Schwarzwaldverein, der schon so manche angenehme Einrichtung für die Waldbesucher getroffen hat, zur Erfüllung des bescheidenen Wunsches, den, wie ich ver­sichern kann, so manche teilen.

* Wildbad, 14. Aug. In die außerhalb der Trinkhalle gelegene Verkaufsbude des Achatwaren­händlers Treibs wurde heute nacht eingebrochen. Die Diebe bohrten die Thürfüllung aus, drangen durch die so entstandene Oeffnung in das Innere ein und entnahmen den verschiedenen Etuis Waren im Werte von einigen Tausend Mark. Trotz sofort angestellter Nachforschungen fehlt von den Dieben bis jetzt die Spur.

* Tübingen, 14. Aug. 6anä zur. Schabel ist seinen schweren Verletzungen erlegen. Seine Leiche w'-d nach Ellwangen überführt und dort beerdigt. (S abel zog sich nachts auf dem Abort, wo er ein- schlief, durch ein Licht Brandwunden zu und bis er erwachte und durch seine Rufe Hilfe kam, war er schon jämmerlich verbrannt.)

* Tübingen, 15. Aug. Wir haben keine Poli­zeistunde wie Heidelberg. Unsere akademischen Bür­ger können die ganze Nacht durchschwärmen, ohne von der Polizei belästigt zu werden. Zur Unter­stützung dieser unbegrenzten Freiheit sind die Nacht- kafee da, wo Kaffee und Spirituosen verabreicht wer­den. Die Nachtseite des Lebens treibt da ihre üppigen Blüten und die Folgen sind oft gar traurige, wie die neultchen Vorfälle bei zwei Studierenden in er­schreckender Weise gezeigt haben. Im Gemeinderat ist Prof. Dr. v. Schönberg mit seinem Antrag auf Einführung der Polizeistunde bis 1 Uhr durchge­fallen. Ein wiederholter Antrag würde bei der jetzigen Stimmung der Bürgerschaft durchgehen. Der gute Ruf der Hochschule verlangt dringend eine solche Maßregel.

s) (Auch ein Zeitbild.) Uns wird geschrieben: Eine arme Hausterersfrau, Witwe, die sich durch rast­loses Umherwandern und Feilbieten von Porzellan­waren mühsam ihren Lebensunterhalt erwirbt, kam eines Morgens bitterlich weinend zu mir. Die Frau konnte vor Aufregung kaum sprechen, und erst nach geraumer Zeit vermochte sie im Zusammenhänge zu erzählen, was ihr geschehen. Sie besitzt ein kleines baufälliges Häuschen, in dem ste seit dem Tode ihres Mannes mit einer jüngeren Tochter wohnt. Ihr ältester Sohn, allgemein als roher und gewaltthä- tiger Mensch bekannt, den seine Frau seiner Brutali­tät wegen verlassen hat und der nun mit einem lieder­lichen Weibsbild zusammenlebt, wünscht sich das Häuschen der Mutter, um keine Miete mehr bezahlen zu brauchen. Die Witwe, die ihre Heranwachsende Tochter nicht in diese Gesellschaft bringen will, ver­weigert Aufnahme des sauberen Paares und bleibt auch trotz aller Drohungen standhaft. Was geschieht? Eines Tages erscheint der Sohn, faßt die Mutter, bevor sie sich noch recht besinnen kann, an der Schulter und wirft sie zu ihrem eigenen Hause hinaus. Ihre wenigen Habseligkeiten, Bettstücke rc. fliegen durch's Fenster nach. Die Mutter, anfänglich ganz starr, will doch nicht so leicht auf ihr Eigentum verzichten und kehrt in's Haus zurück. Eine gräßliche Szene. Der ungeratene Sohn wirft die arme Mutter zu Boden und bedroht sie mit dem Beil, wenn sie nicht weiche! Weinend geht die Frau mit ihrem geängstigten

Augenmaß Jda der Gräfin gegenüber und dem Drange ihres Herzens folgend, hätte ste ihr am liebsten, der Folgen nicht achtend, zugerufen:

»Es ist Ihre Schuld! Sie sind die Ursache!"

