* Das Infanterie Regiment Nr. 124 (6. wurttembergisches) in Ulm wird nack den Herbstmanövern nach Weingarten verlegt. Das dortige 2. württemb. Regiment kommt nach Ulm.
* (V e r s ch i e d e n e s.) In Alpirsbach ist das zweijährige Söhnchen des Hilfswärters P. daselbst in dem nahe am Hause vorüberfließenden Mühlkanal ertrunken. — In Dürrenmsttstetten brach im Hause des Landwirts Johs. Siber Feuer aus. welches das ganze Gebäude in kurzer Zeit einäscherte. Urheberin des Brandes ist sicherem Bernehmen nach die seit einiger Zelt geistesgestörte Schwester des Siber, die das Heu in der Scheuer anzündete. — In Trossin gen stürzte der Eberhalter Paulus Haller bei der Ausrichtung eines Hauses herunter und erlitt derartige Verletzungen, daß er kurze Zeit daraus starb.
* Pforzheim, 29. April. Nach einer Mitteilung der Handelskammer ergaben die Erhebungen über den gewerblichen Verbrauch von Gold in Münzen und Barren im diesigen Handelskammerbezirk im Jahre 1896 die Verschmelzung von Gold im Werte von lEZ Millionen und 1897 von 19 Mill. Mark. Nur ein sehr geringer Bruchteil der ausgesandten Fragebogen ist nicht ausgefüllt worden.
* München, 29. April. Die Münch. Neuesten Nackr. melden aus Rosenheim: In der Pulverfabrik in Stephans- kirch ist gestern nachmittag halb 3 Uhr ein Läuserwerk in die Lust geflogen. 3 Arbeiter wurden lebensgefährlich verletzt. Die Ursache ist noch unbekannt.
* Ludwigshasen a. Rh., 30. April. Die Pfälzische Handels- und Gewerbekammer erklärt sich einmütig für ein Verbot der Kunstweinsabrikation durch Reichsgesetz.
* In Ludwigshafen hat sich die Frau des Fabrikbesitzers G. wegen ehelichen Zwistes mit ihren zwei Kindern im Rhein ertränkt.
* Berlin. 29. April. Der Schluß des Reichstags wird Ende der kommenden Woche stattfinden. Da noch eine Reihe wichtiger Abstimmungen bcvorsteht, wird der Reichstag in nächster Zeit jedenfalls beschlußfähig sein. Zentrum und Konservative haben ihre Mitglieder ausgefordert, möglichst vollzählig in Berlin sich einzufinden.
* Berlin, 29. April. Einer Meldung aus Madrid zufolge hat das spanische Geschwader die Kap Vertuschen Inseln bereits am 23. ds. mit versiegelter Ordre verlassen. Die Panzerschiffe der Flotte führen für 18 Tage Kohlen, was für eine große Expedition nicht ausreichen würde.
* Berlin, 29. April. Es ist beabsichtigt, die silbernen Zwanzig-Pfennigstücke aus dem Verkehr zu ziehen. Von ihnen sind nach einer Mitteilung des Reichsschatzamtes an die Bundesregierungen für 18 Millionen Mark vorhanden, jedoch nur 9 Millionen im Umlauf. Das Reich ist wegen des geringen Umsatzes sebr belastet, doch soll mit Rücksicht daraus, daß in Süddeutschland die silbernen Zwanzig-Pfennig- stücke beliebter sind, als die Nickelstücke, von den Regierungen berichtet werden, welche Hindernisse der Einziehung der silbernen Stücke etwa entgegenstehen. Im anderen Falle soll sogleich ihre Ansammlung Platz greifen.
* Berlin, 30. April. Die Entsendung eines Teiles des ostasiatischen Geschwaders nach den Philippinen ist auf direktes Ansuchen von zehn deutschen Großhandelsfirmen in Manila erfolgt.
* Aachen, 29. April. Wegen Hinterziehung von Einkommensteuer wurde von der Strafkammer der Kaufmann Sieglin verurteilt, den siebenfachen Betrag der hinterzogenen Steuersumme im Betrage von 6658 Mk., also 46,606 Mk dem Fiskus zu zahlen. ' Der Staatsanwalt hatte beantragt, ihn zur Zahlung des zehnfachen Betrages der hinterzogenen Steuersumme zu verurteilen.
Arislci irdisches.
* Wien, 30. April. Der Polenklub entsandte seinen Obmann Jaworski zum Minister des Aeußeren Goluchowski,
Waienzeit.
Maienzeil!
Wie machst Du das Herz so weit,
Zauberst vergangner Tage Glück,
Mir zur Qua! und Wonne zurück!
Vogelfang:
Du erweckst mit süßem Klang Träume von sel'ger. gold'ner Zeit Entfachst wieder die Lebensfreude
Lie b e sl ust!
