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Dienstag, 1. März

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

Einrück- ungspreiS . Altensteig und nahe Umgebung bei einm. Einrückung ^ bei ishrmal. ie 6 ^ auswärts je 8 die lspalt.Zeil

1898 .

Die zweite VolkSschullehrer-Dienstprüfung haben u- a. mit Erfolg bestanden: Gottfried Büchler, Schulamtsverweser in Her­zogsweiler ; Th. Griesinger. Stellvertreter in Fr eudenstadt; Christian Bolz. Unterlehrer in Dornfletten ; Adolf Leins, Lehrgehilfe in Hirsau.

D Die Ausschließung Chinas

macht schnellere Fortschritte, als man noch vor wenigen Monaten ahnte. Die Anleihe, deren China bedarf, uw seine Kriegskoftenschuld an Japan zu bezahlen, scheint abgeschlossen zu sein und als allgemeine Ent­schädigung an die europäische Kultur sind seitens der chinesischen Regierung alle Flüsse für die europäische Dampfschiffahrt sreigegeben worden. Das ist ein ganz ungeheueres Zugeständnis!

Es muß mit der Thatsache gerechnet werden, daß sich in einigen Jahren auf den mächtigen Strömen Chinas eine großartige Dampfschisfahrt entwickelt, die einen vollkommenen Umschwung in den wirtschaftlichen Verhältnissen den Riesenreiches in die Wege leitet. Mit der seitherigen Abschließung Chinas gegen alles Fremde ist es von nun ab unwiderruflich und entgültig vorbei und das bedeutet für die übrige Welt etwa so viel, wie seiner Zeit die Entdeckung Amerikas.

Aber zu der Binnenschiffahrt treten noch die Eisenbahnen, deren schon mehrere ins Innere des Landes hin im Bau begonnen worden sind. China ist größer als ganz Europa, und sämtliche Schienenwerke Europas können jahrelang Beschäftigung haben, wenn es gilt, das chinesische Reich mit einem Netz von Eisenbahnen zu überziehen. Mir Recht sagt ein deutscher Volkswirt, jede Lokomotive, die zum ersten Mal an einen Ort kommt, trägt einen unsichtbaren Gast mit sich: das ist die Zivilisation. Ob die Bevölkerung will oder nicht, durch die Eisenbahnen werden alle Verhältnisse umge­staltet; das wird sich auch in China bewähren. Die neuen Babuen schaffen neue Bedürfnisse, neue Ausgaben und neue Einnahmen; allenthalben wird sich eine Industrie entfalten, werden Handelsemporien errichtet werden. Auch die Finanzen des Reiches werden sich dadurch mächtig heben. Ist es nicht lächerlich, daß die jüngste chinesische innere Anleihe kläglich gescheitert ist? In einem Lande von 400 Millionen Einwohner ist die Regierung nicht im stände, auch nur 50 Millionen Mark auf dem Wege einer freiwilligen Anleihe auf- zubringen. Sie ist vollkommen von dem Auslande abhängig. Ist erst das Land mit Eisenbahnen über­zogen, so wird es einer einigermaßen vernünftigen Regierung ein leichtes sein, die Finanzen auf einen

Stand, der wenigstens teilweise der Größe des Landes und seiner Bevölkerung entspricht, zu bringen.

Allein die Eröffnung der Binnengewässer Chinas, so wichtig sie an sich ist, hat doch noch eine ganz be­besondere Bedeutung im Zusammenhang mit der Fort­setzung der birmanischen Eisenbahnen. Diese Eisen­bahnen haben ihren Ausgangspunkt in Rangun. Sie werden sortgrsührt von dem englisch-birmanischen Reiche aus nach der fruchtbaren Provinz Jünuan. Offenbar ist der englische Plan der, die Bahn fortzuführen bis zum schiffbaren Jangtsekiang. Dadurch wird es er­möglicht, die sämtlichen von Europa und Indien kom­menden Waren unmittelbar in das Innere des Reiches zu führen, ohne daß es nötig wäre, die Halbinsel von Malakka zu umschiffen und einen Hafen wie Hongkong, Schanghai oder auch Kiaotschau anzulaufen. Der Weg in das Innere des Reiches wird durch diese Ver­bindung um eine ganze Reihe von Tagen abgekürzt. Das ist von außerordentlicher Bedeutung gerade angesichts der in einigen Jahren in Aussicht stehenden Vollendung der sibirischen Bahn. Durch diese Eisen­bahn gewinnt Rußland einen großen Vorsprung vor allen übrigen Staaten. Es wird möglich sein, auf der transsibirischen Bahn sehr viel schneller nach Ost­asien zu gelangen, als heute, sei es über den Suez- Kanal, sei es über Amerika.

