mit Aufwendungen für die zeitgemäßen Verbesserungen steht die hiesige Stadtgemeinde. Neben de» hohen Beiträgen zu Straßenbauten, leistete sie den Bahnbau-Bettrag, der sich allein auf etwa 80 000 Mk. beziffert, aber auch die betr. Bezirksgemeinden, die Amtskorporation und der Staat haben tief in den Beutel gegriffen. Erwähnt sei noch, daß die Stadt an Stelle der hölzernen Brücken beim Schwanen und beim Bruderhaus, schöne eiserne Brücken hat erbauen lassen, und stch's auch damit nicht unbedeutende Opfer hat kosten lassen. Ging so dis Stadt für Hebung des Verkehrs im Bezirk voran, so hatte sie nebenbei aber auch Bedacht aufjdaS Wohl ihrer Bürger und gestaltete das Heim zu einem wohnlicheren. In diesem Sommer wurde nämlich die städtische Wasserleitung erbaut, die nun jedermann befriedigt. Seit einigen Wochen sind die Bauarbeiten vollständig beendigt und der Betrieb ist seither ein ungestörter und es wird die Leitung nicht nur in jeder Haushaltung, sondern auch im Geschäftsbetrieb als eine Wohlthat empfunden. Von der Vorzüglichkeit der Leitung zu Feuerlöschzwecken will nun die htes. freiwillige Feuerwehr von Sonntag über 8 Tagen eine Probe liefern, zu welcher Einladung an die Feuerwehren der Nachbargemeinden ergehen soll. Diese Probe soll, dem Vernehmen nach, das vielfach gewünschte „Wasserfest" ersetzen. So angebracht nun eine Feuerlöschprobe ist, halten wir doch dafür, man sollte von einer Halbheit heraustreten und in Verbindung mit der Probe eine allgemeine öffentliche Feier veranstalten, die ja in bescheidenen Grenzen gehalten werden kann. Angesichts der Errungenschaft, die wir zu verzeichnen haben, sollten die Einwohner von sich aus Vorgehen, die Feierlichkeit zu arrangieren, und für die Kosten aufkommen; dies würde der Feierlichkeit die richtige Weise verleih:«. Wenn sich Männer dazu hergeben, welche die Sache in die Hand nehmen, dürften sie zweifellos die allseittgste Unterstützung finden. Es ist unbestreitbar, daß die Einwohnerschaft eine Berechtigung hat, der Freude und dem Dank für die erhaltene Wohlthat einen öffentlichen Ausdruck zu geben.
* Nagold, 10. Sept. Am gestrigen Sonntag wurde hier das Bezirksmisfiousfest abgehalten. Trotz der regnerischen Witterung hatten sich viele Misstonsfreunde, auch solche aus entlegenen Schwarzwaldgemeinden eingefunden. Drei Missionare, die sich gegenwärtig zur Erholung im Heimatlande aufhalten, traten als Redner auf: Missionar Schaible aus Ostindien, Missionar Graf aus Kamerun und Missionar Dilger, der 11 Jahre in China wirkte.
* Calw, 13. Sept. Heute verläßt Bezirksbauinspektor Gekeler, ein allgemein beliebter und äußerst umsichtiger Beamter nach I2jähriger erfolgreichster Thätigkeit unsere Stadt, um das ihm übertragene Bezirksbauamt Eßlingen zu übernehmen. Man steht diesen humanen Beamten in der Stadt und im Bezirk nur ungern scheiden. — Ebenso wird in nächster Zeit Oberamtmann Lang nach nur zweijähriger Wirksamkeit im Bezirk, seine neue Stelle in Rottenburg übernehmen. Auch dieser Beamte hat sich ein gutes Andenken hier gesichert.
