Brennstoff gefülltes Gepäckstück, das durch eine daran befindliche Zündschnur nach 24 Stunden in Brand gesteckt werden sollte.

* Konstantinopel, 29. Dez. Das Reutersche Bureau meldet: Zahlreiche Verhaftungen von Türken sind gestern in der Hauptstadt erfolgt. Unter den Verhafteten befinden sich zwei Zivilbeamte des Kriegs­ministeriums, ein Beamter des Ministeriums des Innern und ein Adjutant. Die Maßregeln sollen in Zusammenhang stehen mit einer gestern geplanten, gegen das jetzige Regierungssystem gerichteten Demon­stration, welche wegen des Selamlik stattfinden sollte. Ein Zwischenfall hat sich nicht ereignet.

* Konstantinopel, 29. Dez. Die Zeituner find ein kriegerischer Volksstamm, der die türkische Herrschaft nie geduldet hat. Wenn sie thatsächlich das ihnen zugeschriebene Gemetzel unter den türkischen Gefangenen angerichtet haben, so sind sie sich klar gewesen, daß jetzt der Todeskampf naht; es handelt sich um die Ausrottung des Stammes, dessen Frauen ebenso gefährliche Gegner sind wie die Männer. Die Kriegführung gleicht aufs Haar der montenegrinischen oder den Kümpfen im Kaukasus. Die türkischen Be­hörden sollen Befehl gegeben haben, Frauen und Kinder zu schonen, bei dem Charakter der Parteien, die sich gegenüberstehen, und der Wut, die selbst europäische Truppen im Straßengefecht fortreißt, ist aber zu fürchten, daß jede Schonung aufhört. Musta- pha Remsi Pascha ist der Kommandeur der Streitkräfte gegen Zeitnn.

* Madrid, 29. Dezember. Nach neuerlichen Meldungen aus Havanna machten die Scharen der Aufständischen eine Rückwärtsbewegung. In der Pro­vinz Matanzas haben zahlreiche, für die spanischen Truppen siegreiche Zusammenstöße mit den Auf­ständischen stattgefunden. Der Anführer der Auf­ständischen, Maceo, zog sich vor dem Anmarsch der vereinigten spanischen Streitkräfte eiligst zurück.

* Athen, 30. Dezember. Da die oppositionellen Blätter die Regierung wegen der Verhaftung Hammer­steins heftig angreifen, indem sie die Auslieferung als ungesetzlich bezeichnen, entgegnete die Regierung, Hammerstein sei keineswegs ein armer Flüchtling, dem das Asyl entzogen wurde. Hammerstein war nur ein gemeiner Dieb und Verbrecher und wurde nicht der deutschen Gesandtschaft überantwortet. Zur Aufenthalts- untersagung aber sei die Regierung berechtigt.

Handel und Verkehr.

* Stuttgart, 28. Dezbr. Durchschnittspreise des hiesigen Schlachtviehhofes per Pfund Schlacht­gewicht: Farren und Stiere 0658 Pfg., Rinder 6166 Pfg., Schweine 5457 Pfg., Kälber 84 bis 90 Pfennig.

Lptvester.

Eine Kriegs-Episode von Hans Wild.

Nachdruck verboten.

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz hatten unsere Truppen zur Jahreswende von 1870 noch mit den Freischaareu und Garibaldianer zu thun, zu welchen auch neugebildete Regimenter gestoßen waren. Der Feind war nicht gerade so besonders ernsthaft zu

nehmen, immerhin verursachte er im strengen Winter Unruhe und Arbeit.

Hiezu kain, daß gerade in diesen Distrikten die Haltung der Bevölkerung gegenüber den Deutschen eine überaus feindselige war, vielleicht am feindseligsten in ganz Frankreich. Das ist auch heute noch ungefähr so, wie jeder weiß, der in diesen Gegenden einmal gereist ist.

