knecht Gottlob Lang von Backnang wegen Brandstiftung zu 2 Jahr Zuchthaus und 5 Jahr Ehrverlust und den Kaufmann Hermann Balz von Güglingen wegen betrügerischen und einfachen Bankerotts zu 6 Monaten Gefängnis. — Vom Schwurgericht Ulm wurde der 31jährige Kaufmann und Kommissionär Karl Jos. Strobel von Ulm wegen erschwerter Urkundenfälschung zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus, 5 Jahr Ehrenverlust und der 59jähr. Kommissionär Gottl. Alex. Etzel von Hochdorf, OA. Kirchheim, wegen Meineids zu 2 Jahr 3 Mon. Gefängnis und 5 Jahr Ehrenverlust verurteilt. — In Bietigheim machte sich das 5jährige Söhnchen des Frachtfuhrmanns Häberle an der Futterschueidmaschine zu schaffen, wobei ihm an der rechten Hand 1 und an der linken Hand 4 Finger abgeschnitten wurden. — In Zell, Gemeinde Neutrauchbnrg ist das Hofgut des R. Mösle gänzlich abgebrannt.
* Konstanz, 9. Okt. Einem frechen Schwindler ist hier Herr Maul, Teilhaber der Firma Herzog und Maul, zum Opfer gefallen. Die Firma hatte von der Motorbootfabrik Daimler in Cannstatt ein Benzin- motorboot im Werte von etwa 8000 Mark erbauen lassen und damit auf dem Bodensee Luftfahrten gegen Bezahlung ausgeführt. Herzog machte seinem Com- pagnon allerlei falsche Angaben, welche der vertrauensselige H. Maul ohne weiteres glaubte. So erzählte u. a. Herzog seinem Teilhaber, er habe das Boot an einen gewissen Hinterhuber in München für 18000 Mk. verkauft: das Geld werde von dessen Bankier in Berlin ansbezahlt. Maul reiste darauf nach Berlin, um das Geld zu holen. Währenddessen erbrach Herzog einen Koffer des Maul und stahl daraus Wertpapiere im Betrage von 2000 Mk. Außerdem hat er durch verschiedene sonstige Angaben seinem Compagnon 400 Mk. bar und über 5000 Mk. in Wertpapieren abge schwindelt. Herzog ist mit dem Gelde verduftet und bis jetzt ist es noch nicht gelungen, den etwa 26jährigen frechen Gauner dingfest zu machen.
* Darmstadt, 10. Okt. Das russ. Kaiserpaar traf um 9 Uhr im Bahnhof ein, von der großherzoglichen Familie aufs herzlichste begrüßt. Es fand großer militärischer Empfang statt. An der Ehrenpforte am Rheinthor erfolgte die Begrüßung durch die Stadt- vertretung mit der Ansprache des Oberbürgermeisters. Im ersten vierspännigen Wagen fuhren der Kaiser und der Großherzog, im zweiten die Kaiserin und die Großherzogin; es folgten das Großfürstenpaar Sergius und die Prinzessin Battenberg. Die Stadt ist reich geschmückt, das Wetter prächtig. Das Publikum brachte herzliche Ovationen dar.
* Darm stadt, 10. Oktober. Um 1 Uhr war im Palais Frühstückstafel. Das Aufgebot an Detektiven aus St. Petersburg und Berlin war ein großes und umfangreiche Maßregeln wurden getroffen.
