am Samstag von ca. 3000, am Sonntag von ca. 5000 zahlenden Personen besucht.
* Kommerzienrat Kuhn inBerg hat 3500 Eintrittskarten für die Arbeiter seines Etablissements und deren Angehörige gelöst, die die Ausstellung in nächster Zeit in einzelnen Gruppen an verschiedenen Tagen besuchen werden.
* Der Beschluß der Ständeversammlung, die Benennung Staatsschuldenzahlungskasse in „Staatsschuldenkasse" und die Benennung Staatsschuldenzahlungskassenbuchhalter in „Staatsschuldenbuchhalter" abzuändern, ist von Sr. Majestät dem König genehmigt worden.
* Ein Forstmann schreibt dem „St.-Anz.": Ueber die Haseudebatte im Reichstag machen sich viele Blätter lustig und auch im Reichstag selber wird darüber bei jeder Gelegenheit gespottet. Ganz mit Unrecht; der Hase schadet nur an jungen Obstbäumen; wenn aber Jeder, der einen Baum setzt oder eine Baumschule anlegt, die nötigen Schutzmaßregeln ergreift, dann kann von einem Hasenschaden nie und nimmer die Rede sein. Auch das ist grundfalsch, daß es sich nur um die Passionen der Reichen und Vornehmen handle. Man denke doch nur an die tausende von Gemeindejagden. Der Hasenparagraph hätte jede Jagdansübung unmöglich gemacht; unzählige Prozesse wären die Folge gewesen, von einer Hegezeit hätte keine Rede mehr sein können, man hätte den Wildstand einfach ganz vernichten müssen. Eine Jagd hätte kein anständiger Jäger mehr pachten mögen und Tausende von Mark wären den Gemeindekassen verloren gegangen.
* Stuttgart, 29. Juni. Zur Feier des ^jährigen Bestehens des Nill'schen Tiergartens, welches am 1. Juli mit Doppelkonzert, ital. Nacht und Feuerwerk begangen wird, hat der Besitzer eine kleine Festschrift über die Entwickelung des Gartens herausgegeben mit Bild seines Gründers und Plan der Anlage.
* Magst adt, 28. Juni. Eine eigentümliche Erscheinung zeigt sich in unseren Waldungen. Tausende von Fichten, von 2 bis 8 Meter Höhe, welche im Laubwald stehen, ließen im Lauf dieses Sommers die Nadeln fallen, wurden dürr und mußten infolgedessen abgeholzt werden. Zum Glück stehen Forchen- und Fichtenkulturen ausgezeichnet. Wenn sich die Krankheit auch auf diese ausdehnen würde, so wäre es für die Gemeinde ein enormer Schaden. Ueber die Ursache der Krankheit sind erprobte Forstmänner nicht einig.
* Eßlingen, 29. Juni. Die Landleute und Weingärtner unserer Gegend sehen nicht sonderlich zuver- sichlich dem Herbst entgegen. Die starken Regengüsse in der jetzigen Blütezeit schaden der Entwickelung der Trauben, auch führen sie fruchtbare Erde ins Thal und reißen in den Weinbergen tiefe Gräben, daß sogar Wurzeln bloßgelegt werden. Der reiche Heuertrag leidet sehr unter der Witterung und die Brotfrüchte, soweit sie schön und gut stehen, werden zu Boden geschlagen.
* Ulm, 29. Juni. Die vielbestrittene Münster- bauhüttensrage ist nun gelöst: Die alte Bauhütte wird abgebrochen, der nördl. Münsterplatz bleibt frei, und als künftige Bauhütte hat der evangel. Kirchengemeinderat heute das ehemals Wechsler'sche, jetzt der Familie Klemm gehörige Haus in der Hafengasse um 100 000 Mk. angekauft.
* Biberach , 27. Juni. Am letzten Dienstag ver
ließ Privatier Maier unsere Stadt, in welcher er seit sechs Jahren lebt, um seine frühere Heimat Edenbachen bei Ochsenhausen aufzusuchen. Diesen Abend traf die Nachricht hier ein, daß derselbe tot in der Dürnau unterhalb Ringschnait aufgefunden wurde. Es wird allgemein befürchtet, daß der über 60 Jahre alte Mann, der ziemlich viel Geld mit sich nahm, umgebracht worden sei. Hoffentlich wird die eingeleitete Untersuchung Licht in die Sache bringen.
