Abschiedsstunden zu verleben. Als nach kurzer Zeit die Unterhaltung flüssig geworden war, ergriff Schul­lehrer Brendle das Wort. Er schilderte den Scheiden­den als langjährigen treuen Freund, offenen, charakter­vollen Kollegen und strebsamen, tüchtigen Schulmann, der gewiß in die Verhältnisse der neuen Heimat sich gut einzulebcn wisse. Wohlverdientes Lob wurde auch seiner Gemahlin zu teil, indem Redner hervorhob, wie sie durch ihr liebenswürdiges Schalten das Schul­haus in Hochdorf zu einem traulichen und daher von allen Nachbarkollegen gerne besuchten, gastfreundlichen Musterschulhaus gemacht habe. Der Gefeierte dankte hierauf für das zahlreiche Erscheinen der Anwesenden und für die anerkennenden Worte seines Freundes. Dann führte er noch aus, wie ihm die Kollegen auf dem Schwarzwald den Aufenthalt lieb gemacht haben; man möge ihm auch für immer ein gutes Andenken bewahren. Durch gemeinsame Gesänge, Vortrag einiger Klavierstücke und komische Gedichte war reich­lich für Unterhaltung gesorgt. Wenn diese Feier deutlich zeigte, wie gerne die Lehrer der Umgegend ihren wackeren Freund noch länger um sich gesehen hätten, so kam es am Abend des 27. Februar beim Abschied von der Gemeinde zum Ausdruck, wie hoch er von dieser geliebt und verehrt wurde. Schul­inspektor Pfr. Rauscher von Göttelfingen, zeigte mit warmen Worten, wie der Gefeierte während seines verhältnismäßig kurzen Wirkens in Hochdorf nicht blos die Schule zusehends gehoben, sondern auch durch sein musterhaftes Verhalten sich sowohl sein persönliches Vertrauen als das der Gemeinde Hochdorf gänzlich erworben habe. Hierauf dankte Hagenlocher in längerer Rede für die freundlichen Worte des Hrn. Pfarrer Rauscher, sowie für das jederzeit freundliche Entgegen­kommen desselben und dasjenige der Gemeinde Hoch­dorf. In einer zweiten Ansprache kam Hr. Pfarrer Rauscher daraus zu reden, wie Frau Hagenlocher sich durch thätige Anteilnahme bei Unglücksfällen, Krank­heiten in den Familien die Herzen gewonnen und durch mustergültige Leitung der Industrieschule noch besondere Verdienste erworben habe. Einige von Frau Schull. Haux wunderschön vorgetragene Solo­gesänge (z. B.:O Schwarzwald, o Heimat" rc.), auch mehrere Pistonsolo, Klaviervorträge und Violin- vorträge mit Klavierbegleitung, sowie Gesänge des anwesenden Göttelfinger Liederkranzes wurden mit Beifall ausgenommen und dienten zur Verschönerung der würdigen Feier. Möge der wackere Mann in seiner neuen Heimat eine recht gute Aufnahme finden und auch da so glücklich leben, wie er es reichlich verdient hat!

* Vom Lande, 3. März. DasZwicken," in manchen Gegenden auchVierblatt",Mauscheln" u. s. w. genannt, galt seither nur dann als verbotenes Glückspiel, wenn derjenige unter den Spielern, der das der Trumpffarbe bekam, nach der Spielregel gezwungen war, zu spielen. Neuerdings hat jedoch beim obersten deutschen Gerichtshof in Leipzig eine strengere Auffassung Platz gegriffen, und die Unter­gerichte haben auch schon mehrfach entsprechend er­kannt. Nunmehr istZwicken" stets Glücksspiel im Sinne der 284 und 285 S.-St.-G.-B. und somit verboten. Da Unkenntnis nicht vor Strafe schützt, werden uns sicherlich alle Wirte dafür dankbar sein,

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* Wir behaupten oft, ein Mensch habe uns getäuscht, wenn wir uns in ihm getäuscht haben.

Auf Wrnwegen.

Original-Roman von Alice v. Hahn.

(Fortsetzung).

