die ein Führerami in der sozialdemokratischen Partei erstreben, mit der Bemerkung zu entkräften, daß auch der „dritte Stand" die Unterstützung aus den Reihen des Adels und der Geistlichkeit stets gern angenommen habe. Der Vergleich paßt, wie die Faust auf's Auge. Die sozialdemokratische Partei pflegt sich als die Partei der „Enterbten" und „Proletarier" hinzustellen. Da muß es allerdings als auffällig erscheinen, daß in dem Augenblick, wo das Bekenntnis zur roten Fahne keine Gefahr mehr mit sich bringt, die Zahl der Millionäre sich mehrt, die aus ihren fürstlich eingerichteten Wohnungen gelegentlich herniedersteigen, um an dem Kampfe der „Hütten gegen die Paläste" tetlzunehmen.
* Berlin. Den „Baseler Nachr." wird von hier gemeldet: „Großes Aufsehen erregt hier eine Broschüre, welche unter dem Titel „Der Wucher und seine Geldleute" eine große Anzahl Wucherer namhaft macht und Originalbrtese belastenden Inhalts veröffentlicht. Viele Kapitalisten, auch zwei Rechtsanwälte sollen bloßgestellt sein. Die erste Auflage der Schrift ist sofort von beteiligter Seite aufgekauft worden, trotzdem dürfte der Staatsanwalt eine Untersuchung etn- leiten."
* Am 4. September werden der Kaiser und die Kaiserin in Königsberg in Pr. eintreffen. Dort findet eine Festvorstellung statt, zu welcher der Kaiser seine Zustimmung aber nur unter der Bedingung gegeben hat, daß die Kosten derselben nicht von der Provinz oder der Stadt, sondern von dem Publikum durch Eintrittsgeld bestritten werden.
* Großes Unheil hac in Solingen eine „Wahrsagerin" angerichtet. Einer Ehefrau, die sich von ihr weissagen ließ, hatte sie so viel thörichtes Zeug in den Kopf geschwätzt, daß die Aermste in geistige Umnachtung fiel und — starb. Der Fall hat aber noch ein weiteres beklagenswertes Nachspiel gehabt. Der Mann jener Unglücklichen nahm sich deren trauriges Ende so zu Herzen, daß er trübsinnig wurde. Man brachte ihn nach Bonn in eine Irrenanstalt. Gegen die „Seherin" und deren Mann, der ihr bei ihrem Firlefanz Hilfe leisten mußte, schwebt eine Anklage wegen Betruges.
Ausländisches.
* Wien, 15. Aug. Bei einem Wiener Juwelier wurden kürzlich 200 für die Lemberger Ausstellung angefertigte silberne Medaillen mit dem Bilde Koszius- kos und der Inschrift: „Gott erlöse Polen!" vom Landesgericht wegen Störung der öffentlichen Ruhe beschlagnahmt. Das Oderlandesgericht hat gestern die eingebrachte Beschwerde abgewiesen.
* Rom, 14. Aug. Der Papst hat die Zusammenkunft der orientalischen Patriarchen mit den römischen Kardtnälen in Rom verfügt, um über die Einigkeit der Kirchen zu beraten.
* Aus Rom wird gemeldet: In dem Hause des Zeitungsverkäufers Ciarr wurde auf die Denunciation eines vor einigen Wochen verhafteten Anarchisten Mariottini eine Durchsuchung veranstaltet, die ein überraschendes Resultat lieferte. Man fand nämlich eine vollständige Werkstätte zur Herstellung von Explosivkörpern mit einem chemischen Laboratorium, Schmelzöfen und dergleichen, sowie ein Magazin, in
dem 30 Bomben fast fertig lagen. Ciari und sechs Genossen wurden verhaftet. Eine zum Explodieren vollständig vorbereitete Bombe gleicht genau der bet der Kammer gefundenen und füllte nach dem Beschluß einer Verfammlung von 15 Anarchisten, wie die „Italic" wissen will, vor dem Hause Crispi's gelegt werden als Protest gegen die Verurteilung Lega's und Caserio's. Unter den Verhafteten befindet sich auch der mit der Legung dieser Bombe Beauftragte. Nach der Aussage des obengenannten Anarchisten Mariottini sollen seit zwei Jahren alle Bomben, die in Rom geworfen wurden, im Hause Ciari's angefertigt worden sein.