* In der Bäckerei-Ausstellung in Stuttgart herrscht ein Leben, das an die Tage der Landes-
gewerbe-Ausstellung von 1881 erinnert. Der Besuch übertrtfft alle Erwartungen und das schöne Wetter, das sich eingestellt hat, trägt nur zur Erhöhung der Frequenz bet. Daß die meisten Besucher das Angenehme mit dem Nützlichen, das Vergnügen mit der Belehrung zu verbinden wissen, steht man in den gefüllten Restaurationsräumen über und unter der Erde, und daß auch das Geschäft recht gut geht, ist daraus zu schließen, daß Hunderte von Besuchern mehr oder weniger schwer bepackt die Gewerbehalle verlassen.
* Stuttgart, 12. Sept. Die zwei Brüder Diepper, beide Theologen und Söhne eines hiesigen evang. Volksschullehrers, haben, was ganz gewiß selten in einer Familie Vorkommen dürfte, gleichzeitig je ein größeres Stipendium zu einer wissenschaftlichen Reise erhalten, und führen diese nunmehr gemeinsam aus. Die Reise erstreckt sich über mehrere Länder bis nach England und dauert bis Dezember.
*Untertürkhetm, 12. Septbr. Erfreulicherweise darf berichtet werden, daß das regnerische kalte Wetter der letzten Tage den Weinbergen keinen Nachteil gebracht hat; nur hat es wiederum das Ausreisen der Trauben verlangsamt. Im übrigen wird durch das nun wieder etngrtretene wärmere, sonnige Wetter die Hoffnung aus einen guten Herbst von neuem belebt.
* (Das geraubte Hochzeitsmahl.) In der Nacht vom Montag auf Dienstag wurde dem Bauern Rath in Altensta dt eingebrochen und das zum Hochzeitsmahl hergerichtete Fleisch, sowie Würste, Küchle u. s. w. gestohlen, so daß der Bauer sich genötigt sah, um aus der Verlegenheit zu kommen, den Metzger zu rufen und wohl oder übel ein zweites Schwein schlachten zu lassen. Von den Dieben hat man keine Spur.
* (Verschiedenes.) In Schwenningen kam em Kind zur Welt, das einen Löwenrachen und nur eine Nasenöffnung hat. Das monströse Kind ist noch am Leben. — In Balingen erlöste Tobias Flad für ein 4 Wochen altes Kalb von Metzgermeister Luppold den gewiß seltenen Preis von 88 Mk. — Einem hochbetagten Witwer in Mtndelsbach wurden in seinem Hause, während seiner Abwesenheit Schuldscheine im Betrag von 1400 Mk., sowie ein Sparkassenbuch entwendet. Ein Vagabund ist der That verdächtig. — Die Kgl. Staatsanwaltschaft Ravensburg erläßt eine Diebstahlsanzetge, laut welcher in Weingarten am. 2. Sept. über 1100 Mk. in bar Geld, ein Ztnskoupon und eine Anzahl wertvoller goldener und silberner Schmuckgegenstände gestohlen wurden. Als Thäter werden die Ausbrecher Renz und Bemsel vermutet und ist auf ihre Entdeckung eine Belohnung von 200 Mk. ausgesetzt. — Die gerichtliche Untersuchung über den Brand in Weil- derstadt ist nun beendet und wurde der anfänglich auf freien Fuß gesetzte Bäcker Anton Schray wiederholt verhaftet; derselbe wird sich vor dem Schwurgericht Stuttgart zu verantworten haben. Er befindet sich noch in Leonberg in Untersuchungshaft.
* Karlsruhe, 12. Sept. Zwei Soldaten der 9. Komp, des 25. Infanterie-Regiments, der Gefreite Kaufmann aus dem Elsaß und der Musketier Schuh
mann aus Schlesien, die in Ueberlingen am Bodensee in Quartier lagen, ertranken bei einer Kahnfahrt von Ueberlingen nach Dingelsdorf aus de« Bodensee, indem der Kahn kenterte. Die Leichen wurden noch nicht gefunden. Der Kahn trieb bet Nußdorf ans Land.
