ihres Güterbcsitzes und damit die Grundlage ihrer Existenz und ihrer sozialen Stellung entzogen werden sollte. Wohl hat das Steuerkollegium ein Drittel der rückständigen Accise aus Billigkeitsrücksichten nachgelassen, aber auch dieser Nachlaß hat die Unzufriedenheit nur gesteigert, weil er nicht prozentual allen zu gut kam und von den Nichtberücksichtigten als eine Begünstigung einzelner angesehen wurde. Der Einzug der Accise mit säst noch 7000 Mark, der mit einer Frist von 4 Wochen bereits angeordnet ist, wird großen Schwierigkeiten, von denen der Geldmangel nicht die geringste sein wird, begegnen.
* (Verschiedenes.) In Hochdorf O A. Horb wurde dieser Tage ein löjähriger Schneiderlehrling aus Nebringen in der Stube des Jagdpächters Johannes Heizmann erschossen. Wahrscheinlich liegt ein Unglückssall vor. — In Alpirsbach hat sich der Wirt zum „Deutschen Kaiser", W. Gier, erhängt, nachdem er vorher versucht hatte, sich den Hals abzuschneiden. Eheliche Mißhslligkeiten scheinen die Ursache zu sein. — Im Kcankenhause in Rottwsil ist der Typhus ausgebrochen. — In Affolterbach ist die Diphtheritis derart heftig aufgetreten, daß die Schulen geschlossen werden mußten. Mehrere Kinder sind schon von der Krankheit dahingerafft worden. — In Obereßlingen herrscht in letzter Zeit eine heftige Masern- und Scharlachepidemie unter den Kindern, doch ist der Verlaus seither ein gutartiger gewesen. — In einem Steinbruch bei Cannstatt wurde ein Stoßzahn vom Mammut gefunden, der über 2 Meter lang ist. Derselbe kommt in das Naturalienkabinet nach Stuttgart. — In Kirchheim a. Neckar vergnügten sich eine Anzahl Knaben auf dem Eis des Neckars. Plötzlich brach der 9jährige Sohn des G. Kälble ein. Zwei ältere Knaben wollten ihn retten, brachen aber ebenfalls ein und konnten nur mühsam mittelst eines herbeigeholten Brettes und einer Stange gerettet werden. Der arme Kleine wurde nach einer Stunde tot aus dem Wasser gezogen. — In Mühlhausen bei Waldsee befand sich eine Dienstmagd im Walde, woselbst eben Tannen gefällt wurden. Der Holzhauer rief ihr einen Warnnngscuf zu. Leider sprang sie in der Verwirrung gerade unter den stürzenden Baum und wurde von ihm getötet. — Durch einen Wagen der elektrischen Straßenbahn wurde in Ulm ein Bauer von Gögglingen überfahren. Derselbe, der nach Aussage von Augenzeugen geradezu auf den Wagen zugelaufen ist, kam so unglücklich zu Fall, daß er, kaum in die nahe Wirtschaft „zur Gans" gebracht, daselbst verstarb. Den Wagenführer soll keine Schuld treffen. — In Rottenburg ereignete sich auf dem Bahnhofe ein schweres Unglück. Die Pferde eines Bahnhoffuhrwerks wurden scheu und rissen den haltenden Fuhrmann zu Boden, schleiften ihn eine größere Strecke, wobei er so unglücklich zu Fall kam, daß ihm durch einen Hufschlag der rechte Unterschenkel vollständig zermalmt wurde.