* Lyon, 16. Aug. Caserio wurde heute früh hingerichtet. Ein Zwischenfall ist nicht vorgekommeu. Casertos letzter Ruf war: „Mut Kameraden! Es lebe die Anarchie!"
* Lyon, 16. Aug. Der Gefängnisdirektor weckte Caserio um halb 5 Uhr und sagte ihm: „Mut, die Stunde ist gekommen." Caserio setzte sich auf das Bett und wurde aschfahl. Er wurde von krampfhaftem Zittern ergriffen, das ihn nicht mehr verließ, er kleidete sich langsam an, genoß nichts, wies die Tröstungen des Geistlichen zurück und erklärte: „Ich habe nichts zu sagen, gebt nur meiner Mutter den Brief, den ich geschrieben habe." Als während des Ankleidens der Direktor Casertos Mutter erwähnte, stiegen diesem die Thränen in die Augen. Er bezwang sich aber sofort und nahm eine gleichgültige Miene an, immer erschrecklich bleich. Sodann sprach er nichts mehr und zitterte fortdauernd konvulsivisch. Im Wagen klapperten ihm die Zähne, beim Aussteigen stieß er ein Knie an. Als er das Fallbeil und Publikum erblickce, wurde sein Blick verstört, Mund und Kiefer zeigten sich verzerrt. Als das Beil fiel, erschollen Bravorufe unter den Anwesenden. Als der Wagen mit der Leiche fortfuhr, wiederholte ein Insasse des Gefängnisses St. Paul, welcher schon nachts „Hoch die Anarchie!" geschrieen, diesen Ruf. Untersuchung wurde gegen ihn eingeleitet. Eine zahlreiche Menge schaute zu, wurde aber sehr entfernt gehalten durch einen Kordon von Polizei und Soldaten, welche alle auf den Richtplatz mündende Straßen absperrten.
"Grenoble, 14. August. Das Zuchthanspolzei- gericht verurteilte einen Mann, welcher an den Ausschreitungen gegen das italienische Konsulat vom 25. Juni besonders beteiligt gewesen war, zu 2 Jahren Gefängnis; ferner 20 Leute, die an den Gewaltthaten gegen die Italiener teilgenommen hatten, zu 3 Monaten bis 14 Tagen Gefängnis.
* Ein Anarchist, namens Vergand, hatte sich in das Gertchtsgeöäude inMons eivgeschlichm mit der Absicht, dasselbe während der Verhandlungen mittels Dynamit tn die Luft zu sprengen. Sein verdächtiges Benehmen wurde jedoch rechtzeitig bemerkt; der Anarchist wurde sofort verhaftet. Man fand sieben Bomben bei ihm vor, die mit Dynamit gefüllt waren.
* London, 15. Aug. Das Reuter'sche Bureau meldet aus Aokohama: Ein Seetreffea fand Sonnabend zwischen Chinesen und Japanesen statt. Es heißt, die Chinesen seien zurückgeschlagen.
"Sofia, 13. August. Das Organ der Regierung, der Volksfreund, bespricht die Frage der
Aussöhnung mit Rußland. Aus den jüngsten russischen Preßftimmen erhellt, Rußland strebe die Verfügung» über die bulgarische Armee an und die Besetzung Varnas und Burgas. Das Blatt fragt die Anhänger der Aussöhnungstdee, ob die Bulgaren Afrikaner seien, die sich an Rußland verkaufen und als Schlacht- ttere vor Konstantinopelschleppen lassen wollten, damit der Zar über die Gebeine der Bulgaren dort ein- rücken könne. Das Blatt sagt, Bulgarien bedürfe der AusMnuua nicht.
"Belgrad 15. Aug. Heute früh ist ein Mas erschiene«, durch den eine große Zahl wegen politischer Vergehen Verurteilter begnadigt wird.
* Durch dis vom Präsidenten Eleveland genehmigte Gesetzesvorlage über die Aufnahme des Territoriums Utah tn den Bund der Ver. Staaten von Amerika ist die Zahl dieser Staaten auf 45 gebracht; das Sternenbanner erhält somit seinen 45. Stern. Zn Beginn des großen Befreiungskrieges im vorigen Jahrhundert waren es nur 13 Sterne, und heute 45; diese Wachstumzahl redet ganze Bände Geschichte. Auch Neu-Mexiko und Arizona sollen bald ausgenommen werden.