Da vernahm er plötzlich das silberhelle Lachen zweier jugendlicher Mädchenstiwmen; einer seligen Ahnung folgend, erhob er sich von seinem Sitz, um durch die zurückgebogenen Zweige einen Blick nach jener Richtung zu Wersen, von der her er die Stim­men zu vernehmen glaubte. Und, o Wonne! da war sie ja, seine Angebetete, in eifrigem Ball­spiel mit ihrer gestrigen Gefährtin begriffen; auf grünem Rasen trieben sie ihre Kurzweil, warfen sich gegenseitig die Gummibälle zu, oder dieselben hoch in die Luft, um sie unter jauchzendem Lachen wieder auszusangen.

Da war es ein Zufall oder ein neckischer Wind? einer der Bälle nahm eine falsche Rich­tung und im hohen Bogen, mit lautem klatschenden Aufprall flog er in den Teich ; beide Mädchen stießen einen Ruf des Bedauerns aus und eilten an das Ufer, um mit betrübten Mienen den Ball sich immer mehr und mehr vom Rande entfernen zu sehen.

Bossart war eben im Begriff, aus seinem Ver­steck hervorzutreten, um das Spielzeug der beiden Mädchen aus seiner kritischen Lage zu befreien, als er in der Entfernung von etwa zwanzig Schritten

wenn wir sie auf diese neue Praxis der Gerichte Hinweisen.

* (Vorgänge vor25 Jahren infolge des Krieges 1 8 70/7 1.) Am 2. März 1871 Unterzeichnete auch Kaiser Wilhelm den Fciedensvertrag, welches Ereignis der Kaiser an di- Kaiserin-Königin Augusts in folgendem Telegramm meldete: Soeben habe ich den Fciedensschluß ratifiziert, nachdem er schon gestern in Bordeaux von der Nationalversammlung angenommen worden ist. Soweit ist also das große Werk vollendet, welches durch siebenmonatliche siegreiche Kämpfe errungen wurde; dank der Tapferkeit, Hingebung und Ausdauer des unvergleichlichen Heeres in allen seinen Teilen und der Opferfrendigkeit des Vater­landes. Der Herr der Heerscharen hat überall untere Unter­nehmungen sichtlich gesegnet und daher diese» ehrenvollen Friede» in seiner Gnade gelingen lassen. Ihm sei Ehre! Der Armee und dem Vaterlande mit tief erregtem Herze» meinen Dank. Wilhelm. Am 8. März 1871, an demselben Tage, an welchem die Wahlen zum deutschen Reichstag flattfanden, wurde Laiis von den deutschen Truppen wiedereräumt. Am 4. März 1871 befahl eine allerhöchste Kabinetts-Ordre die teilweise Demobilisier­ung der Armee. Diese frohe Nachricht erfüllte die in der Heimat Lebenden mit froher Hoffnung auf baldige Rückkehr ihrer Liebe». Teilweise konnten auch wirklich Truppenentlassungen siattstnden und insbesondere die Landwehr wurde zuerst berücksichtigt, die Heimkehr des Hauptheeres aber mußte infolge des Aufstandes der Kommune, der den Frieden in Frage stellte und die Aus­führung eines Teiles der Friedensbedingunzen teils hinderte, teils verzögerte, noch verschoben werden.

* Stuttgart, 2. März. Auf dem 19. Prote­stantentage zu Berlin gm 8.10. April wird auch Pfarrer a. D. Steudel von Maienfels als Redner auftreten.

