Bewohner des abgebrannten Hauses konnten nur einen Teil ihrer Habe in Sicherheit bringen. Die Witwe Schräg ist nicht versichert. Es wird Brandstiftung vermutet.

* Teinach, 21. Febr. Am letzten Samstag war

Prüfungstermin im Konkurs« des seitherigen Badbesitzers Bauer in Teinach. Letzterer erschien hiezu nicht, da­gegen hatte er einen Brief hinterlassen, demzufolge er nach London abgereist sei, um dort den weiteren Ver­lauf der Sache abzuwarten. Im Prüfungstermin wurde festgestellt, daß Bauers Schulden für Reklamen, welche bis dahin nicht näher bekannt waren, 32 000 Mark übersteigen. (Er selbst bezifferte früher seine jährliche Ausgabe für Reklamen, welche bis dahin nicht näher bekannt waren, auf 45000 Mark.) Außerdem zeigte es sich, daß er bei einer Reihe fauler Firmen Acceptkreditgenossen hatte, darunter eine inzwischen gleichfalls in Konkurs geratene Nürnberger Firma. Die vorgelegten Wechsel dieser Art gewährten noch keinen sicheren Anhaltspunkt für die Größe seiner Ver­pflichtungen. (N. T.)

* Neuenbürg, 2l. Febr. Die gestern in dem hübsch dekorierten Saale von Carl Pfrommer hier ab­gehaltene und von dem Geflügelzüchter-Verein veran­staltete Ausstellung von Nutzgeflügel, Tauben und l Kanarien hatte sich wiederum eines sehr guten Besuches zu erfreuen. Wenn auch räumlich etwas beschränkt, gewährte die Ausstellung doch ein schönes Bild über die hier vertretene Geflügelzucht und es verdient be­sonders hervorgehoben zu werden, daß in der Quali­tät der Ausstellungstiere, insbesondere in Bezug auf Rasse-Reinheit ein entschiedener Fortschritt gegenüber der früheren Ausstellung zu verzeichnen ist.

* (Ersatzwahl.) Infolge Ablebens des ritter- schaftlichen Abgeordneten Frhrn. v. Gültlingen ist die Neuwahl eines Abgeordneten der Ritterschaft des Schwarzwaldkreises zur zweiten Kammer der Stände­versammlung auf Mittwoch, 9. März, anberaumt wor­den. Die Wahl findet an genanntem Tage vormittags 11 Uhr auf dem Rathause in Reutlingen statt.

* Stuttgart, 21. Febr. Der Landtag ist auf den 8. März einberufen worden.

* Gegenwärtig herrscht bei allen großen Brauereien Stuttgarts das Bestreben vor, Bierpaläste in der Umgebung des Bahnhofs zu errichten. Augenblicklich schweben Verkaufsverhandlungen zwischen der Aktien­brauerei Wulle und Buchhändler Wittwer zwecks An­kaufs des Hauses der Ecke der Friedrichs- und Schloß­straße. Als Kaufsumme wird 1 Mill. Mk. genannt. Wittwer hat das Anwesen vor etwa 10 Jahren um ca. 450000 Mk. erworben.

* Als Abendkost für die Soldaten soll in den kalten Monaten eine warme Suppe, Kartoffeln und Häring u. dergl., im Sommer Butter und Wurst. Käse ge­geben werden. Die Ausgabe für die Abendkost be­trägt für Preußen, Sachsen und Württemberg zu­sammen über 8 Millionen Mk.

sj Der wirtschaftliche Ausschuß für die Wohlfahrts­pflege auf dem Lande hat unter andern allgemeinen interessanten Fragen auch die einer Erörterung unter­zogen, wie der Landentfremdung der Mannschaften während der Militärdienstzeit entgegen zu wirken ist. Es ist festgestellt worden, daß 530/v, also mehr als die Hälfte des gesamten Militärs aus den Kreisen der

Der Prozeß Zola.

