Sümmchen von 327 Mk. 68 Pf. und beiderseitiges Erstaunen. — In einem Orte des Oberamts Ehingen mietete sich kürzlich ein Landwirt eine Dampfdreschmaschine für einige Tage. Den mit der Maschine übernommenen Maschinen! kredenzte die Hausfrau zum Morgenefsen Kaffee. Die Maschiner aber — so erzählt der Oberschw. Anzeiger — schüttelten die Köpfe und erklärten, diesen Kaffe könnten sie nicht trinken, der schmecke ganz gschpäsfig. Die Hausfrau versicherte, sie habe doch sehr viel Kaffeemehl genommen, versuchte nun ebenfalls das braune Naß und fand es gleichfalls ganz gschpäsfig. Nun versuchte der Bauer den Trank und fand ihn ebenfalls sehr gschpäsfig. Um der Sache auf den Grund zu kommen, ließ sich der Hausherr die Kaffeebüchse kommen. Als er bedächtig an derselben gerochen hatte, fragte er seine Frau, ob sie von diesem Kaffeemehl gekocht habe und als die Frau bejahend antwortete, sagte er: „Dann glaub t's schon; in der Büchs ischt ko! Kaffee- mehl, des ischt Schnupftabak l" Und so war's. Die Krämerin hatte der Frau aus Versehen Schnupftabak statt Kaffeemehl gegeben und letztere hatte diesen gesotten und ihrem Personal vorgesetzt. Seitdem sollen die Frauen in N., wenn sie bei der „Huckgemahlenen Kaffee holen, letzteren jedesmal genau auf seine Beschaffenheit untersuchen. — InGeislingen wurde der Stiftungspfleger H. wegen Untreue im Amte verhaftet, er soll 10 000 bis 12 000 Mk. unterschlagen haben.
"Pforzheim, 15. Jan. Dem Möbelhändler Schwersenz in der Sedanvorstadt wurde gestern eine Kaffette von 5000 Mk. in barem Gelbe und in Wertpapieren gestohlen. Die Kaffette hat sich heute wieder vorgefunden, aber leer. Geld und Geldes - wert find verschwunden.
* Scheuern bei Gernsbach, 15. Jan. Gestern abend wurde hier der ledige Eisenbahnarbeiter Bleich aus Oos vom Wüsterer Heinle aus Vaihingen bei Stuttgart ermordet. Abends saßen beide noch fröhlich beisammen im Gasthaus zum Auerhahn und in der Blume. Der Mörder begab sich etwas früher auf den Heimweg, überfiel den ahnungslos Nachkommenden und brachte ihm mehrere Stichwunden bei, so auf der Brust und im Genick. Der Tod muß sofort eingetreten sein. Den Mörder verrieten die Spuren seiner ungleichen Stiefel im Schnee. Streithändel mit dem Ermordeten von früher hatten den Mörder zu diesem schrecklichen Racheakt geführt.
* Wiesbaden, 18. Jan. Ein Fräulein Stüber von hier, die in Italien gestorben ist, hat ihrer Vaterstadt ihr gesamtes Vermögen im Betrage von einer Million vermacht.
* Aus Dresden wird gemeldet, 42 Gemeinden der dortigen Umgebung hätten einen Notruf an den Landtag gerichtet wegen der planmäßigen Tyrannei aufgestachelter revolutionärer Rotten gegen die friedliebende Bevölkerung und führen zahlreiche schmachvolle Beispiele sozialistischer Gewaltherrschaft an.
"Berlin, 17. Januar. Ein Redakteur der „Temps" ist in Berlin eingetroffen, um die Ansprüche der franzöf. Unterhändler in der Abgrenzungsfrage des Kamerun-Hinterlandes durch die Presse zu unterstützen. In Kolontal-Kreisen rief diese Thal-
VU-r^oris. rsLia,
Roman von H. von Ziegler.
(Fortsetzung.)
