Lehrmeister hat dem Lehrling Kost und Wohnung in seinem eigenen Haushalt zu gewähren. Weiterhin hat der Lehrmeister dafür Sorge zu tragen, daß der Lehrling die an dem betreffenden Orte für das be­zügliche Handwerk bestehende gewerbliche Forbildungs- schule oder sonstige öffentliche gewerbliche Bildungs­anstalten besucht; er hat den Schulbesuch zu überwachen und den Lehrling an Sonn- und Festtagen zum Be­such des Gottesdienstes und religiösen Fortbildungs­unterrichts (der Christenlehre) anzuhalten, ä) Der Meister ist verbunden, über die Dauer des von der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel mit ihm abgeschlossenen Vertrags die vereinbarte Zahl von Lehrlingen zur Ausbildung eiuzustellen. Will der Lehrmeister einen oder mehrere Lehrlinge weiter, als er vertragsmäßig auszubilden hat, annehmen, so darf dies nicht ohne die zuvor einzuholende Genehmigung der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel ge­schehen. Der Lehrling hat in bestimmten Perioden Probearbeiten zu fertigen und diese der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel einzusenden. Der Lehr­meister Hastei dafür, daß der Lehrling die Probrarbeit ohne jede fremde Beihilfe gefertigt hat, event. ist die Zentralstelle berechtigt, die nochmalige Fertigung der Arbeit durch den Lehrlmg unter entsprechender Kontrolle zu verlangen. Am Schluffe der Lehrzeit hat der Lehrling sich einer Prüfung zu unterziehen. Der Lehrmeister.erhält für die Ausbildung eines Lehrlings nach den Vorschriften dieser Grundbestimmungen eine Vergütung aus Staatsmitteln, die sich nach den be­treffenden Orts- und Berufsverhältnissen, nach der Dauer der Lehrzeit u. s. w. bemißt. Die Hälfte der Vergütung kommt nach ordnungsmäßigem Ablauf der halben Lehrzeit, die zweite Hülste nach erfolgreicher Ablegung der Lehrlingsprüfung zur Ausbezahlung. Zur Ueberwachung der richtigen Erfüllung der dem Lehrmeister obliegenden Verpflichtungen werden be- sondere Kontrollorgane bestellt, denen jederzeit Zutritt zu den Werkstätten rc. zu gestatten ist. In besonderen Fällen kann die Zentralstelle Lehrmeistern behufs Ausstattung ihrer Werkstätten mit Werkzeuge und Werkzeugmaschinen einen Beitrag verwilligen.

* Altensteig, 30. März. Schwer hat das Schicksal in der Familie des Gutsbesitzers Keppler in Lengenloch Einkehr gehalten. Der Knecht des Hrn. Keppler fudr mit einem beladenen Heuwagen gegen die Behausung; das 5 Jahre alte Söhnchen, welches mit andern Kindern vor dem Hause spielte, sprang seitlich auf den Wagen zu und wollte sich, wie es sich noch äußern konnte, auf die Deichsel setzen, es fiel aber unter die Räder und wurde überfahren. Nach wenigen Stunden gab es infolge innerer Ver­letzungen seinen Geist auf. Den Eltern, welche den Verlust ihres einzigen Söhnchens beklagen, wendet sich die allgemeine Teilnabme zu.

* Alten steig, 30. Mrrz. (Allerlei.) Die ledige 47 Jahre alte Katharine Bolz von Minders- boch wird seit l8. d. Mts. vermißt. Die Gemeinde Bösingen hat dem K. Forstwart Seile das Ehren­bürgerrecht verliehen. Handelsschuldirektor Spöhrer in Calw hat das Sägmühleanwesen von Chrn. Kirch- herr auf der Station Teinach für 56 000 Mark ge­kauft. Die Darlehenskasse Spie lberg hatte im letzten Jahr einen Umsatz von 98 885 Mark. Die

Zahl der Mitglieder beträgt 68. Die Baiers- bronner Gemeindejagd wurde für 800 Mark ver­pachtet. Vor 6 Jahren galt sie 310 Mark.

