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Samstag, 19. März

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1898.

VW" Wegen Aufstellung einer neuen Schnellpresse sind wir genötigt, die Sonntags- Ausgabe aussatten zu lassen. Die nächste Nr. erscheint am Montag abend.

In Gaugen wald ist die Maul- und Klauenseuche aus- gebrochen.

ll Der Berliner Barrikaderr-Karupf.

(Schluß.)

Die Volksmassen fanden bei den Bürgern der an das Schloß grenzenden Straßen thatkräftige Unter­stützung, wie eine Raserei war es über alle gekommen. Wagen, Tonnen, Balken, Betten, kurzum, was sich darbot, wurde zum Barrikadenbau verwendet, die Frauen schleppten Steine und kochendes Wasser auf die Haus­böden, die Däcker wurden abgedeck«, die Hauswände durchbrochen, um, ohne die Straße zu betreten, schießen zu können. Befanden sich auf den Barrikaden auch zumeist jüngere Leute, Arbeiter und streitlustige Ele­mente, später holte man auch noch die Gefangenen aus demOchsenkopf" heraus, die Bürgerschaft, nament­lich die Schützen, waren doch auch in großer Zahl vertreten. Die Kommandanten auf den hauptsächlichsten Barrikaden waren Berliner. Alle Waffenniederlagen wurden gestürmt. Mit Speise und Trank wurden die Barrikadenmänner aus allen Häusern unterstützt. Auf allen Kirchtürmen befanden sich Bürger, die Sturmglocken hallten ununterbrochen.

Während alle Zugangsstraßen zum Schlosse mit Barrikaden versehen wurden, erhielt der General von Prittwitz, der Oberbefehlshaber der 12 000 Mann starken bewaffneten Macht, den Befehl zum Angriff. Die Wut stieg auf beiden Seiten bis zur Siedhitze uud schwere Thsten werden nur dadurch erklärlich. Besonders in der schmalen Königsstraße ging es furcht­bar zu. Haus für Haus mußte erobert werden, überall ein entsetzliches Gemetzel. Aus allen Fenstern pfiffen die Schüsse, von den Dächern prasselten die Steine, erst nach wiederholtem Angriff und scharfem Kartätfchen- feuer war die Straße zu gewinnen. Die große Barri­kade am Alexanderplatz, in welchen die Königsstraße mündet, wurde von den Truppen nicht genommen. Ihr Befehlshaber war der Tierarzt Urban. Die von Mechaniker Siegrist gehaltene Barrikade am kölnischen Fischmarkt, gerade gegenüber dem Schlosse, wurde erst nach fünfmaligem Sturm erobert.

Am heftigsten tobte der Kampf in der Nacht. Alle Fenster waren erleuchtet, mehrere vom Pöbel angezündete staatliche Gebäude sandten mächtige Feuer­säulen in die Dunkelheit, dazu das rollende Geschütz­feuer, das Knattern der Gewehre, das Geheul der Sturmglocken, alles ein grausiges Bild. Und eS ver­fehlte seinen Eindruck auf den König nicht, der von Bürger-Deputationen um Zurückziehung der Truppen gebeten wurde. Morgens um 5 Uhr kam der Befehl zum Einstellen des Feuers, der König hatte selbst die berühmte ProklamationAn meine lieben Berliner" uiedergeschrieben. Im Laufe des Morgens wurden überall die Truppen zurückgezogen und rückten nach und nach aus Berlin ab, während die Bürgerbewaffnung organisiert wurde.

An einem vollständigen Sieg der Truppen war nicht zu zweifeln, aber da sich inzwischen die ganze Stadt mit Barrikaden gefüllt hatte, wurden noch schwere Verluste herbeigeführt. Die Barrikadenkämpfer hatten 230 Tote und zahlreiche Verwundete, die Truppen nur eine geringe Zahl Toter, aber mehrere hundert Verwundete. Zu unliebsamen Kundgebungen des Hasses der Bevölkerung kam es beim Abzug der Truppen. Am 22. März erfolgte die Bestattung.

Der 19. März, ein Sonntag, brachte die grausige Szene im Schloßhofe, eine tatsächliche Beleidigung -es Monarchen. Man schleppte die Leichen der Ge­fallenen herbei und legte ihre Wunden blos, während stürmische Rufe erschollen :König raus!" und dann, als der König mit seiner leidenden Gemahlin erschien,

hieß es:Hut ab!" Dieses grauenhafte Schauspiel endete der Gesang vonJesus, meine Zuversicht!" DaS war eine Kränkung, die der König mit Recht nie vergessen konnte.

