Enzweihingen, verkaufte am 6. und 7. August 25 Schweine nach Markgröningen und Thalhausen, obgleich ihm am 5. August vom Schultheißenamt Enzweihingen der Erlaß des K. Ministeriums des Innern eröffnet worden war, welcher wegen der Ssuchengefahr den Verkauf von Schweinen im Umherziehen vom 6. August an verbot. In sechs Ställen zu Markgröningen und Thalhausen brach unter den von Burger verkauften Schweinen die Seuche aus und verbreitete sich auch, auf das Rindvieh. Burger wurde wegen Uebertretunz des Ministerialverbots vom K. Oberamt Vaihingen mit einer Geldbuße von 40 Mark bestraft und heute von der Strafkammer I wegen Vergehens im Sinne des § 328 Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuchs wegen wissentlicher Verletzung des Verbots und dadurch entstandener Seuche, wofür Gefängnisstrafe von 1 Monat bis zu 2 Jahren angedroht ist, unter Berücksichtigung vor- stehender Geldstrafe zu 5 Wochen Gefängnis verurteilt.
* Cannstatt, 1. Jan. Privatier Pfeiffer in Stuttgart hat der Stadt Cannstatt die Summe von 100 000 Mk. überwiesen zum Zweck der Errichtung eines Schwimmbades. Die hier schon lange auf der Tagesordnung stehende Schwimmbadfrage wird damit ihre rasche Erledigung finden. Der Platz zur Erbauung des Bades soll in nächster Gemeinderatssitzaug bestimmt werden.
* As perg, 31. Dez. Seit nahezu sechs Wochen werden die Bewohner des hiesigen Pfarrhauses durch nächtlichen Unfug schwer geängstigt. Mitten in der Nacht fliegen Steine durch die Fenster, oder es wird an den Thüren und Läden gepocht und gerüttelt. Ein andermal klettert ein Mensch mit einer Maske vor dem Gesicht auf dem Dach herum und verhöhnt von da aus die Untenstehenden; bevor sich diese jedoch um Hilfe umsehen oder zur Verfolgung anschicken können, ist der Ruhestörer am Blitzableiter herab und über Mauern und Hecken weg verschwunden. Man hat schon des öfteren seitens der Sicherheitsbehörde Nachtwachen aufgestellt. Aber noch immer ist es dem Burschen geglückt, zu entkommen. Dieser Unfug verursacht der Einwohnerschaft unserer Stadt viel Aufregung und es ist der allgemeine Wunsch, daß es gelingen möge, des Ruhestörers habhaft zu werden.
* (Jagdglück.) In den freiherrlich v. Wöll- warth'schen Waldungen bei Essingen schoß der als Jagdgast anwesende württembergische Kriegsminister Frhr. Schott von Schottenstein fast unmittelbar nach einander 3 starke Rehböcke.
* Vorbachzimmern, OA. Mergentheim, 4. Jan. Die von ihren Angehörigen kurze Zeit für tot gehaltene Frau, die beinahe lebend begraben worden wäre, ist nach zwei Tagen nun doch gestorben.
* Ellwangen, 2. Jan. Großes Aufsehen erregt die Verhaftung des Stadtschultheißen Heckmann von Neresheim, der verdächtig ist, 7000 Mk. zurückbe- zahlte Pfandgelder nicht gelöscht und für sich verwendet zu haben. Als sein Bruder, der Schultheiß von Ohmenheim, hievon hörte, ergriff er alsbald die Flucht und konnte bis jetzt nicht beigebracht werden. Beide Brüder fielen schon seit langer Zeit durch ihre übermäßigen Ausgaben auf. Die zahlreichen ehrenwerten Angehörigen derselben werden allgemein bedauert.
* Ulm, 2. Januar. In einem Kloster in Lyon waren am 16. Mai v. I. von einem Italiener Namens
D_ Lesefrucht. _M.
Wir sollen eben nicht in Ruhe bleiben!
Gleich wird uns, wenn wir zu genießen denken, Zur Uebung unsrer Tapferkeit ein Feind,
Zur Uebung der Geduld ein Freund gegeben.
Leidenschaft und Ließe.
