dienen sollen. (Die Idee ist des Ausbaues für staat­liche Zwecke wert. Männer sollten Ohrringe tragen, in denen der Steuerempfänger die Quittung der Koupierzange einkneift. Nur toupierte Ohrringe be­rechtigen zur Teilnahme an Wahlen, Versammlungen, zum Wirtshausbesuch u. dgl.)

* Belgrad, 29. Aug. Es wird bestätigt, daß alle dem Exkönige Milan ergebenen Personen aus einflußreichen Stellen entfernt werden sollen.

* Aus Konstantinopel wird gemeldet: Jeder Armenier, der sich blicken läßt, wird gehetzt. Die An­zahl der Toten schätzt man auf 10,000. Man be­fürchtet noch immer ein allgemeines Christenmassacre. Die Lebensmittel beginnen zu mangeln, da alles ge­schlossen ist. Die direkte Depeschenbeförderung ist un­möglich, weil angeblich die Drähte gerissen sind.

* Aus Ko nst antin o p el wird gemeldet: Man sieht in den entsetzlichen Vorgängen vom letzten Mittwoch allgemein die Vorläufer noch ernsterer Ereignisse. Es herrscht nur eine Stimme darüber, daß die Mächte diesmal energisch austreten müssen. Niemand ist seines Lebens sicher. Der Bevölkerung hat sich eine furchtbare Aufregung bemächtigt. Die Europäer haben ihre Wohnungen förmlich verschanzt und möglichst viel Proviant anfgehäuft. Viele Fremde und dauernd hier Lebende sind mit der Bahn abge­reist. Zahlreiche Personen haben sich auf die im Hafen liegenden Schiffe geflüchtet. Ein französisches, deutsches und englisches Kriegsschiff landeten bei Taphne Soldaten. Die Türken sind in wahnsinnige Wut geraten durch die Provokationen der Armenier. Die Parole ist gegeben, alle Armenier umzubringen und deren Geschäfte zu zerstören.

D (Anarchie in Konstantinopel.) Es ge­hört die ganze wunderbare Geduld der Großmächte und ihre nach außen hin allerdings verschleierte Un­einigkeit dazu, die Türkenherrschaft in Europa noch länger zu dulden. Die Zustände amGoldenen Horn" spotten jeder Beschreibung. Tagaus, tagein Kon­ferenzen der Botschafter, Verhandlungen mit der Pforte, persönliche Vorstellungen bei dem Padischah, Zusagen, Versprechungen, Anordnungen ohne Zahl, aber alles bleibt beim alten, oder alles wird schlimmer. Kreta ist sicherlich keine große Insel, um deren Schicksal sich die Alte Welt m dem Maße zu kümmern brauchte, daß sie ihren Frieden gefährdet sähe. Aber unter den Augen der europäischen Konsuln, fast unter der Herrschaft der europäischen Seegeschütze, werden Misse- thaten und Metzeleien aus Kreta verübt, die man in unserem Zeitalter für unmöglich halten sollte. Heute überfallen mohammedanische Banden christliche Dörfer und sengen, brennen und morden, und morgen üben die Christen an den mohammedanischen Dörfern und ihren Einwohnern blutige Vergeltung. Die zum Himmel schreienden Greuelthaten in Kreta und Kon­stantinopel fordern die Großmächte zum festen Handeln ans und aus der Rundreise, die der Zar gegenwärtig unternimmt, müssen diese Dinge zur Sprache gebracht werden. Sie drängen sich von selbst aus.

* Ein Jrade des Sultans vom Freitag nimmt die von den Botschaftern mit dem Großwesir Tewfik Pascha vereinbarten Zugeständnisse für Kreta an.

* Madrid 29. Aug. Eine Verordnung des Ge­nerals Weyler untersagt die Ernte des Kaffee's und

des Zuckerrohrs. Die Verordnung erstreckt sich auf die ganze Insel Kuba. Einem Berichterstatter gegenüber hat General Weyler geäußert, die Maßregel sei zwar eine schwere, sie sei aber die einzige, welche den Aufständigen das nötige Geld zum Ankauf von Waffen und Munition entziehe.

* Keywest, 28. August. Das Reutersche Bureau meldet: Der von einem Freibeuterzug nach Cuba hir- her zurückgekehrte Führer der Aufständischen Carlos Roloß meldet den Erfolg dreier Freibeuterexpeditionen, welche von den Spaniern unbeobachtet am Hellen Tag mit 400 Gewehren und Isth Millionen Patronen, 4 Hotchkißgeschützen, Dynamit und Arzneimittel landeten.

* New-Jork, 28. Aug. Li-Hung-Tschang ist hier angekommen.

* New-Jork, 29. August. Wie derHerald" meldet, hat Italien an die brasilianische Regierung ein Ultimatum in Betreff der schwebenden Streitig­keiten gesandt und für die Antwort nur eine kurze Frist gestellt.

Handel und Verkehr.

