heit seiner Legitimation nahm sich dieses durch Ver­mittlung des deutschen Botschafters in Konstantinopel der Beschwerden an. Das Jrade vom 23. Dezbr. v. I. hat endlich die Sache zu einem befriedigenden Abschluß gebracht, der dadurch an Bedeutung gewinnen dürfte, daß sich seine Konsequenzen auch auf die Angehörigen anderer Nationen in der Türkei, welche dort Grund­eigentum besitzen, ausdehnen werden. Deutschland, das die Angelegenheit allein nachdrücklich verfolgt hat, hat damit mittelbar allen fremden Ansiedlern in der Türkei einen hoch anzuschlagenden Dienst geleistet.

* Calw, 19. Jan. Ein heiteres Stückchen ereignete sich nicht weit von hier in einem bekannten Gäuorte. Ein Bauer fuhr von der Stadt heim und ließ zwei des Wegs gehende Wanderer auf sein Bernerwägelchen sitzen. Die anfangs lebhafte Unterhaltung stockte bald, da sämtliche Insassen des Guten zu viel gethan hatten, und ein tiefer Schlaf überfiel sie alle. Leider fiel der Bauer vom Wagen, ohne daß die anderen es merkten. Der Sohn des Bauern, welchem das lange Ausbleiben seines Vaters auffiel, ging dem Fuhrwerk entgegen und war nicht wenig erstaunt, als auf dem Wagen nicht sein Vater, sondern zwei in ihre Mäntel einge­hüllte fremde Gestalten saßen. In der Meinung, er habe zwei Stromer und Diebe vor sich, hieb er mit seinem Stock auf die vermeintlichen Räuber los, bis sein Vater hinzukam, seinen Sohn von weiteren Thät- lichkeiten zurückhielt und dann sagte:no z'friede, i hau reachte Leut aufm Wage ghet."

* Stuttgart, 20. Jan. Ein überraschend günstiges Resultat hat die vorjährige deutsche Wirtsausstellung ergeben, einen Ueberschuß von 34,000 Mk. In aner­kennender Weise hat, wie man hört, der Stuttgarter Wirtsverein, welchem der Ueberschuß zugute kommt, nach Gewährung von Gratialien ca. 11,000 Mk. für Wohlthätigkeitsvereine gestiftet, dabei wurden auch die Hagelbeschädigten des Landes mit einer namhaften Summe bedacht. Dem Verein selbst bleiben 20,000 Mk. Ueberschuß.

* Stuttgart, 20. Jan. In der gestrigen Haupt­versammlung des sozialdemokratischen Vereins Stuttgart wurde berichtet, daß die Zahl der Mitglieder von 1295 auf 1465 gestiegen ist. Beschlossen wurde, die 50jährige Erinnerung an die Märzrevolution zu feiern. Auch will der Verein bald in die Vorbereitung für den allgemeinenParteitagderdeutschenSozialdemokratie, der im Oktober hier stattfindet, eintreten.

* Leutkirch , 20. Jan. (Diagnose mit Röntgen­strahlen.) Ein hiesiges jüngeres Fräulein war schon lange recht leidend, ohne daß man auf den Grund des eigentlichen Uebels kommen konnte. Der Arzt hatte Nervenleiden angenommen und die Kranke auch auf Grund dieser Analyse behandelt. Doch da alles umsonst war, nahm man schließlich die Röntgenstrahlen zu Hilfe und untersuchte die Kranke, worauf sich heraus­stellte, daß in den Gedärmen sich ein Fremdkörper befand, den man als Kleiderknopf feststellte, welchen vielleicht das Fräulein schon in ihren Kinderjahren geschluckt hatte. Eine vorgenommene Operation war von bestem Erfolg begleitet; die Kranke ist jetzt wieder vollkommen gesund.

* Der Reif, der in den letzten Tagen sich an alles im Freien ansetzte und die Telephondrähte wie dicke Stricke erscheinen ließ, hat m Heilbronn zwei

Leidenschaft und Ließe.

Roman von C. Belmar.

(Fortsetzung.)

