast."

BeöellpreiS pro Quartal i« Bezirk Nagold 90 ^

außerhalb desselben l.lv.

Nr. 145.

AttenSleiL.ItM.

Amtsblatt für

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MensLag, 20. Septbr.

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1898.

Uebertragsn wurde die zweite Schulstelle iu Egenhausen dem Schulamtsverweser Wilhelm Waldenmayer in Neuenbürg; die dritte Schulstelle in Nagold dem Schullehrer Arnold in Ebhausen; die Schul­stelle in Jselshausen dem Schullehrer Schmidt in Nehweiler (Elsaß); die Schulstelle in Maitis, Bez. AlberShausen (Göppingen) dem Schulamts­verweser Gotthold Conzelmann in Holzbronn, Bez. Nagold; die Schulstelle in Rohrdors dem Schullehrer Heinz in Bernloch, Bez. Münstngen; die Schulstelle in Schönmünzach dem Unterlehrer Heinrich Betz in Hausen a. Zaber. ^

Befördert wurde auf die Stelle des Stationsmeisters in Teinach, der Erpedient Straub in Stuttgart.

L«rseri-slitrk.

DieStaatsbürgerztg.", die zuweilen besondere Ver­bindungen hat, zeigt sich aus Anlaß des Genfer Mordes besorgt wegen des Lebens des Kaisers anläßlich der bevor­stehenden Reise nach Jerusalem. Sie schreibt:Bisher war es üblich, daß bei größeren Reisen des Kaisers ins Ausland erfahrene, sprachkundige, mit den Verhältnissen der betreffenden Länder vertraute Polizeibeamte mitgesandt, beziehungsweise vorausgeschickt wurden. In diesem Jahre ist, wie wir hören, auf einen Bericht unseres Botschafters in Konstantinopel Freiherrn v. Marschall. hin, von derartigen Vorbeugungs- Maßregeln Abstand genommen worden. Herr v. Marschall glaubt, daß im Orient anarchistische Greuelthaten, Ver­schwörungen und dergleichen nicht zu befürchten seien. Er­fahrungsgemäß findet sich aber gerade bei solchen Gelegen­heiten allerlei anarchistisches Gesindel, namentlich aus dem Ausland zusammen, und es sind da Vorsichtsmaßregeln nach allen Richtungen dringend geboten."

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Wie aus Paris gemeldet wird, erklärten die dortigen Elsaß-Lothringer nach der Beratung des Abrüstungsvorschlages des Zaren in einer Tagesordnung, keine Abmachung anzu- nehmcn, die nicht dieElsaß-Frage" endgültig und billig derart regelt, daß Elsaß-Lothringen seinemMutterlande", Frankreich, wiedergegeben wird.

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Abg. Lazies schreibt in derLibre Parole":Volk und Heer sind zum Aeußersten entschlossen, um die Trarieux, Brisson und Genossen zu verhindern, ihr Ziel zu erreichen. Diese Schurken im Gehrock wollen nämlich das Volk zwingen, Kaiser Wilhelm auf der Welt-Ausstellung 1900 mit Jubel zu empfangen und unsere Soldaten das Gewehr vor dem übermütigen Sieger präsentieren zu lassen, der seinen Stiefel auf Frankreich setzen will." Die Dreyfus-Angelegenheit und die schmachvollen Enthüllungen der letzten Zeit scheinen den Franzosen den Rest ihrer Vernunft zu rauben.

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Aus Paris meldet man dem Kl. Journ.: Die Dreyfus- Akten enthalten einen wahren Rattenkönig von Ungesetzlich- , ketten. General Mercier zwang Picquart, den Richtern im Dreyfus-Prozeffe die Geheimakten mitzuteilen. Picquart wehrte sich gegen die ungesetzliche Handlung, bis General Mercier drohte, ihn wegen Ungehorsams vor ein Kriegs­gericht zu stellen. Ein heilloser Skandal ist unvermeidlich; mindestens 15 Generalstabsoffiziere sind kompromittiert.

