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Samstag den 15. Septemöer
Bekanntmachungen aller Art find« die erfolg- reichste Verbreitung.
Einrück- ungspreis f. Mtensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8^, bei mebrmol
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auswärts je 8 ^ di« 1spalt.Zeile
1894.
U ebertragen wurde dem Pfarrvcrweser Gustav Elben von Stuttgart die Stadtpfarrstelle in Berneck.
Versetzt wurde seinem Ansuchen gemäß Stationsmeister Kaufsmann in Dornstettcn als Stationskassier nach Waiblingen.
Gestorben: Privatier Schäfser, Ludwigsburg; Privatier Rothfritz, Ludwigsburg-Stuttgart,- Zeichenlehrer Wieland, Stuttgart; Bäckermeister Wörnle, Stuttgart.
X Eill Kapitel voll den Beleidigungen.
Es kommen wohl in wenigen Rechtsstaaten im Verhältnis so viel Jnjurienklagen zur Verhandlung vor dem Strafrichter, wie gerade in Deutschland. Daraus geht hervor, daß in Deutschland die Neig- ung, Injurien auszusprechen, ebenso groß ist, wie das Verlangen, dafür eine gerichtliche Sühne zu erlangen, während in anderen Staaten zwar nicht viel weniger Beleidigungen Vorkommen mögen, aber doch die Sache verhältnismäßig in viel weniger zahlreichen Fällen bis zum ordentlichen Richter gebracht wird. In den Staaten dcS Südens mit ihrer heißblütigen Bevölkerung wird auf eine geringe Beleidigung kein großes Gewicht gelegt, sie geht zum einen Ohr hinein und zum andern wieder hinaus, während sich für eine schwere Beleidigung der davon Betroffene schon selbst Genugthuung holt. In England und Amerika wird noch heute manche Jnjuriensache durch einen regelrechten Boxkampf erledigt, wieder in anderen Staaten hat das Institut des Friedensrichters, der dem deutschen Schiedsmavne entspricht, eine sehr segensreiche Bedeutung, eine viel größere als bei uns, wo man leider im Durchschnitt sehr davon zurück- gekommen ist, einen Privatstreit dieser Art durch den Schiedsmaun schlichten zu lassen. Das Bestreben, nun unter allen Umständen eine geringfügige Jnjuriensache vor den Richter zu bringen, taugt wenig, damit wird weder der Gerechtigkeit, noch dem großen Publikum gedient. Denn, wer Gelegenheit gehabt hat, häufiger Schöffengerichtssitzungen beizuwohnen, weiß nur zu gut, daß gerade die Privatklagen nicht blos außerordentliche Versäumnisse mit sich bringen, sondern auch, daß in recht vielen Jnjurienklagen eine entschieden zu mißbilligende Prozeß- und Händelsucht sich geltend macht und oft genug der Kläger nicht besser ist wie der Angeklagte. Es ist dringend zu wünschen, daß das alte gute Institut des Schieds- mannes seine volle Bedeutung wieder gewinnen und
daß es auch die Schiedsmänner an kräftigen Worten der Ermahnung nicht fehlen lassen. Noch mehr zu wünschen ist allerdings, daß der, welcher weiß, daß er eine schnelle Zunge hat, sich bemüht, diese zu hüten und Aergernis zu vermeiden. Mit dem Betreiben von Jnjurienklagen wird unendlich viel Zeit vertrödelt, die viel besser verwendet werden könnte.