-n. Calw, 29. März. Heute und gestern brachten die Züge ganze Truppen von Konfirmanden, begleitet von Geistlichen und Lehrern, die die hiesige Stadt be­sichtigten und Ausflüge nach Hirsau, Zavelstein und Teinach machten. Einen lohnenden Ausflugsort bietet besonders die großartige Klosterruine in Hirsau; aber auch Zavelstein. wo gegenwärtig die Krokusblüte im üppigsten Schmuck prangt, und das Bad Teinach mit seinen prächtigen Anlagen ziehen immer mehr die Fremden an.

* Der seitherige Vertreter der Stadt Stuttgart im Reichstage, Geh. Kommerzienrat Dr. Siegle, ist aus Gesundheitsrücksichten nicht mehr in der Lage, eine Kandidatur für die nächste Wahl anzunehmen. Nun wird mehrfach davon gesprochen, daß Verlags- buchhändler Karl Engelborn mit einer Kandidatur betraut werden solle. Engelhorn der im gesamten deutschen Buchhandel ein hohes Ansehen genießt, ist bis jetzt politisch nicht hervorgetreten; er gilt als ein freisinniger Mann und erfreut sich auch außerhalb seines Standes allseitiger Achtung. Seitens der sozialdemokratischen Partei wird Landtagsabgeordneter Gemeindcrat Kloß wieder als Kandidat aufgestellt werden.

* Magstadt, 28. März. Einem hiesigen Ein­wohner war im Jahr 1883 auf dem Markt in Weil der Stadt ein Säckchen mit 200 Mark entwendet worden. Vor einigen Tagen nun teilte dem Pfarrer in Weil der Stadt ein Unbekannter mit, er Hobe den Diebstahl begangen und wolle jetzt, um seinem Ge­wissen Ruhe zu verschaffen, dem Bestohlenen das Geld nebst Zinsen zurückerstatten.

* (Verschiedenes.) In Wittlens Weiler, OA. Freudenstadt, hat sich der erst 26 Jahre alte Bauer M. Haas im Schopfs seiner elterliwen Woh- nunq erbangt. Wie es scheint, hat die Alteration über die schwere Krankheit seiner Frau dem Mann die Sinne verwirrt. In Calw stieß einem Schlosseimeister ein eigenartiges Ungeschick zu. Derselbe, an einem Neubau beschäftigt, packte im Scherz die Honseigen- tümerin am Arm, was die daneben stehende große U'mer Dogge aber für Ernst ansab, rasch dem Scklosser- meister an den Kopf fubr und ihm ein Ohr voll'tändig abbiß. Den Herren Uhrmacher Rißler und Elektro­techniker Bauer in Freu den stadt ist ein deutsches Reichspatent auf eine von genannten Herren erfundene, selbstthätige elektrische Uhr erteilt worden. In Hofen bei Cannstatt wurde in einem Hause einem bettelnden Handwerksburschen statt einem Pfennigstück ein Zehnmarkstück gegeben, womit derselbe sofort nach Mühlhausen verduftete und das Goldstück wechseln ließ. Glücklicherweise wurde der Mißgriff gleich entdeckt und es gelang, den Handwerksburschen zwischen Waikheim und Winnenden einzubolen. Da derselbe das Geld nicht herausgeben wollte und den ihn verfolgenden Mann noch bedrohte, wurde dessen Verhaftung herbei- gefübrt. Von dem Geld hatte er noch 9 Mark im Besitz. Ein Bäckerlehrling kam in Heilbronn dieser Tage in ein Haus, um dort Brot zu verkaufen. Da niemand in der Stube anwesend war, benützte er die Gelegenheit und visitierte die Schubladen, wobei

Ich glaube, Hauptmann Barlows verweigerte Gnade wäre noch leichter zu ertragen, als Ihre Ver­zeihung. Sir Gordon."

Warum?" fragte er.

Er würde meinen Stolz herausfordern. Sie aber würden mich so tief betrüben, daß mein Unrecht mir das Herz brechen müßte."

Am Abend desselben Tages hatte Lady Charn- § leigh eine Anzahl Gäste in ihren schönen Räumen versammelt, und die kleine Gesellschaft vom Vormittag fand sich wieder zusammen.