Wenn diese Teile Chinas sich einstweilen zunächst und zumeist den Engländern öffnen werden, so tritt Deutschland dort ober auch unter gleichen Bedingungen in Wettbewerb mit ihnen; außerdem aber hat Deutsch­land bei Kiaotschau ein natürliches Hinterland, nämlich die reiche Provinz Schantung mit 2530 Millionen Einwohnern.

Daß Deutschland mit England bei Begebung der chinesischen Anleihe Hand in Hand gegangen ist, kann nur mit Freuden begrüßt werden. Dieser Abschluß gilt als günstiges Zeichen für das wirtschaftliche Zu­sammenwirken beider Nationen im fernen Osten, das vielleicht auch von heilsamer Rückwirkung auf die politischen Beziehungen beider Länder werden kann.

" Deutscher Reichstag.

b Berlin, 25. Febr. Im Reichstage fanden heute zwei Sitzungen statt, die beide wegen Beschluß­unfähigkeit abgebrochen werden mußten. Bei der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs betr. Entschädigung unschuldig Verurteilter bezweifelte nach Ablehnung des

Antrages Auer (soz.), wonach alle Freigesprochenen ohne Unterschied Entschädigung erhalten sollen, der Abg. Singer vor Abstimmung über die Kommissions­beschlüsse die Beschlußfähigkeit des Hauses. Der Präsi­dent erkannte die Berechtigung dieses Zweifels an und beraumte eine Viertelstunde später eine neue Sitzung an, in der die Anträge v. B u ch ka (kons.), Rintelen (Ztr.) und Lenzmann (fr. Vp.) betr. die Zusammen­setzung der Strafkammern erster und zweiter Instanz beraten wurden. Nach dem Antrag v. Buchka sollen die Strafkammern nur in der Berufungsinstanz und nur bei Vergehen mit fünf Richtern besetzt werden, während Abg. Lenzmann die Strafkammern stets mit fünf Richtern besetzt wissen will. Nach einem Ver­mittelungsantrag Rintelen soll die Strafkammer in erster Instanz nur bei Verbrechen mit fünf Richtern, in der Berufungsinstanz auch bei Vergehen mit der gleichen Richterzahl besetzt werden. Zu einer Beschlußfassung kam es nicht, da diesmal vor der Abstimmung der Abg. v. Buchka die Beschlußfähigkeit bezweifelte und der Präsident auch hier den Zweifel für berechtigt er­klärte. Nächste Sitzung Montag.

Landrsrrachrichterr.

* Altensteig, 28. Febr. In den letzten Wochen zirkulierte hier zwecks Gewinnung von Unterschriften eine Petition an den Stadtrat wegen Gründung einer Realschule. Wie wir hören, hat die Petition zahl­reiche Unterschriften gefunden. Die Petenten sind der Ansicht, daß eine Realschule den Handels- und Ge­werbetreibenden eine zweckmäßigere Ausbildung ge­währe, als die Lateinschule, indem letztere mehr die Aufgabe ersülle, die Schüler für das Staatsexamen vorzubereiten. Das Für und Wider kommt in der nächsten Mittwoch stattfindenden Versammlung zur Erörterung und verspricht die in Aussicht stehende Debatte die erwünschte Aufklärung zu geben.

* Calw, 25. Febr. In Stammheim brach heute früh in dem Hause des Maurers Christian Strienz Feuer aus, welches in kurzer Zeit das Wohngebäude und die danebenstehende Scheuer einäscherte. Außer dem Vieh konnte fast nichts gerettet werden.

* Schwieberdingen, 24. Febr. Am letzten Sonntag vormittag fuhr aus der Straße von hier nach Zuffenhausen ein Motorwagen auf den Postwagen, infolge Scheuwerdens der Pferde. Der Postwagen wurde vollständig zertrümmert, die Insassen kamen

Wochenrundschau.