* In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hat sich in München die Tochter einer hochangesehenen Familie eine Kugel in den Kopf gejazr und ist ihrer Verwundung Donnerstag nachmittags erlegen. Den Tod des blühenden Mädchens hat ein junger Mann auf dem Gewissen, der von ihr mit seinen Liebeswerbungen abgewiesen wurde und aus Rache htefür dem Vater des Mädchens allerlei Tadelnswertes über dasselbe denunzierte. Aus Alteration über die gemeinen Verdächtigungen hat die Bedauernswerte den Selbstmord begangen.
* Berlin, 12. Sept. Ueber die im südlichen Deutsch-Ostafrika ausgebrochenen Unruhen wird der „Voss. Ztg." aas London gemeldet, daß nach einer Drahtmeldung aus Sansibar dort über Dar-es-Salam nähere Berichte eintrafen über den jüngsten Kampf zwischen den Deutschen und Eingeborenen in Kilwa. Das Regierungsgebäude wurde am 7. d. Mts. morgens von 2000 Aufständischen angegriffen. Der Kampf dauerte 2 Stunden. Der Verlust der Eingeborenen wird auf 100 Mann geschätzt, während deutscherseits ein Sudanese getötet und ein Europäer verwundet wurde. Die Drähte zwischen Kilwa und Dar-eS-Salam wurden zerschnitten. Für den Abend desselben TageS erwartete man eine Erneuerung des Angriffs.
* Ein in Offizterkreisen sich behauptendes Gerücht, das vielleicht nur als Einspruch gegen die französische Meldung von dem Aufgeben des 2. September als deutschen Festtages aufzufassen ist, will wissen, daß im nächsten Jahre aus Anlaß der 25. Wiederkehr des Sedantages vom Kaiser Erinnerungsmedaillen verliehen werden sollen an die Inhaber der Kriegsdenkmünze von 1870/71. Diese Verleihung soll davon abhängig gemacht werden, daß die Betreffenden den Krieg als Combattanten mitgemacht, ihre Landwehrzeit vorwurfsfrei abgedient haben und im Besitz der bürgerlichen und militärischen Ehrenrechte sich befinden. Zu den Medaillen soll Bronze aus erbeuteten französischen Geschützen benutzt werden. Sollte das Gerücht sich bestätigen, so würde diese Medaillenoerlethung der anläßlich der 50. Wiederkehr des Tages der Völkerschlacht von Leipzig in Preußen erfolgten Dekorierung der Veteranen aus dm Freiheitskriegen entsprechen.
* Berlin, 13. Sept. Dem Lokalanzeiger wird aus Wien gemeldet: Neuerdings hier eingetroffene Nachrichten über den Gesundheitszustand des Zaren besagen, daß sich von der Reise nach Belowesch eine körperliche Herabstimmung bemerkbar gemacht habe, die auch auf das Gemüt des Zaren schädlich einwirkte. Der Zar habe sehr schlecht ausgesehen, und beim Gehen fei sofort eine Ermüdung eingetreten. Die Untersuchung durch Sacharin habe den Beginn von Zuckerkrankheit ergeben. Man schreibt die Erkrankung Ueberarbeitung und Mangel an Bewegung in freier Luft zu. Der Zar hat sich übrigens gut erholt, und die letzte Untersuchung hat ein günstiges Resultat ergeben.
„War sie da schon Witwe?"
„Ja, schon seit mehreren Jahren. Thatsächlich sprach man viel von der Wahrscheinlichkeit, daß sie sich mit einem Herrn verheiraten werde, der damals zn ihrer Reisegesellschaft gehörte, beiläufig derselbe Ferdinand Fairfax. der heute in Beechcliff erwartet wird."
„Ah!" Dorillon schien fich endlich für den Gegenstand zu interessieren. „Also, sie liebte ihn damals?"