* Paris, 21. Febr. Der Staatsanwalt ergreift das Wort. Die Rede ist in ungemein scharfen Aus­drücken gegen Zola abgefaßt. Der Staatsanwalt sagt, Zola habe gegen das Kriegsgericht die unerhörte An­klage geschleudert, daß es auf Befehl verurteilt habe. Hat Zola dies bewiesen ? Niemals hatten Geschworene eine einfachere Entscheidung zu fällen. Der Staats­anwalt schildert, wie der Sensations-Artikel Zolas in derAurore" erschien und durch eine unerhörte Reklame über ganz Frankreich verbreitet wurde. In diesem Artikel erhob Zola die unerhörte, skandalöse Anklage gegen ein Kriegsgericht: Es habe auf Befehl einen Schuldigen freigesprochen. Wer hat diesen Befehl gegeben? fragt der Staatsanwalt. Warum hat das Kriegsgericht gehorcht? Welches ist der Preis dieses Verrats gegen die Justiz gewesen? Man hat zwölf Verhandlungstage Zeit gehabt, um es zu beweisen. Die Ehre des Angeklagten hätte es erfordert, daß er den an das Kriegsgericht ergangenen Befehl aufzeige, von dem er gesprochen. Nichts hat er bewiesen, nichts hat er gezeigt in dieser unerhörten Serie von Verhandlungen, die man den Geschworenen zuge­mutet hat. Nachdem Zola seinen skandalösen Artikel veröffentlicht hatte, rief er aus: man wage es, mich vor das Schwurgericht zu stellen! Es ist schwer zu sagen, ob dieses Verlangen Zola's aus Unverschämtheit oder aus Gewissenlosigkeit hervorgeht. Man hat es gewagt, Zola vor das Schwurgericht zu stellen. Es ist ersichtlich, was hier aus ihm geworden ist. Wir weisen die infame Anschuldigung zurück, die

Landbevölkerung hervorgegangen sind. Die Kasernen werden immer mehr und mehr nach den großen Städten konzentriert, woselbst der Soldat dem Land­leben entfremdet wird. Ein Fehler für die Land­wirtschaft ist auch das Dienen in weit entfernten Garnisonen. Nach Beendigung des Militärdienstes lehnt eine große Anzahl die Rückkehr nach dem Lande rundweg ab und ändert nicht bloß ihrenurspcünglichen Heimatsort, sondern auch ihren Beruf. Als Gegen­mittel gegen diese Erscheinungen würden Vorträge landwirtschaftlichen Charakters ui den Kasernen und Berücksichtigung derLandwirtschaft auch in den Soldaten- bibliotheken empfohlen, wodurch manches Gute be­wirkt werden könnte, wie deren Einführung in Belgien zeige. Auch in Wien habe man kürzlich über Einführung derartiger Vorträge verhandelt.

* Ludwigsburg, 21. Febr. Vorgestern wollte eine hies. Braut sich mit ihrem Bräutigam, einem Schutzmann aus Heilbronn, trauen lassen. Alles war bereit um dem feierlichen Akte beizuwohnen, doch der Bräutigam kam zur versprochenen Stunde nicht, um seine Braut vor den Altar zu führen. Bei der An­kunft der Bahnzüge wurde sehnsüchtig auf ihn gewartet, aber vergebens, und so sah man sich genötigt, nach Heilbronn und an seine Angehörigen zu telegraphieren, worauf zurückgemeldet wurde, daß derselbe schon seit 2 Tagen zum Zweck seiner Verheiratung beurlaubt seiundsichzuseinerBraut begebenhabe. Den Angehörigen war auch nichts über den Aufenthalt des Bräutigams bekannt. Dieser ist seither spurlos verschwunden.

* Feuerbach, 22. Febr. Gestern nachmittag wurde der 69 Jahre alte Schuhmacher Georg Fauser hier im Hofe hinter seinem Hause tot aufgefunden. Auf die hierüber erstattete Anzeige begab sich der Erste Staatsanwalt Herrschner sofort an Ort und Stelle. Wegen dringenden Verdachts der Tötung wurden hierauf dessen Sohn, der 39jährige Gold­arbeiter Fauser, und seine Zuhälterin sofort gefäng­lich eingezogen.