Das Blut rann kalt durch ihre Adern, als sie an den leeren Schein der Gerechtigkeit, den hohlen Trug des Gesetzes dachte, wo ein Weib, die jede Schranke durchbrochen hatte, der schwersten Strafe verfallen war, welche die menschlichen Gerichte zu ver­hängen vermögen, lächelnd und anmutig, in die kost­barsten Stoffe gekleidet, da fitzen konnte, frei, weder von außen, noch von der Stimme ihres Gewissens beunruhigt. War ste nicht eine wandelnde Lüge, eine übertünchte Gruft?

Als diese Gedanken zusammenhanglos an Jdas Seele vorübergingen, war die Gräfin überrascht durch den Ausdruck des Widerwillens, den ihre Augen an- nahmen.

Jda," sagte sie, »Sie sind heute von unbe­greiflicher Laune. Ich kann Ste wirklich nicht ver­stehen."

»War das alles, was Sie mir zu sagen beab­sichtigten ?"

»Nein, Jda, ich habe Ihnen noch viel mehr Zusagen, aber Sie haben meine Frage hinsichtlich jenes unseligen Zerwürfnisses zwischen Ihnen und Ihrem Gatten noch nicht beantwortet."

»Er mag mich selbst fragen, wenn er eine wei­tere Erklärung wünscht," antwortete Jda.

»Er hat Sie gefragt, Jda."

»Woher wissen Sie das?"

Kinde und erhält bei einem Nachbar in einem gerade leer stehenden Stalle eine kümmerliche Unterkunft. Was nun? Der Sohn weicht nicht aus dem in so schmählicher Weise errungenen Besitz­tum, und geht die Mutter vorüber, wird ste ausge­lacht. Sie will die Hilfe der Behörden anrufen und muß, so schwer es ihr fällt, daran denken, den Straf­antrag gegen den eigenen Sohn zu stellen. Der Bube hört davon, und als er wieder einmal die Mutter steht, läuft er auf ste zu, würgt sie auf offener Straße, und erklärt, wenn er angezeigt und bestraft werde, so werde der erste Weg aus dem Gefängnis der Mutter gelten, um diese totzuschlagen. Dann möge man ihn hinrichten. Die arme Frau ist ganz außer sich, der Sohn ist wohl einer solchen Schand- that fähig. Was soll -man thun? Die Gefängnis­strafe ist für einen solchen Menschen keine Strafe, seine Drohung zeigt, was er plant. Soll man ihn später polizeilich unausgesetzt bewachen, um die Mutter vor der Axt des Sohnes zu schützen? Oder gtebt es etwas, was im Stande wäre diese Mordgedanken bet dem durch und durch verrohten Patron zu bannen? Man sagt es nicht gern und man thut es nicht gern, aber es will doch scheinen, als ob für derartige grenzenlose Rohheit und Niederträchtigkeit der Gesinnung Prügel die einzig richtige Strafe wären und zugleich ein Mittel, dem entmenschten Sohne die Mordge­danken auszutreiben. Man denke sich die verzweifelte Stimmung der unglücklichen Malter, für die es schon schrecklich genug ist, gegen den eigenen Sohn, ihr eigen Fleisch und Blut vorzugehen, und die späterhin nicht wird ruhig schlafen können in der ewigen Angst, der Mörder stehe vor der Thür. Das ist keine Phantasie­maleret, das ist eine buchstäblich wahre, entsetzlich traurige Thatsache. Und ist dieser Fall ein so ganz vereinzelter? Rohheiten und Brutalitäten der Kinder gegen die leiblichen Eltern sind leider viel, viel häu­figer, als man denkt, es sind unendlich traurige Zeichen der Zeit. Und was geschieht solchen ent­arteten Kindern und was läßt sich mit ihnen anfangen ?