Du bewegst so manche Brust,
Sandtest doch auch ins Herze mein,
Eitel Frieden uud Sonnenschein!
LebenSmai!
Wie zogst Du so bald vorbei!
Blieb doch von meinem Maienglück Nur die „Erinnerung" zurück.
Franziska Gehring.
M Geheimnis.
Roman aus dem Englischen der Lady G. Robertson. (Fortsetzung.)
„Es ist rin so verabscheuungswürdiges, gemeines Verbrechen," sagte Miß Day.
„Leonie," begann Paul nach einer Pause, „du wolltest mir ein Bild zeigen, hast du es hier?"
„Nein," antwortete sie, „es hat ja auch Zeit bis später." Wenige Augenblicke zuvor war sie voll Eifer gewesen, es ihm zu zeigen und seine Meinung zu hören. Er seufzte über die Veränderlichkeit ihrer Stimmungen, aber er brachte sie nicht in Verbindung mit dem vorhergegangenen Gespräch. Lady Westgrove erhob sich, um sich zu verabschieden. „Wir sehen uns doch heute Abend auf dem Balle, Lady Charnleigh?" sagte sie.
Leonie bejahte und die Dame fuhr fort: ,, Nehmen
um sich über die massenhafte Ausweisung polnischer Arbeiter zu beklagen. — 300 Bauernfamilien mit 1000 Personen sind von Husiatyn nach Canada ausgewandert.
*Wien, 30. April. Die Nachricht, Kaiser Franz Joses habe einen Beitrag zur Sammlung für die spanische Flotte gegeben, wird hier als falsch erklärt.
* Wen der Herr verderben will, den schlägt er mit Blindheit. So geht es mit dem wackeligen Kaiserstaat an der Donau immer mehr zurück. Die Zustände sind schon so weit gediehen, daß das Prager Tschechenblatt Narodny Listy das Folgende schreiben darf: „Bor allem muß auch die letzte Spur der deutschen Sprache aus den Prager Gaffen beseitigt werden. Was bisher geschehen ist, ist der bloße Anfang. Wir müssen von allen unseren Leuten verlangen, daß sie ihre Pflicht thun. Wir dürfen nicht zugeben, daß irgend ein Deutscher es sich noch fernerhin in den Kops setzt, den tschechischen Charakter der Straßen durch seine privaten Gewohnheiten zu stören. Unachtsamkeit und Unwissenheit verschulden hier viel. Da genügen nicht bloße Zeitungsaufsütze: hier muß von Person zu Person gewirkt werden, von Haus zu Haus, von Laden zu Laden, von Firma zu Firma, wenn das Bewußtsein der Pflicht gehörig durchdrungen soll" u. s. w. — Die Aufforderung, von „Person zu Person zu wirken", ist bereits befolgt worden. Man hat Deutsche, die das Unrecht begingen, in Prag deutsch zu sprechen, überfallen, geschlagen, ja einen dieser Unglücklichen durch fünf Messerstiche in den Rücken schwer verwundet.
* Die Meldung, daß der Kaiser von Oesterreich einen Beitrag zur Sammlung für die spanische Flotte gegeben habe, ries kolossale Aufregung in Amerika hervor. Man sieht darin eine Neutralitätsverletzung und dringt in den Präsidenten, eine Note an die österreichische Regierung zu richten.
* Budapest, 30. April. Gegen den früheren Minister, den Grasen Andor F-stetlch, der auf sein Mandat als Abgeordneter verzichtete, wurde die Verhängung des Konkurses angesucht. Die Passiven betragen fl. 1,600,000, die aus mißlungenen Vizinalbahnunternehmungen herrühren.
* Rom, 30. April. Nach hier eingegangenen Privattelegrammen zogen mehrere Tausend Personen, meist Frauen, mit Fahnen, auf denen die Inschrift stand: „Wir wollen Brot!" vor das Rathaus in Neapel. Truppen zerstreuten die Demonstranten. Im Steinregen wurde ein Karabiniere verwundet. Der Stadtrat bewilligte eine halbe Million, um den Brotpreis auf 35 Centesimi für das Kilogramm zu bringen.
* Paris, 29. April. Der „Eclair" meldet aus Havanna, daß der Marquis d'Arguelles dem Marschall Blanco 10 Millionen Franks als Beitrag zu den Kriegskosten über- geben habe.