* Stuttgart, 2. März. (Versammlung von Ortsvorstehern und Berwaltungsaktuaren des Landes). Die in Aussicht stehende Aufhebung der Lebensläng- lichkeit der Ortsvorsteher in Württemberg wird auch die Aenderung des Hilfsbeamtenwesens unserer Ge­meinden im Gefolge haben und es ist deshalb be­greiflich, daß die in Betracht kommenden Beamten die Zeit für gekommen erachten zu dieser Angelegenheit in der Oeffentlichkeit Stellung zu nehmen. Eine heute stattgefundene Versammlung von Gemeindebeamten war ans allen Gegenden des Landes zahlreich besucht. Minister von Pischek gab sein Interesse für die Sache der Gemeindebeamten durch ein Schreiben kund, in welchem er den Verhandlungen ersprießlichen Erfolg wünschte. Als Vertreter der Regierung war Ober­regierungsrat Maginot anwesend. Als Vorsitzender der Versammlung fungierte Stadtschultheiß Kröner- Kirchhenn u. T., als Schriftführer Stadtschultheiß Baumeister-Wiesensteig. Registrator Mattes-Stuttgart hatte das Referat übernommen und verbreitete sich eingehend über die Autonomie der Gemeinden und sprach dabei den Gedanken aus, die Amtskörperschaften zu einem höher ausgebildeten Verwaltungskörper zu gestalten, bei welchem Beschwerden und Entscheidungen in Hinsicht auf das Recht der Autonomie verfolgt werden könnten. Infolge der komplizierten Funktionen, welche durch die moderne Gesetzgebung den Ortsvor­stehern zugewiesen sind, seien die Landgemeinden bis­her abgehalten, einen der ihrigen, einen Bauern oder Handwerker zum Schultheißen zu wählen. Um dies in der Folge wieder zu ermöglichen, sollten die Funk­tionen der Gemeindehilfsbeamten entweder einen höheren Verwaltungskörper, also der umgeschaffenen Amtskörperschaft oder, wie in Baden, besonderen Be­rufsbeamten (den Berufs- oder Verbandsschreibern) zugewiesen werden. Die Anstellung dieser Beamten und ihre Besoldung würde die Amtskorporation, der

sich die Büsche teilen und einen jungen Mann im Jagdkleid, mit Flinte und Tasche behängen, hervor­treten sah; dieser mochte wohl auch Zeuge der an­mutigen Szene gewesen sein.

Das Hütchen lüftend, trat er dicht an das Was­ser des Teiches und versuchte mit dem Kolben seiner Flinte den Flüchtling zu erreichen. Da ihm dieses nicht gelingen wollte, so trat er kurz entschlossen mit seinen hohen wasserdichten Stiefeln ins Wasser, ein zwei Schritte, und der Ball war in seiner Hand.

Mit lächelnder Miene ging er auf die Mädchen zu, die halb erschrocken, halb neugierig stumm dem kecken Eingreifen des Fremden zugeschaut hatten.

Hier, mein Fräulein," sagte er im Scherzton, den Ball der Jüngeren überreichend, dabei aber Teresa anblickend;hätte es mir nicht träumen lassen, daß ich heute noch das Glück haben würde, einer jungen Dame einen Dienst zu erweisen."

Teresa vermochte nicht zu antworten, war es Ueberraschung oder eine andere Empfindung, die ihr die Lippen verschloß ? wer vermöchte das zu sagen! Paul, denn er war der Retter des Balles, ließ sich durch ihr Schweigen nicht stören, munter plauderte er weiter, und so schritten die drei über den Wiesen­plan, dem entgegengesetzten Teile des Parkes zu, Teresa nur einsilbig Bescheid gebend, dafür schwatzte aber die Kleine, deren Zutrauen sich Paul durch die erwiesene Gefälligkeit erworben, um so eifriger.

Obgleich Paul die beiden Mädchen und ihr Ver­hältnis zueinander kannte, gab er sich doch den An-

Trägerin der Selbstverwaltung, dem zentralen Auf­sichtsorgan zustellen. Was die Funktionen der bür­gerlichen Kollegen anbelangt, so sollte die Mitwirkung des Bürgerausschuffes bei Bagatellsachen eingeschränkt, ihm dagegen das Recht der Initiative eingerüumt werden, für die größeren Städte sei keine Aenderung der Organisation des Gemeinde-Hilfsbeamtenwesens nötig, dagegen sollte man besondere Ordnungen für dasselbe schaffen. Das Halten von Privatgehilfen sollte den Hilfsbeamten untersagt, eine bessere Be­rufsbildung der Verwaltungs-Aktuare herbeigefüürt (Ab­solvierung von 7 Klassen des Gymnasiums oder der Real­schule) und eine praktische und eine theoretische, eingeführt werden. Dem von Nitzer (Obersontheim) gestellten Antrag, den Ausschuß der Körperschaftsbeamten durch Ver- waltuugsaktuare zu verstärken und denselben die Prü­fung der gemachten Ratschläge zu überlassen, trat Sachs (Crailsheim) entgegen. Die Verwaltungsaktuare sollten ihre Sache in die eigene Hand nehmen. Dieser Auffassung trat auch die Mehrheit der Versammlung bei.