Eine Bande Franktireurs störte fortwährend die Telegraphen-Verbindung; es waren, nach allem, was von dieser Gesellschaft bekannt geworden war, nicht viel Leute, aber entschlossene Kerle, und sie sollten in einem abseits liegenden Ort, der von den Deutschen nur einmal flüchtig betreten worden war, ihre Haupt­zufluchtsstätte haben.

Eine Kompagnie Infanterie wurde abgeschickt, dem Unwesen ein Ende zu machen. Es war am letzten Tage des Jahres, den vielleicht nicht wenige Mannschaften in gemütlicher heimatlicher Weise zu feiern gehofft hatten, aber der Dienst gieng nun ein­mal vor.

Daß mit den Franktireurs nicht viele Umstände gemacht werden würden, wenn man sie wirklich auf frischer That faßte, das stand fest.

Der etwa eine Meile lange Marsch ward schnell znrückgelegt, ohne Widerstand rückte man in den Ort ein. Die Bewohner standen vor den Thüren, finsteren Blicks die Einquartierung betrachtend. Der scharfe Blick des Kompagniechefs erkannte sofort, daß die Männer, welche sich unter den Neugierigen befanden, alle im vorgerückten Alter standen.

Man hatte also allen Anlaß, sich vorzusehen, wenn selbst die kräftigen Männer von vierzig Jahren und um dieses Alter herum fehlten.

Der Hauptmann ritt nach dem Hause des Dorf­bürgermeisters, der gleich darauf mit schlotternden Knieen vor ihm stand. Ein hübsches Mädchen mit energischem Gesicht, der Aehnlichkeit nach seine Tochter, trat neben ihn.

Sind Bewaffnete im Ort? Ich mache Ihnen wahrheitsgemäße Antwort zur Pflicht!" fragte der Offizier strenge.Jeder Angriff auf meine Leute fällt aus Sie zurück."

Dem Manne trat der Angstschweiß auf die Stirn, seine Lippen bebten, als für ihn das Mädchen ant­wortete :Mein Herr Kapitän, es sind keine Soldaten hier!"

Nun nickte der Maire mit dem Kopse:Auch keine Franktireurs?" fragte der Hauptmann weiter. Nein, Herr Kapitän!" antwortete wiederum das Mädchen.

Der Offizier lächelte amüsiert; er fragte nicht weiter, aber die unverstellte Angst des Bürgermeisters gab ihm doch zu denken. Er beschloß die Absendung mehrerer Patrouillen in die Umgebung, und die Leute marschierten sofort ab.

Der Rest der Kompagnie blieb im Hause des Bürgermeisters und in den nächsten Gebäuden vereint. Die Leute brachten auf Verlangen, zwar nicht freund­lich, wohl aber ohne Widerstand, Lebensmittel und Wein, herzhaft wurde schon angestoßen auf das neue Jahr und baldigen Frieden.

Da knallten vom Orte her einige Schüsse ... . Jin Nu stürzten alle Mannschaften ans die Straße, da kam auch schon ein Unteroffizier, welcher mit zwei

Mann zur Rekognoszierung abgegangen war, blutend mit seinen Leuten zurück. Es war auf ihn aus einem Gebüsch an der Straße geschossen.

Die Stirn des Hauptmanns legte sich in drohende Falten; ein Offizier wurde sofort mit einem Zuge zur Feststellung der Stärke der Angreifer abgesandt, und der Bürgermeister festgenommen.

Er las sein Schicksal in den drohenden Blicken der Deutschen und fiel zur Erde, um Gnade bittend. Entschlossen trat seine Tochter heran.

Herr Kapitän, mein Vater hatte keine Ahnung, daß die Unseren hier sind. Er ist schuldlos!"

Und Sie, Mademoiselle, wußten das und sagten die Unwahrheit!"

Ich durfte Frankreichs Söhne nicht verraten, wenn sie siegen sollten. Man erschieße mich, im Siege werden sie mich rächen!"

Das kam so pathetisch heraus, daß es dem strengen Kompagnieführer unmöglch war, sein Lachen zu unterdrücken. Das Mädchen sah ihn verdutzt an.

