Lage befreien konnten. — In einem Stuttgarter Hotel wurden dem Oberkellner von einem Hochstapler, der sich mit einer Dame dort einlogiert hatte, 1000 Mark aus der Kasse gestohlen. Der Thäter ist ermittelt.
* Bühl, 26. August. Eine halbe Million Mark wurden dieses Jahr hier und in der Umgegend aus Frühzwetschgen erlöst.
* Liegnitz. Ein interessanter Fund wurde hier gemacht. Bei Untersuchung des Baugrundes zu dem Anbau des zu Regierungszwecken dienenden Schlosses wurden von den Arbeitern in einer Tiefe von vier Meter in einer Schuttlage 31 gußeißerne Kanonenkugeln von 8—16 Zentimeter Durchmesser gefunden. Man nimmt an, daß dieselben aus dem 30jährigen Kriege herstammen.
* Berlin, 27. Aug. In diplomatischen Kreisen will man wissen, der Zar hege den Wunsch, bei Gelegenheit seiner Anwesenheit auf deutschem Boden auch eine Begegnung mit dem Fürsten Bismarck zu haben. Es sei aber zur Zeit noch fraglich, ob das Programm Raum bieten werde zu einer solchen Zusammenkunft und ob das Befinden des Alt-Reichskanzlers in den nächsten Wochen befriedigend genug sein wird, daß er die mit einer solchen Entrevue verbundenen Anstrengungen ertragen kann.
* Berlin, 28. August. Die Agitation für den Austritt aus der Landeskirche, in welcher ein Stillstand eingetreten ist, soll in nächster Zeit wieder ausgenommen werden.
* Berlin, 28. August. Im Aufträge des deutschen Ausschusses der freien Vereinigung der Inhaber griechischer Wertpapiere, überreichte gestern dessen Vorsitzender dem Kaiser persönlich ein Immediatgesuch, worin um Hilfe für die geschädigten deutschen Gläubiger Griechenlands gebeten wird.
* Die Blätter berichten über Vorfälle in Königsberg i. Pr., die dort zur Zeit den Gesprächsgegenstand bilden. Folgendes ist die Darstellung der „Freisinnigen Zeitung" von der Sache: Im Börsengarten, einem Vergnügungslokal der Gesellschaft der Börsenhalle am Schloßteich, kam es aus Anlaß einer italienischen Nacht zu einem Wortwechsel zwischen einem Vorstandsmitglied und einem ohne Eintrittskarte als Gast erschienenen Regierungsassessor. Der Regierungsassessor ließ am folgenden Tage in einem Schreiben durch einen andern Regierungsassessor v. V. das Vorstandsmitglied zum Duell auf Pistolen fordern. Die Direktion des Börsengartens entzog hierauf dem Kartellträger die Eintrittskarte zum Börsengarten. Nunmehr sandten unter Führung des Oberpräsidenten Grafen Wilhelm v. Bismarck 30 Mitglieder der Regierung nach einem erfolglosen Briefwechsel mit der Direktion ihre Eintrittskarten zum Börsengarten zurück. Inzwischen verkehrten aber noch andere höhere Beamte und Offiziere mit ihren Familien nach wie vor im Börsengarten. Vor einigen Tagen aber ließ der kommandierende General durch den Stadtkommandanten den Vorsitzenden der Direktion auffordern, den Regierungspräsidenten um Entschuldigung zu bitten und demAssessor v. V. die Einladung wiederzugeben, alsdann wolle der Kommandierende seinen Einfluß geltend machen, um Herrn v. V. zu veranlassen, wegen seines nicht
ganz korrekten Benehmens sich zu entschuldigen. Die Direktion der Börsenhalle hat auch das Verlangen des kommandierenden Generals zurückgewiesen. Nunmehr hat der kommandierende General den Offizieren den Besuch des Börsengartens verboten, sowie die Erlaubnis zurückgezogen, daß die Militärkapellen dort spielen dürfen.
