wußte sich aber der Haft, welche wegen weiterer ihm zur Last gelegten Diebstähle länger dauerte, durch die Flucht zu entziehen, worauf er sein sauberes Handwerk fortgesetzt hat. Am 13.—14. Mai 1897 hat er in Wachendorf aus einer Geschirrhütte einen Stechbeutel entwendet und drang mit diesem in das Haus des Kaufmanns Waldmann, nachdem er ein Fenster eingedrückt hatte, ein und entnahm einer Kommode und einer Schublade, die er, wie deutlich sichtbar war, mit dem Stechbeutel öffnete, über 500 Mk. Geld. In der folgenden Nacht drang er von 2 Seiten ins Bahnhofgebäude in Eutingen ein; um zur Bahnhofkasse zu gelangen drückte er eine Scheibe ein, versuchte dann mit dem Stechbeutel die Thüre zum Zimmer des Bahnhofvorstandes und den Billetschalter zu öffnen. Dann gelangte er in die Restaurationsabteilung, durch ein eingedrücktes Fenster in die Restauration, nahm dort Cigarren, feine Weine, Cigaretten und 10 Mark, welche der Kellnerin gehörten und aus einem Eiskasten, den er mit dem Stechbeutel geöffnet hatte, Wurstwaren für 5 Mk. 25 Pfg. Am 23.—24. Mai 1897 nachts zertrümmerte er die Fensterscheibe am Laden des Krämers Saile in Niedernau und stahl Waren, Briefmarken und bares Geld in Höhe von 65 Mark. Als seinen Unterschlupf hatte er diesmal das Bahnwarthaus Nr. 68 der oben- bezeichneten Strecke, das ebenfalls unbewohnt war, gewählt. Es wurde überall nach ihm gefahndet und endlich am 26. Mai 1897 früh morgens, als er wieder mit dem Stechbeutel versehen, das Haus verlassen wollte, nach heftiger Gegenwehr vom Stationskommandanten Lamprecht von Nagold wieder verhaftet. Obgleich die dem Saile entwendeten Gegenstände in seinem Unterschlupf und die in der Restauration in Eutingen gestohlenen teilweise dort aufgefunden wurden und er sowohl bei Niedernau als Wachendorf zur kritischen Zeit gesehen wurde, hatte der äußerst freche Mensch dennoch die Stirne alles abzuleugnen. Bezüglich der gefundenen Sachen gab er an, die seien schon in dem Bahnwarthaus gewesen, als er hingekommen sei. Die Strafe lautste auf 9 Jahre Zuchthaus, Ehrenverlust auf 10 und Zulässigkeit von Polizeiaufsicht. Der Staatsanwalt hatte 12 Jahre Zuchthaus beantragt.
* Aufhebung der Flößerei auf dem oberen Neckar. Die früher in so hoher Blüte gestandene Flößerei auf dem oberen Neckar, sowie dessen Zuflüssen, vornehmlich der Glatt, Lauter und des Heimbachs, ist in den letzten Jahrzehenten völlig bedeutungslos geworden. In der ersten Hälfte des vorigen Jahres waren beispielsweise die bezeichneten Wasserstraßen von nur etwa 10 Flößen befahren. Angesichts dieser geringen Benützung der Wasserwege sind die württembergische, sowie die preußische Regierung, welch letztere durch das hohenzollernsche Landesgebiet hieran beteiligt ist, der Frage der Aufhebung der Flößerei auf dem oberen Neckar näher getreten. Die Abschließung der Wasserwege bedingt jedoch eine mit ziemlichen Kosten verbundene Korrektion bestehender Straßen, um dadurch die Abfuhr des Langholzes aus den Waldungen bei Glatt nach den nächstgelegenen Bahnhöfen bewerkstelligen zu können. Für die Herstellung einer Straße, sowie einer Brücke über den Neckar ist allein ein Kostenaufwand von über 100000 Mark
Ehe Armut beschieden. Ob die Ehe aber überhaupt eine glückliche sein wird, läßt sich auf folgende Art Vorhersagen. Man läßt ein mit Wasser gefülltes Gefäß, in das ein wohlriechendes Kräutlein, ein Aestchen vom Apfelbaum und eine Silbermünze gelegt werden, die Neujahrsnacht hindurch stehen. Erscheint dem Mädchen im Traume ihr künftiger Herr und Gebieter mit „Grünem", also Pflanzen, Blätter u. A., so ist dies von guter Vorbedeutung; träumt sie dabei auch von Büffeln oder aber bloß von Büffeln, so wird die Sonne des Glückes ihren Hausstand nicht bescheinen.