* (Verschiedenes.) In Ravensburg hat es dieser Tage so geschnieen, daß sich der Schnee mehrere Fuß in den Straßen lagerte. Die Bäume hingen so voll, daß Neste brachen; auch einige Tele­phondrähte lagen auf der Erde. In Ingel- fingen feierte der langjähr. Gemeinderat I. Hof­mann mit seiner Ehefrau die goldene Hochzeit. In Bubsheim brach in dem Wohnhause des Mich. Sprenger, Schreiners, Feuer aus und legte inner­halb kurzer Zeit das ganze Gebäude in Asche. Letzter Tage wurden an der Straße von Bissingen zum Bietigheimer Bahnhof von den dem Fuß­steig entlang angelegten prächtigen Obstbäumchen etwa 15 Stück abgeknickt. Die Thäter sind noch nicht er­mittelt. Der landwirtschaftliche Bezirks-Verein Nürtingen hat den Beschluß gefaßt, eine Jung­viehweide zu errichten.

* (Konkurse.) Karl Holl, Goldwarenhändler in Cannstatt, flüchtig. - Johannes Schreiber, Schmied in Beihingen. Karl Hummel, Spezereihändler in Zuffenhausen. Barbara Haßel, Witwe in Ober- speltach. Anton Vierer, Hutmacher in Munder- kingen. Christian Hahn, Wagnermeister in Fricken­hausen. Johannes Krauß, Metzger und Steinbruch­besitzer in Marschalkenzimmern.

er uns in's Gesicht gespieen hat. Je skandalöser die Anschuldigung Zola's war, um so bestimmter hätte sein Beweis sein müssen. Und nichts ist heute bewiesen, wohl aber hat man versucht, in ständiger Verletzung des Gesetzes hier die Revision des Prozesses Dreyfus zu unternehmen. Das war eine Provokation an die öffentliche Meinung, und diejenigen, welche provoziert haben, dürfen sich nicht darüber beklagen, daß die Provokation ihre Wirkung gehabt hat. Un­erhörte Scenen haben sich in unserem alten Justiz­palast abgespielt. Es ist klar, wer die Schuld daran trägt. Der Staatsanwalt spricht dann von der uner­hörten Art, wie man hier die Offiziere behandelt habe, und erinnert an die Aeußerung des Generals Bois- deffre, die Offiziere seien wackere Männer, welche ohne Antwort die unverdienten Angriffe ertragen. Der Staatsanwalt geht sodann näher auf die Versuche zur Revision des Prozesses Dreyfus ein. Er spricht von den Schreibexperten, namentlich von den internationalen Experten, welche um Bernad Lazare gravitieren; man merke zu viel Geld und allerlei dunkle Machenschaften in alledem und es erscheine angezeigt, hier nähere Nachforschungen onzustellen, wenn dies auch nicht in dem gegenwärtigen Prozeß geschehen werde. (Be- wegung.) Der Staatsanwalt stellt es als erwiesen hin, daß Dreyfus allein die Möglichkeit hatte, sich die im Bordereau aufgezählten Dokumente zu verschaffen. (Beifall.) Esterhazy hingegen konnte kein einziges in den Händen haben. (Beifall.) Der Staatsanwalt schildert die Preßkampagne und die parlamentarischen Vorgänge, namentlich die Parlaments-Sitzungen über

* Dresden, 19. Febr. Eine Plätterin in de» Vororte Gohlis hat ihren 10jährigen Knabe» ermordet und sich dann erhängt.

* Halle a. S., 20. Febr. Das polizeiliche Ver­bot von Beerdigungen an Sonntag-Nachmittagen im Interesse der Sonntagsruhe (!) ist allseitig und aus den verschiedensten Gesichtspunkten mit großem Be­fremden ausgenommen worden; jetzt äußert sich auch die Geistlichkeit dagegen mit dem Hinweis, daß die Beschränkung der Beerdigungen an Sonntagen auf den Vormittag vielfach die Teilnahme der Prediger zur Unmöglichkeit mache. Die Stadtverordnetenver­sammlung wird die Polizeiverwaltung wegen der Unzweckmäßigkeit der Verordnung interpellieren.

* Berlin, 21. Febr. Die Aussichten der Marine­vorlage werden wiederum günstiger betrachtet, als es nach den letzten Meldungen den Anschein hatte. Man hofft, daß das Zentrum es nicht bis zur Reichstags­auflösung kommen lassen, sondern dem entschiedenen Auftreten der Regierung nachgeben werde.