* Zur Pforzheimer Amtsverkündiger-Angelegenheit schreibt das „Heidelberger Tageblatt" u. a.: „Man kann ohne Uebert reibung sagen, heutzutage genügt es für eine Zeitung, Amtsverkündiger zu sein, um ihren Einfluß und ihre Verbreitung ganz wesentlich zu be- schneiden. Auch die „Straßb. Post" hat sich in
einem Artikel, der ihr „von hochgeschätzter Seite" aus Baden zuging und der die aufmerksamste Beobachtung verdient. hiezu geäußert. „Die Regierung solle es nicht nur ertragen, sondern geradezu wünschen, daß jene Blätter ein freies Wort der Kritik sich gestatten, und daß sie auch Beschwerden über Mißstände zur Erörterung stellen, wie solche in jedem Staatswesen zeitweise sich entwickeln; bald erweist sich irgend eine Einrichtung als veraltet; bald wird irgend ein gewichtiges Interesse ohne Not verletzt; bald zeigt sich da oder dort ein Beamter als ungeeignet oder begeht Mißgriffe. Wozu Beschwerden über Derartiges den oppofftionellenZeitungenüberlassen? In denregierungs- freundlichen Blättern finden solche zur Zeit meist überhaupt keine Aufnahme. Die Empfindlichkeit mancher Oberbehörden in dieser Beziehung ist nicht recht verständlich. Jedenfalls liegt sie nicht im Interesse des Staatswssms und seiner gesunden Fortentwicklung. Denn einmal werden die Zucückgewiessnen entweder gleichgiltig, oder sie wenden sich nach der gegnerischen Seite hin; sodann würden die Beschwerden in den regierungsfreundlichen Blättern sicher sachlicher und schonender behandelt werden; schließlich verlieren solche durch stetes Verschweigen und Vertuschen an Einfluß beim Volke, welches wohl weiß, daß es überall „menschelt" und den Kopf schüttelt, wenn die Regierungspresse von eitel Milch und Honig trieft."
* Mit geheimen und geheimnisvollen Zeichen sind die Häuser der guten Residenz Karlsruhe in allen Straßen übersät. An dem einen Hause ist ein Kreuz, am anderen ein Kreis, am dritten ein wagrechter, am vierten ein senkrechter Strich zu sehen. Daß hier nicht Knabenhände thätig waren, sondern ein bestimmtes System vorherrschend ist, und daß diese geheimnisvollen Zeichen einen Zweck verfolgen, ist zweifellos. Ein hiesiger Hausbesitzer hat nun denselben, wie uns mitgeteilt wird, entdeckt: Die Zeichen sind Merkmale der Bettlerzunft. Der Kreis bedeutet, was ja leicht verständlich ist, eine Null, das Kreuz deutet auf wechselnde Gesinnung. Unser Gewährsmann hat früher alle Zeichen abwaschen lassen und, da er streng darauf achtet, daß im Hause nichts verabfolgt wird, von Zeit zu Zeit die Null vorgefunden. Ec hat sie aber in letzter Zeit ruhig ihre Existenz weiter führen lassen, und siehe da, kein Bettler hat sich jeit Monaten mehr blicken lassen. Es macht unserem Freund ein besonderes Vergnügen, zu beobachten, wie die Ritter der Landstraße an seinem Haus die schlechte Note lesen und dann mit verächtlicher Miene bis zu dem nächsten Hause ziehen, an dem die Nullen fehlen.
* Dresden, 7. Jan. 8000 sächsische Bahnarbeiter petitionieren bei der Regierung um den Achtstundentag.
* Berlin, 8. Jan. Der Lokalanz. meldet aus Breslau: In Kreuzburg in Oberschlesien erschoß der Semmardirektor Jacnicke sich, seine Frau und seine zwei Kinder. Das Motiv der That soll in mißlichen Vermögensumständen liegen.
D Zwischen Deutschland und Rußland besteht, wie der „Köln. Ztg." ans Berlin versichert wird, volles Einverständnis in betreff des abgeschlossenen Vertrages und es ist also auch an einen Konflikt nach dieser Seite hin nicht zu denken. Deutschland und Rußland haben sich schon vor längerer Zeit über ihre Jnteressenfhpäre
»D_ Lefefrricht.
Geträumtes Glück scheint unermessen, Sobald du'S hast, ist oft vergessen,
Wie tief im Grund das Herz dir bebte, Als eS im Traum sein Glück erlebte.
Leidenschaft und Lieöe.
(Fortsetzung.)
Frau Balbing stürzte tödlich erschrocken auf ihn; sie umschlang mit ihren Armen den Oberkörper des Gelähmten, der sich mit wildrollenden Augen vergebens aufzurichten bemühte.
„Tante Amanda, rasch zu Hilfe!" schrie sie, ohne auf die bestürzt auseinanderweichende Gesellschaft zu achten.