* (Verschiedenes.) Am Postgebäude in Berg stürzte der 19jährige Sohn eines Bürgers von Pliezhausen so unglücklich herab, daß er, kaum in das Karl-Olga-Spital nach Stuttgart verbracht, seinen Geist aufgab. In O berei s e s he i m fiel der Bürger Christian Hornung beim Garbenherunter- werfen von der Scheuer so unglücklich herab auf den Kopf und war sofort tot. In Wasser- alfingen brannte das Anwesen des Eisendrehers Jäger fast bis auf den Grund nieder. Die meisten Fahrnisse konnten gerettet werden. Ein 13jährtger Knabe, der vor einigen Wochen seinen Eltern in Heilbronn entlaufen ist, wurde in Köln aufge­griffen. Der Versuch, ihn seinen Eltern zuzuschicken, mißlang. Nachdem er unter Begleitung glücklich bis Mannheim befördert worden war, löste ihm dort, wie die N.-Z. schreibt, ein Schutzmann ein Btllet bis Heilbronn und setzte ihn in den Zug. Unvorsichttger- weise nahm er ihm aber die 15 Mk., die der Junge noch Set sich trug, nicht ab. Kaum hatte ihn der Schutzmann aus dem Auge gelassen, so stieg der hoff­nungsvolle Bursche wieder aus, bestieg einen andern Zug und fuhr nach Rotterdam. Auf dem Gab-

»Er sagte es mir."

»Also hat er Ste in sein Vertrauen gezogen?" fragte Jda.

»Ja, bis zu einem gewissen Grade."

»Er beweist viel Takt und Urteilskraft bei der Wahl seiner Vertrauten."

»Was wollen Ste damit sagen, Jda?"

»Sagen Ste mir," fragte Frau Delamare, den Blick fest und unverwandt auf die blauen Augen der Gräfin geheftet, »wenn mein Mann mit der ganzen Geschichte Ihrer Vergangenheit bekannt wäre, würde er dann auch so bereitwillig gewesen sein, wie jetzt. Sie zu bitten, in seinen ehelichen Zerwürfnissen die Vermittlerin zu spielen?"

»Gewiß, warum sollte er nicht?"

Die Gräfin erwiderte Jdas Blick ohne zu zucken und sprach in dem ruhigen, gelassenen Tone der Offen­heit und der Wahrheit. Sie war sicher eine Meisterin in der Verkellungskanst und Heuchelei.

»Sie sprechen von meiner Vergangenheit, Jda," nahm die Gräfin wieder das Wort, als Jda nicht antwortete. »Ich werde Ihnen gelegentlich meine Geschichte erzählen, ste ist nicht ganz ohne Romantik."

»Ich bin nicht neugierig, sie zu hören."

»Aber Jda," sagte die Gräfin, tiefer verletzt als ste sich eingestehen mochte,Sie haben mich mehr wie einmal gebeten, Ihnen die Geschichte meines Lebens zu erzählen und jetzt, wo ich bereit dazu bin, hegen Ste den Wunsch nicht mehr."

»Die Umstände haben sich seidem geändert," war die kalte Antwort.

lisberghof bei Waldsee hat sich der Maler Rothenhäußler von Haidgau vergiftet. Er hat bessere Tage gesehen, stammte aus guter Familie, war aber dem Trünke ergeben und ist immer tiefer gesunken.

* Pforzheim, 14. Aug. Ein Reisender aus Budapest verlor vorgestern in der »Mainau" ein Päckchen mit Brillanten und Steinen. Als am an­dern Morgen das Lokal ausgefegt und dem Päckchen einige der Brillanten entfielen, bemerkte man dm kostbaren Inhalt. 57 Opale und 24 Brillanten wur­den wieder gefunden, 8 Brillanten sollen nach den Angaben des Reisenden noch fehlen.

* Würzburg. Das hiesige Landgericht hat neuerdings eine Entscheidung von allgemeiner Bedeu­tung in einer Entmündigungsangelegenheit gefällt.

Ein im dortigen Bezirk praktizierender Arzt hatte ei­nen Handwerksmeister, ohne daß er ihn gesehen, für wahnsinnig und gemeingefährlich erklärt und seine Ueberfühcung in eine Irrenanstalt angeordnet. Die Frau hatte den Antrag gestellt, weil ihr Mann an­geblich an chronischem Alkoholismus leide. Der Ge­schädigte stellt gegen den Arzt Strafantrag, der sich einer Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung dadurch schuldig gemacht, daß er sein Zeugnis ohne eine persönliche Untersuchung des Kranken abgegeben.