Beruhigen Sie sich, Mademoiselle, wir erschießen keine so hübschen Mädchen und die häßlichen erst recht nicht. Ihre Strafe wird sein, daß Sie einen tüchtigen Sylvesterschmaus mit dem nötigen Wein für meine Leute Herrichten nach unserem Siege."

Er sprach die letzten Worte mit erhobener Stimme. Die Mannschaften brachen in ein schallendes Hurrah aus, während es in den Augen der Mademoiselle zornig ausblitzte. Aber jetzt öffnete sie den Mund zu einem Freudenschrei, von einem kleinen Hügel ober­halb des Dorfes, über dem Gebüsch, knatterte es unauf­hörlich, der dorthin abgesandte Lieutenant war also mit seinem Zuge auf den Feind gestoßen.

Frankreich greift an, Frankreich wird siegen, es lebe Frankreich!" rief das Mädchen.

Wieder lachte der Hauptmann:Mademoiselle, es giebt ein Deutsches Sprichwort, das ich Ihnen über­setzen will; wer zuletzt lacht, lacht am besten. Also vergessen Sie die Mahlzeit und den Wein nicht!"

Damit war der Zwischenfall zu Ende, schnell er­teilte der Hauptmann seine Dispositionen. Das Opfern von Leuten sollte so viel wie möglich vermieden werden, er hoffte durch eine Umgehung die Franktireurs zur Ergebung zu zwingen.

Die Befehle wurden schnell erteilt, die Kompagnie avanciert. Der Zug, der bereits im Feuer stand, hatte noch keine Verluste gehabt, und während nun der Rest der Kompagnie vorsichtig zu beiden Seiten in das Gehölz eindrangen, erhielt der Offizier des ersten Zuges Befehl, schnell über die Straße zurückzugehen und hinter einer dort befindlichen Kirchhofsmauer Stellung zu nehmen.

Wirklich nahmen die Franzosen wie erhofft war, diesen Scheinrückzug für Ernst, sie kamen mit lautem Geschrei die Höhe herab, wie unsinnig feuernd. Zwei Deutsche wurden verwundet.

Ihr Helles Siegesgeschrci und der Rückzug der Deutschen war auch im Dorfe selbst bemerkt, und die Bewohner, voran die chauvinistische Tochter des Maire, brachen in lauten Jubel aus.

Die Franzosen waren der Zahl nach etwa ebenso stark, wie die Deutschen, aber fast ausnahmslos Franktireurs; mit der vierfachen Zahl wären die ge­schulten Deutschen fertig geworden.

heiratet ist und folglich nicht immer an ihren Wett- j rennen, Jagden und Gelagen teilnehmen sollte, und dann die Schwiegermutter! Sage selbst, Mama, wie kann ich glücklich sein bei diesem Zusammenleben, bei ihrer herablassenden Freundlichkeit oder den Nadel­stichen, mit denen sie nickt anfhört, mich zu reizen?

Nein, nein," brach die junge Frau plötzlich erregt los,ich bin nicht glücklich! Ich bin oft so weit, daß ich Gretchen um ihre Zukunft nicht bemitleide, sondern beneide!"

In Frau Hermines vollem Gesicht zeigte sich kein Zug des Mitleids, nur Unwillen sprach daraus und bebte auch in ihrer Stimme, als sie antwortete: Aber Elsa, was sprichst du da, was sind das für seltsame Ideen! Ich hoffe, nur der Augenblick gab sie dir ein, bei ruhiger Ueberlegung kannst du nicht so sprechen. Oder sollten dir wirklich so ursprüngliche Verhältnisse wünschenswert erscheinen, wie die, in welche Marga nun leider Gottes bald eintritt? Würde meine stolze Elsa sich auch mit der Tischlerssrau Arm in Arm auf der Promenade zeigen, oder, auf ihrem steifen Sofa sitzen, Kaffee aus vorsintflutlichen Tassen trinken und des Tischlermeisters Weisheit an­hören ? Ich brachte das Opfer und machte den Leu­ten einen Besuch, aber ich persichere dich, ich habe genug davon und danke für ein zweites Mal. Es mögen ja ganz brave Leute sein, sie sind wenigstens nicht aufdringlich, das kann ich wirklich nicht sagen, aber was nun einmal nicht zusammen gehört, thut auch gut, auseinander zu bleiben."