* Hamburg, 28. August. Auf dem Steinwärder wütet ein furchtbares Feuer. Die Nagel'sche Spritfabrik ist in vollen Flammen. Es erfolgen fortwährend Explosionen, wobei in der ganzen Stadt die Fensterscheiben klirren.
0 Die Hauptergebnisse der Berufszählung im Deutschen Reiche werden jetzt im Reichsanzeiger veröffentlicht. Danach betrug die Gesamtzahl der Er- werbsthätigen 22 913 691, davon 16 533 734 männliche Personen, der Dienstboten für häusliche Dienste im Haushalt der Herrschaft 1339318 (25 364 männliche), der Haushaltungsangehörigen ohne Hauptberuf 27 517 275 (8 850061 männl.), zusammen 51 770284 (254091.59 männliche und 26 361 125 weibliche) Personen. Bei der Landwirtschaft, Gärtnerei und Tierzucht, Forstwirtschaft betrug die Zahl der Er- werbsthätigen 8 292 692 (5539 538 männliche), der Dienstboten 374 697 (97 561 männl.), der H<ws- haltungs - Angehörigen ohne Hauptberuf 9 833 918 (3 317 306 männl.), Summa 18501307. Bergbau und Hüttenwesen, Industrie und Bauwesen zählten 8 281 230 (6 760 097 männl.). Erwerbsthätige in Handel u. Verkehr 2 338 508, wovon 1 758 900 männliche.
sj (Aus D euts ch - O st a f r lk a.) Nachdem die Anlage einer Versuchsstation in Usambara, welche sich mit tropischen Kulturen befassen soll, aufgegeben worden ist, wahrscheinlich in der Annahme, daß die auf den Plantagen gemachten Versuche ausreichend waren, ist jetzt eine neue Station in der Landschaft Kawai errichtet. Dort werden unter Leitung zweier deutscher Landwirte Versuche mit europäischen Kulturen und Viehzucht augestellt.
Ausländisches
* Wien, 29. Aug. (Das russische Kaiserpaar in Wien.) Gestern vormittag blieben die beiden Kaiser nach dem im Lainzer Schlosse eingenommenen Dejeuner zwei Stunden allein, was wohl den markantesten Moment des gestrigen Tages bildet, denn zweifellos fand während dieser Zeit ein reger politischer Gedankenaustausch statt. Nach dem Familiendiner im Lainzer Schloß wurde die Rückfahrt angetreten, wo um chz9 Uhr im glänzend geschmückten Redoutensaal ein Hoskonzert stattfand. Zn demselben waren über 400 Gäste geladen, darunter alle hier accreditierten Botschafter und Gesandten. Hans Richter dirigierte das Hoforchester. Die hervorragendsten Künstler der Hofoper wirkten mit. Nach der ersten Abteilung hielt das russische Kaiserpaar Cercle, v. Goluchowski stellte dem Zaren alle Botschafter vor. Der Zar sprach insbesondere längere Zeit mit dem französischen, deutschen und türkischen Botschafter. Ferner wurden dem Zaren die Chefs der fürstlichen Häuser vorgestellt. Die Zarin ließ sich durch die Erzherzogin Maria Joseph« gleichfalls mehrere Mitglieder des diplomatischen Corps, sowie die Damen des Hochadels vorstellen. Zweimal und ungewöhnlich lauge sprach Kaiser Franz Joseph
mit dem türkischen Botschafter. Nach Schluß des Konzerts zeichnete Kaiser Franz Joseph die mitwirkendeu Künstler durch längere Ansprachen aus. Nach Schluß des Cercles entfernte sich der Hof. Der Kaiser geleitete das Zarenpaar bis zu dessen Appartements. Bezüglich der politischen Merkmale des gestrigen Tages ist noch zu erwähnen, daß mittags bei dem russischen Botschafter Kamst ein Dejeuner stattfand, nach welchem eine zweistündige Konferenz zwischen Kamst, v. Goluchowski, dem Fürsten Lobanoff und dem Botschafter Liechtenstein abgehalten wurde.