Roman von C. Bel mar.
(Fortsetzung.)
In Rosina Balbing sah er die Frau, die am besten seinen Wünschen entsprach; mochten die Leute schwätzen wie sie wollten und sie ein Mannweib nennen, weil sie das Ungewöhnliche an dieser Frau nicht zu schätzen verstanden; sie war gewiß ein ehrenhaftes Weib, ohne Falsch und Trug, ohne die geringste Spur von Koketterie, schlicht und recht ihren Pflichten nachlebend, und eine solche Freundin wollte Volkmann für Melitta haben.
. Nachdem alles besichtigt war, führte Frau Balbing die Herren zu ihrem Gatten zurück. Ein schmackhafter Imbiß stand schon bereit; Wein und muntere Gespräche würzten das kleine Mahl.
Balbing war ein vorzüglicher Gesellschafter, er sprudelte über von Witz und Laune; seine matten Züge belebten sich, die sonst so müden Augen funkelten und leuchteten feurigen Blitzen gleich, er vergaß seine Hinfälligkeit und riß die anderen durch seine gute Laune fort, sodaß selbst der schweigsame Konrad lebhaft wurde und regen Anteil an der Unterhaltung nahm.
Volkmann, Melittas gedenkend, mahnte zum Auf-
Minasso 110 000 Francs gestohlen worden. Der Thäter wurde verhaftet, brach aber in der Nacht zum 9. Dezember v. I. unter Beihilfe eines früheren Mitgefangenen aus dem Kriminalgefängnis aus. Die Spur der Flüchtigen war von der französischen Kriminalpolizei aufgefunden und hierher verfolgt worden; ein hier eingetroffener französischer Polizei-Inspektor vec- anlaßte nun m der Herdbruckerstraße die Verhaftung der beiden Flüchtlinge.
* (Verschiedenes.) Ja Fluorn mußte die Schule infolge ver stark auftretenden Masern unter den Kindern auf längere Zeit geschlossen werden. — Auf dem Bahnhofe in Schramberg ereignete sich ein schreckliches Unglück. Beim Rangieren eines Zuges wurde der Schaffner Klomann aus Gelbingen bei Hall von einem Wagen erfaßt und auf das Geleise geworfen, wo ihn die nachfolgende Maschine buchstäblich zerdrückte. — Der Buchhalter K. in Stuttgart machte in seinem Komptoir einen Selbstmordversuch, an dessen Folgen er noch am gleichen Tags gestorben ist. — In der Sylvesternacht wurde zu Mühlberg, Gd. Spindelwag, OA. Leutkirch, der Bauer Alois Schick daselbst von dem Dienstknscht Joseph Fink derart mit einem Bierglas an den Kopf geschlagen, daß er nach wenigen Tagen starb, ohne zum Bewußtsein gekommen zu sein. Der Thäter ist verhaftet. — In Gmünd wurde in der Wsißensteinerstraßs ein 44/2jähriges Mädchen von einem Bierfuhrwerk überfahren und blieb auf der Stelle tot. Den Fuhrmann trifft keine Schuld. — In Kirchberg a. Murr brach in einem Doppelhause, welches von einem Schreiner und einem Schneider bewohnt wurde, Feuer aus. Das ganze Gebäude wurde zerstört. Entstehungsursache unbekannt. — In Schönberg brach in der Nähe des Gasthauses zum Lamm Feuer aus, das in kurzer Zeit drei Wohnhäuser einäscherte. — In Stuttgart stürzte sich ein 20jähr. Mädchen in selbstmörderischer Absicht aus dem Fenster des vierten Stockes eines Hauses in der Militärstraße in den Hof und war sofort tot. — Am Weihnachtsabend wurde im Ludwigsburger Zuchthause ein Gefangener, der in dem mit 40 Mann besetzten Schneidersaale arbeitete, von einem Mitgefangenen mit einem sogen. Trennmesser derart in die Brust gestochen, daß das Messer stecken blieb und der Gestochene schwer verletzt in das Spital verbracht werden mußte. An seinem Aufkommen wird gezweifelt. - Einen gesunden Appetit entwickelte dieser Tage ein Bürger von Schwenningen. Derselbe verzehrte nämlich in sehr kurzer Zeit 1 Pfund Schweineschmalz, 4 Pfund rohes Sauerkraut aus der Stande und trank dazu 1,4 Liter Branntwein. Prosit!