Da die Verfassungs-Kommission dem Verlangen der evang. Londessynode, es sollen in der Kammer der Staudcsherren 4 evangel. Prälaten und 2 kath. Vertreter sein, nicht entsprochen, sondern für nur 2 bezw. 1 Vertreter der beiden Kirchen sich entschlossen hat, da inebesondcre nur 6 Mitglieder des ritterschaft- lichen Adels anstatt der vorgeschlagenen 8 in die erste Kammer übergeführt werden sollen, so ist in den evangelischen Bolkskreisen der Wunsch laut geworden, es möchte lieber von einer Verfassungs-Reform Abstand genommen werden. Je mehr die Hoffnung auf das Zustandekommen der Verfassungs-Reform schwindet, um so mehr gibt man sich mit dem Gedanken einer naheliegenden Möglichkeit der Kammcrauflösung ab; die Reichstags- und Landtagswahlen dürsten sich in Württemberg dann wohl nur in ganz kurzen Zwischen­räumen abspielen. Im Reichstag, der sich immer noch keines nur halbwegs befriedigenden Besuchs er­freuen kann, dauern die Budgetberaiungen noch fort. Ein großer künftiger Organisator läßt in dem Kapitel Kriegsminister" sein Licht leuchten; empfiehlt doch der soz. Abgeordnete Bebel nach scharfer, aber gerade in schweren Fällen bewrisloser Klage gegen Mißhandlung der Soldaten die Abschaffung des stehenden Heeres und die Einführung der Miliz-Armee. Daß diese, abgesehen von der völligen Untouglichkeit weit mehr kosten würde, als das stehende Heer, dafür erbrachte der Kriegsminister von Goßler in ruhiger Erwiderung den nachdrücklichsten

Beweis. Seine schneidige Kritik bewies, daß er fest auf seinem Posten stand, und daß das infolge seiner schlechten Besetzung schutzlos dem Agitationsbedürfnis Bebels und seiner Freunde preisgegebene Haus an ihm einen würdigen Vertreter hatte. Minister v. Gautsch in Oesterreich ist mit der Lösung einer Aufgabe betraut, die schwerer ist, wie die Quadratur des Kreises: er soll die bekannten Sprachenverordnungen so verbessern, daß sie gleichzeitig Deutschen und Tschechen gefallen. In vierzehn Tagen geht das große Wiener Spektakelstück Reichsrat" inSzene. Die alten bewährten Kräfte, Dauer­redner, Radaumacher, Messerstecher rc. wirken wieder mit. - In Paris ist geschehen, was geschehen mußte: Zola ist verurteilt worden, zwar nicht von Rechts wegen, aber aus Staatsräson. Wenn man die Generalstobs- blätter liest, den .Eclair', das ,Echo de Paris,' .Petit Journal', .Petit Parisien', ja selbst den stets so unparteiischen" .Figaro', so empfängt man den Ein­druck, daß Paris Naiionaltrauer angelegt habe. Ganz Paris ist tot, so heißt es da, kein Mensch ist mehr auf der Straße zu erblicken, die Boulevards sind verödet, Handel und Wandel existieren nicht mehr und das alles, weil Frankreich eine so schwere Krisis durch­macht. Frankreich ist ruiniert durch den Anklagebrief Zolas; die Pariser Oktroy-Abgaben haben im Januar 700000 Frank weniger eingebracht, als sonst. Vor lauter Trauer essen die Pariser sogar weniger, wie man sieht! Na, Frankreich hat ja schon so ungeheuer viele Skandale erlebt und überwunden, es wird auch den neuesten überwinden! Die Chinesen haben bescheiden

angefragt, wie lange die russischen Kriegsschiffe in Port Arthur verbleiben würden? Die Antwort lautete sehr entgegenkommend, sagte in Wirklichkeit aber gar nichts. Im übrigen vollziehen sich die Dinge in China wie am Schnürchen, alle dunklen Wolken sind ver­flogen, die Interessen der Großmächte stoßen nirgends hart aufeinander und man steht die Sachlage für so beruhigt an, daß englische und deutsche Kapitalisten 18 Millionen Pfund (das sind 360 Millionen Mark und darüber) an China pumpen wollen. Staats­schulden sind der erste Schritt zur Kultur im euro­päischen Sinne. Ein europäischer Staat ohne Schulden, das ist eine Vorstellung, die sich ein gebildeter Mensch gar nicht machen kann. Dagegen kann man sich sehr gut ganz kleine Staaten mit recht hohen Schulden vorstellen, Portugal, Serbien und Griechenland. Und obwohl der letztere einen kostspieligen Krieg verloren und von früher her noch Tüchtiges aus dem Kerbholze hat, werden die Kapitalisten nochmals so gut sein, dem ruinierten Reiche unter die Arme zu greifen und die Großmächte werden dann die griechischen Finanzen kontrollieren. Das Karnickel Kreta, wegen dessen der Krieg geführt wurde, ist immer noch nicht pazifiziert und wird es wohl auch nicht werden, ehe der letzte Hammel gestohlen ist. Die Gouverneursrage bildet eine stehende Rubrik in den Tageszeitungen, aber sie rückt nicht von der Stelle. König Milan hat vom Sultan den Jmtioz-Orden erhalten, es muß also doch wohl ein recht tüchtiger Mann sein.