glücklicherweise mit dem Schrecken davon. Das eine Pferd kam mittags mit einem Teil des Postwagens unverletzt in Zuffenhausen an» während das andere im Straßengraben m den Strängen sich verwickelt hatte. Der Leiter des Motorwagens ist ermittelt.
* Am Samstag fuhr ein Hochzeitsvater mit dem Fuhrmann nach Tuttlingen» um die in der Haushaltung noch fehlenden Möbel zu holen. Als die Möbel aufgeladen und der Magen gestärkt war, sagte der Jakob, das ist der Knecht, zum Seppel: „i sott e wenig e Krämli ha!" De Seppel sagt: „ich auch !" Darauf meint der Jakob: „i ha scho im Jnnefahre an Kanditerlade g'sehen, do kaufet mer e Krämli." Sie gehen mit einander in den vermeintlichen Konditorladen und als sie hinkommen und niemand da ist, da sagt der Seppel zum Jakob: „Da mußt recht schellen, dann kommt schon jemand." Und wirklich gleich steht ein Herr da, der aber gar nicht aussieht, wie ein Gutzelebäck und fragt: „Was wollt Ihr denn hier und wer het denn so schrecklich geschellt?" Da sagt ganz verdutzt der Seppel: „Mir hont e wenig Gutzele welle für unsere kleine Meidele, und de Jakob do, der Hot so grausig geschellt." Der Herr lachte und meint: „Ich glaub'Ihr könnt nit recht lesen! macht schnell, daß Ihr naus kummt!" Der Seppel geht schnell und der Jakob hinterher. Draußen lesen sie nochmals den Konditorschild. Da steht mit großen Buchstaben „Kontor", aber nicht Konditor. Es war das Geschäftszimmer einer großen Schuhfabrik, die zwei sind dann ohne Krämli heimgefahren.
* (Verschiedenes.) Dieser Tage fand der Feldhüter von Ditzingen auf freiem Felde zwischen Weilimdorf und Münchingen den unbekleideten Leichnam eines etwa 16jähr. Burschen. Ob hier Selbstmord oder Verbrechen vorliegt ist noch nicht sicher festgestellt. — In Münster wurde in der Nähe des Bahnhofs die stark verstümmelte Leiche der Ehefrau des Bauunternehmers I. Knauß von Cannstatt aufgefunden. Wie die 50 Jahre alte, schwermütige Frau unter den Zug kam, weiß man nicht genau.
* (Große Stiftung.) Der in Würzburg gestorbene pensionierte kgl. Oberamtsrichter Hofmann, früher in Lichtenfels, hat seiner Heimatgemeinde H ei - dingsfeld für die dortige Pfründenanstalt testamentarisch ein Legat von 90000 Mark und ein solches von 10000 Mark für die dortige Kleinkinderbewahranstalt vermacht. Die Heimatgemeinde seiner Eltern Randersacker erhielt ebenfalls für eine dort zu gründende Pfründenanstalt 100000 Mark.
* Aus besonderer Quelle erfährt die „Frkf. Ztg.": Es steht außer Frage, daß die bayerische Regierung der Militärstrafprozeßordnung unter keinen Umständen zustimmen wird, wenn nicht das bayerische Reservat- recht des eigenen obersten Militärgerichtshofs ge- wahrt wird. Wird das Reservatrecht nicht angetastet, und stimmen der Reichstag und die Bundesfürsten einer Militärstrafprozeßordnung zu, die nicht in allen Punkten der bisherigen Stellung der bayerischen Regierung entspricht, so wird diese ihre Einsprüche fallen lassen, um dem Zustandekommen einer Reichsprozeßordnung nicht entgegenzutreten. Aber wie bemerkt, Voraussetzung ist die Erhaltung des Reservatrechts, das in diesem Fall als Hoheitsrecht betrachtet wird.
Ayr Geheimnis.
(Fortsetzung.)
„Miß Rayner," sagte diese, „es paßt gar nicht gut, daß Sie jetzt Herren im Salon empfangen. Ich wollte gerade dort aufräumen, Miß Tewpleton wird gegen Abend zurückkehren."