* Berlin, 3. Jan. Gegen den Chefredakteur des „Kladderadatsch", Trojan, ist wegen des Artikels „Brave Christen und brave Soldaten" und wegen des Bildes „Aus dem Lager der himmlischen Heerscharen" die Anklage wegen Majestätsbeleidigung erhoben worden.
* Die Entwicklung, welche die Verhältnisse in Ostasien in letzter Zeit genommen haben, hat die Hamburg-Amerika Linie bestimmt, noch ehe die Dampfer- subvsntionsvorlage im Reichstage zur Behandlung gekommen, nicht länger auf eine Ausdehnung ihres Betriebs dorthin zu verzichten. Sie hat deshalb be-
bruche; Balbing versuchte vergebens die Herren zurückzuhalten. Sie mußten ihm versprechen, recht bald wieder zu kommen und Melitta samt Onkel Oskar mitzubringen.
„Für Onkel Wellendorf kann ich nicht einstehen," sagte Volkmann, „Sie werden schon von ihm gehört haben, er ist ein enragierter Oekonom und verläßt nur höchst selten den Umkreis seiner Thätigkeit, aber meine Frau wird demnächst von Ihrer liebenswürdigen Einladung wohl Gebrauch machen.
„Je eher, desto besser," sagte Rosina, dankbar zu ihm aufblickend.
Nach freundlichem Abschiede fuhren die Herren davon.
„Hast duwirklich die Absicht, Melitta herzubringen," fragte Konrad, nachdem sie dem Herrenhause außer Sicht gekommen waren.
„Gewiß. Ich teile deine Abneigung gegen Frau Balbing keineswegs; auf mich hat sie den günstigsten Eindruck gewacht."
„Von Abneigung meinerseits kann gar nicht die Rede sein; ich kenne ja die Frau nicht; ich zolle ihrer Thätigkeit sogar meine vollste Anerkennung, aber ich liebe diese Gattung Frauen nicht, die so sehr auf ihre eigene Kraft pochen; Frau Balbing gleicht durchaus nicht dem Ideal, wie ich es mir stets von der Frau, dem Meisterwerke der Schöpfung, entworfen. Wenn ich jemals heirate, dann müßte das Mädchen meiner Wahl geistig und körperlich ohne Fehl und Makel sein."
„Das heißt, du willst einen Engel an Tugend, Schönheit, Sanftmut und Verstand."
schlossen, einen regelmäßigen monatlichen Dampferverkehr zwischen Hamburg-Penang-Singapore, Hongkong, Shanghai, Jokohama, Hiogo u. s. w. zu errichten. Für die Linie werden die Schiffe der sogenannten ^Klasse verwendet werden. Dieselben laden mehr als 8000 Tonnen uns haben eine Geschwindigkeit von etwa 12 Knoten per Stunde. Die Einstellung von schnelleren und noch größeren Passagierdampfern ist in Aussicht genommen, sobald die Gestaltung der Verhältnisse in Ostasien ein Bedürfnis dafür erkennen läßt. Die Abfahrt von Hamburg soll am 25. jeden Monats stattfinden und wird die neue Verbindung bereits am 25. ds. Mts. mit der Expedition des Dampfers „Andalusia" eröffnet.
