Erscheint LienStag DrnneiSiag, LamLtag und Sonntag mit der Gratis-Beilage .Der SonntagS- Gast."
B-stellprnS pro Quartal im Bezirk Nagold 90 ^
außerhalb desselben l.rv.
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Dienstag, 3. Mai.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1898.
Die staatliche BestrkSrindviehschau für den Bezirk Ealw findet in Calw aus dem .Brühl" am Freiing, ven 10. Juni d. I., vormittags i/rS Uhr, statt. Diejenigen, welche sich um Preise bewerben wollen, haben ihre Tiere mindestens bis 1. Juni beim Oberamt unter Benützung der vom Oberamt zu beziehenden Anmeldescheine anzumelden und spätestens bis zu der oben angegebenen Zeit auf dem Musterungsplatz aufzu- stellen.
Uebertragen wurde die Schulstelle in Schwann dem Schullehrer Maier in Oberkollwangen.
D«rs ins-eir«re
Spamen ist sicherlich kein Rom, aber die nordamerikanische Union kann man mit manchem Recht ein modernes Carthago nennen. Der Beginn des Krieges mit Spanien beweist das: Um mit der direkten oder indirekten Erwerbung von Kuba ein gutes kaufmännisches Geschäft zu machen, wurde der Feldzug begonnen, aber von den reichen Bürgern, welche künftig auf der Perle der Antillen ibr Schäfchen zu scheeren gedenken, geht niemand mit, und von dem Milizheer, welches die Siege ausfechten soll, ist wahrhaftig noch weniger als das Wenige zu sagen, was man seiner Begeisterung allenfalls zugetraut hatte. Es ist heute schon klar, daß von einer nationalen Freudigkeit, in den Krieg zu zieben, keine Rede ist, und so werden die armen Teufel, die keinen Verdienst haben und deshalb zur Waffe greifen, als Kanonenfutter in den Kampf geschickt. Die großen Jankee- Kaufherren machen Alles mit Geld; sie werden vielleicht auch nochmal die Bestechung der spanischen Offiziere ver- suchen, wenn sich anders kein Sieg erringen lassen will. Die Schlacht von Telel-Kebir in Aegypten ist ja vor anderthalb Jahrzehnten auch von den Engländern mit Geld gewonnen worden, und kein Geringerer hat sich darüber mit vernichtender Schärfe ausgesprochen, als der berühmte General- Feldmarschall Prinz Friedrich Karl von Preußen.
Es ist bei der Beurteilung der nordamerikanischen Heeres-Organisation immer auf die großen Leistungen in dem mehrjährigen Bürgerkriege in den sechziger Jahren hingewiesen. Ein Vergleich von damals mit heute ist aber nicht mehr zutreffend, die amerikanischen Verhältnisse und mst ihnen die Menschen haben sich in den mehr als 30 Jahren zu sehr geändert. Außerdem ist noch zweierlei zu beachten: Im Anfänge des Bürgerkrieges sah es mit den militärischen Veranstaltungen außerordentlich traurig aus, es kam erst Zug in die Sache, als man merkte, daß es um Kopf und Kragen ging. Die Sklavenbefreiung war Nebensache, es handelte sich um das politische und wirtschaftliche Uebergewicht von Nord- oder Südstaaten, da mußten eben zur Selbsterhaltung alle politischen und sonstigen Kräfte aufgeboten werden. Und es war auch damals wirklich Schwung in den Massen, die zahlreichen ehemaligen deutschen Soldaten bildeten den Kern vieler amerikanischer Regimenter. Heute handelt es sich nicht um nationale Selbsterhaltung, nur um ein glänzendes Geschäft von einigen Geldfürsten, die Kuba neu gründen wollen. Da bleiben die Vereinigten Staaten als solche mit ihrer Heeres-Orgamsation eben sitzen.
