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hat dir Vegetation sehr zu leiden; vor allem erweist sich das Wetter von nachteiligem Einfluß aus Kern- und Stein- obstbüume; denn einesteils wurde durch den fortwährenden Regen die Blüte höchst beeinträchtigt, andernteils begünstigt die feuchte Witterung das Ueberhandnehmen des Ungeziefers, namentlich des Kaiwurms und der Gespinstmotte, so sehr, daß insbesondere an späteren Sorten die meisten angesetzten Früchte zu Boden fallen und infolgedessen auf ein reiches Obstjahr nicht mehr zu rechnen ist. Klee und Gras zeigen zwar mächtigen Wuchs, allein um ein kräftiges Futter zu geben, fehlt es ihnen an Sonnenschein, wre auch das Wachsen des Unkrautes auf den Brachfeldern ungemein gefördert wird. Daß auch für die Weinberge die gegenwärtige Witterung nicht ohne Einfluß bleibt, ist begreiflich; viele der angesetzten Trauben, hauptsächlich in den besseren Lagen mit vorzüglich Trollingergewächs, fangen bereits an, abzufallen.
* Der erste Gewinn der Balinger Kirchenbaulotterie fiel 10 Arbeitern der Trikotwarenfabrik von Jakob Ott jr. in Ebingen zu. Der zweite Gewinn kam nach Bühlertüann bei Ellwangen.
* Tuttlingen, 6. Juni. In der hiesigen Wählerliste find 2950 Wähler eingetragen gegen 2469 im Jahr 1893.
* Heidenheim, 4. Juni. Zwischen Heuchlingen und Gerstetten hat Professor Guus von hier, ver im Auftrag des Gerstetter Jndustrievereins nach Zemsntsteinen forschte, das Vorhandensein eines mächtigen Lagers geeigneter Zement- steme festgestellt.
* Biderach, 6. Juni. In der Saulgauer Vorstadt lauerte gestern abend ein Arbeiter seinem früheren Hauswirt auf und mißhandelte ihn schwer, bis es dem Angegriffenen gelang, sein Messer zu ziehen. Der Arbeiter wurde durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt und liegt im Sterben. Der Thäter, ein Familenvater, befindet sich in Haft.
* (V e r s ch i e d e n e s.) In dem Weinberg des Wilh. Schöpfer in Obertürkheim sind jetzt schon blühende Trauben zu sehen. — In Willsbach trat in den letzten Tagen die Hühnercholera so stark auf, daß in mancher Hauehaltung kein Huhn mehr zu finden ist. — Die bürgerl. Kollegien in Oehringen haben beschlossen, eine Fcauen- nrbeitsschule zu errichten. — Rößleswirt Stoll in Jgels- loch wurde >n der Nacht zum Sonntag angegriffen und durch zwei Schüsse schwer verwundet. Fünf der Attentäter wurden ans Amtsgericht Neuenbürg eingeliefert. — Das zweijährige Söhnchen des Metzgers Ruoff in Nürtingen spielte um Samstag in der Nähe der Stadt am Ncckarufer mit andern Kindern, dabei stürzte es ins Wasser und wurde von den Wellen fortgerissen. Erst einige Stunden später wurde die kleine Leiche gefunden. — Der in Balingen wohnhafte und im nahen Ostdorf bei Mühlenbefitzer Letsch bedienstete Müllerknecht Birk wollte am Samstag in der Mühle einen Riemen auf die Scheibe legen, wurde jedoch von demselben erfaßt und derart eingezwängt, daß ihm Brust und Kopf vollständig zerquetscht wurden und der Tod augenblicklich eintrat. Der Verunglückte hinterläßt eine Witwe mit zwei kleinen Kindern. — Bei Schenkenzell wurden in dem dortigen Porphyrbruche 2 italienische Arbeiter während der Fahrt auf einem Rollwagen durch den von der „Teufelsküche" zur „Stampfe" führenden Tunnel von einer plötzlich sich lösenden Felsmasse derart getroffen, daß der eine sofort auf der Stelle tot blieb, der andere bald darauf starb. — In Beuren am Neuffen hat der Storch einem jungen Ehepaar als Erstgeburt 2 Maythm und einen Knaben beschert, welche den 3. Juni getauft wurden. Mutter und Kinder befinden sich wohl. — Ein Verband württemb. Molkereibesitzer soll gegründet werden. Eine hierauf bezügliche Versammlung ist am Samstag den 11. Juni vormittags 11 Uhr in den Gasthof „zur Glocke" nach Hall einberufen.