Medizinisches.
D(Von den A-Stroh len.) Ein russischer Arzt hat die Röntgen-Strahlen zur Behandlung des Gelenkrheumatismus bei Kindern benutzt. Das Kind wird in Leintücher gewickelt und 10—20 Minuten in einer Entfernung von 50—60 am der Wirkung der Strahlen ausgesetzt. Der erste Versuch geschah bei einem neun Jahre alten Mädchen, bei dem Hand- und Knieegelenke stark geschwollen und schmerzhaft waren. Nach zweimaliger Behandlung verschwanden die Erscheinungen. Die Schwellungen der Gelenke sollen sich während der Behandlung sichtbar verkleinern und in einem Falle soll der Umfang der Handgelenke sich um 3 ow vermindert haben. Es werden mehrere Fälle angegeben, die mit Erfolg behandelt wurden.
Auch die Feststellung der Tuberkulose durch die Ai-Strahlen soll einem Pariser Berichte nach gelungen sein, und zwar soll das Bild, welches der Brustkorb auf dem Kaliumcyanür-Schirm gibt, ein geradezu er-
erforderlich. An der Aufbringung dieser Kosten beteiligen sich der württembergische Staat, sowie die interessierten Wasserwerkbesitzer in ganz erheblichem Maße. Die Aufhebung der Flößerei wird aller Voraussicht nach im Laufe dieses Jahres zu erwarten sein.
* Wangen, OA. Cannstatt, 3. Februar. Dieser Tage hat Kieslieferant Blattner in Münster von hiesiger Gemeinde ein Areal zur Kiesbaggerung um 20000 Mk. käuflich erworben. Dasselbe verbleibt auch nach der Ausbaggerung Eigentum des Käufers.
* Hall, 4. Febr. Heute wurden vom Untersuchungsrichter hier der Schultheiß, der Gemeindepfleger und ein Gemeinderat von Oberohrn, OA. Oehringen, in Haft genommen, weil sie beschuldigt sind, bei der letzten Gemeinderatswahl als Wahlkommission vorsätzlich ein unrichtiges Ergebnis herbeigesührt zu haben.
* (Verschiedenes.) Dem 18jähr. Sohn des Amtsdieners Lehner in H o r b wurden von einer Futterschneidmaschine vier Finger der rechten Hand total abgeschnitten. — Bei der in Mühlheim a. D. stattgefundenen Stadtschultheißenwahl wurde Uhrenfabrikant Aigeltinger von dort mit 113 Stimmen gewählt. — In Cannstatt wurden an dem Kursaal elf junge Straßenbäume durch Abbrechen von Kronen und Aesten von noch unbekannter Hand beschädigt. Dies ist schon der dritte Fall in kurzer Zeit. — In Dettenhausen stürzte die 80 Jahre alte Steinhauerswitwe Friederike Mehl die Haustreppe hinunter und war sofort tot. — In Horgen hat sich die 78 Jahre alte Witwe Rosine Hugger in ihrer Wohnung erhängt. Die That wird auf geistige Umnachtung zurückgeführt. — In Blättringen bei Winterlingen verunglückte der Gemeinderechner I. Kreutzer im Walde derart, daß er tot nach Hause gebracht wurde. — Bei der in Neresheim vorgenommenen Wahl eines Stadtvorstandes haben von 145 Stimmberechtigten 138 abzestimmt. Der derzeitige Verweser dieser Stelle, Verwaltungskandidat Emil Müller, welcher in den letzten Jahren Revisionsassistent auf dem dortigen Oberamt war, wurde mit 109 Stimmen gewählt. — In Wolfenbüttel stürzte bei dem Bau eines Arbeiterhauses die Brandmauer ein und verschüttete 3 Personen. 