Konrad stürzte fort; er fand zum Glück sofort den Gutspächter, mit welchem er hergekommen, und bat ihn, schleunigst einen Arzt zu holen, dann sandte er einen ratlos umhereilenden Diener zu Tante Amanda in den Garten, und nun suchte er mit steigendem Schreck die Hausfrau. Rosina war nirgends zu er­blicken.

Eine wilde Verzweiflung bemächtigte sich seiner; sollte sich Rosina in das brennende Gebäude gewagt haben? Ohne sich weiter zu bedenken, stürmte er vor­wärts, durch den Schwarm der Löschleute durch, dem Wohnhause zu.

Die Rettenden hatten das dem Untergange geweihte Haus schon verlassen; knisternd und prasselnd schlugen die Flammen dem kühnen Mann entgegen, der, keiner Gefahr achtend, sich dem verheerenden Elemente aussetzte.

Er hatte nicht weit zu gehen; am Fuß der Treppe lag mit rauchgeschwärztem Gesicht und halbversengten Locken völlig besinnungslos Rosina.

Mit einer Kraft, die er sich selbst kaum zugetraut hätte, hob Konrad den leblosen Körper empor, um mit seiner Last ins Freie zu eilen; hinter ihm stürzten mit donnerndem Krachen die brennenden Balken herab, eine

Sekunde und es wäre zu spät gewesen.

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Volkmann war mit Melitta eiligst nach dem Linden­hof gefahren; während der ganzen Fahrt wurde zwischen

Telephonständer zum Brechen gebracht. Die Drähte senkten sich auf den Leitungsdraht der elektrischen Straßenbahn und verbrannten dabei unter lebhaften Flammenerscheinungen. Die Telephonverbindung zwi­schen Bahnhof und Telephonamt wurde dadurch gestört, auch mußte die elektrische Straßenbahn ihren Betrieb einstellen. Der Vorfall setzte bei vielen Telephon­teilnehmern die Klingeln der Apparate in Thätigkeit.

* Von der oberen Donau, 20. Jan. Das weiße Schwanenpaar, das im vorigen Jahre in der Donau bei Nendingen und Mühlheim vier Monate lang Winteraufenthalt genommen, hat sich auch Heuer wieder eingefunden. Täglich erscheint es zur bestimmten Zeit an den alten Fütterungsstellen.

* Karlsruhe, 21. Jan. Heute früh kurz nach 5 Uhr entstand in der Karlsruher Werkzeugmaschinen­fabrik vormals Schwindt u. Co. Großfeuer, das die alte Montierungshalle, die Dreherei und die Bureau­räumlichkeiten zerstörte. Der Maschinenbau und der Neubau sind gerettet.

* In Bodenheim bei Mainz lebt die 103 Jahre alte Witwe Christine Codini bei ihrem Jüngsten, einem 61jährigen Landwirt. Vorgestern hatte die Alte wieder Geburtstag. Sie ist im Jahre 1795 geboren. Leider ist sie nicht mehr im Stande zu gehen, auch das Augenlicht ist schwach geworden, da­gegen hört sie noch sehr gut, ist geistig frisch und erfreut sich eines guten Appetits. Wenn die Greisin guter Laune ist, erzählt sie gern von Napoleon I. und den Kriegsleiden jener Zeit.

* Staatssekretär Graf Posadowsky hat alle im Gange befindlichen Arbeiten zur künstlerischen Aus­schmückung des Reichstagshauses einstellsn lassen an­gesichts des Widerspruchs, der sich im Reichstage allseitig kundgegeben hat gegen die seitherige Art dieser Ausschmückung. Nirgends findet sich bei der bisherigen Ausschmückung eins Andeutung des eigent­lichen Zwecks des Gebäudes. Sorgfältig scheint alles vermieden zu sein, was irgendwie auf Parlamentaris­mus, Volksrechte und Volkswahlen hindeutet. Die neuen Gemälde in den Lesesälen sind Landschaftsbilder von Arcona und Straßburg. Es läßt sich diesen viel Schönes nachrühmen, aber irgend eine auch nur ent­fernte Beziehung zu dem Zwecke des Reichstags- gebäudes ist darin nicht zu erkennen.

