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treideaussuhrverbots, Aufhebung der Einfuhrscheine rc. wird in Anbetracht der Bedeutung dieser Fragen der demnächst stattfindenden Vollversammlung zur weiteren Behandlung überwiesen. Anläßlich der Behandlung dieser Eingabe, deren Tendenz der Vorstand im Allgemeinen zu stimmt, soll dann auch die Frage der Fleischteuerung behandelt werden. —Der Verein der Industriellen des Regierungsbezirks Köln hat an den Reichstag eine Eingabe gerichtet, welche sich gegen die im Entwurf eines Versicherungsgesetzes für Privatangestellte vorgesehene Regelung der Sonderkassen richtet. Ueber diese Eingabe, die zur Unterstützung unterbreitet worden ist, wird zur Tagesordnung übergegangen. — Eine Reihe Gesuche von Bäckermeistern des Kammerbezirks um Dispensation von den Vorschriften der Ztz 1 und 2 der Min.-Verf. betr. die Einrichtung und den Betrieb von Bäckereien vom 12. März 1909 werden den zuständigen Oberämtern befürwortend vorgelegt. — An die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel werden mehrere Gutachten erstattet. — Zum Zwecke der Regelung des weiblichen Lehrlingswesens wird eine besondere Kommission eingesetzt, welche diese Frage weiter behandeln wird, sodaß die nächste Vollversammlung Stellung zur ganzen Frage nehmen kann. — Weiter werden die Stellen der Vorsitzenden der Gesellen- prllfungsausschüsse der Handwerkskammer in Schramberg und Ebingen für den Rest des Jahres neu besetzt. Einige Gesuche um Abkürzung der Lehrzeit werden angesichts der besonderen Umstände (Konkurs des Lehrherrn) genehmigt. — Der geschäftsfllhrende Ausschuß des Deutschen Handwerks- und Ee- werbekammertags beschäftigt sich in seiner am 26. ds. Mts. stattfindenden Sitzung mit der Frage der Besserung des privaten Submissionswesens und hat die Handwerkskammer Reutlingen um Erstattung des Referats ersucht. Handwerkskammersekretär Hermann wird mit der Erstattung des Referats beauftragt,' gleichzeitig wird eine aus 5 Vauhandwerkern und 2 Baugewerbetreibenden bestehende Kommission für diesen wichtigen Gegenstand unter dem Vorsitz von Schreinermeister Vollmer- Rottenburg eingesetzt.
Heilbronn 23. Okt. (Aerger- nis.) Ein blutiges Schauspiel spielte sich gestern vormittag in der Pau- linenstraße ab. Das Pferd des Fuhrwerks des Metzgermeisters Rank scheute plötzlich an
dem vorüberfahrenden Straßenbahnwagen) und sprang direkt auf diesen zu, sodaß die Deichsel entzweibrach und das Pferd zu Boden fiel. Der Straßenbahnwagen wurde beschädigt, konnte jedoch seine Fahrt fortsetzen. Beim Pferde wurde ein Bruch des Hinterfußes konstatiert. Ueber ^ Stunden blieb das Pferd liegen, bis endlich die maßgebende Persönlichkeit kam und das Tier mitten auf der Straße tötete. Es war ein schauerlicher Anblick. Gibt es in der Großstadt Heilbronn keine andere Methode, ein Tier abzuschlachten, als diese, die natürlich in der belebten Straße eine ungeheure Menschenmenge ansammelte?
Aus dem Oberamt Brackenheim 23. Okt. (Arbeiterfürsorge.) Wie gesucht die Arbeitskräfte besonders im Zabergäu sind, beweisen verschiedene Vergünstigungen und Wohlfahrtseinrichtungen der Arbeitgeber. So zahlen verschiedene Fabriken der Gold-, Zigarren- und Kleidungsbranche dem auswärtigen Arbeitspersonal, das die Bahn benützen kann, die Fahrkosten. Die Knabenanzügefabrik Bleyle in Vrackenheim hat überdies noch eine sehr nachahmenswerte Einrichtung getroffen. Für die Mädchen, die vom oberen Zabergäu mit der Bahn hin und her in die Fabrik zu Vrackenheim fahren und über Mittag am Fabrikationssitz verbleiben müssen, auch für die der nächstgelegenen angrenzenden Gemeinden, denen das Essen bisher getragen wurde, hat der Fabrikinhaber einen guten und billigen Mittagstisch in Vrackenheim einzurichten verstanden und trägt überdies noch einen respektablen Anteil der Kosten daran.
