Hagelschlag lasse noch etwas für den Landwirt übrig, der Hase aber nichts als Stoppeln und ein verwildertes Feld. Uebrigens ruinieren dieselben auch die jungen Maissaaten, indem sie die jungen Pflanzen ausziehen und soweit sie dieselben nicht fressen, einfach liegen lassen. An den Rüben haben sie desgleichen schon zu dieser Jahreszeit ihr Zerstörungswerk begonnen, nachdem sie den Landwirten im Laufe der Jahre viele Tausende von Zentnern vernichtet haben. — Wie man auf die positive volkswirtschaftliche Bedeutung der Jagd verweisen könne, übersteige unter diesen Umständen das Begriffsvermögen eines Landwirts turmhoch: sei der Wildstand klein und ungefährlich, dann bedeute er nichts; sei er dagegen groß und stelle er ein beträchtliches Wertkapital dar, dann sei er eine Gefahr für das Nationalvermögen, weil er das Volkseinkommen in einem von Vielen offenbar nicht einmal geahnten Maße schmälere.
* Stuttgart, 1. Juli. Geschlossenen Vereinen, welche sich in Gruppen von mindestens 30 Personen (einschließlich Frauen und Kinder) schriftlich auf dem Ausstellungsbureau melden, wird ein ermäßigtes Eintrittsgeld von 50 Psg. pro Person gewährt.
* Untertürkheim, 1. Juli. Vergangene Nacht ereignete sich hier ein dreifacher furchtbarer Mord. Der in der Mühlgasse wohnhafte, 34 Jahre alte, verheiratete Weingärtner Ernst Huppenbauer von hier, welcher schon seit mehreren Jahren am Säuferwahnsinn leidet und deshalb schon früher in eine Irrenanstalt verbracht worden war, überfiel in letzter Nacht l'Z Uhr in einem Anfall von Raserei seine Familienangehörigen. Seiner Frau, welche er mit einem Nachttopf auf den Kopf schlug, daß eine bis auf den Schädelknochen reichende Wunde davon zurückblieb, gelang es, durch die Hausthür zu entkommen. Dagegen schlug der Wahnsinnige seiner Tante, der 65jährigen Weingärtnerswitwe Huppenbauer, geb. Strauß, welche ihn erzogen hat, mit einem Beil den Schädel ein und versetzte ihr noch mit einem Brotmesser eine tiefe Schnittwunde in den Hals ; sodann schlug er mit derselben Mordwaffe seiner andern Tante, der 59 Jahre alten Küblerswitwe Biedermann, geb. Strauß, ebenfalls den Schädel ein und endlich auch seinem 12jährigen einzigen Kinde, einem Mädchen. Der Wahnsinnige wurde infolge derHilferufe seiner Frau, welche sich an die Nachbarn wandte, sofort festgenommen, er ließ sich ohne jeglichen Widerstand fesseln und äußerte zu einem Nachbarn: „Ich habe sie totgeschlagen — schlage du nur die Deinen auch tot, ehe die Pest kommt." Er erinnert sich im Ortsarrest der That ganz klar. Beil und Messer wurden aufgefunden. Die schrecklich zugerichteten Leichen der beiden ermordeten Frauen liegen bis zum Eintreffen einer gerichtlichen Kommission vollständig angekleidet am Thatorte — im Hauseingang. Die ganze Situation läßt auf einen bedeutenden Kampf mit ihrem Mörder schließen. Das Kind, welches noch eine Stunde gelebt hat, liegt in seinem Bette. Zur Untersuchung des Mordes begaben sich heute früh der erste Staatsanwalt Herscher, der Untersuchungsrichter am K. Landgericht Landrichter Dr. Basiert mit seinem Gerichts- schrEr an Ort und Stelle. Wie wir nachträglich erfahren, wollte die Frau des Mörders den beiden von ihm angefallenen Tanten zu Hilfe eilen; als sie aber in den Hausflur kam, fand sie dieselben schon
als Leichen vor. Daß der Mörder in einem Anfall geistiger Umnachtung gehandelt hat, geht aus seiner obigen Aeußerung zu seinem Nachbarn hervor. Es sollen überhaupt schon in den letzten Tagen Spuren auftretenden Wahnsinns an ihm zu bemerken gewesen sein.