* Daß die Besetzung der Bucht von Kiaotschau schon vom Fürsten Bismarck im Jahre 1870 beabsichtigt war und daß die jetzt zur Thatsache gewordene Er­werbung sonach ein im Fahrwasser des Altreichskanzlers errungener Erfolg ist, diese gegenwärtig durch die Presse gehende Mitteilung wird auch von den Ham­burger Nachrichten ohne weitere Bemerkung über­nommen ein Umstand, der wohl am besten dafür spricht, daß Bismarck mit dem Vorgehen Deutschlands in China einverstanden ist. Bekanntlich besteht das deutsche Gebiet aus zwei Teilen. Zunächst sind un­mittelbar an der Küste einige deutsche Quadratmeilen derart an Deutschland verpachtet, daß die von der chinesischen Regierung ausgeübten Hoheitsrechte damit auf Deutschland übergehen; hieran schließt sich weiter nach innen ringsum ein ausgedehnteres Gebiet, wo ohne deutsche Zustimmung von den Chinesen keine Maßnahmen oder Anordnungen irgend welcher Art

den Gatten kein Wort gewechselt. Die junge Frau schluchzte leise in sich hinein, Volkmann starrte finster vor sich hin, so kamen sie an.

Onkel Oskar kam ihnen entgegen.Wo ist Konrad, die Mutter sehnt sich nach ihm!"

Wir fanden ihn nicht im Festsaal; ich habe die Botschaft hinterlassen, er kann jede Minute kommen," sagte Volkmann, ohne sich um seine Frau zu kümmern, die zitternd und weinend neben ihm stand.

Onkel Oskar sandte den Wagen nach Königsegg zurück, um Konrad zu bringen, und führte das Volk- mannsche Ehepaar in das Sterbezimmer.

Ein Schlaganfall," sagte Oskar flüsternd,der Arzt giebt kaum zwei Stunden Frist. Wenn nur Konrad schon da wäre!"

Die alte Dame lag regungslos da, nur an den Augen sah man, daß sie noch lebte; als Melitta mit ihrem Gatten eintrat hellten sich ihre Blicke plötzlich auf.

Konrad!" stieß sie mühsam hervor.

Onkel Oskar trat an das Bett.Er wird sogleich kommen, willst du nicht Melitta sehen?"

Konrad," wiederholte die Sterbende kaum hörbar.

Melitta setzte sich schweigend in eine Ecke, indes Volkmann zu Onkel Oskar sagte:Ich nehme dein Reitpferd und reite Konrad entgegen."

Ja, ja," hauchte die Großmama,Minna, Konrad vermählen wünsche."

Die Anwesenden sahen einander betroffen an.

Ihr alter Lieblingswunsch," flüsterte Oskar traurig, teile Oskar nichts davon mit, Hugo."

Volkmann nickte und verließ das Zimmer. Eine

getroffen werden dürfen. Diese innere Zone hat dem Vernehmen nach einen Durchmesser von 50 Kilometer. Dieses Gebiet, meint das Hamburger Blatt, ist groß genug, daß darin sich allerhand deutsche Unternehmungen und Gesellschaften festsetzen können. Das erste Er­fordernis wird allerdings sein, daß an der Küste ver­schiedene Bauten ausgeführt werden. In der Kiaot- schau-Bucht fehlt es sozusagen an allem, und man muß dort mit den Einrichtungen für jegliche Zwecke von vorn anfangen. Auch deutsche Privatfirmen, welche in Kiaotschau Geschäfte eröffnen wollen, haben bereits nach voraufgegangenen örtlichen Untersuchungen Ingenieure engagiert, welche zunächst daselbst die baulichen Einrichtungen Herstellen sollen. Was die Organisation der Verwaltung dort betnffk, so wird diese später von Berlin ans erfolgen, wenn der volle Vertrag, der übrigens, entgegen einer von englischer Seite aus verbreiteten Nachricht, vom Kaiser von China bereits unterzeichnet ist, dort eingetroffen sein wird.