* (E.ne kühne Flucht.) Am frühen Morgen des Weihnachtstages bemerkte eine Aufseherin des Mo abiter Untersuchungsgefängnisses, daß die Insassin einer Zelle verschwunden war. Auf sofort erstattete Meldung wurde nicht allein das Gefängnis, sondern auch das Gerichtsgebäude vom Keller bis zum Dachboden hinauf durchsucht. Von der Ausreißenn war jedoch keine Spur zu finden. Nur der Weg war erkennbar, welchen sie genommen hatte. Anden eisernen Traillen des Zellenfensters hing ein Streifen Bettlaken herab. Da die Zelle aber im vierten Stockwerke liegt, so muß dieses Notseil ebenso lang gewesen sein. Noch schwieriger und gefahrvoller war der Weg durch das Fenster. Letzteres ist stark vergittert. Die Traillen stehen acht Zoll weit auseinander. Das Fenster selbst ist in seinem unteren Teile nicht zu öffnen. Nur an der oberen Seite befindet sich eine Klappe, welche sich nach innen zu öffnen läßt, aber doch nur insoweit, daß der Rahmen etwa in einem spitzen Winkel von 20 Grad von dem senkrecht stehenden Fenster abneigt. Auf diese Fensterklappe hat di« Flüchtige klettern müssen, bevor sie an die Traillen herankonnte. Auf diesen Absatz zu gelangen, war ein wahres Kunststück, da eine Zertrümmerung der Scheibe das ganze Haus alarmieren mußte. Wie die Flüchtige durch die engen Traillen gelangt ist, bleibt selbst den erfahrensten Gefangnisbeamten rätselhaft. Es ist nur denkbar, daß sie sich vollständig ausgezogen und ihre sämtliche Garderobe — sie ist in eigenen Kleidern entwischt — vor sich her aus dem Fenster geworfen hat. Nachdem sie sich von der improvisierten Strickleiter herabgelassen, ist sie auf einen der mit Glas und Eisen bedeckten Wanoelgänge gelangt, welche das Gefängnis mit sdem Gerichtsgebäude verbinden, diese Wandelgänge sind eine Etage hoch und von ihrem Dache aus läßt sich die hohe Gefängnismauer ohne besondere Schwierigkeiten übersteigen. Die kühne Ausbrecherin scheint sich übrigens das Herabkommen von der Mauer besonders erleichtert zu haben, denn die Strickleiter war am Fuße der vierten Etage abgerissen. Wäre die Leiter gerissen, als sich die Flüchtige hinabließ, so wäre diese zweifellos nicht mit dem Leben davon gekommen, denn sie würde auf das Glasdach des Wandelganges gefallen sein. Es scheint vielmehr, daß die Flüchtige, nachdem sie festen Boden unter den Füßen gefühlt, die Leiter mit Gewalt und großer Kraftanstrengung zerrissen und dann zum Herablassen von der Mauer benutzt hat. Hier angelangt, befand sie sich in einem der Höfe des Gerichtsge- bäudes, ganz ungeniert konnte sie dasselbe passieren.
„Spotte nicht Hugo; ich gebe zu, daß solche Wünsche übertrieben sind, allein eher will ich einsam sterben, als meinem Ideale entsagen. Vielleicht finde ich nie das Weib, so wie ich es wünsche, nun, dann giebt es eben einen alten Junggesellen mehr auf der Welt und Ihr seid dereinst meine Erben."
Volkmann lächelte etwas sarkastisch.
„Ruhig Blut, mein lieber Konrad! Deine Stunde ist noch nicht gekommen. Dein Herz liegt noch erstarrt im Winterschlaf und diejenige, die es wecken wird, das prophezeihe ich dir, wird am wenigsten dem Ideale gleichen, das dir vorschwebt."
Konrad schüttelte ungläubig das Haupt.
„Wie thöricht, überhaupt von solchen Dingen zu reden." sprach er; „beschäftigen wir uns lieber mit den Hüttenwerken. Ich glaube, du wirst einen ganz vorteilhaften Kauf schließen, ich kenne die Werke von früher her: freilich soll schon Balbing dieselben in ziemlich vernachlässigtem Zustande an sich gebracht haben, jetzt werden sie auch nicht besser geworden sein, allein mit Geduld, Ausdauer und einem ansehnlichen Kapital kann man sich wieder emporbringen. Ich hätte dir einen Vorschlag zu machen. Als Erbe des Präsidenten verfüge ich über ein Kapital, welches mir vollständig eine sorgenfreie Zukunft sichert. Ich will mich fortan nur mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigen und habe auch schon ein größeres Werk begonnen — ich kann nicht klagen, das Geschick ist günstig genug mit mir verfahren, allein eines fehlt mir dennoch: ein fester Wohnsitz, eine bleibende Hei- mat. Ich bin des Umherwanderns müde, am Linden-