* Marbach, 27. Aug. Der gestrige Viehmarkt war mit etwa 430 Stück Vieh befahren. Der Handel ging infolge der verzögerten Erntegeschäfte sehr flau. Die Preise sanken, obgleich die Nachfrage nach Fett- und Anbindevieh lebhaft war. Das Paar Ochsen kostete 8701025 Mk.. Stiere 420650 Mk., Milch- kühe 200390 Mk., Schmalvieh 80250 Mk. je nach Alter und Beschaffenheit. Milchschweine kosteten 2025 Mk. pro Paar, Läuferscheine 3045 Mk. für das Stück je nach Größe und Beschaffenheit.

* Heilbronn, 26. August. (Ledermarkt.) Die Zufuhren zum heutigen Markt waren gegen letzten Maimarkt um ca. 300 Zentner stärker und hat sich im Geschäft erfreulicherweise überhaupt wieder mehr Leben gezeigt, was um diese Jahreszeit meistens der Fall ist. Sämtliche Ledersorten, mit Ausnahme einiger kleinerer Partien, welche als unverkauft zurückgenom- men wurden, fanden mit einem Preisaufschlag von 56 Prozent gerne Nehmer.

ihrer Herrschaft treiben die sog. Schwabenkäfer ihr Un­wesen. Die Gnädige wollte die neue Köchin necken und sagte:Sehen Sie, da springen Ihre Landsleute!" O, bei uns heißt mer's Schweizer," sagte gemütlich die gefaßte Schwäbin.

* Eine vorzügliche Festinschrift hat ein dreizentneriger Schweinemetzger am Turnfest in Bischofszell ge- leistet. Derselbe schrieb nämlich an sein Haus:

Man spricht von Lenz und Liebe Und lebt von SchweinSkottelett,

Wenn umgekehrt man'S triebe,

So würd' kein Metzger fett.

* (Blumen spräche.) Soldat:Herr Feldwebel, kann ich Urlaub bekommen? Wir schlachten daheim!" Feldwebel:Ja wohl. Wenn du einen Tag länger bleiben willst, so schick' nur Nachricht wickel's aber gut ein."

Neueste Nachrichten

^V. Wien, 31. Aug. Dem vorgestrigen Minister­rat unter dem Vorsitz des Kaisers beim Minister­präsidenten wohnten beide Landesverteidigungsminister, der Finanzminister sowie mehrere Mitglieder des un­garischen Kabiuets bei. Vorerst wurde die Bankfrage behandelt, alsdann sollen auch die Vorgänge in Kostantinopel einer eingehenden Erörterung unterzogen worden sein.

iss Marseille, 31. August. Der Generalrat der Bauches du Rhone nahm eine Resolution an, wo­durch die Regierung ersucht wird, Familienvätern, welche mehr als drei Kinder haben, die direkten Steuern zu erlaffen und die Junggesellen damit zu belasten.

Iss. Athen, 31. August. In einer Ortschaft bei Kandia töteten die Türken 8 Personen und verwun­deten 5. Sie äscherten mehrere Häuser ein und ent­weihten die Kirche.

iss. Konstantinopel, 31. Aug. Der Minister des Aeußeren Tewfik Pascha besuchte den österreichischen Botschafter, um ihm die Antwort auf die letzten Vor­stellungen der Mächte mitzuteilen.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.

Haus- und Landwirtschaftliches.

* Gurkensamen gewinnt man aus den völlig reifen Gurken sehr leicht. Man läßt die Gurken, wenn sie ganz gelb geworden sind, einige Tage liegen, schneidet sie dann der Länge nach durch und drückt mit dem Daumen die Gallerte mit den Samen in einen bereitgehaltenen Topf. Die Samen bleiben da­rin acht bis vierzehn Tage, auch länger, bis die dem Samen anhaftende Gallertmaffe verfault ist. Durch tüchtiges Spülen mit reinem Wasser und durch fortwähren­des Abgießen des Schmutzwassers werden die Samen alsdann vom Schmutze gereinigt und zum Trocknen so hingelegt, daß die Spatzen, welche ihnen sehr nachgehen und die besten Körner aussuchen, nicht daran können. Taube Körner schwimmen beim Reinigen mit dem Wasser ab. Die durchschnittenen Gurken kann man wie Senfgurken einmachen.

" Vermischtes.

* (Heim geschickt.) Eine schwäbische Köchin kommt in die Schweiz in Stellung. In der Küche

Verfälschte schwarze Seide.

Man oerbrmnc ein Müsterchen des Stoffes, von dem man kaufen will, und die etwaige Verfälschung tritt sofort zu Tage: echte rein gefärbte Seide kräuselt sofort zusammen, verloscht bald und hinterläßt wenig Asche von ganz hellbräunlicher Farbe. Verfälschte Seide (die leicht speckig wird und bricht) brennt langsam kort, namentlich glimmen dieSchußfäden" weiter, wenn sehr mit Farbstoff erschwert, und hinterläßt eine dunkelbraune Zpche, die sich im Gegensatz zur ächten Seide nicht kräuselt, sondern krümmt. Zerdrückt man die Asche der ächten Seide, so zerstäubt sie, die der verfälschten nicht. Die Leiden-Fabriken G. Henneberg (k. u. k. Hoflief.), Zürich versenden gern Muster von ihren echten Seiden­stoffen an Jedermann und liefern einzelne Roben und ganze Stücke porto- und steuerfrei in die Wohnung.