* Im Gasthaus „zur Krone" in Vöhrenbach bei Billingen spielte sich eine schreckliche Szene ab. Ein Arbeiter sprang nach kurzem Wortwechsel auf seinen Meister, Schreiner Weißer, zu und brachte ihm sieben Messerstiche in den Kopf bei, so daß Weißer sofort bewußtlos zu Boden sank. Der Messerheld floh. Der Gendarmerie wird es hoffentlich bald gelingen, des Burschen habhaft zu werden.
* Die vom Oberrhein zur Ausbeutung gebotenen Wasserkräfte belaufen sich im ganzen auf 250,000 Pferdekräste. Davon sind 15,000 bereits von Baden dem schweizerischen Großkapital bei Rheinfelden überantwortet, von denen nur 800 aus die badische Stadt Lörach zurücksallen.
* Ein ganzer Leiterwagen voll zu leicht befundenen Brotes wurde bei der letzten kommissionellen Brotuntersuchung in Bregenz eingezogen und dem dortigen Waisenhause überliefert.
* Berlin . 7. Juni. Die amerikanische Regierung hat nickt ein direktes Verbot der Ausfuhr frischen Schweinfleisches nach Deutschland erlassen, sie lehnt nur die Ausstellung von Gesundheitsattesten für gute Fleischsendungen ab, und damit ist der Exvort nach Deutschland thatsächlich unmöglich geworden.
* Berlin, 4. Juni. Nach einer Hamburger Meldung des „Kl. I." explodierte auf dem Lockstetter Felde auf unaufgeklärte Weise ein Geschoß, drei Arbeiter wurden schwer, einer tätlich verletzt.
* Berlin, 7. Juni. Wie aus Madrid gemeldet wird, herrscht in Santiago starker Regen und Sturm, wodurch den amerikanischen Schiffen jede Möglichkeit zur Neber- wackung geraubt wird.
* Ein Mechaniker in der elektrischen Lichtanlage des Hüttenwerks ,,Rote Erde" inAachen berührte den Leitungsdraht und war sofort tot.
* Die Schulden der Prinzessin Luise von Koburg, die jetzt zu ihrem Vater, dem König von Belgien, nach Schloß Laeken bei Brüssel übersiedelt, erreichen 3 Millionen Gulden. Der Kaiser von Oesterreich. Prinzessin Clementine von Koburg und der Herzog Ernst Günther von Schleswig- Holstein steuern bei: das belgische Königshaus übernimmt den größten Teil.
* Wien, 6. Juni. Rach der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses, in welcher Nitsche, Axmann und Noske zu den Sprachenanträgen sprachen, trat eine Konferenz sämtlicher Obmänner zusammen, in welcher die Obmänner des Klubs der Linken, Groß, Kaiser und Wolf erklärten, sie seien gegen die erste Lesung der Finanzvorlagen und gegen die Anregung Malfatti's, Absndsitzungen zu diesem Zwecke abzuhalten. Abg. Wolf erklärte sich ganz entschieden gegen jede positive Arbeit, so lange nicht die Sprachenverordnungen aufgehoben seien. Von der Rechten ergriff niemand das Wort. Nack viertelstündiger Dauer ging die Konferenz resultatlos auseinander. Man erwartet den baldigen Schluß der Session.
* Wien, 7. Juni. Die gestrige Beratung der parlamentarischen Klubobmanner über den Antrag des Polenklubs, die jüngsten Regierungsvorlagen in eigenen Sitzungen zu behandeln, verlief vollkommen erfolglos, und alle oppositionellen Führer gaben die Erklärung ab, daß an eine Behandlung irgend welcher Regierungsvorlagen nicht zu denken sei, ehe nicht die Sprachenverordnungen aufgehoben werden. Infolgedessen steht die politische Lage abermals vor einer Krise. Man spricht von Demissionsabsichten des Kabinetts ; andererseits wird erklärt, Graf Thun werde nochmals versuchen, das Parlament arbeitsfähig zu machen. Inzwischen schreiten die Bemühungen Ungarns, sich von Oesterreich loszureißen, täglich fort. Der ungarische Finanzministsr Lucas unterbreitete gestern dem Budopester Parlamente eine Reihe wichtiger Vorlagen, welche dir wirtschaftliche Selbständigkeit
-K e fefr u ch t.
Wer seine Fehler recht erkennt,
Und unbarmherzig selbst sich nennt, Der hat die Anwartschaft allein, Sich einst von ihnen zu befrei».
Jalsches Keld.
Kriminal-Novelle von E. v. Lippe.
(Fortsetzung.)
„Ich war Kapitän in Algier und habe außer meiner Pension noch eine Rente von 25 000 Frank jährlich zu verzehren."