„Ich glaube in einer gewissen Art. Er ist sehr schön, sehr geistreich und sehr liebenswürdig — der angenehmste Gesellschafter, den man fich bet einer Sommer- tour in den Alpen nur wünschen kann.
„Hat sie ihm einen Korb gegeben?"
„Nein, soweit kam es nicht. Er wurde plötzlich an das Krankenbett eines Verwandten nach Baden- Baden berufen und erst auf der Ueberfahrt von Europa trafen beide auf dem Schiff wieder zusammen. Aber Sie wissen, eine solche Seereise ist heutzutage bald zu Ende. Ich glaube, sie sahen sich während derselben nur wenig, aber wenn die kleine Witwe sich wieder verheiraten wollte, würde ich sie niemand lieber gönnen, als Ferdinand Fatrfex."
„Sie denken demnach, es sei eine Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden?" fragte Dorillon.
„Ich weiß darüber nichts Gewisses. Ich habe Ihnen einfach nur meine Ansichten und Vermutungen mitgeteilt. — Hier ist ein herrlicher Platz, unsere Angeln auszuwerfen, Dorillon, an dieser,schattigen Biegung des Flusses, und jetzt wünsche ich Ihnen einen guten Vorrat von Geduld."
Eine lange Stille folgte, die nur durch das Murmeln des Wassers unterbrochen wurde. Endlich nahm Dudley wieder das Wort.
„Dorillon."
Sein Gefährte schreckte aus einer liefen Träumerei empor.
„Warum wollen Sie sich nicht um sie bewerben?"
„Um wen?"
„Nun, um Frau Delamare, die reizende Witwe."
.Ich?"
Der kalte Schweiß trat auf Dorillons Stirn und seine Lippen zuckten krampfhaft.
„Ja," fuhr Dudley fort, „warum nicht? Warum sollten Sie denn nicht ebenso gute Aussichten auf Erfolg haben, wie einer der anderen. Sie sind ein Mann von Stande, gutem Aeußern und nicht ohne Vermögen."
„Wollen Sie wirklich, daß ich den Schatten meines trüben Schicksals auf den sonnigen Lebenspfad eines glücklichen Weibes werfen sollte?" fragte der andere.
„Das ist eine Grille, Dorillon. weiter nichts."
„Mag sein, aber ich werde nie heiraten/
„Ich möchte jede beliebige Wette dagegen eiu- setzen," sagte Dudley lachend.
„Ich bin nicht zum Wetten aufgelegt," erwiderte Dorillon.
„Gut, wenn Sie dem Feuer von Jda Delamares Augen widerstehen können —"
„Sie wird nicht versuchen, mich zu bestricken."
„Sie wird gar nicht nötig haben, sich um Sie
zu bemühen, denn sagen Sie, was Sie wollen, sie ist eine geborene Herzeroberin."
„Ich glaube es gern, aber ihr Instinkt wird sie lernen, daß ich nicht zu den Leichtverwundbaren zähle."
Dudley sah seinen Gefährten lange und nachdenklich an.
„Sie würden ein ausgezeichneter Gatte für Jda Delamare sein," sagte er.
„Sie haben sich niemals im Leben so sehr geirrt," war die langsame, mit Nachdruck gesprochene Antwort.
„Dorillon, wollen Sie mir eine Frage beantworten ?"
„Nun?"
„Haben Sie jemals geliebt, wirklich und tief geliebt?"
„Ja."
(Fortsetzung folgt.)
Wach trüöe« Gage».
Sieh', die Sonne scheinet wieder In der alten, hehren Pracht!
Froh ertönen Vogellieder,
Die Natur ist neu erwacht.
Tausend fleiß'ge Hände regen Sich umher in Flur und Feld,
Um zu bergen, was der Segen Gottes hat so gut bestellt.
Kreuzen Wolken Deine Wege.
Wolle nicht verzaget sein!
Hoffe, daß der Sturm sich lege,
Hoffe auf den Sonnenschein!