Die Tante rief eilig zwei Diener herbei, die den in Krämpfen sich windenden Hausherrn aus dem Salon brachten. Rosina begleitete den Gatten, während Tante Amanda bei den Gästen zurückblieb und durch einige verlegene Worte das Unwohlsein Herrn Balbings zu erklären suchte.
Es gelang der guten Dame schlecht; sie sprach von einem Krampfanfalle, der sich schon seit langem nicht wiederholt hätte, und bat, sich nicht stören zu lassen, allein die Baronin ließ sie nicht ausreden.
„Kommen Sie, meine Herren und Damen," sagte sie, „wir stören nur."
Alles rüstete sich sofort zum Aufbruche; nach einigen höflichen Redensarten nahm man rasch Abschied und fuhr davon.
Cornaro blieb allein zurück. Er hatte die Absicht gehabt, einige Tage bei Balbings zu bleiben und ließ sich durch den traurigen Zwischenfall nicht abhalten, seinen Vorsatz auszuführen.
Rosina hatte sich entschuldigen lassen; Melitta trug der Tante Amanda Grüße an die Freundin auf. Volkmauu war Nachsehen gegangen, ob der Wagen zur Abfahrt bereit sei, und Konrad stand sinnend am Fenster, der so plötzlich unterbrochenen Rede der Baronin gedenkend, da trat Cornaro zu den beiden Damen.
„Auch Sie wollen uns verlassen?" sagte Cornaro mit weicher Stimme zu Melitta.
Die junge Frau sah ihn hochmütig an. „Ich bliebe gerne, wenn meine Gegenwart nützen würde," versetzte sie kurz; „da dies aber nicht der Fall ist, so bleibt wohl Entfernung das beste."
Cornaro bemächtigte sich ihrer Hand, um einen Kuß auf dieselbe zu pressen. Er hatte diese Bewegung so rasch gethan, daß Melitta nicht Zeit gefunden hatte, ihm ihre Hand zu entziehen; im selben Moment trat Volkmann wieder ein.
Er zog die Augenbrauen finster zusammen, als er diese Huldigung Cornaros sah. „Immer und immer wieder dieser Mensch," murmelte er bei sich.
Melitta bemerkte den Gatten; mit glühendem Erröten zog sie ihre Hand aus der Cornaros. „Ich bin bereit," sagte sie mit etwas unsicherer Stimme.
Man fuhr still und traurig heim. Konrad warf zuweilen einen forschenden Blick auf Melitta, die sich fröstelnd in ihren Mantel hüllte; Volkmann bemühte sich vergebens, seiner Verstimmung Herr zu weroen,
verständigt und auf dieser Verständigung beruht überhaupt unser ganzes Vorgehen in Ostasien.
* Es war in der letzten Zeit in verschiedenen Zeitungen zu lesen, daß die Kiautschau-Bncht als Hafenplatz von zweifelhaftem Werte sei, denn zwei größere Flüsse, welche in die Bai münden, lagerten so viel Geröll ab, daß die Bai immer mehr verflache. Es würden viele Millionen Kosten entstehen, um die genügende Wassertiefe zu erhalten. Jetzt werde» auch andere Urteile laut. In der „N. Korresp." schreibt ein Kapitän, der längere Zeit in den chinesischen Gewässern fuhr: „Die etwa zehn Quadratmeilen umfassende Bucht hat eine große, geschützte Rhede, in welcher Schiffe gegen Sturm gesicherte Ankerplätze finden. Ihre Einfahrt ist 3,4 Kilometer breit, hat eine Tiefe von 24—40 Meter, ist verhältnismäßig frei von Untiefen und daher leicht zu passieren. Die Bucht hat guten Ankergcund und weist auf den einzelnen Ankerplätzen Wassertiefen von 12—20 Meter auf. Ihre geschloffene Form ähnelt auffallend derjenigen des Jadebusens, ohne deren Nachteile der Schlick- Ablagerung zu haben, da nur durch die einmündenden Waffsrläufe etwas Sand abgelagert wird, was jedoch leicht abznändern ist. Die Bucht ist sowohl wegen ihrer Ausdehnung und der geologischen Beschaffenheit