* Untertürkheim, 2. Juli. Heute nachmittag 4 Uhr fand die Beerdigung der 3 Opfer des Mörders Ernst Huppenbauer statt. Der Kirchhof konnte die ganze Menschenmenge, welche sich am Leichenkondukt beteiligte, nicht fassen, weshalb viele am Kirchhof umkehren mußten. Der Ortsgeistliche hielt eine erschütternde Trauerrede. Trauergesänge eröffneten und schlossen die ernste Feier.
* Metzingen, 30. Juni. Am Johannisfeiertag spielten in dem benachbarten Dettingen jüngere Kinder auf einer Wiese mit Blumen. Sie öffneten die Samenkapseln der Herbstzeitlose, und eines derselben aß, wie dem „N. T." berichtet wird, eine größere Anzahl der darin enthaltenen giftigen Samenkörner. Nach fünf Stunden stellten sich die Wirkungen des töt- lichen Giftes ein, und heute noch schwebt das Kind trotz angewandter Gegenmittel in höchster Lebensgefahr. Die Blätter und Kapseln der Herstbzeitlose können auch beim Vieh schlimme Zufälle Hervorrufen, wenn sie in größerer Menge, wie es Heuer der Fall ist, unter dem Heu Vorkommen.
* Göggingen, OA. Gmünd. Me evangelische und die katholische Gemeinde benützen seit alter Zeit gemeinsam das Kirchlein in Göggingen,, das den Namen des heiligen Nikolaus führt. Die lKgentumsfrage war unentschieden. Die neuere kirchliche Gesetzgebung hat die Entscheidung zu Gunsten der katch. Gemeinde herbeigeführt. Der evangelische Teil mußte die Verpflichtung übernehmen, in absehbarer Zeit? die Kirche zu verlassen. So sieht sich die evangelische Gemeinde genötigt, eine Kirche zu erbauen. Die Kosten von ca. 40 000 Mk. aufzubringen, ist die kleine Gemeinde von nur 364 Seelen außerstand trotz aller rühmenswerten Opferwilligkeit. Das Kgl. Konsistorium hat darum eine allgemeine Kirchenkollekte auf nächsten Sonntag den 5. Juli angeordnet.
* (Verschiedenes.) JnBlaubeu rem haben die bürgerlichen Kollegien beschlossen, das Schulgeld für die Volksschüler definitiv aufzuheben: — In Feuchtwangen ist das 6jährige Söhnlein der Witwe Schroll bei der Stadtmühle im Hochwasser ertrunken.
* Leipzig, 1. Juli. Der vereinigte zweite und dritte Strafsenat des Reichsgerichts verurteilte den Buchbinder Jacobi aus Jeßnitz in Anhalt, zuletzt in Freiburg i. B., wegen Aufforderung zum Hochverrat in Verbindung mit einem Verbrechen gegen das'Sprengstoffgesetz, sowie wegen Aufreizung zu Gewaltthätigkeiten durch Verbreitung anarchistischer Flugblätter zu 3 Jahren 6 Monaten Zuchthaus, 5 Jahren Ehrverlust und Zulässigkeit der Polizeiaufsicht.
* Berlin, 1. Juli. Für die Frauen-Agitation gegen das bürgerliche Gesetzbuch hat eine wohlhabende Dame eine namhafte Summe, angeblich 2,0-000 Mk., zur Verfügung gestellt.
* Berlin, 2. Juli. Die Presse feiert den Abschluß des bürgerlichen Gesetzbuchs. Wenn auch das Werk manchen berechtigten Wunsch lasse,, so komme
anderseits in Betracht der gewaltige Fortschritt, den es durch die Schaffung eines Einheitsrechts bewirke. Bezüglich der Frauenrschte sprechen einige Blätter die sichere Erwartung aus, daß in nicht ferner Zeit eine gründliche Nachprüfung der einengenden Bestimmungen erfolgen werde. Bis dahin sollten die Frauen die öffentliche Meinung sachkundig zu ihren Gunsten zu gewinnen suchen.