Ulm 23. Okt. Graf Zeppelin hat, wie bereits kurz gemeldet, die Ueber- nahme der Reichstagskandidatur im 14. Wahlkreis abgelehnt. Die Deutsche Partei überläßt es nunmehr der Volkspartei, einen anderen gemeinschaftlichen Kandidaten zu suchen, da bekanntlich der Hansabundpräsident Rietz e r ebenfalls nicht in Frage kommen kann. Die Volkspartei hat dieses Anerbieten der Deutschen Partei angenommen. Wahrscheinlich aber wird es bei der Doppelkandidatur Hähnle-Kehm sein Bewenden haben.
Friedrichshafen 23. Okt. (Vom neuen Militärluftschiff.) Sämtliche Probefahrten des „I. 2 9" haben die volle Befriedigung der militärischen Fahrtteilnehmer gefunden. Das neue Militärluftschiff erfährt in den nächsten Tagen
einige, von der Militärverwaltung gewünschte Abänderungen und geht dann endgültig in militärischen Besitz und Betrieb über.
Berlin 23. Okt. (Reichstag.) Am Bundesratstisch: Reichskanzler von Vethmann-Hollweg und die Staatssekretäre Delbrück, Wermut h, sowie die Minister Lisko, Schorlemer, Vreitenbach und llnterstaatssekretär Wanschaffe. Auf der Tagesordnung stehen zunächst die Interpellationen des Zentrums, der Sozialdemokraten und der Freisinnigen, betreffend die Lebens- und Futtermittel- teuerung. Dr. Spahn (Zentr.) begründet die Interpellation seiner Partei und bemerkt, unbestreitbar bestehe in Bezug auf die gegenwärtigen Lebensmittelpreise ein abnormer Zustand. Vielfach sei von den Gemeinden mit Abhilfemaßnahmen vorgegangen worden, namentlich durch Einrichtung von Verkaufsständen. Die Ermäßigung der Eisenbahntarife durch den Staat komme leider zum größten Teil nicht den Konsumenten, sondern dem Handel zugute. Die Forderung nach Ermäßigung der Einfuhrzölle sei nicht zu rechtfertigen, wohl aber sei eine Einschränkung des Einfuhrscheinsystems berechtigt. Zu erwägen wäre die Wiedereinführung des Identitätsnachweises. Auf keinen Fall dürften aber Maßnahmen getroffen werden, welche eine Schädigung der Produzenten zur Folge haben könnten. Scheidemann (Soz.) begründete die Interpellation seiner Partei. Im Ausland, wo dieselben Teuerungsverhältnisse bestehen wie bei uns, hätten diese bereits zu Revolten und Krawallen geführt. Unsere agrarische Politik hat Millionen zur Unterernährung gezwungen, nur um einem kleinen Teil der Bevölkerung, den notleidenden Agrariern, immer wieder neue Vorteile zuzuschanzen. Weshalb führt man das argentinische Büchsenfleisch nicht bei uns ein? Scheidemann schließt: Die Zölle auf Schlachtvieh und auf alle Futtermittel müssen beseitigt werden. Abg. Oeser (Fortschritt!. Vpt.) fährt zur Begründung der freisinnigen Interpellationen fort: Der lückenlose Zolltarif hat die lückenlose Teuerung herbeigeführt. Das ist nichts anderes als das absichtlich herbeigeführte Produkt unserer Wirtschaftspolitik, die bestrebt ist, die Höhe der Lebensmittelpreise beizubehalten. Wir verlangen einen allmählichen Abbruch der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik und
ich habe ihn ja ganz schrecklich lieb. Ich kann's ihm bloß nicht zeigen. Aber, wenn er mich nicht will, dann gehe ich in den See. Ich kann ja ohne ihn nicht leben."