des Bodens, sowie ihres Untergrundes, als auch wegen ihrer Verbindung nach Ansicht Sachverständiger zur Anlegung eines bedeutenden Hafenplatzes geeignet. Von großem Wert für die Schiffahrt ist ferner der Umstand, daß ein auf der im Süden der Bucht liegenden Jnfel Tschiposau befindlicher, besonders markierter Punkt durch astronomische Ortsbestimmungen genau festgelegt ist. Dies ermöglicht den Schiffen, durch Beobachtung der Gestirne den Fehler ihrer Chronometer gegen die richtige Zelt zu bestimmen. Im Hinterlande von Kiautschau befindet sich bei dem etwa 9 Meilen nordwestlich entfernten Orte Waisin Steinkohle, die nur der bergmännischen Gewinnung harrt und deren Fundstelle leicht mit dem Hafen durch eine Bahn zu verbinden ist. Auch nach Peking und Hongkong lassen sich infolge der günstigen Bodenverhältnisse leicht Eisenbahnen anlegen. Das Klima ist ausgezeichnet, für Europäer das gesundeste von ganz China. Die Provinz Schantung ist die am meisten bevölkerte des ganzen Reiches. Die Eingeborenen leben von Fischerei, Viehzucht und Landwirtschaft, ein Zeichen, daß die europäische Kultur hier heimisch zu werden vermag. Durch einen schon aus alter Zeit stammenden künstlichen Kanal in Verbindung mit den nördlich nach dem Golf von Petschili, südlich nach dem gelben Meer abströmenden Flüssen besteht eine unmittelbare Wasser- verbinduug mit den betreffenden Ufern. Die Bucht von Kiautschau friert niemals zu, während der bedeutende Hafen Tientsin au der Mündung des Peiho, der Vorhafen Pekings, in jedem Winter mehrere Monate durch Eis geschlossen ist. Die aus der Provinz Schantung. bisher dorthin gebrachten Waren, müssen bis zur Wiedereröffnung der Schiffahrt im Frühjahr liegen bleiben, ehe sie ausgeführt werden können. Darnach ist vorauszusehen, daß bei geeigneten Hafen- Anlagen und entsprechender Handelsniederlassung sich der Verkehr und die Ausfuhr bald dem Hafen von Kiautschau zuwenden werden. Die Hoffnung ist umsomehr berechtigt, als der Hafen in Bezug aus die
er konnle es nicht und auch Melitta fand nicht da« rechte Wort, seine aufsteigenden Zweifel zu zerstreuen.
Die arme junge Frau litt unsäglich unter der Bemühung, sich ruhig und heiter zu zeigen, während bange Qualen ihr Herz bedrückten: sie fühlte, daß der Gutenachtkuß ihres Gatten kühler war denn sonst, sie hörte es aus dem Tone seiner Stimme heraus, daß er mit ihr unzufrieden war.
Auch Konrads Betragen kam ihr kühler und gemessener vor, aber was sollte sie thun, um das aufsteigende Ungewitter zu beschwören?
Am nächsten Morgen ritt Konrad nach dem Herrenhause, um sich nach dem Befinden des Kranken zu erkundigen.
Auf dem Wege begegnete er Frau Balbing, fest und sicher wie sonst saß sie auf ihrem Rappen; allein Konrad erschrak, als er in ihr Gesicht blickte, welches bleich und starr einem Leichenantlitz glich. Sie reichte ihm zum Gruß flüchtig die Hand und sagte mit müder Stimme:
„Sie wollten gewiß zu uns; wie freundlich von Ihnen; es geht besser, Balbing schläft fest seit einigen Stunden, er hat einen beruhigenden Trank genommen und wird vor Mittag nicht erwachen; ich habe diese Zeit benutzt, um frische Luft zu schöpfen, ich glaube, ich muß ersticken, zu Hause wird mir alles zu eng und zu klein."
Konrad sagte einige teilnehmende Worte. Sie hörte ihn schweigend an, dann entgegnet« sie, ihn mit traurigem Blick ansehend:
^Ja, es ist ein schweres Unglück, Gott hat mich