„So, so," sagte sehr zufriedengestellt mein Kollege, „da läßt sich solch ein luxuriöses Leben, wie Sie es führen, schon erklären."
„Mein Herr," sagte der Vikomte ziemlich scharf, „ist Ihnen hier in Wien, wo ich erst seit zwei Tagen mich aufhalte, die Verausgabung meines Geldes so auffällig, daß Sie mich deshalb hier im Theater ausgesucht haben, um darüber von mir Auskunft zu verlangen?"
Mein Kollege sah zu van Habermeister hin; es war, als hätte er jene Frage gar nicht gehört, als wäre dieselbe gar nickt gelhan worden.
„Und wie nennen Sie sich?" fragte er.
„Mein Name ist van Habermeister. Ich bin Holländer, in Batavia ansässig, Plantagenbesitzer dort und reise zu meinem Vergnügen. — Genügen Ihnen diese Angaben, mein Herr?" setzte Herr van Habermeister hinzu.
Mein Kollege nickte bestätigend; er sah freundlich,, wie erfreut über die erhaltene Auskunft, einige Minutej still vor sich hin.
Herr van Habermeister schien dies Schweigen nicht gefallen, höflich, aber doch sehr energisch fragte er:
„Und darf ich nun wissen, weshalb Sie meinen Freui
den Herrn Vikomte, und mich hierher geführt haben'und welchen Zweck es hat, uns mit solchen Fragen zu behelligen?"
Wie in Verlegenheit kraute mein Kollege sich das Ohr ; nach einer Pause sagte er gleichsam entschuldrg.nd:
„Ja schaun's, meine Herren, das ist eine verteufelt dumme Geschickte. — Aus Petersburg hat man uns versichert, daß Sie gefälschte russische Banknoten ausgegeben, und da habe ich als Kriminalbeamter doch die Verpflichtung, mit Ihnen darüber zu sprechen, und da ich Ihnen das doch so nicht auf den Kopf hin sagen wollte, fing ich an zu fragen — nun wie man es eben macht, wenn man nicht gleich so mit einer bösen Geschichte jemand entgegenkommen möcht'."
„Ich, — wir sollen falsche Banknoten ausgegeben haben?" fragte von Habermeister mit dem Ausdruck des ehrlichsten Erstaunens, während der Vikomte verächtlich lächelnd seinen Kopf wiegte.
„Ja, meine Herren, es ii leid, daß Sie auch geradetreffen muß," erwiderte- läßt sich an der Sach' nicht, was die Rush viel Aerger und
„Aber „Sie kör hin sc
Ungarns anbahnen. In ihren Wählerversammlungen erklärten hervorragende ungarische Abgeordnete der liberalen Partei, der Ausgleich werde nicht zu stände kommen und an eine Verlängerung des Provisoriums sei nicht zu denken.
* Rom, 6. Juni. Dem römischen Berichterstatter des Standard zufolge richtete der Papst Schreiben an den deutschen und den österreichischen Kaiser, worin er deren guten Dienste zur Regelung der Beziehungen des Vatikans mit der italienischen Regierung nachsucht. Der Papst beanspruche vollkommene Freiheit und Unabhängigkeit.
* Paris, 6. Jun. Im Gemeinderat kam ein Schreiben der Herren Alfons und Gustav de Rothschild zur Verlesung, wornach sie anläßlich des Gewinns des 6lrsnä prix eine Summe von 200000 Frs. für die Armen von Paris zur Verfügung stellen. Champoudry rief: Was sagen die Antisemiten dazu? Alpy erwiderte: Daß das ein Blitzableiter ist!
* Paris, 7. Juni. Ein furchtbares Verbrechen wurde vorgestern in dem Pariser Vororte Saint Maurice begangen. Ein 20jähriger Bursche Namens Albert Peugnicz ermordete die Gattin des Mechanikers Bertrand und deren 7jährigen Neffen Octave Dhaut in ihrer Wohnung am Hellen Tage mittels eines Schmiedehammers. Der Mörder, welcksr aus einem Schranke den Betrag von 600 Francs geraubt hat, konnte bisher nicht festgenommen werden.
*Esbierg, 5. Juni. Ein dänisches Kanonenboot beschlagnahmte zwei deutsche Dampfschiffe wegen gesetzwidrigen Fischens im dänischen Gebiete.