* Der Seilkünstler Knie ist gestorben. Die Seilkünstlerfamilie Knie ist im ganzen Württemberg, besonders aber in Stuttgart bekannt. Stets wenn der nun 77jährige Greis das Seil betrat und seine Vorstellungen gab, war er der Gegenstand allgemeiner Bewunderung. Zuletzt produzierte er sich am 21. v. M. auf dem Postplatz m D o n a u e s ch i n g en und ist dann dortselbst am Freitag nacht infolge eines Herzschlags verschieden. Knie war zweimal verheiratet. Aus erster Ehe stammen 19, aus zweiter 16 Kinder, von denen noch fünf Töchter und drei Söhne am Leben sind.
* (Verschiedenes.) In Heilbroun ist der 70 Jahre alte Bauer Chrn. Huber von Untereisesheim beim Uebersühren von Heu über den Neckar ertrunken. Die Leiche ist noch nicht gefunden. — Aus Großbottwar wird berichtet, daß daselbst der Stand der Weinberge ein sehr erfreulicher sei und berechtige bis jetzt zu den schönsten Hoffnungen: dagegen stehe es mit den Obstaussichten sehr schlecht. — Das 5jährige Töchterchen des Holzhauers Schmieder von Leimiß machte sich in Abwesenheit der Mutter am Herdfeuer zu schaffen; plötzlich fingen seine Kleider Feuer und als die Mutter auf das Jammergeschrei des Kindes herbeieilte, stand dasselbe lichterloh in Flammen. Trotzdem das menschenmögliche zur Rettung geschah, war das Kind am ganzen Körper so verbrannt, daß es nach einigen qualvollen Stunden starb. -- In Stuttgart erhielt ein Malerlehrling den Auftrag, in einem Hause der Calwerstraße die Fenster neu anzustreichen, was er auch ganz wörtlich ausführte, indem er den Fensterscheiben einen braunen Anstrich gab. Ebendaselbst wollte ein Dienstmädchen eine gefüllte Weinflasche zupfropfen und schlug auf den Pfropfen, aber die Flasche, die zu voll war, zersprang und so schnitt sich das Mädchen am Unterarm die Adern durch. Sie wurde schwer verletzt ins Spital verbracht. — In Tettnang wurde der Arbeiter Köhler beim Abladen von Langholz von einem rollenden Stamm getroffen und war sofort tot. — In Stuttgart ist der Anfall von Strafsachen derart, daß die drei dortigen Strafkammern während der Ferien alle Tage wie bisher Sitzungen abzuhalten genötigt sind und eher noch ein größeres Material als außerhalb der Ferien zu bewältigen haben.
* Berlin, 28. Juni. Wie verschiedene Blätter melden, ist der 'm preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe ausgearbeitete und seit längerer Zeit dem Staatsministerium zur Beschlußfassung vorliegende Gesetzentwurf betreffend die Zwangs-Organisation des Handwerks und die Regelung des Lehrlingswesens seitens der einzelnen Mitglieder des Staatsministeriums gänzlich unbeanstandet geblieben und hat auch bereits die formelle Genehmigung in einer der letzten Sitzungen
M_ L-sefrircht.M
Mache die Wahrheit nicht bitterer, als sie äußerlich scheint, indem du sie ohne Liebe sagst.
Die fettfame KeiraL.
Roman nach dem Amerikanischen von August Leo.
(Fortsetzung.)
Nur eine einzige bemerkenswerte Begebenheit passierte Mrs. Sever unterwegs.
Als sie in den Waggon einstieg, wandte eine kleine, brünette Frau mit Augen, welche wie schwarze Perlen blitzten, die einen Augenblick vorher zum Fenster hinaus gesehen hatte, ihr das Gesicht zu und sah sie gleichgültig an.