* Stuttgart, 2. März. (Molkereikurs). Nach­dem sich zu dem mit Genehmigung des Kgl. Mini­steriums des Innern am 17. d. M. eröffneten vier­wöchentlichen Molkereilehrkurs in Gerabronu mehr Teilnehmer gemeldet haben, als zunächst berücksichtigt werden konnten, ist beabsichtigt, einen weiteren Kurs gleicher Art und von gleicher Dauer zu veranstalten, der am 22. März seinen Anfang nehmen wird. Ge­suche um Zulassung zu diesem Unterrichtskurs sind bis längstens 14. Mürz d. Js. an dasSekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusenden.

* Ravensburg, 2. März. Heute früh 9 Uhr begann die Schwurgerichtsverhandlung gegen den Korb­macher Eisele von Unterbaldingen, bad. Bez.-Amt Donaueschingen, wegen der in der Christnacht in der Au bei Merazhofen verübten Mordthat und anderer Verbrechen. Die Anklage ist erhoben wegen Mordes und räuberischer Erpressung; gleichzeitig wird gegen den Angeklagten verhandelt wegen eines in der Nähe von Blaubeuren auf dem Weg ins Oberland ver­übten Diebstahles. Der 34jährige Angeklagte, ein von Jugend auf verwahrlostes Individuum, war seit 1880 wahrend der meisten Zeit eingesperrt; er hat vwljührige Zuchthausstrafen und mehrmonatliche Gefängnisstrafen hinter sich und ist wegen Bettelns rc. schon nahezu zahllos mit Haft und wiederholt mit Unterbringung im Arbeitshaus bestraft. Eisele, welchem von der Geburt an der Vater fehlte, ist ein mit vollendeter Arbeitsscheu behafteter Gewohnheitsdieb und Einbrecher kaltblütigsten Schlages geworden, der auf seiner Ver­brecherlaufbahn immer tiefer sank, bis er schließlich auch vor der entsetzlichen That in der heiligen Christ­nacht nicht mehr zurückschreckte. Der Angeklagte, der in allen Teilen geständig ist, wurde wegen Mordes znm Tode, wegen der anderen Verbrechen zu 15 Jah­ren Zuchthausstrafe und dauerndem Ehrverlust verur­teilt. Als nach Verkündigung des Todesurteils der Vorsitzende des Schwurgerichtshofes, Landgerichtsdirek­tor Göz, dem Verurteilten vorhielt, daß er vor dem irdischen Richter keine Rene gezeigt habe und ihn er­mahnte, nur wenigstens vor dem himmlischen Richter seine Unthat zu bereuen, erwiderte Eisele ganz frech: Das falle ihm nicht ein; der Herr Präsident hätte

schein als wären sie ihm völlig fremd, und that ganz erstaunt, als er vernahm, sie gehörten aufs, Schloß.

Auch er erzählte ihnen näheres über seine Ver­hältnisse, gebärdete sich so recht harmlos, und weidete sich doch an der Verlegenheit des neben ihm einher- schreitenden jungen Mädchens.

Teresas Blicke schweiften öfter nach ihm hin, doch betrachtete sie ihn immer nur von der Seite, denn wenn Auge auf Auge traf, so trieb es ihr un­willkürlich die Glutröte ins Gesicht; sie meinte, in solchen Momenten müsse man ihr siedendes Blut an ihr Herz pochen hören.

Bossart verfolgte die drei mit seinen Blicken, bis sie hinter den Bäumen des Parkes verschwanden, dann seufzte er tief auf und rief unwillkürlich mit halblauter Stimme:Zu spät gekommen, alter Knabe!"

,Nun, was betrübt Sie so sehr? Sind Ihnen ein paar Schmuggler entwischt?" hörte er plötzlich die Stimme seines Vorgesetzten hinter sich.

Erschrocken wandte er sich um und salutierte. Der Oberkontrolleur stellte ein paar dienstliche Fragen, klopfte ihm dann jovial auf die Schulter und sagte beim Fortgehen:Machen Sie keine dummen Ge­schichten, Bossart!"

Also war sein Gebühren beobachtet worden und noch dazu von dem Manne, den er über alles schätzte. Das war ihm äußerst fatal. Für wie thöricht mußte ihn sein Vorgesetzter halten ! Das ging so nicht weiter. Was sollte dies läppische Girren und Schmachten! War er doch an tapferes Vorgehen gewöhnt; dies Mädchen mußte die Seine werden, frisch gewagt