Die Truppen waren abgezogen, des Königs Bruder, der spätere Kaiser Wilhelm, den die Berliner damals nur denKartätschenprinzen" nannten, mußte nach England reisen ; an das Palais Unter den Linden schrieb manNational-Eigentum."

Am 21. März erfolgte der Umritt des Königs durch Berlin unter Vorantragung einer schwarzrot­goldenen Fahne, unter begeistertem Volksjubel: Preußen geht in Deutschland auf, ich werde mich selbst an die Spitze der Bewegung stellen!", so rief der König. Und man erhoffte einen Himmel auf Erden. . . .

Aber die Zeiten waren härter, als die Ueber- schwänglichkeit der Begeisterung. Wohl kam in der Person des Erzherzogs Johann ein Reichsverweser, in der Paulskirche zu Frankfurt am Main tagte ein deutsches Parlament, aber die Zeiten wandelten sich, das Parlament verfiel und um die neue Reichsverfassung gab es noch ein Jahr später blutige Kämpfe. Mehr als zwei Jahrzehnte später war dann der Traum von 1848 wirklich erfüllt.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 16. März. Der Reichstag nahm die zweite Beratung der Militärstrafprozeßordnung bei dem Z 3 auf, nach dem die Militärpersonen wegen der von dem Diensteintritt begangenen strafbaren Handlungen der Militärgerichtsbarkeit unterstellt sind. Diese Fassung wurde nach längerer Debatte unver­ändert beibehalten und ein freisinnig-sozialdemokratischer Antrag, der in diesem Falle die bürgerliche Gerichts- barkeit mit gewissen Einschränkungen zuständig machen will, wird mit 172 gegen 55 Stimmen abgelehnt. Dann wird die gestrige namentliche Abstimmung zu 8 2 wiederholt, und der Paragraph unverändert an­genommen. Eine längere Debatte knüpfte sich an 88 (Bestrafung von Vergehen nach Beendigung der Dienst­zeit gegenüber früher militärischen Vorgesetzten.) Schließlich wird 8 8 gemäß den freisinnig-sozial- demokratischen Anträgen gestrichen. Morgen: Fort­setzung.

Württembergischer Landtag

Kammer der Abgeordnete«.

* Stuttgart, 15. März. (184. Sitzung.) Die Kammer tritt ein in die Beratung des Reversalien­gesetzes. Kultusminister v. Sarwey führteinleitend aus, die kirchlichen und staatsrechtlichen Seiten des vorliegenden Gesetzes seien im Mai 1896 bei der Be­ratung in der Kammer eingehend beleuchtet worden, er könne sich deshalb auf eine kurze Rekapitulation beschränken. Die auf Grund der früheren Kammer­verhandlungen mit den Faktoren der kirchlichen Regie­rung gepflogenen Verhandlungen seien nunmehr zu einem befriedigenden Abschluß gelangt. Dem vorliegen­den Entwürfe können die Vertreter der verschiedenen Parteien wohl zustimmen, er bitte, das Gesetz anzu­nehmen, es sei das Ergebnis mühsamer und schwieriger Arbeit. K. Haußmann (D. B.) beantragt, in die 2. Lesung des Gesetzes einzutreten, ohne Kommissions­beratung. v. Geß (D. P.) empfiehlt den Entwurf warm zur Annahme. v. Gemmingen (Präsident des evangel. Konsistoriums)': Der neue kirchliche Ent­wurf stelle sich durchaus auf den Boden, auf den sich die Kammer seiner Zeit gestellt habe. Der Redner äußert sich besonders eingehend über die Berufung von zwei Mitgliedern des Geheimen Rates in die künftige evangelische Kirchenregierung im Falle der Zugehörigkeit des Königs zu einer anderen als der evang. Konfession. Prälat v. Schwarzkopf bedauert, daß seiner Zeit nicht der erste Entwurf angenommen worden sei, doch glaube er nicht, daß die Nichtannahme einer un­