Doch bei diesem Blicke überzog sich ihr Gesicht mit einer Leichenfarbe; ihre Züge schienen steif zu werden und ihr Blick sich zu versteinern.
Dann schien sie die Besinnung wieder zu erlangen; sie zwäng sich, langsam die Blicke wegzuwenden und wieder zum Fenster hinauszusehen.
.. „Dann und wann jedoch wunderten, gegen ihren Willen, We Blicke wieder der Richtung zu, wo Mrs. Sever'saß, (und der Eindruck schien immer stärker zu werden, bis' sie, endlich hinging und einen freien Platz einnähm, der sich neben der Dame befand.
„Madame((Sever?" fragte sie zweifelhaft mit stark ftäuzösffchexj,Betonung.
Mrs. Sev'esi warf ihr einen fragenden Blick zu, der jedoch ftzst qugeftblicklich einer erschreckenden Wieder- ' kensiüng^Wich! ' '
„Sie sind Annette Veli!" sagte sie mit erstickter Stimme.
„Ja," antwortete das Weib, sie aufmerksam beobachtend. „Madame glaubt mich vielleicht tot!"
„Gewiß!" war die verwirrte, schaudernde Antwort.
„Wie ich Sie, Madame und doch leben wir Beide."
„Dann," rief Mrs. Sever mit derselben erstickten Stimme, „flohen Sie wirklich mit dem Anderen in jener entsetzlichen Nacht. Es war Ihre Schuld, daß mein Kind, mein armes verlassenes, hilfloses Kind verbrannte! Annette, wie konnten Sie das?"
„Doch Madame blieben?" fragte das Weib, sie immer verstohlen betrachtend.
„Sie wissen und wußten auch damals nichts davon ! Ihre Aufgabe war es. bei dem Kinde zu bleiben, und wenn Sie das gethan hätten, würde es gerettet worden sein. Annette, das kann ich Ihnen nie vergessen, daß Sie mein unschuldiges, hilfloses Kind so verlassen konnten!"
„Madame, sprechen wir jetzt nicht darüber. Ich habe Ihnen ein wichtiges Geheimnis zu enthüllen, aber nicht hier. Wo kann ich Madame sprechen?"
Mrs. Sever zögerte; sie wußte noch nicht, wohin sie gehen sollte. Sie betrachtete das Weib mit verzehrender Neugierde.
Was konnte diese ihr sür ein anderes wichtiges Geheimnis zu enthüllen haben, als eins, das ihren Gatten oder ihr Kind betraf? Doch Annette weigerte sich, sich noch weiter zu erklären.
„Ich werde morgen zu Ihnen kommen," sagte ! Mrs. Sever endlich, wenn Sie mir Ihre Adresse geben."
des Staatsministeriums erfahren. Nachdem die Gesetzesvorlage die königliche Sanktion erhalten, wird sie unverzüglich unter gleichzeitiger Veröffentlichung im Reichsanzeiger an den Bnndesrat gelangen, welcher den Entwurf als eine der ersten Vorlagen im Spätherbst an den Reichstag gelangen lassen wird.
* Berlin, 29. Juni. Se. Maj. der König hat den Wirklichen Geh.-Rat Brefeld zum Staatsminister und Minister für Handel und Gewerbe ernannt. — Ueber die Laufbahn des neuen Ministers entnehmen wir der „Köln. Ztg.": Ursprünglich hatte Brefeld sich der richterlichen Laufbahn gewidmet, doch wurde er frübzeitig zur preußischen Staatsbahnverwaltung als Regierungsassessor übernommen. Der deutsch-französische Krieg ließ im Dienste des Feldeisenbahnwesens sein großes organisatorisches Talent entdecken. Namentlich bei der Betriebskommission in Reims entfaltete er eine außerordentliche Thätigkeit. Brefeld ist Westfale, katholisch, Junggeselle und steht am Ende der fünfziger Jahre.
* Berlin, 29. Juni. Es verlautet, das Kriegsministerium arbeite eine Denkschrift behufs Ausrottung des Duells in der Armee aus. Geplant sei ein Vorgehen nach englischem Muster; Festungshaft soll in Gefängnis umgewandelt werden und ein tödlich verlaufendes Duell unter den Begriff fahrlässiger Tötung fallen.