Es war nur die Unverschämtheit eines Dienstboten, aber doch so verletzend, daß ihr eine heiße Röte ins Gesicht stieg. Sie würdigte das Mädchen keiner Antwort und öffnete schnell die Thür zum Salon. Zwei Herren saßen in Miß TempletonS Sesseln nnd sahen bei ihrem Eintritt erstaunt empor. Der ältere kam auf sie zu.
„Ich wünsche, Miß Rayner zu sprechen," sagte er, „Miß Leonie Rayner."
„Ich bin die einzig« des Namens hier," erwiderte das junge Mädchen mit ruhiger Würde.
„Verzeihen Sie, ich war nicht darauf vorbereitet, eine so junge Dame vor mir zu sehen. Gern hätte er „und schöne" hinzugefügt, doch er unterdrückte das und schob ihr einen Sessel hin.
„Wenn Miß Templeton das sähe!" dachte Leonie, innerlich lächelnd. „Ihre Gouvernante empfängt Herren im Salon!"
„Mein Geschäft hier ist sehr wichtig für Sie, Miß Rayner," fuhr der Fremde fort, „erlauben Sie, daß ich mich vorstelle! Mein Name ist Clemens, von der Firma Clemens und Förster in London. Wir sind Rechtsanwälte," fügte er mit einem Lächeln über ihre offenbare Unkenntnis so berühmter Namen hinzu.
* Berlin, 25. Febr. Die Abendblätter melden: Wie jetzt bekannt wird, hat der Kronprinz das Fähnrich. Examen „mit Auszeichnung" bestanden; er wurde vom mündlichen Examen dispensiert.
* Berlin, 26. Febr. Zur örtlichen Festlegung der deutsch-englischen Grenze zwischen Tanganiaka und Nyassa geht demnächst eine Kommission dahin ab. Führer ist Kompagniechef Hermann, Befehlshaber der Begleitungstruppe Premierlieutenant Glauning. Mitglieder sind Astronom Dr. Kohlschnetter, Mechaniker Lukas und Dr. med. Kolb. Die Abreise nach Ostafrika wird Ende März erfolgen.
* Berlin, 26. Febr. Der „Reichs-Anzeiger" meldet: Nachrichten aus Südwestafrika zufolge fand am 23. November v. I. ein erfolgreiches Gefecht von einem Teile der Schutztruppen unter Hauptmann Estorff gegen die Aufständischen im Nordbezirke des Schutzgebietes bei Zaub unweit Franzfontein statt. Tot sind die Reiter Mauß und Geißler, schwer verwundet Lieutenant Bensen.
* Ueber die wirtschaftliche Bedeutung der Kiaotschau- Bucht läßt sich die dem Reichstag zugegangene Denkschrift wie folgt aus : Darüber sind die meisten Deutschen in China einig, daß, wenn ein Punkt an der chinesischen Küste als Ausgangspunkt für die Entwicklung deutscher Interessen durch Bau von Eisenbahnen, durch Ausbeutung von Minen und Förderung des Handels sich eignet, dies die Kiaotschau-Bucht ist, weil man dort einen ganz neuen Teil Chinas, und zwar einen sehr bevölkerten, aufschließen und den Verkehr auch aus weiteren Gebieten dort hinlenken könnte.
sj Die früher geglaubte Feuersicherheit eiserner Konstruktionen ist in Wirklichkeit nicht vorhanden. Das bestätigt wiederum der Verlauf des Riesenbrandes der Borsig-Mühle in Berlin, wie die Baugew.-Ztg. ausführt. Eine Vergleichung der verschiedenen Materialien führt dahin, daß Holz, gut gerohrt und geputzt, eine bedeutend höhere Sicherheit gegen Feuer ergiebt, als man ihm. im Vergleich zu Eisen oder Granit zuzusprechen geneigt ist, weil die geputzte Holzdecke und Treppe, von dem Wasserstrahl der Spritze benäßt, ihre Widerstandsfähigkeit erhalten, Eisen und Granit aber nur um so schneller zerstört werden. Es wird ferner für die Verwendung von Eisen- konstruktionen eine Umwandelung mit Drahtputz, Asbest u. dergl. oder mit Mauerwerk unbedingt zu fordern sein.