* Berlin, 9. Oktober. (Ein desavouirter Weltuntergang.) Professor Wilhelm Förster veröffentlicht im „Reichs-Anzeiger" einen Artikel über die Weltuntergangs Prophezeihung für 1899, worin es heißt: Auf Grund unvorsichtiger, ungenauer vielleicht auch miß- verständlich entstellter Aeußerungen von wissenschaftlicher Seite, verbreitet sich seit einiger Zeit in weiten Kreisen die Vorstellung, daß für 1899 die Gefahr des soge
nannten Weltuntergangs bevorstehe. Dieser Wahn stützte sich darauf, daß im November 1899 die Wiederkehr des Zusammentreffens der Erde mit einem ziemlich dichten Schwarm kleiner Himmelskörper bevorstehe, wie dies bereits im November 1866 und vorher 1833, 1799rc. stattfand. Niemals sei dabei eine Beschädigung der Erdoberfläche erfolgt und nach allen Erfahrungen liege bei der Voraussage eines solchen Phänomens nicht der leiseste Anlaß zur Befürchtung irgend einer Gefahr vor. Allerdings bewege sich, wie bereits 1866 wahrgenommen, in derselben Bahn, wie die angeführten Himmelskörper, auch ein Komet, welcher damals zwei Monate später, nämlich im Januar 1867, die Erdbahn durchkreuzen sollte, zu einer Zeit, wo die Erde schon viele Millionen Kilometer von dem Kreuzungspunkte der Bahn sich entfernt befand. 1899 werde der Abstand der Erde von diesem Kreuzungspunkte noch größer sein; selbst aber wenn ein Zusammentreffen mit diesem Kometen einmal erfolgen sollte, würde die Wirkung eines solchen Zusammentreffens diejenige eines mächtigen Gewitters oder eines Wirbelsturms, wie sie alljährlich Vorkommen, lange nicht erreichen, so daß wirklich kein Grund für die Menschheit vorliegt, vor solchen Dingen jahrelang Furcht zu hegen.
*'Berlin, 9. Okt. Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet, daß aus besonderen Wunsch des Kaisers bei der Durchführung der in Aussicht genommenen durch die Verhältnisse unabweisbar gewordenen Konvertierung der 4prozentigen Reichs- und preußischen Staats-Anleihen mit einer möglichen Milde und Schonung der vielfach empfindlich berührten Interessenten verfahren werden soll. Auf allerhöchsten aus ähnlichen fürsorglichen Gesichtspunkten gegebenen Direktiven dürfte es auch beruhen, daß bei Gelegenheit der Erhöhung der Beamtengehälter auch eine Verbesserung der Lage der Witwen und Waisen der Beamten und Militärpersonen erwogen werden soll.
* Berlin, 10. Okt. Wie das Kl. Jour, aus bester Quelle erfahren haben will, werden die Kaiserzimmer im ersten Stockwerk des russischen Botschaftshotel zum Empfang des Zaren in Bereitschaft gesetzt.
* Berlin, 10. Okt. In dem Schreiben des Sultans an Kaiser Wilhelm soll elfterer an die Weis- heit.des Kaisers appelliert und dessen Ratschläge betreffs einiger wichtigen Fragen erbeten haben.
*' Ueber das Befinden des Fürsten Bismarck will die Berliner „Bolksztg." aus zuverlässiger Quelle erfahren haben, daß fick bei dem Fürsten die Einwir- knngen des Greisenalters — er steht jetzt im 82. Lebensjahre — mehr und mehr fühlbar machen. Ganz abgesehen von den alten Gesichtsschmerzen, die ihn schon lange und neuerdings wieder besonders quälen, leidet er sehr schwer au Schlaflosigkeit, so daß er die wünschenswerte Nachtruhe nicht finden und infolgedessen das Bett oft erst mittags resp. nachmittags ver- lassen kann. Unter diesen Umständen suchen die Seinigen mit peinlicher Sorgfalt denn auch alles von ihm fern zu halten, was ihn angreifen oder erregen könnte. Besuche empfängt der Fürst jetzt wenig oder gar nicht. Spaziergänge, wie er sie sonst regelmäßig zu machen pflegte, unternimmt er kaum noch, da^ihm das Gehen außcrordcutli b schwer fällt. Der Fürst beschränkt sich daraus, nachmittags ein oder zwei Stunden im Sachsenwalde spazieren zu fahren.
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Weß Herze nie in Liebe Mhte, weg Auge nie in Zorn enl. brannt, dem ist erstorben im Gemüte — das Gute, was von oben stammt.
Die fei'tfcrrne KeircrL.
Roman nach dem Amerikanischen von August Leo.
(Fortsetzung.)
33. Kapitel.
Vorbereitungen.