* In dem Apothekerblatte Pharmazeutische Ztg. wird an den Staatssekretär des Reichspostamts die Bitte gerichtet, die Reichspostverwaltung möge gegen eine Pauschalvergütung oder eine Vergütung von Fall zu Fall Arzneien durch die Landbciefträger tragen lassen. Wie angenehm wäre es für die Landbewohner, die durch Pflege der Kranken selbst verhindert sind, wenn ihnen die Medikamente so durch die täglich wiederholt kommenden Landbriefträger mitgebracht würden. Bei der Einlieferung als Paket geht viel Zeit verloren und es ist auch zu teuer. Empfehlens­wert wäre eine Taxe von 10 Pfg. und lose Ein­lieferung von Arzneien bis zu 500 Gramm.

sj Nach Einführung der vom Staatssekretär des Reichspostamts geplanten Reformen wird sich, wie in der Begründung zu dem entsprechenden Gesetzentwurf hervorgehoben wird, einEinnahme-Ausfall von5'/s Mill. ergeben. Als Aequivalent dafür erscheint eben die viel besprochene Ausdehnung des Postregals auf ge­schlossene Briefe innerhalb der Städte unvermeidlich.

* DerReichs-Anzeiger" meldet: Se. Maj. der Kaiser, tief ergriffen von dem schweren Unglück welches so viele brave Bergleute auf der Zeche Carolinenglück betroffen, hat den Minister für Handel und Gewerbe beauftragt, den Beteiligten die Aller­höchste Teilnahme auszusprechen und zu berichten, was etwa zur Linderung der dringendsten Not sogleich geschehen könne.

2 Göttingen. Die Strafthaten des Torgauer Bürgermeisters Girth sind vom hiesigen Schwurgericht abgeurteilt worden. Girth, der schon von einer großen Schuldenlast bedrängt war, als er Bürgermeister in Torgau wurde, hat hier verschiedene Unterschlagungen begangen. Die größte war die Abhebung eines Gut­habens der Torgauer Sparkasse von der Bank für Handel und Gewerbe in Höhe von 50000 Mark, die er dann für sich verwandte. Er floh nach der Schweiz, wo er bald verhaftet wurde. Er hatte sich deshalb wegen Untreue, Amtsunterschlagung und Beseitigung amtlicher Urkunden zu verantworten. Zugleich stand seine Ehefrau Elfriede, geb. Lang, unter der Anklage der Begünstigung und Hehlerei. Die Geschworene» erklärten Girth für schuldig, verneinten aber die Schuld­fragen betr. Frau Girth. Girth wurde darauf zu vier

die Affaire Dreyfus und verliest die Erklärungen der Minister. Wie auf die Minister beruft sich der Staats­anwalt auf die Autorität des ergangenen Urteils. Jtt einem zivilisierten Lande dürfe man nicht in gericht­liche Anarchie verfallen. Das einzig mögliche Ver­fahren war die Stellung eines Revisions-Antrags in den gesetzlich vorgeschriebenen Formen. Bis heute noch habe man die Stellung dieses Antrags nicht versucht. Das sage genug. Der Staatsanwalt greift dann auf den Beginn der Affaire Dreyfus zurück und sagt: Nur mit gebrochenem Herzen gab der Krregs- minister den Befehl, einen Offizier wegen Verrats zu verhaften. Was die Richter des Kriegsgerichts cmbe- langt, so habe der Dreyfus-Berteidiger Dömange selbst hier deren Loyalität versichert. Deroulöde erscheint im Saale und nimmt Platz nahe bei dem Gerichtstisch. Zola, mehrere lange Blätter Papier in der Hand, erhebt sich, tritt an die Barre, verliest seine Ver­teidigungs-Rede einfach mit bewegter Stimme. Die Rede schließt mit den bewegten Worten: Nur ein Heilmittel gibt es, nämlich: Die Wahrheit sagen und Gerechtigkeit walten lassen. Von allen Seiten erheben sich Männer der Litteratur und Wissen­schaft, die das verlangen. Die Bewegung hat ganz Europa ergriffen und das Ausland ist doch nicht not­wendiger Weise der Feind! Soll Frankreich in der Welt isolier! sein? Der Beweis für die Unschuld Dreyfus' kann nicht wie ein Blitzstrahl vom Himmel herunterfahren. Die Wahrheit verlangt langsame und kluge Nachforschung? Freilich, wir wissen, wo der Beweis zu finden ist. Die Wahrheit ist in allen Bot-