*Der englische Kaiser", lautet die Ueberschrift eines Artikels, den der sehr bekannte Mr. Stead, der Herausgeber desReview of Reviews", über den Kaiser Wilhelm und das Vorgehen der Deutschen in China geschrieben hat. Er sagt:Der deutsche Kaiser ist durch und durch englisch und wird es bis zu seinem Tode bleiben; er ist der Heinrich Tudor des neun­zehnten Jahrhunderts. Die deutsche Färbung läßt die englische Charakteristik schärfer hervortreten, als es der Fall gewesen sein würde, wenn er nicht der deutsche Kaiser wäre."Die Engländer werfen nur Steine nach Glashäusern, wenn sie den Kaiser ver­lachen. Die Deutschen sind uns Engländern in ihrer auswärtigen Politik ebenso sehr überlegen wie in ihren industriellen Erzeugnissen. Wir erobern die Welt ohne ein ausreichendes Heer, sie ohne eine ausreichende Flotte. Sie haben von uns gelernt und sind zugleich unsere Lehrmeister." Mr. Stead, der übrigens die Engländer dringend warnt, ihre Eroberungsgelüste nicht auch noch auf China auszudehnen, zitiert noch folgende Stelle aus der ZeitschriftCosmopolis": Der Kaiser spricht impulsiv, und sein Enthusiasmus eilt mit großer Geschwindigkeit von einem Gegenstand zum andern. Aber das ist nur eine teilweise Aeußer- ung genialer Veranlagung. Denn der deutsche Kaiser ist ein Mann von Genie. Mehr als das, er ist ein Mann von großem Mut, großer Thatkraft, großer Geschicklichkeit, großem Gedankenflug und großem Selbstvertrauen und er steht an der Spitze des größten Heeres der Welt. Er ist auch, um nur ein Beispiel herauszugreifen, der beste und erfahrenste Kavallerie­kommandeur der Welt. Die Art, wie er 10 000 Kavalleristen beim letzten Manöver kommandierte, überraschte geradezu alle fremden Militärs. Es kann sehr wohl sein, daß er noch einmal Geschichte macht, und wir hoffen, daß es nicht auf unsere Kosten ge­schehen wird. Unsere Presse und unser Volk haben ihn mehrfach ungerecht und hämisch behandelt. Wir haben das Recht, ihm einige seiner Handlungen nach­zutragen; wir mögen Grund dazu haben, ihn einiger­maßen zu fürchten; wer aber über ihn lacht, ist ein Narr!"

* (Nach Kiautschau!) Am 16. Januar waren die unter dem Befehl des Prinzen Heinrich stehenden

schauerliche Stille entstand, nurzuweilen unterbrochen von den stoßweisen Ausrufen der alten Dame:Konrad, Minna er muß Königsegg sein Eigentum ich bestehe mein Wunsch sonst mein"

Mutter!" ries Oskar bestürzt, sich über die Röchelnde neigend,sei barmherzig, scheide nicht so von uns."

Er erhielt keine Antwort; die Augen der alten Dame verglasten sich, auf ihren Lippen erstarb das Wort des Fluches, das sie gegen den Enkel schleudern wollte. Der Tod war barmherziger als sie, er ver­schloß ihr den Mund, um Konrad eine grausame Alternative zu ersparen.

11 .

Vier Wochen waren seit jener verhängnisvollen Nacht verflossen ; Frau Balbing war Witwe geworden. Am Tage nach dem Brande war Raimund Balbing einem erneuerten heftigen Krampfanfalle erlegen.

Eine schwere Krankheit hatte Rosina an den Rand des Grabes gebracht; Melittas aufopfernder Pflege war es größtenteils zu danken, daß Frau Balbing dem Leben wiedergegeben ward; die treue Pflegerin ging bleich und stumm einher, kaum ein Schatten der frischen, rosigen Melitta von ehedem. Zwischen ihr und Volk­mann lag seit jener Ballnacht eine tiefe Kluft.

Der sich betrogen wähnende Gatte hatte kein Wort des Vorwurfs, aber auch krins der Zärtlichkeit für Melitta, er liebte sie so sehr, daß es ihm unmöglich war, ihr die Beschuldigung der Treulosigkeit ins Gesicht zu schleudern, er dachte, sie selbst müsse kommen, ihre Schuld zu bekennen, allein Melitta schwieg. (Schluß folgt.)