* Eine von etwa 1500 Personen besuchte „Protest- Versammlung deutscher Frauen", welche am Montag abend in Berlin veranstaltet wurde, nahm folgende Resolution an:
»Der Reichstag hat in seiner zweiten Lesung deS Bürgerlichen Gesetzbuches dir Forderungen der Frauen in Bezug auf rechtliche Gleichstellung Ser beiden Geschlechter in den wesentlichsten Dingen unberücksichtigt gelassen: t') die Mehrheit des Reichstags versagt der Ehefrau im Widerspruch mit der ganzen sozialen Entwicklung der letzten Jahrzehnte die wirtschaftliche und vermögensrechtliche Selbständigkeit, welche ihr in einem Kulturstaate zukommt. Dl« Ehefrau wird dadurch nach wie vor den Unmündigen gleichgestellt. 2) Die Mehrheit deS Reichstags versagt der Ehefrau die Verwaltung und Nutznießung ihres eigenen Vermögens und zwingt sie dadurch auch wirtschaftlich i» die Gewalt des Mannes. 3); Die Mehrheit des Reichstags verweigert dir Mutter die Ausübung der elterlichen Gewalt und' versagt ihr dadurch einen durch das Gesetz begründeten Einfluß! auf das Schicksal ihrer Kinder: den sie so gut wie der Vater in Anspruch nehmen kann. 4) Me Mehrheit des Reichstags erschwert durch ihre Beschlüsse, namentlich durch Weigerung der Trennung bei unheilbarer Geisteskrankheit, di« Ehescheidung in einer Weise, daß die Bestimmungen vielfach sogar einen Rückschritt gegen das bisherige Recht bilden. 5) Die Mehrheit des Reichstags versagt den unehelichen Kindern diejenige rechtliche Stellung dem- Vater gegenüber, welche Moral und Gerechtigkeit erfordern. Ihr« Beschlüsse sind der Ausdruck des emseitigsten Männerrechts. Gegenüber diesen und ähnlichen Beschlüssen erklären wir, daß wie nicht aufhören werden, die harten und ungerechten Bestimmungen dieses Gesetzbuches zu bekämpfen, und daß wir alles aulbieten wollen, um- unsere Forderungen in Bezug aus Gerechtigkeit in Staat und Ges-llichrlt zu verwirklichen."
* W il h e Lm s h a v e n, 11 Juli. Der Stapellauf des neuen Pcmzers Ersatz Preußen hat heute in Gegenwart des Kaisers stattgefunden und ist durchaus glücklich verlausen. Der Kaiser hielt eine bedeutungsvolle Rede und taufte am Schluffe- das stolze Schiff auf den Namen ..Kaiser Friedrich IIi." — Das neue Schlachtschiff ist das größte, das unsere Marine bis jetzt hat bauen lassen. Es; hat eine Länge von 125 rn, eine Breite von 20,4 in und einen mittleren Tiefgang von 4,83 in, dem eine Wasserverdrängung von 11,000 t entspricht. Der-Panzerschutz des Neubaus besteht in: einem 300 mnr, starken Panzergürtel, der vier Fünftel der Gesamtlänge des Schiffs deckt.
In der Wasserlinie ist der Schiffskörper außerdem durch ein stark gewölbtes, 65—75 mi» starkes Stahlpanzerdeck geschützt, das nach dem Bug geneigt ist und . zur Versteifung des Vorderschiffs beiträgt. Die Tor- ! pedo-AusrüstunH besteht aus 6> Lanciercohren für den z 45 ein Torpedo. Das ner^- Schiff ist das erste Panzerschiff unserer Flotte, das drei Maschinen er- ! hält. Jede Maschine arbeitet selbständig für sich, ! liegt in einem wasserdichten Raum und treibt eine ! Schraube. Die- Gesamtmaschinenleistung beträgt 13 000 Pferdekraft, bei deren Entwicklung das Schiff eine Geschwindigkeit von 18 Knoten; erreicht. Die Maximalarbeit von nur zwei Schrauben entspricht einer Geschwindigkeit von 16—17 Knoten, während die- mittlere Geschwindigkeit von 10 Knoten mit einer, der mittleren Schrate erreicht wird. Der Besrchungsetat
H_ L-f-frrrcht. _M
Das Glück ist wandelbar, aber Hoffnung bleibt immerdar.
Are seltsame Keirat.
Roman nach dem Amerikanischen von August Leo.
(Fortsetzung.)
Und das war wahr. Van hatte dem Hauptmann geschrieben und sein Brief war es, den derselbe auf der Eisenbahn so hastig gelesen und dann zerstört hatte.
Ganze Bände von Fragen standen in Elix' Gesicht geschrieben, doch ihr Bruder sagte nur:
„Jetzt kein Wort weiter!"
Louise erschien in dem Augenblicke mit ausgesuchtem Mundvorrate, und so begierig auch Mrs. Sevcr nach weiteren Nachrichten war, Hunger war dergestalt vorberrschend, daß sie sich dem Mahle mit einem Ernste und einem Eifer widmete, der ihren Bruder entzückte.