Genügt die Miliz-Einrichtung allenfalls noch für den gemächlichen Spanier-Krieg, in einem Feldzuge mit einer militärischen Großmacht würde das Milizwesen vollständig Fiasko machen. Ohne eine gesetzliche allgemeine Dienstpflicht, wie wir sie haben, geht es beute, wo die Notwendigkeit zur Verteidigung des Vaterlandes mit den Waffen sich jeden Tag ergeben kann, nicht mehr. Eine feste Armeeorganisation
allein sichert einen thunlichst schnellen, darum also möglichst wenig blutigen und kostspieligen Krieg. Die Heeres-Aus- gaben für eine tüchtige bewaffnete Macht verzinsen sich reichlich. Man muß nur nicht Alles glauben, was in den amerikanischen Zeitungen zu lesen steht. Für die amerikanische militärische Berichterstattung ist die Meldung über das Bombardement von Matanzas, welches alle spanischen Verschanzungen zerstört und zahlreiche Menschen getötet haben sollte, kennzeichnend. Ein tapferer Maulesel wurde vom Leben zum Tode gebracht, im Uebrigen aber nichts ausgerichtet. Das Maultier von Matanzas steht noch über dem Schimmel von Bronzello.
Die großen nordamerikanischen Kaufherren möchten auf Kuba viel Geld verdienen, aber die Krieger der nordamerikanischen Volks-Armee haben verzweifelt wenig Lust, sich dafür totschießcn zu lassen. Sieges-Rufe auszubringen, durch die Straßen hinzuziehen ist ganz nett, so lange macht's sich, aber nachher wird's anders. Und wie ungemein geringe Kenntnis von einem wirklichen Kriegsleben haben selbst die Offiziere! Das beweisen die mit Hurrah ausgenommenen Befehle über Gesundheitsvorschriften, bei denen bloß noch die Bestimmung fehlt, ein jeder Soldat solle sich bei Eintritt des Schnupfens sofort zu Bette legen, dann sei er am schnellsten wieder gesund. Man sieht, auch das Kriegshandwerk will doch etwas gelernt sein.
Die wirklich unter Waffen ausgebildete reguläre amerikanische Armee, die nur rund 20 000 Mann stark ist, wird sich zweifellos gut schlagen. Sie ist in zahlreichen Grenzkämpfen hinsichtlich ihrer Ausdauer und Tapferkeit hinreichend erprobt. Den Milizsoldaten braucht man aber noch nicht einmal Feigheit zuzumuten, sie sind gar nicht befähigt, einen Feldzug in einem Klima, das so ungünstig ist, wie das Kubanische, für längere Zeit durchzuführen. Darum ist viel Lorbeer für sie nicht zu erwarten. Die großen Geldmänner, die in das Kriegsgeschäft ihr Geld nun einmal hineingesteckt haben, werden es selbstredend zu Ende geführt wissen wollen, aber wir werden vielleicht dabei noch wunderbarere Geschichten erleben, wie die vom mausetod geschossenen Maultier von Matanzas.
Tasespslitik.
Einem Stettiner Blatt wird aus Berlin die anderweitig noch nicht bestätigte Mitteilung gemacht, daß England bereit sei, Sansibar an Deutschland abzutreten, wenn das Deutsche Reich die britischen Pläne, Südafrika zu „pazi- fizieren", unterstützt. Auch die „Köln. Volksztg." schreibt, sie haben von etwas Aehnlichem „munkeln" hören.
Wie „verlautet", hat der Sultan dem Zaren durch Djevad Bei mitteilen lassen, er werde, wenn Rußland den türkischen Gebietsstand in Kleinasien garantiere, den Prin- zen Georg von Griechenland als Gouverneur von Kreta anerkennen. — Anderseits „verlautet" dagegen, der Sultan lasse den Zaren bitten, von der Kandidatur des Prinzen abzusteben.
Kammer her Abgeordnete«.