Aussterben werden die Jnjurienprozesse nicht, trotz aller Ermahnungen nicht, das ist klar; haben wir doch Bezirke im deutschen Reiche, welche durch die Masse der Jnjurienprozesse, die an den dortigen Gerichten verhandelt werden, eine Berühmtheit erlangten, die freilich gerade keine erfreuliche genannt werden kann. Aber die Beleidigungen, die von Brauseköpfen leichthin gesprochen werden, wären schon noch zu ertragen, wenn nicht die Zahl der verleumderischen Beleidigungsprozesse bei uns eine so große wäre und leider immer noch eine Zunahme zeigte. Die deutsche Nation ist eine eminent friedfertige, ja sogar gutmütige, aber in vielen ihrer Angehörigen, männlichen wie weiblichen Mitgliedern steckt doch eine starke Sucht, den lieben Nächsten gern unter die Lupe einer scharfen Kritik zu nehmen, nicht selten auf Kosten der Wahrheit. Die beabsichtigten, vorbedachten verleumderischen Beleidigungen sind zum Glück weniger zahlreich als die, welche vom Hörensagen aufgefangen und so weiter dahin gesprochen werden, aber auch diese fahrlässige, verleumderische Beleidigung, die schon so sehr viel Unheil gestiftet hat, ist entschieden zu mißbilligen und das deutsche Reichsstrasgesetzbuch setzt auch diese Injurie ausdrücklich unter Strafe. Der Richter hat nicht nur den zu bestrafen, welcher diese Verleumdung aufbringt, sondern auch den, welcher sie verbreitet. Man soll eben nicht herabsetzende, gehässige Dinge von einem Anderen verbreiten, von welchem nicht feststeht, daß sie wahr sind. Und auch im letzteren Falle giebt es noch mancherlei Umstände, unter welchen ein honnetter Mensch anderen das Weitertragen herzlich gern überläßt. Daß diese verleumderischen Beleidigungen verschwinden möchten, ist ein dringender Wunsch, denn die böswillige Verleumdung, wie der gewissenlose Klatsch haben schon so manches, manches Menschenleben auf dem Gewissen.
Neid und Mißgunst, eigene Unfähigkeit und Trägheit sind die Quellen, aus welchen absichtliche oder
fahrlässige Verleumdungev hervorgehen, ebenso niedrig und verwerflich, wie die Motive, welche zu ihrer Schaffung geführt haben. Der gute Ruf, dessen sich ein Mensch erfreut, ist ein so kostbares Gut, daß man sich hüten sollte, es irgendwie anzutasten. Und wer dies trotzdem thut, der mag denn auch die Fol» gen seiner Handlungsweise tragen. Wer sich eine vorbedachte verleumderische Beleidigung zu Schulden kommen läßt, hat in der Regel vor Gericht keine Schonung zu erwarten und es kommt zu ganz exemplarischen Strafen. Aber man sollte auch die fahrlässige Verleumdung, den gewissenlosen Klatsch schärfer treffen, als dies vielfach noch der Fall ist. Das wird wirken und dazu beitragen, wenn auch nicht diesen groben Unfug ganz und gar verschwinden zu machen, so doch dazu, ihn wirksam eivzudämmen. Man hört in solchen Fällen oft davon sprechen, es müßten doch Rücksichten genommen werden! Darauf giebt es nur eine einzige Antwort: Wer sich jedweder Rücksichtnahme gegenüber dem guten Ruf Anderer enthoben erachtet, hat keinerlei Anspruch auf Rücksichtnahme gegen ihn selbst.
Laudesoachrichteu.
* Altensteig, 14. Sept. Eine bessere Ver- bindungsflraße von hier nach Altensteig Dorf wird nun in allernächster Zeit (laut Ausschreiben im Inseratenteil) erbaut werden und damit geht ein längst gehegter Wunsch der Bewohner des oberen Stadtteils, wie auch derjenigen von Attensteig Dorf in Erfüllung. Wie viel hier und in naher Umgebung im letzten Jahrzehnt für Hebung des Verkehrs geschehen ist, ist wirklich wert aufgezählt zu werben. Es wurde in diesem Zeitraum erbaut: Die Strecke der oberen Nogoldthalstraße von Altensteig bis zum Hoch- dorfer Wegzeiger und von da die Steige nach Hochdorf, die Priemrnsteige, die Bernecker Steige, eine neue Straße nach Garrweiler-Grömbach, eine neue Straße von Ebhausen nach Ebershardt-Warth, der obere Teil der Nagoldthalstraße bis Erzgrube-Schorren- thal, eine neue Straße vom Nagolothal aus nach Schernbach-Göttelfingen. Gedenken wir noch, daß in diese Zeit auch der Bahnbau fällt, so dürfen wir mit dem Fortschritt im Verkehrswesen, den unser Bezirk zu verzeichne« hat, wohl zufrieden sein. Obenan
AerzenswandLungen.
Roman von I. v. Böttcher.
(Fortsetzung.)
„Wenigstens,"' dachte sie, „kann ich einige Tage leichter atmen, obgleich ich mich niemals frei fühlen kann, so lange Giuseppe als Nemesis in meinem Hause weilt, und —" sie schauderte, als sich vor ihrer Erinnerung das Bild eines schönen, länglichen Gesichtes erhob, mit braunem Haar und blauen Augen — ein Gesicht, das ste einst so sehr geliebt, welches sie jetzt beharrlich und doch vergebens aus ihrem Gedächtnisse zu verbannen suchte — das Gesicht ihrer Mutter.