8. Kapitel.
Am Sonntag Abend noch war Johannes Jessen benachrichtigt worden, daß Tante Eesine und Karoline ihn erwarteten. Mit verweintem Gesicht hatte ihn die Cousine empfangen. Sie sah so reizend aus in ihrer verlegenen Hilflosigkeit, daß er sie gerührt an sich zog und auf die Stirn küßte. Und in diesem Augenblicke wurde ihm der Entschluß nicht einmal schwer, mit dem er gekommen war, auf die Reise zu verzichten.
Aber jetzt war es an den Damen, ihn durch Großmut zu beschämen. Tante Eesine teilte ihm mit feierlicher Würde mit, daß sie auf keinen Fall schuld daran sein wollten, wenn er sich etwa die Gunst des Barons verscherze; und Karoline setzte das Vertrauen in ihn, daß er in der Baroneß nichts anderes sehen werde, als die Schwester seines kranken Pfleglings. Karoline selbst schluchzte bei dieser rührenden Wendung noch einmal in ihr Taschentuch. Johannes streichelte zärtlich ihre Hand, die ganz eiskalt vor Erregung war. Dann ging man zum Abendbrot, bei dem der kalte Kalbsbraten nun endlich doch zu Ehren kam.
Und nun wurde alles Nötige beredet,
um noch vor der Reise, die in zwei bis drei Wochen angetreten werden sollte, die Verlobung zu veröffentlichen. Denn das war Karolines Bedingung, die ihr einigermaßen den Kummer versüßte: sie wollte als richtige, öffentlich anerkannte Braut Zurückbleiben, wenn Johannes nach Italien ging. Es war in ihr so ein dunkles Gefühl, als um- schleiere sie dann eine Art Nimbus junger Witwenschaft; und sie kam sich vor wie ein ins Weibliche übersetzter Ritter Toggenburg — hoffend, harrend —, ohne daß sie sich selbst ganz klar darüber wurde.
Und dann wollte sie der verhaßten Alice von Bählow selbst eine Verlobungskarle zusenden — heimlich natürlich, denn Johannes hatte gemeint, es sei besser, der freiherrlichen Familie keine Karten zu senden, da man doch nicht in gesellschaftlichen Beziehungen zu ihr stände und die Zusendung als Zudringlichkeit empfunden werden könnte.
Am Mittwoch brachte Johannes die Ringe — ganz breite, flache Goldreifen, denn so hatte es Karoline gewollt, obwohl er lieber die runden genommen hätte, da ihm die anderen zu protzenhaft aussahen. Er meinte, die Ringe sollten doch fürs ganze Leben und daher nicht einer Augenblicksmode unterworfen sein. Aber nun sahen sie doch sehr schön aus, als er seiner Braut den ihrigen und dann sich selbst den seinen aufgestreift hatte.
Tante Gesine küßte erst ihre Tochter und dann den Schwiegersohn und wischte sich die Augen ab. Man stieß mit Rotwein an und sprach den Nachmittag von nichts anderem, als was wohl die ganze große Bekanntschaft zu der Verlobung sagen würde, die heute Nachmittag im dreimal wöchentlich erscheinenden Kreisblatte stehen sollte, aber gleichzeitig auch durch Versendung von Karten angezeigt war, die Johannes selbst heute früh auf die Post getragen hatte.
Und dann kamen die stolzen Tage für jede junge Braut: die Tage der feierlichen Besuche, bei denen man sich zum ersten Male in der neuen Würde präsentierte. Karoline hatte ihrer Mutter nicht eher Ruhe gelassen, als bis man nach Lübeck gefahren war, um ein neues Kleid für die Visiten zu kaufen. Und dann hatten Mutter und Tochter lange im Nebenzimmer miteinander ge- tuschelt, bis schließlich Frau Eesine sich entschlossen hatte, den Schwiegersohn beiseite zu nehmen und ihm zu eröffnen, sein schwarzer Rock sei doch schon ein wenig blank und an den Nähten abgescheuert. Sie wolle aber, daß er sich vor den Leuten sehen lassen könne. Darum — und hierbei drückte sie ihm einen Fünfzigmarkschein in die Hand — solle er mit nach Lübeck fahren und sich in einem Basar für Herrengarderobe einen schwarzen Anzug kaufen.
(Fortsetzung folgt.)
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