„Ich kann sagen," bemerkte Elix, als sie fertig war, „daß dies seit elf Jahren der erste Bissen war, der mir nicht bitter geschmeckt hat."
„Elf Jahre! Allmächtiger Gott!" wiederholte Van gerührt.
Dann, als Mrs. Sever vom Tische aufstand, blickte er auf die Uhr und sagte schnell:
„Du und ich, Herzchen, wir haben viele Fragen zu stellen und zu beantworten und jetzt sehr wenig Zeit. Es ist vier Uhr, und um sechs Uhr habe ich eine Zusammenkunft an einem Orte, der eine halbe Stunde von hier entfernt ist. Das läßt uns anderthalb Stunden."
„Elix, seitdem wir uns trennten, bin ich Privatdetektiv geworden. Erschrick nicht, ich mußte doch in irgend einer Weise meinen Unterhalt verdienen. Ich bin der Regierung nicht mehr verpflichtet, als jeder andere Mensch, bin vollkommen mein eigener Herr und verdiene, was ich brauche. Jetzt möchte ich also gern die Thatsache Deiner Erlebnisse in so wenig Worten als möglich hören. Wie kam es also,, daß Du nicht, wie wir vermuteten, damals in der Schweiz, mit verbranntest?"
„Einfach dadurch, daß ich bei dem Brande nicht, wie man dachte, im Hause war," antwortete Elix mit traurigem Lächeln. „Mein Mann und ich. wir hatten an diesem Morgen eine entsetzliche Unterredung, und wir kamen darin überein, uns zu trennen. Er that es auch — er ging nach Indien und beabsichtigte jahrelang fortzubleiben. Er sagte es nicht gerade heraus, gab mir aber zu verstehen, daß er sich absichtlich habe zu einem Regiments versetzen lassen, welches nach Indien ging, um von mir fortzukommen.
Wir waren — wie ich glaubte, Beide — so glücklich gewesen in unserem kleinen Schweizerhäuschen. Ich glaubte, mein Gatte liebe mich so wie ich ihn, und diese Eröffnung traf mich wie ein Donnerschlag. Wenn er an diesem schönen, sonnigen Morgen, an dem ich als das glücklichste Geschöpf aus Erden, wie ich glaubte, aufgestanden war, in's Zimmer getreten wäre und mich mit der Faust in's Gesicht geschlagen hätte, so wäre mir dieser Schlag nicht unerwarteter gekommen und hätte mich nicht grausamer treffen können als diese Anzeige. Ich glaube, ich wurde in diesem Augenblicke wahnsinnig vor Wut, Schreck und Kummer."
„Armes Herz!" mnrmMe Van.
„Ich konnte kein Worb sprechen," fuhr Elix fort, „ich konnte weder fragen noch bitten, M ich konnte nicht einmal denken, und er ging fort, mich für kalt und unempfindlich haltend,, während ich nu.r vor Schreck erstarrt war. Er ließ mir unser Kind, doch da er ging, schien mir. die Sonne meines Lebens unterzugehen. Ich erinnere mich an Nichts in den seiner Abreise folgenden Stunden als an einen quälenden Kopfschmerz, und daß ich in die Lust ging, um denselben zu lindern.. Das war der Anfang einer Gehirnentzündung und ich war im Delirium. Ich wandelte meilenweit, und wurde dann von armen Bauern ausgenommen, die mich pflegten. Als ich nach Wochen zum Bewußtsein kam, hörte ich, daß mein Haus verbrannt und mein Kind in dem Feuer umgekommen sei, wie man es auch von mir vermutete, und in meiner Verzweiflung- beschloß ich, es so zu lassen und Niemanden zu enthüllen, daß ich lebe."
„Konntest Du nicht an mich denken?" fragte Van vorwurfsvoll. „Ich suchte Dich — ich sehnte mich nach Dir — mir brach das Herz Deinetwegen."
„Ich glaubte, daß Niemand sich um mich kümmere," sagte Elix traurig. „Ich war halb wahnsinnig vor Kummer. Ich lernte Spitzen klöppeln von den Leuten, bei denen ich war, und verdiente mir so meinen Unterhalt.
Dort fand mich fünf Jahre später Lady Dare, die eine Vergnügungsreise machte, und überredete mich, meine Liebe zu meinem Manne kunstvoll benützend, indem sie mir sagte, daß er auf Schloß Dare erwartet werde, daß er sich meinetwegen elend fühle und Nichts