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Die Kandidatur des Prinzen von Griechenland für den Gouverneurposten von Kreta wird von den Petersburger Nowosti anläßlich der jüngsten Vorgänge auf Kreta aufs neue in Anregung gebracht. Für das. Wünschenswerteste hielte das Blatt allerdings die Vereinigung Kretas mit

Griechenland, welche Kretain den blühenden Zustand der jonischen Insel" versetzen würde, giebt aber zu, daß diese Vereinigung aus irgend welchen Gründen unthunlich er­scheinen dürfte. Wenn man auf die Einwilligung Deutsch­lands und Oesterreichs warten will, so wird die kretische Frage noch lange ungelöst bleiben. Augenscheinlich haben diese Mächte für die kretensischen Angelegenheiten geringes Interesse. Im entgegengesetzten Falle würden sie ja ihre Schiffe aus den kretischen Gewässern nicht abberufen haben.

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Die Kriegslust der Neuyorker ist verflogen, seit sie das 71. Regiment bei seiner Ankunft sahen. Das 71. Regiment ist das einzige Neuyorker Regiment, welches vor den Feind gekommen ist. Beim Ausmarsch bestand es aus 1028 blühenden jungen Männern und von diesen kehrten nur 310 abgezehrte Gestalten zurück, mager wie Skelette. Die­selben waren an Kräften so heruntergekommen, daß sie den Broadway hinauffahren mußten; dabei mußten die meisten noch gestützt werden, um sie in die Kabelwagen hinein zu bringen. 80 Mann vom Regiment sind tot und 678 liegen krank in Hospitälern; so haben Hunger und Fieber unter den amerckanischen Truppen gehaust. Nach dem Einmarsch wurden die Reste des Regiments sofort bis zum 27. Okt. beurlaubt. Selbstverständlich hat dieses Schauspiel auch den Grimm gegen die Armee-Verwaltung, besonders den Kriegsminister Alger, neu wieder angefacht. Man erklärt, die Soldaten seien nur das Opfer der Unfähigkeit und Nachlässigkeit des Kriegsministeriums gewesen. Die Zeitungen schreiben, das für die Soldaten ausgeworfens Geld sei wie durch eine Leiter geworfen und die Soldaten hätten nur so diel davon erhalten, wie an den Sprossen hängen bleibe. Auf dem Schlachtfelde sind gefallen 23 Offiziere und 236 Soldaten. Diese Zahlen erscheinen sehr gering, wenn man die Verluste im Bürgerkriege vergleicht, wo allein 4142 Offiziere und 62 916 Soldaten fielen und außerdem noch an den Folgen von Verwundungen 43 012 Mann starben. Das schlimmste an diesem Kriege sind die vielen Krankherts- keime, welche die Soldaten dem höllischen Klima Kubas zu danken haben, und die nachträglich noch so manches Opfer fordern können. Man hätte mit diesen erschöpften Soldaten den Krieg nicht weiter führen können, und Amerika kann von Glück sagen, daß Spaniens Kraft gerade in dem Moment zusammenbrach, als es selbst unfähig war, zu lange den Krieg fortzusetzen.

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Ein Erlaß des Kaisers von China ist veröffentlicht worden, durch den die Wirksamkeit der Postverwaltung auf das ganze Reich ausgedehnt werden soll als Ersatz für das jetzige beschwerliche Kuriersystem. Die zahlreichen in der letzten Zeit erlassenen Edikte betreffend die Ein­führung von Reformen und Verminderung der Ausgaben lassen erkennen, daß die Ratgeber des Kaisers einer Politik vollkommenen Umschwunges zuneigen, aber die Ansicht der meisten Chinesen und auch der alten europäischen Angesessenen geht dahin, daß die Aenderungen zu durchgreifend seien und die Beamtenklasse beunruhigen könnten. Jedenfalls aber ist es augenscheinlich, daß der Kaiser entschlossen ist, viele Mißbräuche abzuschaffen; seine Bemühungen werden von allen einsichtigen Chinesen willkommen geheißen, die gleich­wohl zur Mäßigkeit raten.