Handel «nd Verkehr.
* Altensteig, 17. Aug. Zum Verpacken des Tafelobstes werden vom Württ. Obstbauverein folgende Ratschläge gegeben: das feinste Tafelobst, besonders weichschaltge, nahezu reife Birnen, sollten nur in Kisten bis höchstens 10 Kilo brutto, nicht in Körbe verpackt werden. Die Früchte sind einzeln in weißes reines Setdepapier zu wickeln »nd ganz dicht und fest zu verpacken, so daß sie absolut nicht geschüttelt werden können, denn sobald die Früchte nur ein wenig lose liegen, bewegen sie sich beim Transport «nd bekommen Druckstellen. Die Hohlräume werden mit Papierspähnen oder feiner Holzwolle ausgestopft, auf den Boden und unter den Deckel kommt eine dünne Schicht des gleichen Materials und muß die Kiste reichlich voll sein. Das weitere gute Tafelobst wird am besten in Kisten oder Fässern von nicht über 1 Ztr. Inhalt verpackt. Die Kiste wird unten «nd au den Seiten mit 2 Bogen weichem Papier ausgelegt, die Früchte ganz dicht nebeneinander und schich- teuweise aufeinander hineingelegt, nicht geschüttet. Beim Einlegen ist darauf zu sehen, daß die Stile nicht die darunter oder darüber befindliche Lage verletzen. Mau packt so Lage auf Lage ganz gleichmäßig dicht, bis die oberste Lage etwas über den Rand der Kiste oder des Fasses hervorsteht. Darauf werden die oberen Früchte ebenfalls mit Papier bedeckt und der Deckel aufgenagelt. So können nur die oberste und unterste Schichte etwas leiden.
* Gewöhnliche Postkarten dürfen vom 1. d. ab nicht mehr wie bisher nach Beklebung mit einer Zehnpfenuigmarke für den Weltpostverkehr benutzt werden, was den Postämtern durch eine erneute Verfügung in Erinnerung gebracht zu sein scheint; denn aus verschiedenen Orten wird gemeldet, daß tn den letzten Tagen solche Karten mit dem Vermerk: „Unzulässig zurück," den Absendern wiedergegeben worden sind.
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.
H 0 ch d 0 r f.
L. Kappler zum grünen Baum in Altensteig verkauft am Warth otomänsfeiertag den 24. d. W vormittags 9 Uhr
den Hehmdgras - Ertrag von cirka 3V Morgen Wiesen, aus seinem Hof- gut hier.
Kaufsliebhaber werden hiemit freund- lichst etngeladen.
A. A:
Schultheiß Tchaible.
^ Altensteig.
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zu haben bei
Altensteig.
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Vollhäeinge
find frisch eingetroffen bet
Mn. Wurghard.
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ß An» Ssiriuters ir»ietziiritt»rg -eir ly. 2 lrrg. I.
großes Garten-Konzert
EH ausgeführt von der berühmte« Altensteiger Ltadtkapelle
DE LnL JßErn-ZartS».
verbunden mit
italienischer Wacht.
Hiezu ladet freundlichst ein
HM HöocLrnA«?"
zum Stern.
ölL. Bei ungünstiger Witterung findet das Konzert am darauffolgenden Sonntag statt.
A l t e n st e i g.
Mein Geschäft befindet sich von heute ab im Hause des Hrn. Fuhrmann Klaiß an der Poststraße.
Theodor Wecker
Sattler u. Tapezier.
X
Breitenberg, OA. Calw.
Berakkordiernng von Banardeiten.
Die bet Erstellung eines Waghäuschens vorkommenden Bauorbeiten werden iw Wege schriftlicher Submission vergeben:
Es betragen: die Maurerarbeiten 140 die Zimmerarbeiten 155 die Glaserarbciten 9 die Schlofser- arbeiten 44 die Flaschnerarbeiten 76 die Anstricharbeiien 52
Plan, Ueberschlag und Bedingungen liegen auf dem Rathaus zur Einsicht auf, woselbst auch die bezüglichen Offerte längstens bis Montag den 20. ds. Ms., nachm. 3 Uhr kostenfrei abge- geben werden wollen.
Altensteig.
Anisbrot und Mandelschuitteu
in nur bester Qualität täglich frisch, ebenso geröstete
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Ltrvl w«rlz.