* Stuttgart, 29. April. (207. Sitzung.) Das Haus führt die Beratung des Ortsvorsteher-Gesetzes fort. Berichterstatter Schick und Mitberichterstatter Rath be
richtet über Kapitel III (Besorgung des Gemeinderechnungswesens, Regelung der Amtsobliegenheiten der Verwaltungsaktuare) Art. 10—20. Die Kommission beantragt, in die Einzelberatung des Kapitels einzutreten. Sachs macht Bedenken gegen das Kapitel III geltend. Rembold geht davon aus, daß das vom Gesetz Gebotene das Minimum sei. Bei Eintritt in die Einzelberatung des Kapitels werden die Artikel 10—17 nach kurzer Begründung durch die beiden Berichterstatter im Wesentlichen nach der Fassung des Entwurfs angenommen. Art. 18 regelt die Gehilfenstellung der Verwaltungsaktuare; über die Frage, welche Geschäfte die Gehilfen besorgen sollen und wer die Genehmigung zur Verwendung von mehr als einem Gehilfen erteilen soll, das Oberamt oder die Kreisregierung, entspinnt sich eine Debatte, in deren Verlauf eine Reihe redaktioneller Vorschläge gemacht wird. Art. 18 wird hieraus im Wesentlichen im Wortlaut der Kommission angenommen. Ebenso Art. 19 und 20. Kapitel IV Uebergangs- und Schlußbestimmungen wird hierauf genehmigt. Damit ist die Beratung des Ortsvorstehergesetzes beendigt. Die Schlußabstimmung über das Gesetz wird erst nach der Zusammenstellung der Beschlüsse des Hauses erfolgen. Nächste Sitzung Dienstag, 3. Mai mst der Tagesordnung: Schlußabstimmung über das Ortsvorstehergesetz. Zentrumsanfrage über die Handwerksrorganisation.
* Alten steig, 2. Mai. Der „Wonnemonat" führt sich recht gut ein. Am gestrigen Sonntag hatten wir bei herrlichstem Sonnenschein sommerliche Temperatur und der heutige Tag steht dem gestrigen in nichts nach. Da und dort sieht man schon blühende Bäume, Blütenknospeu sind an den Bäumen fast überall recht zahlreich vorhanden. Hoffentlich erhalten wir auch einmal wieder eine günstige Blütezeit und will's Gott eine reiche Obsternte. — Die Jnvaliditäts- und Altersversicherung wirft da und dort den Veteranen der Arbeit ungeahnte Summen in den Schoß. Der 76 Jahre alte Bernhard Keppler von Beuren erhielt gestern 668 Mk. 48 Pf. ausbezahlt und erhält fernerhin eine monatliche Rente von 9 Mart.
* Stutrqart, 30. April. Vierhundert Zimmerleute sind heute in Ausstand getreten.
*Hall, 29. April. Heute wurde vor der Strafkammer des Landgerichts ein Fall verhandelt, der glücklicherweise selten vorkommt. Volksschullebrer Durstewitz in Frickenhofen, OA. Gaildorf, hat einen 11 jährigen Schüler, Johann Rößler, wegen einer unflätigen Aeußerung, die er über ihn gewacht haben soll, folgendermaßen bestraft: Zuerst einen Streich ins Gefickt, dann Rüberlegen auf eine Bank und Festhaltung durch 2 Schüler, 8 Schläge mit dem Rohr auf das Gesäß und dann mußten an dem Abbestraften in Anwesenheit der Mädchen, sämtliche 16 bis 20 Knaben der Reihe nach Vorbeigehen und den auf einer Bank Sitzenden anspeien!! Nun war das Strafmaß noch nicht voll: Der Knabe wurde an jenem Nachmittag vom Lehrer 2 mal je 1 Stunde und andern Tags noch VZ Stunde ins Ofenloch gesperrt. Für di.-maßlose Ucberschreitung des Züchtigungsrechts wurde der Lehrer zu 40 Mk. Geldstrafe und Tragung der Kosten verurteilt. Der Knabe hatte bei jener ekelhaften Prozedur Gefühle des Ekels und der Scham.
Wochenrundfchau.