* Wien, 29. Aug. In seiner Unterredung mit dem deutschen Botschafter betonte Fürst Lobanoff, daß Rußland an der früheren Orientpolitik festhalte und auch die Konstantinopeler Ereignisse nicht düster ansehe. Er hoffe, die Angelegenheit werde wie in Kreta geordnet werden können.
* Wien , 29. August. Wie hiesige Blätter erfahren, ist es angesichts des Befindens der Zarin wahrscheinlich, daß dieselbe den Kaiser auf seiner weiteren Reise nicht begleiten werde.
* Innsbruck, 27. Aug. Vergangene Nacht fiel bis ins Mittelgebirge herab Schnee. Stubai liegt im Schnee, Jgls bot heute früh ein ganz winterliches Landschaftsbild. Auch in Innsbruck fielen nachts Schneeflocken.
* Rom, 29. August. Das Turmschiff Piemonte segelte nach Brasilien ab. Der brasilianische Gesandte ist hier eingetroffen. Gestern abend fand bereits ein Ministerrat unter dem Vorsitz des Königs statt.
* Paris, 28. Aug. Von den orleanistischen Zeitungen und auch von dem in allen Farben schillernden „Figaro" wird die Audienz, welche Kaiser Nikolaus in Wien dem Herzog von Orleans gewährt hat, politisch verwertet. Man deutet an, wie unendlich wertvoll es für Frankreich wäre, wenn es seine republikanische Staatsform mit einer solchen vertauschte, welche dem mächtigen Verbündeten an der Newa gleichkäme; die Allianz würde dadurch viel wirksamer werden.
* Paris, 29. Aug. Laut Konstantinopeler Meldungen verkaufen die reichen Armenier ihre Geschäfte. Viele wollen hieher oder nach London übersiedeln.
D ImPariser zoologischen Garten lebt seit mehr als sechzig Jahren ein riesiger Steinadler in dem ihm vielleicht nicht sehr angenehmen Zustande der Gefangenschaft. Er hätte Ursache, stolz zu sein, denn sein persönliches Konterfei gab dem napoleonischen Kaiserreich das Wappen (auf den Münzen wenigstens) und außerdem wurde ihm Mitte April 1856 auf Befehl Louis Napoleons eine Schwanzfeder entnommen, mit der dann die Unterzeichnung des „Pariser Friedens" erfolgte. Dies bejahrte Tier soll in den letzten Tagen häufige Zitteranfälle bekommen haben: es scheint von einem neuen Vertrage der Mächte wegen Kreta gehört zu haben und bangt nun um seine Schwanzfedern. Es kann unbesorgt sein: die heutige Feder ist von demselben Stoffe wie die Waffen und sodann schließt man den Vertrag auch nicht in Paris. Die Pariser Arbeit ist bei den Diplomaten nicht mehr in Mode, wie dies vor vierzig Jahren der Fall war, wo ganz Europa an den Lippen des kaiserlichen Thronräubers hing.
D Das belgische Rindvieh trägt seit kurzem auf ministerielle Anordnung Ohrringe, die wie Plomben getragen werden und die zur tierärztlichen Kontrolle
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Auf dem Weg der Freundschaft darf man das Gras nicht wachsen lassen.
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(Fortsetzung.)
„Ich habe sie selbst Lady Regina öfter Blicke zuwerfen sehen, als ob sie sie haßte."
„Das Mädchen hat keine Furcht vor ihr, und das ist einer der Gründe, weshalb sie sie weder biegen, noch brechen kann. Ich habe noch niemals so ein mutiges, hochherziges Geschöpf gesehen."
„Nun, bei dieser Mutter ist es ein Glück, daß sie so ist. Ich habe das Mädchen sehr lieb."
„Ich ebenfalls!"
* *
-t-
Lady Dare sprach bei der ersten Gelegenheit mit ihrer Tochter.