Lady Fanshawe möchte nach Lighton Hall zurück­kehren," sagte Leonie,sie meint, ich hätte nun für dieses Jahr genug mitgemacht."

Dann geht Londons hellster Stern unter," be­merkte Paul.

Leonie lächelte immer, wenn er ihr Komplimente sagte, aber keines derselben rief das lebhafte Rot auf ihre Wangen, welches ein Wort von Sir Gordon her- vorzouberte.

Wissen Sie, was ich mir ausgedacht habe, Paul?" sagte sie.Ich will einen Teil meiner Welt mit nach Lighton Hall nehmen, und ihr dort auch als Stern, wie Sie es so liebenswürdig ausdrücken, strahlen. Nelly, du mußt auch mitkommen, ich kann dich nickst entbehren, und dein Vater, hat zu viel zu thun, als daß er dich vermissen wird. Reden Sie ihr zu, Paul."

Dessen bedarf es nicht, erwiderte dieser,Miß Day tkut es ohnehin gern."

Und Sie werden dann auch wieder in ihrer Garnison sein und müssen uns oft besuchen. Ich plane

schon Aufführungen. Konzerte und Gesellschaften, und wir werden uns herrlich amüsieren."

Und weshalb werde ich aus dem Paradies ver­bannt, Lady Charnleigh?" fragte Sir Walter Gordon.

Ich wüßte nicht, daß Sie verbannt wären," er­widerte Leonie mit bezauberndem Lächeln.

Sie haben mich nicht eingeladen, und sollten ; doch wissen, wie gern ich kommen würde."

Ich lade Sie hiermit noch Weldon ein," sagte Paul,wir haben eine vorzügliche Jagd dort, und mein Urlaub läuft schon nächste Woche ab, kommen Sie dann gleich mit."

Walter Gordon sagte nur zu gern zu, und Leonies Herz schlug höher in dem Gedanken, ihn in ihrer Nähe zu behalten.

9.

Ende Juni kehrte Lady Charnleigh mit ihrem ganzen Hausstand nach Lighton Hall zurück, und voll Freude begrüßte sie alle die ihr lieb gewordenen Plätze.Es ist doch mein Heim," sagte sie,und ich werde nie einen anderen Fleck der Erde so liebgewinnen können wie diesen."

Zum ersten Mal seit langen Jahren wurde in Lighton Hall zum Empfang von Gästen gerüstet. Die Fremdenzimmer wurden geöffnet und neu eingerichtet, reges Leben zog in die alten Räume ein, und Haus und Garten waren wieder belebt von plaudernden, lachenden Menschen.

Es ist doch noch schöner hier als in London," bemerkte Leonie zu Lady Fanshawe;dort war ich eine von vielen und hier bin ich die Erste."

ihm ein Geldbeutel mit größerem Inhalt in die Hände kam, welchen er auch sofort zu sich steckte und dann damit verschwand. In Blaufelden wurde der Müller Hahn beim Abladen von Mehl von seinem Pferd derart auf den Unterleib geschlagen, daß er an den Verletzungen starb. Die Firma Stängel und Ziller, Bonbonsfabrik in Stuttgart, hat auf Untertürkheimer Markung ein großes Areal angekauft, um ein Fabrikanwesen anzulegen. Die Grunderwer- bungskosten belaufen sich auf etwa 67 000 Mark (pro Quadratmeter 67 Mark). In Backnang ist der Dachstuhl des Wohngebäudes des Schuhfabrikanten Gustav Stelzer abgebrannt. Auf der Straße zwi­schen Plieningen und Bernhausen gerieten nachts sechs Handwerksburschen in Streit, wobei von Stöcken und Messern ausgiebiger Gebrauch gemacht wurde. Zwei der Beteiligten, welche in Brust und Unterleib gestochen wurden, blieben im Straßengraben liegen. Der Postbote Schuhmacher hat auf dem Wege von Bav e nd o r f nach Ravensburg Geld in Gold- und Silberstücken verloren. Ein kleiner Teil ist gesunden und übergeben worden.