Der Staatsanwalt nahm die Klage auf, und der Ge­richtshof hat dem Kläger recht gegeben, den Arzt für schuldig erklärt. Der Staatsanwalt hob in seiner Begründung hervor, daß es sich um die Sicherstellung der persönlichen Freiheit »gegenüber einer allzu zärt­lichen Umarmung der Psychiatrie" handle, denn schließ­lich würde kein Mensch davor sicher sein, auf Grund einer Denunziation von Fimtltenangehörigen und eines oberflächlichen Gutachtens m eine Irrenanstalt ge­bracht zu werden.

* Jmpfingsn (Pfalz), 15. Aug. Schulverweser Scherer von hier hat heute früh zwischen 3 und 4 Uhr sich und die Katharina Kuhn in seiner Wohnung er­schaffen. Scherer steht im 23. Lebensjahr. Er soll die That im Einverständnisse mit der 20 Jahre al­ten Tochter Katharina des Ackerers Friedrich Kuhn begangen haben. Die Revolverschüffe richtete er in den Mund. Wie man hört, soll der Umstand Beide in den Tod getrieben haben, daß die genannte Katha­rina Kuhn sich am Sonntag mit einem Lehrer aus Göcklingen verloben sollte, dem sie aber nicht zuge- than war, vielmehr ihre Liebe dem Verweser Scherer zuwandte.

' Berlin, 15. August. Anläßlich der aufge- > tauchten Gerüchte über den Aufschub der Vermählung der Prinzessin Alix von Hessen mit dem russischen Thronfolger bringt die Voss. Ztg. einen Leitartikel über den Glaubenswechsel einer deutschen Prinzessin.

Ste verurteilt das Verlangen der russischen Katser- familte, wonach die deutsche Prinzessin zwecks Auf­nahme in das kaiserliche Haus zur orthodoxen Kirche überzutreten habe, insoweit dieser Glaubens Wechsel nicht aus wirklicher Ueberzeugung geschieht. Für diesen Zustand sei hauptsächlich die deutsche Regierung als verantwortlich anzusehen, welche dem Ansinnen Rußlands nicht entgegentrete.

* Berlin, 16. August. Der »Vorwärts" sucht jetzt den ihm unbequemen Hinweis auf die Millionäre,

»Hat sich denn Ihr Herz gänzlich von mir ab­gewendet, Jda?"

»Ja, Fra« Gräfin, ganz und gar."

Und aus welchem Grunde?"

»Ich bin nicht verbunden, der Gräfin Aviolt Rechenschaft über meine Gedanken und Neigungen zu geben."

»Darin haben Sie recht."

»Recht!" stieß Jda zürnend hervor. »Was find Recht und Gerechtigkeit anders, wie eine klingende Zusammensetzung von Silben?"

»Jda," sagte die Gräfin mit immer steigendem Erstaunen, »ich bestehe darauf zu wissen, worauf Sie hindeuten."

»Sie sollen es niemals erfahren," erwiderte Jda, sich erhebend. »Ich weise Ihr Vertrauen zurück, Gräfin Avtoli, und ich werde es nicht dulden, daß Sie sich in meine und meines Mannes Angelegenheiten einmischen. Ich nenne es ebenso zudringlich, wie un­berufen von Ihrer Seite. Und jetzt, wenn Sie mir weiter keine Mitteilungen zu machen haben," schloß ste mit einer stolzen Neigung des Hauptes, »muß ich Sie bitten, mich allein zu lassen."

»Jda!"

»Habe ich nicht deutlich genug gesprochen?"

Bleich und auf das tiefste verletzt erhob sich die Gräfin. (Fortsetzung folgt.)

* (Lesefrucht.) Man darf nur alt werden, um milder zu sein, schließlich steht man keinen Fehler, den man nicht selbst begangen hat.