2 derselben sind tot, die dritte ist tötlich verletzt. — In H a l l hat der Taglöhner Reichert, der erst vor einiger Zeit wieder geheiratet hatte, Selbstmord mittelst Durchschneiden des Halses verübt. — In Oehringen ist der im dortigen Gerichtsgefängnis wegen versuchter Brandstiftung und anderer Vergehen in Untersuchungshaft befindliche T. Trehm aus Neuenstein, ein 18jähriger Bursche, aus seiner Zelle ausgebrochen und hat sich an einem Rohrseil, das die Gefangenen in den Zellen selbst flechten, vom obersten Dachstock an durch ein Dachfenster herunter gelassen und ist flüchtig geworden. — Als der 60 Jahre alte Bauer Christoph Fritz von Lindorf sich auf dem Heimweg befand, wurde er in räuberischer Weise überfallen und seiner Barschaft von 58 Mk. beraubt. — Der Sohn des Viehhändlers Joos vom Brandhof, Gemeinde Altersberg OA. Gaildorf, kehrte mit einem Trupp Vieh vom Welzheimer Markt heim. Ein Handwerks- bursche, der sich für einen Metzger ausgab, hatte sich zu ihm gesellt. Als der dritte Begleiter, ein Nachbar des Joos, seitab ging, faßte der Handwerksbursche
greifendes sein, da alles lebt und sich bewegt. Beim gesunden Menschen sind die Lungen durchsichtig, die Atembewegungen werden an dem Heben und Senken der Rippen erkannt, das Zwerchfell steigt bei der Ausatmung bis zur vierten Rippe, bei der Einatmung senkt es sich bis zur achten oder neunten, also eine Verschiebungsweite von 8—10 am, auch die Herzbewegungen sind erkenntlich. Infolge der genauen Durchforschung der gesunden Lunge gelang es dann später, die Anzeichen tuberkulöser Erkrankungen zu entdecken, die sich durch Verminderung der Durchsichtigkeit des Lungengewebes, des Brustfells, Verringerung der Bewegungsweite des Zwerchfells, anormale Zustände der Luftbläschen zu erkennen gaben. Einzelne Sektionen bestätigten später den Befund, daß in Wirklichkeit tuberkulöse Prozesse Vorlagen. Wenn es möglich wäre, durch diese Methode die Anfangsstadien der Tuberkulose festzustellen, wäre der Menschheit ein übergroßer Dienst geleistet, da die Anfangsstadien dieser verheerenden Krankheit sonst schwer erkannt, aber noch sehr gut beeinflußt werden können. Dr. Julius Wolff.
Vermischt«»
* Der älteste Sohn des dänischen Kronprinzen, Prinz Christian, war dieser Tage bei einem Grafen zu einer Jagdpartie eingeladen. Beim Diner, an dem nur Mitglieder des höchsten Adels teilnahmen, brachte der Graf einen Toast auf den Prinzen aus, in dem er äußerte, daß der Prinz, wenn er einmal König werde, seine Stütze beim Adel suchen werde, und der
den Joos plötzlich am Halse und bedrohte ihn mit dem Messer. Beide kamen zu Fall, wobei es dem Räuber gelang, dem Joos ein Säckchen mit 200 Mk. aus der Tasche zu ziehen. Auf die Hilferufe des Beraubten eilte der andere Begleiter herbei, wurde aber von dem Handwerksburschen mit Stockschlägen mißhandelt. Der Räuber entkam mit seiner Beute.
* (Konkurse.) Leonhard Engel, Käser in Ober- dischingen. — Johann Georg Clement, Schuhmacher in Schlath, OA. Göppingen. — Sauter, Ludwig, Metzger in Waldsee. — Creszentia Heule, Tierarzt- Witwe in Ehingen. — Gustav Bautet, Uhrmacher in Heilbronn.
* InMünchen schlug ein Wagner im Zorn seinen achtjährigen Sohn mit zwei Beilhieben nieder und tötete sich dann selbst durch Aufschneiden der Pulsader und Erhängen.
* Aus München, 3. Febr., wird uns geschrieben: Heute Nacht wurde in der Türkenkaserne ein Hornist vom Lcibregiment von einem Gefreiten desselben Regiments nach kurzem Wortwechsel wegen eines Geldbetrags von 5 Pfennig mit dem Jatagan erstochen. Der Hornist blieb sofort tot liegen.