Zeno wurde sogleich mit sorgfältigen Instruktionen nach L. geschickt.
Um die Wahrheit zu gestehen, Duvar war zu furchtsam, um sich selbst hinaus zu wagen.
Zeno kehrte am folgenden Tage zurück und brachte unseren alten Bekannten den „Fäustling", Annette'-; Mann, mit sich.
Bald nach ihrer Ankunft stürzte Mrs. St. Ulm's Mädchen, welche für ihre Herrin einige Blumen aus dem Garten geholt hatte, vom Kopf bis zu den Füßen zitternd, leichenblaß und mit ganz verstörten Gesichtszügen zur Thür herein.
„Annette!" rief Mrs. St. Ulm erschreckt.
„Nicht diesen Namen! — O, nicht so!" rief das Weib, kaum fähig die Worte hervorzubringen, als sie die Blumen hinwarf und verzweifelnd Pie Hände rang.
„Ach ja — ich vergaß. Also Rosine," verbesserte sich die Lady, „beruhigen Sie sich und sagen Sie mir, was geschehen ist?"
„Ich habe ihn gesehen, meinen elenden Mann, Madame!" Ich muß fort — fliehen, so weit ich kann !"
„Unsinn!" sagte ihre Herrin. „Setzen Sie sich und erzählen Sie mir, was sich zugetragen hat."
Das Weib sammelte sich und erklärte dann ihre Furcht.
Es war wirklich Annette Veli, durch eine Perrücke und andere Künste so verändert, daß Derrick Duvar sie nicht erkennen konnte, um so weniger, da ihre Herrin sie gewöhnlich Rosine nannte.
Sie hatte die Ankommenden gesehen; doch diese hatten sie nicht bemerkt.
„Er würde Sie auch nicht erkannt haben, wenn er Sie gesehen hätte," sagte Mrs. St. Ulm, „so verändert sind Sie durch Ihre Verkleidung, und so lange ist es her, seit er Sie zum letzten Male sah."
„Er wird mich erkennen, Madame, was ich auch mit mir anfangen mag."
„So bleiben Sie ihm fern! Sie können das ganz leicht. Ich werde zu erfahren suchen, wie lange er hier bleibt."
Annette gegenüber sprach sie heiter; doch hatte sie selbst böse Ahnungen. Duvar mußte den Mann haben holen lassen. Warum? Das war die Frage.
Konnte er durch irgend einen Zufall entdeckt haben, wer sie war, und nach diesem Manne geschickt haben, damit er ihm seine früheren Angriffe erneuern helfen möge?
„Dieser elende, schändliche Mensch!" murmelte Annette. „Der brütet wieder ein Unheil in seinem gelben Kopse."
* Posen, 5. Okt. Die getrennt lebende Frau des Bäckergesellen Gorski schnitt heute abend ihren drei Kindern im Alter von 4—6 Jahren die Hälse durch, sodann schnitt sich die Frau die Pulsadern an beiden Händen durch, nachdem sie ihren Hausrat in Brand gesteckt hatte.
Ausländisch«-.
* Wien, 9. Oktbr. Um einen Wachmann kampfunfähig zu machen, bediente sich kürzlich, wie Wiener Blätter schreiben, eine Arbeiterin eines Mittels, das an klassische Muster erinnert. Als nämlich vor einigen Tagen der Sicherheitswachmann Alois Prager auf der Simmeringerstraße im Kampfe mit mehreren Burschen blank vom Leder zog, um sich der Angreifer zu erwehren, hielt ihm die Arbeiterin, die man die Römerin von Simmering nennen kann, ihren vier Monate alten Säugling entgegen, so daß der Wachmann, um das Kind nicht zu verletzen, von dem Säbel keinen Gebrauch machte und sich also gegen die große Uebermacht nicht verteidigen konnte, während die Angreifer selbst nach Herzenslust auf ihn loshanten. Die Thäter wurden ermittelt und alle, mitsamt ihrer Simmeringer Römerin, dem Landesgericht eingeliefert.