* London, 6. Juni. Die Versenkung des Schiffes „Merrimac" wird von den Londoner Blättern als eine erfolgreiche That in Leitartikeln gelobt, in Amerika selbst ist man über den praktischen Wert der That geteilter Ansicht. Admiral Sampson selbst hat, wie der „Central-News" aus New-Iork gemeldet wird, das Beginnen als ein hoffnungsloses angesehen. Bemerkenswert bei dem ganzen Vorgang ist die Höflichkeit der Spanier. Die Besatzung des „Christobal Colon" begrüßte Hobson mit Hurrahrufen, Cervera schüttelte ihm die Hand und beglückwünschte seine Mannschaft. Des spanischen Admirals erster Stabsoffizier, Kapitän Ooiedo, brachte ein Handschreiben Cervera's an Admiral Sampson, worin er ihm freundliche Behandlung der Gefangenen versprach, sowie eine AustausÄung- derselben anbot. Sampson hat dann Cerveras Komplimente erwidert. Mac Kinley soll gesagt haben, man sehe, daß die alte spanische Ritterlichkeit noch lebe. Unter der Besatzung des „Merrimac" befanden sich zwei Iren, ein Franzose und ein Deutscher Namens Oscar Beignan.
* London, 6. Juni. Dem „Exchange Telegraph" wird aus New-Dork berichtet, daß Sampson's Geschwader keine weitere Aktion vornehmen werde, ehe nicht die Landtruppen bereit sind, mit ihm zu kooperieren, so daß der Angriff von beiden Seiten erfolgen kann. Im Kriegsministerium glaube man, Cervera sei im Hafen von Santiago sicher eingeschlossen, und man macke nun Pläne, um den Krieg nach den Canarischen Jnieln und, wenn nötig, auch nach der spanischen Küste selbst zu übertragen.
* London, 7. Juni. Die zweite Ausgabe der „Mor- ning Post" veröffentlicht eine Depescke aus Madrid, die einen Bericht über eine Unterredung ihres Korrespondenten mit dem bisherigen Kolonialminister Moret einhast. Danach erklärte dieser Staatsmann, die gegenwärtige Lage Spaniens sei bei Weitem ernster als allgemein zugegeben werde. Die Regierung habe keinen festen Plan, sondern lasse die Dinge ihren Lauf nehmen, ohne sich um die schließlichen Folgen zu kümmern. Kurz, das spanische Staatsschiff treibe dahin, wohin der Sturm der Ereignisse es trage. Es geschähe nichts und werde auch gar nichts versucht, um dieser Ereignisse Herr zu bleiben, auch sei es zwecklos, zu verhehlen, daß das Kabinet Sagasta trotz der letzten Umgestaltung kein festes Gefüge mehr habe.
„Unsere Gesandten würden sich für uns verwenden, sie müssen uns gegen solche Ungerechtigkeit schützen, sie würden ihren ganzen Einfluß anwenden, um die Ausführung eines solchen Angriffes auf die persönliche Freiheit eines amerikanischen Bürgers und eines Franzosen abzuwehren," setzte der Vikomte mit einem Stolz und einer Sicherheit hinzu, die einem Beamten, der nicht vollständig fest, seiner Sache nicht ganz sicher war, sehr leicht hätte bestimmen können, für den Augenblick wenigstens von einer Verhaftung abzustehen; ja ich war überzeugt, daß mein Kollege doch wohl schwanken möchte, ob er ein Recht habe, zur Verhaftung der Leute zu schreiten; aber ebenso sagte ich mir auch, daß derselbe nicht so leicht zu erschüttern sei, und daß er jedenfalls mit seinen Fragen ein Ziel zu erreichen suche, das selbst mir nicht klar war; ich war gespannt, zu wissen, was er erreichen wollte; und deshalb beharrte ich in meinem Schweigen; ich hätte mich ja sonst und unzweifelhaft jetzt fit Erfolg einmischcn können.
„Die Legitimation, daß Sie amerikanischer Bürger jranzose sind," sagte mein Kollege nach einer Pause, ^is, das wäre schon ganz hübsch, wenn's nicht ein /Kapitalverbrechen wäre, dessen Sie verdächtig sind, sier kann Ihnen keine Legitimation, kein Gesandter lützen, ich wsrd' Sie verhaften müssen."
„Und wie lange denken Sie sich, daß unsere Hast ;n wird?" fragte der Vikomte fast höhnend.
„Das läßt sich schwer bestimmen," war die ausweichende kwort, die aber durch das begleitende Achselzucken sehr idt war.
„Sie können uns aber doch nicht Wochen in Haft besten wollen?" gab der Vikomte entrüstet zurück.
„Wochen!" wiederholte mein Kollege, sein Auge fest den Vikomte richtend; und wie über eine naive Aeußer- >g eines Kindes lächelnd, setzte er hinzu: „Sie reden in Wocken?"