* Die „Hamburger Nachr." bringen unter der Ueberschrift „Schutz der Reichsverfassung" einen Artikel, welcher durch den Druck besonders hervorgehoben und wohl nicht ohne Berechtigung als eine Auslassung des Fürsten Bismarck angesehen wird; aus diesem Grunde glauben wir, denselben unfern Lesern nicht vorenthalten zu dürfen. Derselbe knüpft an das kürzliche Eingeständnis der sozialdemokratischen Abgeordneten Bebel und Singer im Reichstag an, daß sie als Abgeordnete Diäten bezögen, und führt dann aus, dadurch werde der Artikel 32 der Reichsverfassung verletzt, welcher das Beziehen jedweder Entschädigung untersage. Diese Bestimmung habe bei Herstellung der Verfassung das Aequivalent für das allgemeine und geheime Wahlrecht gebildet. Wörtlich heißt es dann weiter : „Wenn dieses Aequivalent reichstagsseitig nicht zugegeben wird, so wird man eben auf die Unterlagen des damaligen
Leonie verbeugte sich.
„Und hier stelle ich Ihnen Mr. Dunscombe vor, er verwaltet seit längeren Jahren die Güter der Familie Charnleigh."
Sie wurde immer verwirrter. Was wollten diese Herren von ihr?
„Ich möchte sie um die Liebenswürdigkeit bitten, Miß Rayner," begann Mr. Clemens wieder, „mir einige Fragen über Ihre Personalien zu beantworten."
„Gerne! Ich habe aber nicht viel zu sagen. Mein Leben verlief ohne besondere Begebenheiten."
„Vielleicht behält sich die Zukunft desto mehr vor," erwiderte Mr. Clemens. „Wollen Sie mir den Namen Ihres Vaters nennen?"
„Hauptmann Albert Rayner," lautete die Antwort.
„Und Ihre Mutter hieß?"
„Mit ihrem Mädchennamen Alida Clermont. Sie war Französin."
„Wollen Sie uns kurz alles erzählen, was Sie von Ihren Eltern und deren Lebenslauf wissen?"
Das junge Mädchen wußte nicht recht, wohin diese Fragen zielten, aber sie sagte:
„Mein Vater stammt aus einer guten englischen Familie. Er besaß kein Vermögen und war auf sein Gehalt angewiesen. Meine Mutter war einer vornehmen alten Familie in Rheims entsprossen, die ihre Anhänglichkeit an das französische Königshaus mit ihrem Ruin bezahlen mußte."
Mr. Clemens nickte bedächtig vor sich hin, als ob jedes Wort ihm schon etwas Bekanntes bestätigte.
„Meine Mutter," fuhr Leonie fort, „war früh
Kompromisses wieder zurückgreifen müssen. Es ist die Frage, ob ein Reichstag, welcher sich der Verfassung nicht konformiert, berechtigt ist, die Reichstagsfunktionen auszuüben, und ob nicht die verbündeten Regierungen in der Lage sind, den geschäftlichen Verkehr mit einem Reichstag, welcher sich seinerseits den verfassungsmäßigen Verpflichtungen nicht fügt, abzulehnen. Die nächste Aufgabe der Regierungen in dieser Richtung würde sein, sich die Gewißheit zu verschaffen, welche Mitglieder des Reichstags im Widerspruch mit Artilel 32 der Verfassung Diäten beziehen und dadurch ihr Anrecht auf Teilnahme am Reichstag verlieren. Da die Ausführung des Artikels 32 nach der Verfassung dem Reichstag und seinem Präsidium obliegt und da die Verfassung zu den Reichsgesetzen gehört, über deren Ausführung nach Artikel 17 dem Kaiser die Ueberwachung zusteht, so kann man sich also fragen, ob es nicht angezeigt wäre, daß der Kaiser unter Bezugnahme auf Artikel 17 der Verfassung eine Botschaft an den Reichstag richtete, in welcher derselbe zu strikter Ausführung des Artikels 32 an seinem Teil aufgefordert würde."