* Es giebt keine jämmerlichere Erscheinung, als einen französischen Abgeordneten-Kandidaten 14 Tage vor der Entscheidung. Ein blasses Gesicht mit eingefallenen Wangen, blauumränderten Augen und einen Zug der Bitterkeit um den Mund, nervöse Bewegungen und eine müde schlaffe Gestalt. Mit erkünsteltem Selbstvertrauen wiederholt er fortwährend: Es geht, es geht! Wer aber Lust hätte, diesem Mann einmal bei seinem Wahltagewerk, dem er vom frühen Morgen bis in die Nacht obliegt, in Gedanken Gesellschaft zu leisten, der würde mit Staunen erkennen, welche kostbaren Blüten der Menschenseele und Menschenwürde er auf dem Altäre der Eitelkeit opfert, um ohne Widerwillen in den Pfuhl der üblichen Wahloperationen hinabzusteigen. Er führt dich durch schmale Gäßchen und breite Straßen, an öffentlichen Gebäuden und freien Plätzen vorbei, und überall starrt dir tausendfach sein Name entgegen. Seine Plakate verschlingen diejenigen seiner Konkurrenten ; sie schlingen sich um die Säulen, bilden Teppiche auf den Kirchenstufen, bekleiden mit gelben und roten
Sie meinen Rat an und ruhen Sie vorher noch ein paar Stunden, Sie sind noch nicht so an die späten Feste gewöhnt wie wir, die wir schon manches Jahr die Last und Hitze des Gefellschaftslebens getragen haben. Sie sehen ermüdetaus."
„Ich bin gar nicht müde," erwiderte Leonie ungeduldig.
„Und doch hat es den Anschein," bemerkte Lady Westgrove.
Als die Gäste fortgegangen waren, wandte Leonie sich zu Paul und sagte: „Ich möchte jetzt allein sein, Paul, Nelly wird dich schon gut unterhalten," und als sie sein trauriges, enttäuschtes Gesicht sah, trat sie heran und legte die Hand auf seinen Arm.
„Lady Westgrove hatte doch recht, ich bin müde und abgespannt und will mich ausruhen; ich bin jetzt verstimmt, heute obend werde ich liebenswürdiger sein."
Ihre kleine Zärtlichkeit erfreute ihn, aber als sie hinter der Thür verschwand, sah er ihr traurig nach.
„Seien Sie nicht betrübt," sagte Nelly. „Leonie scheint jetzt verändert, aber sie wird sich wieder durchkämpfen, man muß immer bedenken, welcher Umschwung in ihren Verhältnissen eingetreten ist. Es gehört ein sehr fester, reifer Charakter dazu, um das zu ertragen."
„Ja," erwiderte Paul, „sie hat sich noch nicht völlig eingelebt«" Er ließ jede Entschuldigung gelten für das Mädchen, welches er so glühend liebte, und doch hätte er gewünscht, daß sie mehr Nellys ruhiges, gesetztes Wesen gehabt hätte.
Diese unterhielt ihn möglichst anregend, um ihn auf andere Gedanken zu bringen, sie sprach von Dingen, von denen sie wußte, daß sie ihn interessieren, und es gelang ihr auch ihn heiter zu stimmen.
Beim Abschied fragte er noch einmal: „Und Sie glauben wirklich, Miß Day, daß Leonie nur benommen ist von allem, was das letzte Jahr ihr gebracht hat?"
„Gewiß, was sollte es sonst fein? Wir wissen doch alle,
Mänteln die Monumente. Verächtlich spuckt er aus, vor dem gedruckten Glaubensbekenntnis seines Rivalen — es enthält ja rein gar nichts! — während das seinige alles enthält. Er verspricht eine republikanische, fortschrittliche, radikale und .. . tolerante Politik, er verspricht den Omnibus für 2 Sous, die Unterdrückung der Zölle, die Verminderung der Steuern, er will wachen über den Sitten der Finanzwelt und der politischen Gesundheit des Volkes. Er will den Forderungen der „Enterbten" zum Siege verhelfen ... Aber die tiefste Erniedrigung erreicht er, wenn er mit seiner Kandidatur „hausieren" geht. Er öffnet die Thüren, die ihm Widerstand leisten, er drückt die Hände, die sich ihm nicht entgegenstrecken, er betäubt arme Teufel durch Großsprecherei. Dann folgt eine Rundreise durch alle Wirtshäuser des Viertels. Ueberall die Frage: Nehmen Wein oder Bier? Dann ein Gespräch über Frankreichs „Oloirs" und zum Schluß die Worte: Ihr braucht einen thätlgen und energischen Mann, wählt mich ! Er verschmäht es nicht einmal, in die Loge des Hausmeisters hinunterzusteigen, der für ein Fünffrankenstück sich verpflichtet, die politischen Meinungen der Hausbewohner auszukundschaften. Ein Silberstück mehr und er verspricht Propaganda . . . Und zum Schluß die öffentliche Versammlung voll Tabaksqualm und Phrasen. Totmüde, entehrt und heiser kehrt der Kandidat abends nach Hause zurück. Er hat seine Stimme verloren, und dafür aber vielleicht einige andere fremde gewonnen.