* Alten steig, 19. Sept. Seit dem Jahr 1891, wo die 50jährige Jubiläumsfeier des landwirtschaftlichen Bezirks­vereins Nagold in einer über alle Erwartung gelungenen Weise in hiesiger Stadt abgehalten wurde, fand kein landw. Bezirksfest mehr statt. Voriges Jahr war wieder ein Bezirksfest geplant, infolge der schweren Hagelschläge wurde dasselbe aber auf Heuer verschoben. Am Samstag nahm nun das Fest des landw. Vereins, des Bienen- und Geflügel- zuchtvereins, sowie des Obstbau- und Fischerei-Vereins des Bezirks in der Oberamtsstadt Nagold den programm­gemäßen Anfang. Morgens 6 Uhr wurde dos Fest durch Böllerschüsse und Tagwache eingeleitet, von 7 Uhr ab fand die Ausstellung der zur Prämierung angemeldeten Tiere statt. Das Preisgericht, welches um 8 Uhr seine Thätigkeit begann, hatte bei den zahlreich aufgestellten Tieren ein schweres Stück Arbeit zu bewältigen. Um 11 Uhr bewegte sich der Festzug, wel­cher bei der Krone Aufstellung genommen hatte, durch die Stadt auf den Festplatz (Stadtacker); ein Herold eröffnet«: den Zug, dann folgten 6 Vorreiter in ländlicher Tracht, die Nagolder Stadtmusik, ein mit den verschiedensten Früchten beladener, hübsch geschmückter Erntewagen, gesunde, stramme, lebensfrohe Bauernburschen und Mädchen in der Tracht der Gäubauern und der Hinteren Waldorte mit landw. Geräten, die Vercinsfahne, das Festkomitee, Ehrengäste, ein aus Hopfenranken gebildeter Festwagen mit Hopfen zopfenden Kindern, der Militärverein. der Festwagen des Gewerbe­vereins mit einer Dorfschmiede, auf dem Wagen hatten Bäcker, Metzger, Müller, Küfer, Wagner rc. Aufstellung genommen, Küfer und Schmiede hantierten fast um die Wette mit ihren Werkzeugen; es folgte der Liederkranz, ein die Waldwirtschaft darstellender Festwagen, der Turnverein, der Festwagen der Bienenzüchtervereine, auf dem eine schmucke Bienenkönigin thronte und dessen Aufbau vielen Kunstsinn verriet. Auch der Festwagen des Fischereivereins zeichnete sich durch hübsches und sinniges Arrangement aus. Der Geflügelzuchtverein Altensteig war durch einen mit Tannen­bäumchen geschmückten Wagen vertreten, das Bild eines Hahns und Eiernester zierten die Guirlande an der Vorder­seite des Wagens. Den hübschen Wagen des Obstbauvereins zierte u. a. eine viele Arbeit erfordernde Säule, um welche die verschiedensten Früchte in, geschmackvoller Zusammen­stellung gruppiert waren. Der Wagen der Schülerinnen des Wanderkochkurses erregte ebenfalls viele Aufmerksamkeit; wohl mancher hätte gern von den hübschen, emsig Nudeln oder Kucken wellenden Mädchen sich eine wohlschmeckende Speise servieren lassen; prämierte Dienstboten und eine Abteilung Feuerwehr bildeten den Schluß des imposanten Festzugs. Nachdem derselbe auf dem Stadtacker Aufstellung genommen hatte, hielt der Vorstand des landwirtschaftlichen Vereins, Herr Obcramtmann Ritter die Begrüßungsansprache. Herzlich willkommen hieß der Redner die Ehrengäste und alle die vielen Besucher des Festes, ihnen für das ehrende Erscheinen Dank sagend. Redner betonte dann, daß die landwirtsch. Feste von volkswirtschaftlicher Bedeutung seien. Hier zeige die Landwirtschaft, was sie leisten könne, nicht blos für die MilitHrstammrolle biete sie Beachtenswertes, sondern der Nährstand nehme im ganzen Lande eine wichtige Stellung ein. Alsdann brachte Redner der K. Staatsregier- ung, der Amtskorporation u. der Stadt Nagold wärmsten Dank

Wochenrundschau.