„Ich sah Dich mit Rupert Sever im Garten," sagte sie. „Hast Du ihm gesagt, wovon wir gestern Abend sprachen?"
„Nein," antwortete Regina gleichgültig.
„Denke daran," mahnte ihre Mutter, „daß ich Dir streng verboten habe, mit ihm über Deine thörich- ten Einbildungen und lächerlichen Voraussetzungen zu sprechen."
Die Augen des Mädchens blitzten verächtlich.
„Die Einbildungen! Voraussetzungen!" wieder-
„Bah!" erwiderte ihre Mutter ärgerlich. „Jeden
falls denke daran, daß Du mit ihm nicht über diesen Gegenstand sprechen darfst."
„Das hast Du mir schon gestern Abend gesagt," bemerkte Regina gleichgültig. „Wenn ich ihm nun z. B. jedes Wort erzählt hätte, von dem, was vorgegangen ist — was dann?"
„Dann würde ich ihn sofort mit seinem Hofmeister auf Reisen schicken," antwortete Lady Sylvia.
„Da Du ohnehin beschlossen hast, dies zu thun, so sehe ich eigentlich keinen Unterschied."
„Sei mir ungehorsam, dann wirst Du sehen!" erwiderte Lady Dare mit bleichen Lippen, während ihre Stimme vor Leidenschaft bebte.
Regina lächelte verächtlich.
„Ich dächte, Mama, Du müßtest schon lange wissen, daß Du bei mir mit allem Anderen besser als mit Drohungen fortkommst!"
22. Kapitel.
Was der Doctor fand.
Das Essen und Schlafen des guten 1)r. Stroud dehnte sich etwas mehr in die Länge, als er eigentlich im Anfänge beabsichtigt hatte.
Als er den Felsen Herabstieg, um ein Ruheplätzchen zu suchen, verstauchte er sich den Fuß — nicht bedeutend, aber doch genügend, um seinen beabsichtigten Versuch, mit Hilfe seiner alten Jugenderinnerungen in das Innere von Danger Cliff einzudringen, aufschieben zu müssen. Er wartete jedoch die Zeit ab. Er wußte, daß seine Familie noch nicht ängstlich sein würde, da er erwartet hatte, mehrere Tage fortbleiben
zu müssen, und er hatte genug der Gerüchte selbst an diesem Orte gesammelt, um seinen Wunsch, das Geheimnis der alten Felseuburg zu ergründen, bedeutend zu erhöhen.
Er sagte Niemandem, was er beabsichtigte; doch als er bereit war, ging er eines Morgens in der Frühe fort, ganz allein, nur mit dem schweren, goldknöpfigen Stock als alleinigen treuen Begleiter.
Um den Punkt, auf den er zu gelangen wünschte, erreichen zu können, war es nötig, sich von der Spitze des Felsens aus zu nähern.
„Die steifen alten Knochen!" stöhnte er, als er langsam und vorsichtig einen steilen, holprigen Weg Herabstieg, welcher den Felsen am See gerade gegenüber zu liegen schien. Etwas tiefer unten kam er zu einer Felsöffnung, die wie das ausgetrocknete Bett eines Wildhaches aussah.
Er lachte vergnügt, als er dieselbe gewahrte, trat hinein und ging vorsichtig, immer mit dem Stocke vor sich hinfühlend, weiter.
Nachdem er diesen Weg eine Zeit lang verfolgt hatte, bog er rechts in einen Nebenweg ein, welcher jedoch von dem ersten durch hohe, steile Stufen, über die er hinwegklettern mußte, abgeschlossen war.
„Das alte Gedächtnis ist nicht so steif, wie die Knochen," kicherte er, als er jetzt schneller weiterging, immer aufwärts, bis er an eine kleine Thür kam, die in die Felsburg selbst führte.
Es war keine geheime, wenn auch eine etwas verborgene Thür — ja, sie war nicht einmal verschlossen.