günstigen Sümmung entsprungen sei. Er bitte die Kammer, dem Werke, das den Stempel de- Frieden- trägen solle, zuzustimmen. Kiene (Ctr.): Er könne dem Anträge Haußmann zustimmen. Bezüglich des Gesetzesentwurfs stehen er und seine Partei auf dem Standpunkt, daß die Minister nicht in die evang. Kirchenregierung eintreten sollten. Die staatlichen Funktionen eines Minister- seien unvereinbar mit den Funktionen eines obersten Vertreters einer Kirchen­gemeinschaft, besonders treffe dies für den Kultusminister zu, der ja die Aufsicht über die beiden Kirchen zu führen habe. Es werde einem Minister schwer sein, streng seine Objektivität zu wahren. In dieser Frage zu entscheiden, sei nicht Sache de- Landtage-. Da­müsse er sagen, daß er und seine Fraktion in dieser Sache ein Opfer bringen, sie werden ihrer Abstimmung eine schriftliche Motivierung beigeben. K. Hauß­mann (V.-P.): Da der Entwurf der von seiner Partei eingenommenen Stellung in einem wesentlichen Punkte entspreche, so habe er keine Veranlassung, auf die verschiedenen staat-rechtlichen und firchlichen Fragen näher einzugehen. Er habe sich übrigen- ge­freut, daß der Standpunkt seiner Freunde bezüglich der Berufung der Kirchenregierung durch Wahl eine erhebliche Minderheit in der Synode gefunden habe. ES habe sich bei der Reversalienfrage, die ja so viele gegensätzliche Aeußerungen veranlaßt habe, gezeigt, daß eine Einigung erzielt werden könne, wenn man einen liberalen Standpunkt einnehme. Nach kurzen Erklärungen Rembold's, v. Gemmingen'S, welch' letzterer insbesondere gegen die Ansicht Kiene'-, daß der Eintritt der Minister in die evang. Kirchen­regierung unthunlich sei, sich wendet, sowie des Kanzler- v. Weizsäcker, der in der gleichen Sache spricht und betont, daß der Kultusminister auch der katholischen Kirche angehören könne und daß dann diese gleichen Besorgnisse auch für die evangelische Kirche bestehen, dem gegenüber Kiene (Z.) auf seinem Standpunkte verharrt und ihn verteidigt, während Kultusminister v. Sarweh bemerkt, Kiene habe heute wesentlich Neue- nicht geäußert, wird die erste Lesung des Entwurf­beendigt. ES wird sofort in die zweite Lesung de- Entwurfs eingetreten. In der Einzelberatung des Ent­wurfs werden die beiden einzigen Artikel ohne Debatte genehmigt und sodann das ganze Gesetz mit 83 Stimmen angenommen. Das Zentrum hat seine Zustimmung zum Gesetze besonders schriftlich motiviert. Es wird in dieser Motivierung darauf hingewiesen, daß auf Grund der Bestimmung bezüglich des Eintritts der Minister in die evang. Kirchenregierung in keinem Falle ein Zwang, auch kein indirekter, zum Eintritt ausgeübt werden dürfe. Der Rechenschaftsbericht des ständischen Ausschusses gelangt hierauf zum Vortrag und wird ohne Debatte genehmigt. Für den ver­storbenen Abg. v. Gültlingen wurden sodann v. Herr- man, v. Wöllwarth und v. Wächter in die verschiedenen Kommissionen gewählt. Schluß der Sitzung 5^ Uhr.

LandeSnachrichteri.

* Alten st eig, 18. März. Wegen der hier auS- gebrockenen Hühnerkrankheit (bis jetzt verendeten ca. 400 Stück) wandte sich der hiesige Geflügelzuchtverein an das Pathol. Institut der K. tierärztlichen Hoch­schule in Stuttgart um gutachtliche Beratung. Darauf­hin lies folgendes Schreiben ein :Die beiden von Ihnen eingesandten Hühnerkadover sind in unserem Institut, welches zur Untersuchung toter Tiere und Teile der­selben bestimmt ist, untersucht worden. Wir fanden einen Katarrh der oberen Luftwege, besonders der Nase, ferner Drüsenmagen und Darmkatarrh. Die Krankheit ist nicht die gewöhnliche Geflügelseuche. In Riedlingen ist eine ähnliche, viele Opfer in kurzer Zeit (in einem Bestände über 60 junge Hühner in einem Tage) fordernde Krankheit kürzlich eingeschleppt wor­den mit einem Transport italienischer junger Hühner. Vielleicht liegt in Altensteig auch etwas Aehnliches vor. Es wäre übrigens möglich, daß an dem Hühner-