Eine That, für deren schaudervolle Ruchlosigkeit die Sprachen zivilisierter Völker keine ausreichende Bezeichnung haben, lenkte für den Anfang letzter Woche alles für die Oeffentlichkeit vorhandene Interesse auf sich. Und während die gesamte sittliche Welt das tragische Geschick einer hoch- gestellten Frau auf das innigste bedauert, während alle wenigstens im Geiste trauernd an ihrem Sarge verweilen, freut sich der Unhold rückhaltlos seiner gelungenen That. Die Zeitungen bringen spaltenlange Berichte über die Einzelheiten seines Verhörs, dies und das Blatt bringt so­gar das Bild des Mordbuben und eine Abbildung seiner Mordwaffe, um dem Sensationsbedürfnis einer Leserklasie zu entsprechen, der nichts grausam und unheimlich genug sein kann, um einen immer noch angenehmen Nervenkitzel zu erregen. Schlimmer noch aber ist die oft gemachte Be- obachtung, daß auch Verbrechen ansteckend wirken und daß diejenigen Zeitungsschreiber, die sich allzusehr mit den Einzelheiten einer Frevelthat beschäftigen, in den Hirnen fanatisch angelegter Personen den Nachahmungstrieb wecken und sich so indirekt und unbewußt zu Fortpflanzern der Frevelthaten machen. Allerdings, der neueste Mordbube ist ein Unikum. Er bedauert, daß das Genfer Recht keine Todesstrafe zuläßt; er bittet, ihn ln Lausanne aburteilen

zu lassen, wo die Todesstrafe noch vollstreckt wird. In diesem Attentäter ist der Cynismus Fleisch und Blut ge­worden.Auch ich bin ein guter Mensch", entgegnet er dem Untersuchungsrichter, als dieser ihn darauf hinweist, daß die von ihm Ermordete eine gute Dame gewesen sei. Gleichzeitig mit der Erörterung über die gräßliche That kommen die Anregungen, wie man dem Anarchismus zu Leibe gehen kann. Diese Vorschläge, die da gemacht werden, sind ja nicht neu. Sie tauchen nach jedem neuen Attentat auf. Alle Staaten haben heute schon die denkbar strengsten Gesetze gegen anarchistische Frevel. Der neueste Attentäter ist zweifellos geistig normal, jedenfalls wird sich kein Ge­richtsarzt finden, der ihn wegen Unzurechnungsfähigkeit der Verantwortung für seine That entziehen will. Und wenn man dennoch diese That als eine That des Wahnsinns be­zeichnen hört, so muß man trotz des scheinbaren Widerspruches sagen: es ist eine That des Wahnsinns, aber eines Wahn­sinns der strafbaren Art. Gegen Wahnsinn aber kann man keine Gesetze machen. Man kann die ihm Verfallenen sorg­fältig überwachen, man kann sie ein- und absperren, um ihnen die Möglichkeit zu nehmen, ihren Mitmenschen und der bürgerlichen Gesellschaft zu schaden, aber strafen kann man sie erst, wenn sie ihre wahnsinnigen Ideen in Thaten umsetzen. Darum wird auch jetzt bei den internationalen Maßregeln gegen die Anarchisten nicht viel Praktisches

herauskommen. Gegenüber der Genfer Greuelthat schwinden die übrigen politischen Vorgänge wenn auch nicht an Be­deutung, so doch an Interesse. Das wichtigste ist, daß es in Paris brodelt und zischt, und daß die Revision des Dreyfus-Prozeffes nunmehr beschlossene Sache ist. Den Obersten du Paty de Clam hat man in Jnaktivität versetzt und Esterhazy ist über die deutsche Grenze gegangen, um sich in Sicherheit zu bringen. Der Abrüstungsvorschlag des Zaren hat bereits viel von seiner Aktualität verloren und man glaubt nicht mehr an praktische Ergebnisse der einzuberufenden Konferenz. Die Friedensverhandlungen in der spanischen Kammer haben nahezu zu einer allgemeinen Holzerei geführt und der Appetit der Amerikaner auf den Philippinen ist gewachsen. Auf Kreta hat die europäische Polizei der Admirale auch in dieser Woche neue Zusammen­stöße nicht verhindern können und wenn Georg von Griechen­land als Generalgouverneur auf der Insel landet, wird er zweifellos ein tüchtiges Stück Arbeit vorfinden. Chile und Argentinien stehen sich mit blankem Messer gegenüber und in Asien geben sich die Engländer alle Mühe, Oberhand zu behalten. Der schlaue Li-Hung-Tschang wird scheinbar von seinem einflußreichen Posten zurücktreten und von den Eng- ländern Geld nehmen, nachdem er solches bisher von den Russen genommen hat. Geld stinkt nicht!