— Der Artikel der „Hamb. Nachr.", welcher auf die Gefährdung der Reichsverfassung durch die im Reichstag seitens des Abgeordneten Bebel zugestandene Beziehung von Privatdiäten hinweist und energische Maßnahmen dagegen fordert, stößt selbst in der nationalen Presse auf lebhafte Bedenken. Die „Köln. Ztg." z. B. schreibt: „Man wird die Logik diese« Artikels etwas hastig finden. Der Reichstag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und er hätte, wenn man eine ausdehnende Auslegung des Art. 32 gelten läßt, verfassungsmäßig das Recht, einen Mann, der in seiner Eigenschaft als Abgeordneter eine Entschädigung bezieht, aus seinen Reihen auszuschließen. Wir vermuten allerdings, der Mann würde sich dieser Gefahr dadurch entziehen, daß er den erforderlichen Mammon nicht in seiner Eigenschaft als Abgeordneter, sondern wegen Ausfüllung irgend eines Parteiamts bezöge. Die Maßregel würde also praktisch zu nichts führen, Wohl aber die leidenschaftlichsten und gehässigsten Erörterungen heraufbeschwören."
0 Gegen die Konkurrenz der Riesenwarenhäuser nehmen die deutschen Sortimentsbuchhändler energisch Stellung. E>ne Reihe dieser Buchhandlungen in Hamburg-Altona hat sich zusammengeschlosse» und an alle Sortimenter die Aufforderung gerichtet, sich ihnen in der rücksichtslosesten Durchführung folgender Maßnahmen anzuschließen. Die Thätigkeit für olle Verleger, die Artikel ihres Verlags nachweisbar direkt oder indirekt an Bazare und Warenhäuser liefern, einzustellen, unter Umstünden auch die Verbindung mit'denselben allzubrechen; alle Artikel, die von den betr. Verlegern an Bazare und Warenhäuser geliefert werden, aus den Lager- und Weihnachtskatalogen zu streichen.
sj Die Ergebnisse des großen Spielerprozesses, der vor einigen Jahren in Hannover geführt wurde, haben nicht lange abschreckend gewirkt. Wieder ist der „Köln. Ztg." zufolge dort eine Spielhölle aufgehoben worden, in der Offiziere bedeutende Opfer brachten, sowie Wucherer sich bereit zeigten, eurem eingetretenen Notstand unter bekannten Bedingungen abzuhelfen. Als einer der hauptsächlichsten „Möglich
genötigt, eine Stelle als Erzieherin anzunehmen; mein Vater lernte sie im Hause eines Freundes kennen und lieben und heiratete sie."
„Und verlor dadurch jede Aussicht im Leben," warf Mr. Clemens ein. „Er war überall beliebt, war ein stattlicher Mann u. hätte jede Partie machen können."
„Er liebte meine Mutter," sagte das junge Mädchen ernst.
„Gewiß, ich bewundere ihn auch deswegen . . . bitte fahren Sie fort."
„Sie lebten trotz ihres bescheidenen Einkommen« sehr glücklich, bis meines Vaters Regiment nach Indien geschickt wurde. Dort starb er in einem Gefecht den Heldentod."
„Ja, das weiß ich," sagte Mr. Clemens, „und dann?"
„Nach seinem Tode zog meine Mutter nach London und verdiente ihren Unterhalt durch französische Stunden. Sie unterrichtete auch in dieser Pension hier, und al» sie starb, nahm Miß Templeton mich zu sich unter der Bedingung, daß ich später hier Lehrerin werde. Seitdem lebe ich hier."
„Ist das Ihre ganze Lebensgeschichte?"
„Ja, außer dem Tode meiner Mutter erinnereich mich nicht, etwas Besonderes erlebt zu haben."
„Haben Sie irgend welche Papiere, die Ihre Angaben bestätigen, Miß Rayner?" fragte der Rechtsanwalt.
„Ja, einige. Es sind Auszüge aus den Kirchen- bücher», der Trauschein meiner Eltern, mein Geburt»- schein und der Totenschein meiner Mutter."