* In Belmont an der Loire ist soeben eine Greisin im Alter von 114 Jahren gestorben.
* London, 29. April. Aus Kingston wird über New-Aork gemeldet: Der deutsche Dampfer „Rhenus", von Hamburg nach Baltimore unterwegs, lief heute früh Port Antonio an und brachte 441 deutsche, cubaniscbe, britische und amerikanische Flüchtlinge aus Santiago an Land. Der Führer des Dampfers nahm diese aus Menschenfreundlichkeit mit. Die Flüchtlinge sind größtenteils Frauen und Kinder. Sie erzählten, daß die spanischen Behörden alle Lebensmittel aus Santiago für die Armee in Sicherheit gebracht hätten. 20000 Einwohner sind fast gänzlich ohne Nahrung. Die Flüchtlinge teilten ferner mit, daß die Insurgenten große Anstrengungen machten, die Außenwerke von Santiago und Suantanamo anzugreifen.
* London, 30. April. Bei Philadelphia floa eine Pulverfabrik auf; die Ursache ist unbekannt. Das ist nun die vierte Pulverfabrik, die binnen einer Woche explodierte.
* London, 30. April. Aus Kingston (Jamaica) wird berichtet, daß der kubanische Jnsurqeniengeneral Lacret mit 3000 Südamerikanern die Stadt Manzanilla nahm, sowie Santiago de Cuba dicht blockierte.
* London, 30. April. Aus New-Aork wird dem „Globe" gemeldet, daß in Tampa, Key West und anderen Orten des Südens ebenso wie in Washington und New- Aork eine Censur bei Telegrammen ausgeübt werde; auch Briefe, die Nachrichten über den Krieg enthalten könnten, würden geöffnet; wahre Meldungen über Thatsachen unterdrücke man, während man irreführende Nachrichten passieren lasse.
* London, 30. April. In Anerika hat man große Angst vor spanischen Verrätern. Es dienen mehrere Spanier in der amerikanischen Marine. In dem Kohlenraum des Kreuzers „Vesuv" will man eine Dynamitbombe gefunden haben. Die Explosionen in der Pulvermühle bei San Francisko sowie in der Dynamitfabrik in Dover (New Jersei) schreibt man ebenfalls Spaniern zu. — Aus Atlanta erhielt der Gouverneur von Georgia die Meldung, daß Spanier die Brücken auf den Bahnen, welche die Züge mit Truppen nach Key West benutzen, sprengen wollten.
* Im Gegensatz zu dem vom Könige von Serbien den Führern der Radikalen abgegebenen vertraulichen Versprechen, wonach bei den Wahlen keine Gewalt angewendet werden soll, fetzte Milan durch, daß die Regierung die Bezirksvor-
wie ruhig ihr Leben früher war. Jetzt ist sie der Mittelpunkt der Gesellschaft, von allen verwöhnt und bewundert. Genügt das nicht, um ein so junges Mädchen etwas launenhaft zu machen?"
Er drückte ihr bewegt die Hand. „Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Wie gut sie es doch verstehen, einen zu trösten, Miß Day! Sie haben ein besonderes Talent dafür."
Ec ging beruhigt fort. Nelly stand sehr hoch in seiner Achtung, und er legte Wert auf ihr Urteil, daher hatten ihre Worte auch großen Einfluß auf ihn.
Leonie hatte mittlerweile qualvolle Stunden verlebt. „Ein Dieb," — — das klang ihr immer wieder in den Ohren. Man nannte sie Lady Charnleigh, aber sie hatte kein Recht auf diesen Namen, sie war ein Dieb ! Sie hatte sich Pauls Titel angeeignet, sein Geld, seinen Besitz, seine Juwelen. Alles gehörte ihm, und sie hatte das' siebente Gebot nicht beherzigt, welches klar und deutlich sagt: „Du sollst nicht stehlen." Welche furchtbare Sünde hatte sie begangen! Es kam ihr der Gedanke, die Wahrheit noch jetzt einzugestehen. Warum bekannte sie ihr Unrecht nicht, warum nahm sie nicht mit dem Geständnis die Last von ihrem Herzen, die täglich drückender und unerträglicher wurde?
Aber sie konnte, sie konnte es wirklich nicht!
15.
Monsieur Dudevant war ein hervorragender Porträtmaler, und Hauptmann Barlow hatte sich an ihn gewandt mit der Bitte, das Bild seiner Mutter, welches in des verstorbenen Grafen Charnleighs Stube hing, zu kopieren. Leonie hatte ihn oft gebeten, das Original als sein Eigentum anzusehen, aber er hatte es stets abgelehnt. Es schien ihm unrecht, dem Bilde einen anderen Platz zu geben, als den es so lange inne gehabt.
Der Künstler hatte geschrieben, daß seine Zeit ihm