26.
Kaum begann die schwache Röte der aufgehenden Sonne die grauen Nebel der Dämmerung zu durchbrechen. welche über den Connecticutfluß hingingen, als zwei Fußgänger über den Rasen des Herrenhauses von Beechcliff schritten und ihren Weg nach der wenige Meilen entfernten Schlucht nahmen, wo sich zwischen Felsen und übexhängenden Bäumen ein klarer Forellenbach hinwand, hier geräuschvoll über Kieseln dahin hüpfend, um dort, etwas weiterhin von Bäumen und Büschen beschattet, um die sich die duftige Elematis rankte, einen kleinen Teich zu bilden.
„Es ist unmenschlich, Sie so früh hinauszutreiben," sagte Dudley, stehen bleibend, um seine Zigarre an- zuzünden, „aber Sie können sich nicht eher für vollständig amerikanisiert betrachten, ehe Sie nicht einen Korb voll unserer echten goldgefleckten Forellen aus unfern Gewässern gefischt haben."
„Für mich ist es nicht zu früh," erwiderte Fre deric Dorillon, sein Begleiter. „Diese Morgenfrische ist wahrhaft entzückend, und ich denke, ein langer Spaziergang wird uns noch mehr Eifer für unfern Sport geben."
„Sport!" wiederholte Dudley. „Das will ich meinen. In allen Ihren schottischen Seen finden Sie nicht seinesgleichen. Forellen fischen in diesen felsigen Schluchten ist eine neue Aera in eines Mannes Leben — ein lebendes Bild — ein Gedicht in smaragdgrünen Zeilen geschrieben und von den Vögeln und dem Plätschern des Wassers in Musik gesetzt."
Dorillon sah ihn lächelnd an.
„Sie sind ein Enthusiast Hugo."
„Nein, ich bin nur empfänglich. Warten Ste, bis wir an Ort und Stelle angelangt sein werden. Nun," fragte er, als ste den mit Farrnkräutern überwucherten Fußpfad verlassend, einen liefen Hohlweg einschlugen, der fast senkrecht die Anhöhe hinabführte, „wie gefällt Ihnen Beechcliff?"
„Sehr gut — so viel ich davon gesehen habe."
„Und seine Bewohner?"
„Auch seine Bewohner."
„Dieselben werden Ihnen bei näherer Bekanntschaft noch bester gefallen."
„Glauben Sie?"
„Viele von ihnen wenigstens. — Was denken Sie von unserer Wirtin?"
„Was ich über Frau Delamare denke?" sagte Dorillon langsam.
„Ja, ist ste nicht die schönste Fra«, die Sie je gesehen haben?"
„Ich glaube ja," erwiderte Dorillon nach einer Pause, als habe er erst über die Frage nachgedacht.
„Das rätselhafteste aber ist, daß ste Witwe bleibt," fuhr Dudley fort.
„Warum rätfelhaft?"
„Ich weiß es nicht, aber man erwartet doch, daß eine schöne Witwe sich wieder verheirate, besonders wenn ste jung und reich ist und eine Menge Bewerber hat."
„Ist das Fra« Delamares Fall?"
„Ja. Wundern Sie stch darüber?"
„Nein, unter den obwaltenden Umständen."
„Aber ste wird schon wieder heiraten, wenn der Rechte kommt."
Dorillon erhob langsam das Auge und sah seinem Freunde in das Gesicht und Dudley staunte, wie bleich der Reflex der grünen, hin und her stch bewegenden Blätter ihn erscheinen ließ.
„Vielleicht," sagte er, „war Frau Delamares erste Ehe nicht so, daß sie versucht wäre, eine zweite einzugehen. War ste glücklich mit ihrem ersten Mann?"
„Ich denke," sagte Dudley; „ich habe sie nie darüber sprechen hören."
„Wie lange find Sie mit ihr bekannt?" fragte Dorillon.
„Zwei, drei Jahre. Ich lernte ste in der Schweiz kennen, und bei den verschiedenen Partien, die wir gemeinschaftlich dort gemacht haben, sind wir uns näher getreten, wie dies während eines Jahrhunderts von konventionellen Bewegungen in den Gesellschaften New-Jorks nicht möglich gewesen wäre."