D Während sich die Sprachgelehrten darüber streiten, was bei Toasten am Platze ist. „Hoch" oder „Hurra", wurde in München zum Kaisersgeburtsfeste diese Toastfrage vermittelnd gelöst. Prinz Ludwig toastierte auf seinen Vater, den Prinz-Regenten mit „Hoch", den Kaisertoast dagegen mit „Hurra".
* Als vor Jahren die Handelsverträge mit Rußland, Oesterreich u. s. w. abgeschlossen worden waren, da wurde der damalige Reichskanzler General von Caprivi in den Grasenstand erhoben. Als aber dis Handelsverträge in Wirksamkeit getreten waren, da mehrte sich von Tag zu Tag die Zahl ihrer Gegner aus dem Kreise der Landwirtschaft, es brach gegen diese Politik ein elementarer Sturm los, dem der Leiter derselben nicht standzuhalten vermochte. Graf Caprivi mußte aus dem Amte scheiden. Seit Wochen sind schon die Vorbereitungen für die Revision der Handelsverträge im Gange, die erst nach ca. 5 Jahren abgelaufen sind. Schon aus dem frühzeitigen Beginn der Vorbereitungen, wie aus der umfassenden und tiefgehenden Art, wie dieselben gehandhabt werden, konnte der Schluß gezogen werden, daß die Revision sich nicht auf Formalitäten beschränken, sondern tiefgehende prinzipielle Aenderungen anstreben dürfte. Daß dem in der That so ist, wurde in diesen Tagen durch eine im Namen des preußischen Staatsministeriums von Landwirtschastsminister v. Hammerstein im Abgeordnetenhause zu Berlin verlesene Erklärung bestätigt, in welcher versichert wird, die preuß. Regierung werde keine Mühe scheuen, um die Interessen der Landwirtschaft bei den künftigen Verhandlungen besser zu wahren, als es bisher der Fall gewesen ist. In den Kreisen der Landwirtschaft hat diese Erklärung natürlich lauten Jubel heroorgerufen und die Hoffnung erweckt, daß die vaterländische Landwirtschaft besseren Zeiten entgegengeht.
* (Von unserer Marine.) Wie aus Kiel gemeldet wird, wird Anfang April ein weiteres Ersatzkontingent von etwa 1600 Mann in die Marine eingestellt werden. Wegen Mangels an verfügbaren
Adel werde ihm auch seine Stütze geben. Der Prinz antwortete, er werde als König seine Stütze bei allen Gesellschaftsklassen suchen, sowohl bei denen, die dem Thron am nächsten als bei denen, die dem Thron entfernt stehen. Ec hoffe, die Gesellschaft sei hiermit einverstanden, und dieser Ueberzeugung werde er dadurch einen Ausdruck geben, daß er einen Toast auf die Waldhüter, die Pächter und diejenigen bei der Jagd beteiligten Personen Vorschläge, die dazu beigetragen hätten, daß man sich auf der Jagd amüsiert habe. — Diese Aeußerungen sollen auf die vornehme Jagdgesellschaft wie ein kalter Wasserstrahl gewirkt haben.
* (Wie gespart wird!) Für die Verhütung eines drohenden Eisenbahnunglückes ist einem Lokomotivführer eine Belohnung von 2 (zwei) Mark zuteil geworden. Der Lokomotivführer Notang beförderte am 12. Dezember vorigen Jahres einen Güterzug von Falkenburg nach Leipzig. Zwischen den Stationen Torgau und Mockrehna bemerkte er, auf der Heizerseite stehend, einen Schienenbruch. Schnell entschlossen warf er der mehrere hundert Meter weiter arbeitenden Stopfkolonne einen Zettel mit seiner Wahrnehmung zu, worauf der gefährdete Zug gestellt, die schadhafte Schiene ausgewechselt wurde. Diese Aufmerksamkeit des Lokomotivführers, die ein Unglück abwandte, ist der D. Eifenb.-Ztg. zufolge jetzt mit 2 Mk. belohnt worden.
Wer über andre Böses hör!.
Soll es nicht weiterhin verkünden;
Gar leicht ist Menschenglück zerstört,
Doch schwer ist's, Menschenglück zu gründen.