Nach laugen, lebhaften Debatten in der Kammer der Abgeordneten über den Art. 3 des Ortsvorstehergesetzes betreffend die Rückwirkung desselben auf die im Amte befindlichen Orts-Vorsteher ist nun endlich am letzten Mittwoch eine Abstimmung erfolgt. Wie vorausznsehen war, wurde der Art. betreffend die Rückwirkung abgelehnt und zwar mit 51 gegen 31 Stimmen. Die wohlerworbenen Rechte der jetzt amtierenden Schultheißen bleiben also unangetastet ; es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß damit vielen und schweren Ungerechtigkeiten vorgebeugt worden ist, die gegen einzelne tüchtige Orts-Vorsteher hätten entstehen können. Jeder künftig zu wählende Ortsvorsteher in Württemberg soll nach den bis jetzt gefaßten Beschlüssen, bei denen allerdings die erste Kammer noch ein schwerwiegendes Wort mitzusprechen hat, auf die Dauer von 10 Jahren gewählt werden. — Die Bekanntmachung des Termins für die Reichstagswahlen bringt die Wahlbewegung gewaltig in Fluß, viel Schmutzwasser wird dabei aufgewühlt und unreine Wäsche in Menge gewaschen, ohne daß die Wäsche etwas nützt. Nationale Begeisterung, Jnteressen- politik, Kritizismus und Pessimismus laufen in einen Brei zusammen, aus dem sich ein jeder, der Interesse für die öffentlichen Angelegenheiten hat, die ihm zusagenden Brocken
herausfischt; am Wahltage soll er gestehen, was am besten geschmeckt hat und dementsprechend unter vielleicht sechs oder sieben Kandidaten seine Auswahl treffen. „Wenn man's so hört, mag's leidlich scheinen!" so sagt man wohl beim Lesen des Wahlaufrufs dieser oder jener Partei, ohne dabei zu bedenken, daß diese nur der Köder für die große Masse sind, ohne die Fraktionen selbst zu verpflichten. Da wird das Blaue vom Himmel herunter versprochen und wenn die Wahlen vorüber sind — dann ists auch noch so. Womit nicht gesagt sein soll, daß man am Wahltage bescheiden zu Hause bleiben möge! — In Ostasien hat nun auch Frankreich das chinesische Faß angebohrt und sich mit Einwilligung des chinesischen Staatsrats in Qnanchouwan festgesetzt. Wo das ist oder sein könnte, läßt sich.selbst ans den besten Karten nicht ermitteln. Recht belebend wirkt die aufrichtige Freude, die die Bevölkerung des okkupierten Gebietes über die Ankunft der Franzosen geäußert haben soll. — In nicht geringer Sorge sind infolge des Ausbruchs des spanisch-amerikanischen Krieges die französischen Kapitalistenkreise. Ist doch die enorme spanische Staatsschuld zu einem guten Teil in Frankreich untergebracht und da die Franzosen die Erklärung des spanischen Staatsbankerotts befürchten, natürlich nicht mit Unrecht, so gibt sich die französische Diplomatie alle Mühe, das äußerste Unheil von Spanien abzuwenden. Während
sich so die Beziehungen der französischen Republikaner immer mehr zuzuspitzen scheinen, nähern sich die isolierten Engländer augenscheinlich den Amerikanern, offenbar um wenigstens Canadw retten zu können, wenn auch nicht, um an den Uankees einen direkten Bundesgenossen zu haben. Doch unterliegt es keinem Zweifel, daß die Amerikaner auch den Engländern gegenüber auf ihrem Grundsatz: „Amerika den Amerikanern" beharren werden, und nach einem Siege über Spanien könnten sie wohl zur Erkenntnis gelangen, daß ihnen die nahe Nachbarschaft Englands etwas unbequem ist. — Durch die Art, wie Nordamerika und Spanien ihren Konflikt ausfechten, verliert der Krieg seine Schrecken. Man vermeidet ein Zusammentreffen und legt sich auf das Wegfangen der Handelsschiffe, wobei die Union den Spaniern offenbar bedeutend über ist. Mac Kinley will die Spanier auf Cuba aushungern, indem er ihnen alle Zufuhren abschneidet. Dann wäre die Sache in vier Wochen spätestens beendet. Andere amerikanische Politiker nehmen für den Krieg zwei Jahre in Aussicht, dann würde Spanien endgültig bankrott sein. Auch der „große Schlag" seitens der Spanier fehlt noch und wird auch wahrscheinlich nicht erfolgen. Denn in Bezug auf Planlosigkeit ihrer Operationen streiten Spanien und Amerika gegenseitig um die Palme.