* Berlin, 29. Juni. Wie die „Nordd. Allg. Ztg." vernimmt, wird die dritte Lesung des bürgerlichen Gesetzbuchs im Reichstag zwei Sitzungen m Anspruch nehmen.
* Berlin, 30. Juni. Der „Nordd. Allg. Ztg." wird es als wahrscheinlich bezeichnet, daß der Bundesrat geneigt sei, das Detailreisen im Weinhandel zuzulassen. — Prinz Ludwig von Baiern stattete dem Kaiser einen 1'Lstündigen Besuch ab.
* Berlin, 30. Juni. Beim Reichskanzler Fürst Hohenlohe findet heute zu Ehren des Prinzen Ludwig von Bayern ein Diner statt, zu welchem hohe Staatswürdenträger, sowie die Spitzen der Reichs- und Staatsbehörden eingeladen sind.
* Berlin, 30. Juni. Mehr als fünfzehnhundert deutsche Frauen erhoben gestern abend in einer öffentlichen Versammlung gegen die letzten Reichstagsbeschlüsse, betreffend das Familien- und Eherecht, lebhaften Einspruch, da die deutsche Frau hierdurch gegenüber den Frauen anderer Länder degradiert werde. Die Einberuferin und Leiterin der Versammlung, Frau Schulrat Cauer, verlas die aus allen Teilen Deutschlands eingelaufenen Zustimmungstelegramme, deren übergroße Zahl von einer tiefgehenden Erregung Kunde giebt. Frau Dr. Obrist Jenicke aus Stuttgart überbrachte die Unterschriften von tausend Stuttgarter und siebenhundert Weimarer Frauen zu der Protestkundgebung.
* Die Machtstellung, die das Zentrum im Reichstag derzeit einnimmt, giebt den „Ham. Nachr." auf's nene Anlaß, in einem Leitartikel, der jedenfalls die in Friedrichsruh herrschenden Anschauungen wiedergiebt, ihre warnende Stimme zu erheben. Wenn die ultramontane Presse mit großem Nachdruck aus die erfolgreiche Thä- tigkeithinweise, die der Reichstag gegenwärtig entwickle, so könne mansich des Verdachts nicht erwehren, daßdas Zentrum sür diese erfolgreiche Thätigkeit sich auch einen
Das Weib suchte in ihrer Reisetasche, zog endlich eine Karte heraus und gab ihr dieselbe.
„Es ist der Name meiner Schwester, der auf der Karte steht," erklärte sie. „Sie hat einen Verkaufst laden und ich bin bei ihr, bis ich meine eigene Wohnung habe."
Achtes Kapitel.
Endlich.
Es war noch Nacht — wenn Dunkelheit die Nacht ausmacht — als Mrs. Sever die Stadt erreichte. Doch es waren Wagen genug vorhanden; sie nahm einen und sagte dem Kutscher, wohin er fahren solle.
„Es ist kaum zu denken, daß Van da sein wird," sagte sie sich, doch es ist wenigstens eines Versuches wert."
Sie fuhr zu einem anständigen, wenn auch nicht modernen Hause, das, ziemlich weit vom Bahnhofe entfernt, in einer der Vorstädte lag. In einem Zimmer des dritten Stockes sah sie ein Licht.
„Sein Zimmer!" flüsterte sie freudig und rannte, nachdem sie dem Kutscher gesagt hatte, daß er warten solle, die Stufen hinauf, um zu klingeln.
Nach einer ziemlichen Weile wurde die Thür von einem schläfrig aussehenden, kleinen Weibchen geöffnet; doch dieses ermunterte sich sogleich, als sie sah, wer da war.
„Allmächtiger Gott!" rief sie mit weit geöffneten Augen und aschfarbenen Lippen, „eine Tote!"
„Das bin ich nicht," sagte Mrs. Sever lächelnd, „ich bin ebenso lebendig wie Sie. Ist Van hier?"
„I — j — ja — a !" war die zitternde Antwort,