* Wien, 10. Okt. Wiener Blätter melden aus Rom: Der Kardinal Agliardi wird nach einer vatikanischen Meldung auf Wunsch des Papstes, welcher einen gewichtigen Diplomaten zur Beratung internationaler Fragen in seiner Nähe zu haben wünschte, in Rom seinen Wohnsitz nehmen.
* In Reichend erg in Böhmen hat der in Konkurs geratene Besitzer einer großen Holzhandlung und Dampfsügemühle in Reidowitz dem Kreisgericht selbst die Anzeige erstattet, daß er Wechsel im Betrage von 80000 sl. gefälscht habe. Derselbe wurde sofort in Haft behalten.
* Paris, 9. Okt. Der „Figaro" kündigt mit einigen feierlicken Worten an der Spitze des Blattes au, daß der Kaiser von Rußland die Absicht geäußert habe, im nächsten Frühjahre incognito zwei bis drei Wochen mit seiner Gemahlin in Paris zu verbringen.
* Chalons, 10. Okt. Um 6 Uhr abends ist das Zarenpaar unter lebhaften Zurufen der Bevölkerung abgereist. Der Kaiser und Faure verabschiedeten sich aufs herzlichste. Bei der Abfahrt bildeten 70 000 Manu Spalier mit Trommelwirbel und Fahnensenken. Am Bahnhof augekommeu, verabschiedete sich der Zar von Loubet, Brisson und Barthon. Faure verabschiedete sich am Kaiserwaggon. Hochrufe begleiteten die Abreise des Kaiserpaares. Faure reiste eine Viertelstunde später ab und traf in Paris um 10 Uhr abends unter einer Ovation der Menge ein.
* Der „Figaro" enthält einen mehrspaltigen Artikel über die Zarin aus der Feder von Henri Conti, der mehrere Jahre lang ihr Lehrer in französischer Litteratur war. U. a. erfährt man daraus, daß die Prinzessin bis zum 8. Jahre 50 Pf., bis zum 12. 1 Mk., bis zum 16. Jahre 2 Mk. Taschengeld pro Woche erhielt.
0 England ist sehr eifersüchtig auf den Zaren- cmpsang in Frankreich, der mit dein Aufenthalte des russischen Herrschers in Balmoral allzu stark kontrastiert. Das Unbehagen des englischen Publikums hierüber sucht der „Standard" hinwegzudemonstrieren, indem er bei Besprechung des Zarenbesuches ausfuhrt, die
Zu dieser Zeit war die Nachricht von der bevorstehenden Heirar der Lady Dare mit dem Herzoge von Berwick ein öffentliches Geheimnis.
„Wozu es verbergen?" sagte sich Mylady, wenn sie an Sever dachte. „Er weiß es ja doch!"
Und trotz ihrer Furcht, ihrer qualvollen Zweifel betrieb sie doch kühn alle Vorbereitungen.
Der Herzog war auch sehr geschäftig während der Zeit zwischen der Stadt und dein Schlosse, da er sowohl beim Juwelier, als beim Advokaten und bei den verschiedensten Handwerkern zu thun hatte, welche ihm seine zahlreichen, herrlichen Schlösser neu möblieren und ausstatten sollten. Er war ebenso beschäftigt, wie er glücklich war.
Mylady schauderte jedesmal, wenn er sie verließ, und beobachtete prüfend sein Gesicht, wenn er wiederkam, aus Angst vor dem, was vielleicht indessen vorgefallen sein konnte.
Doch noch zögerte ihr Feind.
Lady Dare hatte die Fragen nach Rupert damit beantwortet, daß sie sagte, er habe seinem alten Lehrer in der Grayson Rectory einen Besuch abgestattet.
„Es ist nicht wahr," erklärte Regina, welche ihrer Mutter in ihr Zimmer folgte, „Du weißt so gut wie ich, daß das nur eine Lüge ist."
Mylady lächelte herausfordernd.
„Ich mußte Ihnen doch aus Anstandsrücksichten irgend Etwas sagen," meinte sie kalt.
„Und Du hast die Kühnheit, mir gegenüber weiter auf der Behauptung zu bestehen, Du wußtest nicht, wo ec ist?"