Die Kommerzienrätiu bemerkte mit Befriedigung,

wie sich ihrer Tochter Gesicht bei ihren Worten nach und nach entwölkte, und fuhr fort:Und die alte Baronin? Nun ja, sie mag ja ihre unangenehmen Seiten haben, ich gebe es zu; aber immerhin ist sie eine Gräfin von Geburt, war Hofdame und giebt deinem Hause einen gewissen Hintergrund, der nicht zu unterschätzen ist."

Elsa schwieg. Sie hatte sich schon lange danach gesehnt, die Gedanken, die sie vorhin ausgesprochen und die sie in letzter Zeit oft beschäftigt hatten, der Mutter zu beichten. Nun sah sie ein, daß von dieser Seite auf kein Verständnis für das ihr selbst befremd­liche Empfinden zu hoffen war.

Aber hatte die Mntter nicht wiederum recht? Waren solche Gedanken nicht auch in der That lächer­lich? Würde sie wirklich mit einem Leben, wie es Gretchen erwartete, zufrieden sein können? Die junge Frau schaute lächelnd ihr Bild au, das ihr aus dem gcgenüberstehendeu Spiegel entgegenstrahlte, zupfte die dunklen Löckchen tiefer in die Stirn und vertiefte sich mit der Mntter in ein Gespräch über Tages- neuigkciten und Moden. Als aber bald darauf Gret­chen' in das Zimmer trat, fragte sie doch wärmer als sonst nach deren bräurlichen Interessen und hörte aufmerksam zu, was diese berichtete. Gretchen selbst war ganz erstaunt darüber; war sie es doch seit ihrer Verlobung so halb und halb gewöhnt, sich von ihren nächsten weiblichen Anverwandten als aus der Art geschlagen betrachtet zu sehen.

Inzwischen hatte Baron Max seinen Schwager verlassen, um, wie er sagte, den Papa zu begrüßen.

Doch schien er nicht besondere Eile damit zu haben, denn sein Schritt wurde merklich langsam, als er sich dem Kontor näherte. Bevor er die Thür öffnete, stand er einen Augenblick still und fuhr mit der wohl­gepflegten Hand durch das Haar.Es ist ja furcht­bar unangenehm," murmelte er,gerade jetzt; doch es geht nicht anders, ich muß es wenigstens versuchen."

Im Geschäftszimmer fand er den Gesuchten nicht und ging auf Herrn Reicherts Weisung in das an­stoßende Gemach. Der Kommerzienrat stand dort an seinem Pult, vor sich ein großes aufgeschlagenes Buch, doch sein Blick haftete nicht an den Zahlen­reihen, sondern darüber hinweg ins Leere.

Hoffentlich störe iw nicht, Papa," sagte der Baron, ihm die Hand reichend, ich komme, nach deinem Befinden zu fragen und auch um gleich mit der Thür ins Haus zu fallen in geschäftlicher Angelegenheit."

Der Angeredete setzte sich auf einen Sessel und wies auf einen zweiten.Nimm Platz, Max, es ist recht, daß du nach mir siehst. Wie geht es? Nicht gerade gut, der Kopfschmerz verläßt mich selten, ob­gleich Doktor Lorenz sich alle Mühe mit mir gibt, und dann liegt das Geschäft noch immer so danieder, daß man nicht aufatmen kann." Er unterdrückte einen tiefen Seufzer.Doch wie ist es mit der Sache, von welcher du mir sprechen wolltest?"

Verjünge Mann bewegte sich unruhig auf seinem Ses­sel, währendseineStiru eine dunkleRöte überzog. (F. f.

Auflösung des Rätsels in voriger Nummer: Habe, Haue, Hase, Haie, Hare-