* (Konkurse.) Knäble, Anastasia, Flaschners We. in Oberndorf. Nachlaß des verstorbenen Vincenz Städele, gew. Bauführers in Ulm.

* Seit dem 1. März sind in Mainz zwei Mädchen von 9 und 13 Jahren spurlos verschwunden; trotz aller Bemühungen der Polizei will es nicht ge­lingen, den Svleier von dem geheimnisvollen Vor­kommnis zu lüften.

* Berlin, 29., März. Es wird jetzt offiziös be­stätigt, daß die allgemeinen Reichstagswahlen dem Ab­lauf der gegenwärtigen Legislaturperiode unmittelbar folgen, also in der zweiten Hälfte des Juni vor­genommen werden sollen.

* Kaiser Wilhelm II. möchte seinen Großvater mit dem Beinamender Große" in der Geschichte fort­leben lassen. Zu denen, die diesen Beinamen nicht als ganz zutreffend finden, scheint auch der bayerische Prinzregent zu gehören. Die Büste, die soeben in der Walhalla ausgestellt wurde, trägt die Inschrift Wilhelm der Siegreiche." Zwar wird zur Erklärung angegeben, daß sie schon seit mehreren Jahren fertig gewesen sei. Aber eine Abänderung der Inschrift wäre ja so leicht möglich gewesen-

Ausländisches.

* Eine kühne Sprache führte im östreichischen Abgeordnetenhause der Abq. Türk:Uneigennützigere, treuere Dienste wie die Deutschen hat kein anderes Volk Oestreichs dem Hause Habsburg geleistet . . ." Jro:Dafür auch dieser große Dank!"Aber die Deutschen Oestreichs sind ein in Ungnade gefallenes Volk und können nicht die letzte parlamentarische Waffe, die Obstruktion, aus der Hand geben. Wenn einmal das deutsche Volk Oestreichs als Besiegter am Boden liegt, dann wird auch der östreichische Staat am Boden liegen. Wenn wir begraben werden sollen, dann werden wir nicht allein begraben werden, dann werden wir uns unter den Trümmern dieses Staates begraben. (Bravorufe links.) Wollte man in einem künstlich hergestellten tschechischen Staate das Deutsch-

* tum vollständig ausrotten, dann wird es noch einen

Und doch meine ich, daß Sie mit ihren Erfolgen in London zufrieden sein können. Wie viele Bewerber haben Sir gehabt! Und mit dem Würdigsten an- gefaugen, da war erstens der Herzog, dann Lord Falcon"

Um Gotteswillen, Tantchen, zählen Sie mir nicht meine Verehrer auf!" bat Leonie.

Warum nicht? Ich bin stolz auf meine Schülerin, noch stolzer wäre ick freilich gewesen, wenn Sie bereits in dieser Saison eine gute Partie gemacht hätten."

Es thut mir leid. Sie so enttäuscht zu haben, Tantchen," sagte Leonie etwas spöttisch.

Sie denken eben," fuhr die ältere Dame fort, daß Sie ohne die Bewunderung der Welt leben können, aber das ist nicht der Fall. Ihnen ist die Schmeichelei so nötig, wie die Luft, die Sie atmen, und Sie haben Glück gehabt, Leonie: die Welt liegt Ihnen zu Füßen, Sie haben alles, was Ihr Herz begehrt."

Und Sie meinen, daß ich ganz ohne Liebe leben könnte?" fragte Leonie.

,.Ja! Vor einem halben Jahr hätte ich vielleicht anders geurteilt, ober ick habe Sie lange beobachtet und glaube fast, daß Rang und Reichtum Ihnen genügen."

Das junge Mädchen sch'ug die Hände zusammen.

Wie falsch ich doch beurteilt werde!" dachte sie. Ich kenne einen, mit dem ich mit Freuden in tiefer Armut leben würde, wenn ich die Gewißheit seiner Liebe besäße. Alle glauben, ich hätte kein Herz, aber sie kennen mich nicht, ich weiß es besser, wie es mit mir steht!" (Fortsetzung folgt.)