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Köstlich!" sagte der Doctor, als er dieselbe aufstieß;mir ist gerade, als ob ich wieder ein Knabe wäre, da ich mich wieder hier sehe.

Eine enge Treppe wurde jetzt sichtbar, welche durch die anscheinend solide Felswand aufwärts führte. Diese Treppe war hin und wieder durch einen Spalt in der Mauer erleuchtet, welcher augenscheinlich zu diesem Zwecke vorhanden war. Der Doktor mußte, während er hinaufkletterte, einige Mal stillstehen, um auszuruhen und sich den Schweiß von der Stirn zu wischen; doch erreichte er endlich das Ende. Hier wartete er einige Augenblicke, aufmerksam horchend, da ihm vorkam, als ob er über sich einen Ton wie den Klang einer schweren Eisenkette vernähme.

Dann hob er seinen Stock und fühlte mit dem­selben zwischen den Unregelmäßigkeiten der Stemdecke über seinem Haupte. Man hörte ein leises Klirren, und ein Teil der Mauer bewegte sich abwärts, bis er zwei Steinstufen enthüllte, die sich innen befanden.

Im selben Augenblicke hörte er eine Stimme eine Männerstimme, wie es schien in unsäglichem Seelenschmerze die Worte ansstoßen:

Mein Gott, sei barmherzig! O, allmächtiger Gott, habe Mitleid mit mir!"

Das dachte ich mir!" sprach der Doktor, ohne daß man jedoch einen Ton horte; er stieg vorsichtig die beiden Stufen hinauf, steckte den Kopf durch die obere Oeffnung, wartete einen Augenblick und folgte dann mit dem ganzen Körper nach.

Er stand zwischen dem großen, mit schweren Vor­hängen versehenen Bette und der Wand; die herab­

hängenden Vorhänge verbargen sowohl ihn, als die Art seines Eintritts vollkommen.

Er teilte langsam und noch vorsichtiger die seidenen Falten und blickte in das Zimmer. Doch bei dem, was er jetzt sah, wurde er noch bleicher als damals, wo er Duvar's mörderische Finger an seiner Kehle fühlte. Er erkannte das unglückliche Geschöpf, das da wie ein Galeerensklave angeschmiedet war, natürlich nicht. In der großen, dürren, verfallenen Gestalt mit dem bleichen Gesichte, dem verwilderten Bart und dem ungekämmten Haar, das wie die Mähne eines wilden Tieres herabhing, war Nichts, was ihn an den im Delirium liegenden Patienten mit dem gebrochenen Arme erinnern konnte, den Derrick Duvar vor so langer Zeit aus dem Tenmut-Hotel weggeführt.

Doch da war eine barbarische Grausamkeit; er sah tiefes Leiden, namenlose Seelenangst und Ver­zweiflung in diesem gespensterhaften Gesichte mit den glühenden Augen, wie sie vr. Stroud nie vorher ge- sehen hatte!

Ein drittes Mal klang diese herzzerreißende Klage in Tönen der Verzweiflung an sein Ohr:

O, allmächtiger Gott, habe Mitleid mit mir!"

Der kleine, weichherzige Doktor stürzte mit Thränen in den Augen, nach Atem ringend, hinter dem Bett hervor und lief zu ihm hin.

Herr," rief er heiser,ich glaube, Gott hat Ihre Bitten erhört. Sehen Sie mich an!"

Als wenn er plötzlich in Stein verwandelt worden wäre, so stand Hauptmann Sever und starrte ihn an.

Dann begann er am ganzen Körper zu zittern, als ob er das Fieber hätte.

Sind Sie ein lebendiger Mensch oder ein Geist?" keuchte er mit trockenen Lippen.Oder träume ich?"

Dann jedoch, ehe der Doktor noch im Stande war, seine Aufregung genügend zu bewältigen, um sprechen zu können, fügte er, sich selbst antwortend, hinzu :

Verzeihen Sie mir! Gleichviel woher Sie ge­kommen sind; ich sehe, daß Sie wenigstens ein Mensch sind, und das ist Etwas, was ich seit sechs Jahren nicht gesehen habe."

Sechs Jahre! Genau die Zeit, seit der Bruce verschwand.

vr. Stroud's kleine, lebhafte Augen begannen zu blitzen und zu funkeln und seine Thränen trockneten.

Sie wollen doch nicht sagen Sie sind doch nicht etwa Victor Bruce?" stotterte er.

Onein!" rief Magnus Sever mit einem wilden Fluche.

In diesem Augenblick sah der scharfsichtige Doktor den Ring mit dem Affengesichte, welchen der Haupt­mann s.'iuem unglücklichen Reisegefährten nach dessen Tod bei dem Eisenbahn-Unglück abgezogen hatte, und erkannte denselben.

Wir wollen uns bei diesem Punkte nicht lange aufhalten und, um Wiederholungen zu vermeiden, nur berichten, daß die notwendigen Aufklärungen zwischen den Beiden erfolgten.

(Fortsetzung folgt.)