Jetzt riß der Diener die Hausthüre weit auf, der Oberst schritt soeben die letzten Stufen der Treppe hinab, um sein Nichtchen herzlich zu begrüßen und in die Arme zu schließen.
„Grüß Gott, Ada, also du kommst nun für ein Weilchen als Pflegekind zum alten Onkel! das ist lieb von dir, und ich bin deinen Eltern sehr dankbar, daß sie uns ihren Sonnenstrahl abtreten."
„Aber Onkel, lieber Onkel; sie meinten wieder umgekehrt, ich müsse euch dankbar sein, daß ihr mich eingeladen habt. Das ist eine Begriffskonfusion."
„Nun komme auf dein Zimmer, Cousinchen," unterbrach Viktoria und legte den Arm um die Schultern der Cousine, „du mußt ablegen. und dann trinken wir Kaffee. Onkel Rudolf und Papa haben es schon vor einer Stunde gethan."
„Ach ja, Onkel Rudolf," seufzte die junge Gräfin, „ist er sehr streng und sehr kühl?"
„Nicht mehr, als ich, Ada," lachte Viktoria leise, „wir sollen uns sehr ähnlich sein und — mit mir wirst du doch hoffentlich auskommen."
„Gewiß, mein Herz, ich will dir alles an den Augen absehen," versicherte Ada enthusiastisch, als die beiden jungen Damen in das für erstere bestimmte Zimmer eintraten.
Es war überaus elegant und behaglich eingerichtet und erregte einen wahren Sturm von Ent
fache allgemeine Entrüstung hervor, da den deutschen wie den franz. Unterhändlern strenge Geheimhaltung der Verhandlungen auferlegt ist.
* Berlin, 17. Jan. Ein Gesetzentwurf über Prtvatlotterielose bestraft das gewerbsmäßige Feil- bteten von Anteilen solcher Lose, die geringer find als genehmigt ist, mit Geldstrafe bis 1500 Mk.
* Berlin, 17. Jan. Der Vorstand des Hauptvereins des Evang. Bundes richtete eine Petition an die Retchstagsabgeordneten der Provinz Brandenburg in Betreff der Jesuitendebatte in der Reichs- tagsfitzung vom 1. September. Darin werden die konservativen, freikonservativen und nationalliberalen Abgeordneten getadelt, weil sie den Antrag des Zentrums mit einer formellen opportunistischen Begründung ablehnten.
* Berlin, 17. Jan. Dem Bundesrat ist ein Gesetzentwurf betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Gerichtsverfaffungsgesetzes und der Strafprozeßordnung zugegangen. Die Aenderungen betreffen die Einführung der Berufung gegen die Urteile der Strafkammer erster Instanz, die Entschädigung unschuldig Verurteilter, verbunden damit eine Einschränkung des Wiederaufnahmeverfahrens, Aufhebung etnger zum Ersätze der mangelnden Berufung eingeführter Garan- tieen des Verfahrens, Ausdehnung des Kontumacial- verfahrens, veränderte Vorschriften über die Beeidigung von Zeugen, Einführung des abgekürzten summarischen Verfahrens für gewisse, schleunige Behandlung erheischende Strafthaten, Veränderungen der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte, anderweite Regelung der Geschäftsverteilung und Geschäftsbehandlnng bei Kollegialgerichte».
* Berlin, 18. Jan. Eine für heute angekündigte Versammlung Arbeitsloser fand nicht statt, da der Einberufer vorher verhaftet, der Versammlungssaal und ebenso der anstoßende Friedrichshain polizeilich gesperrt worden waren. Die angesammelte, über 1000 Köpfe betragende Menge wurde wegen ungesetzlicher Rufe von der Polizei auseinandergetrieben. Verhaftungen wurden nicht vorgsnommen.
* Berlin, 18. Jan. Im preußischen Abgeordnetenhause brachte Finanzminister Dr. Miguel den Etat ein, welcher mit einem Fehlbetrag von 70,200,000 Mk. abschließt. Der Fehlbetrag ist hauptsächlich durch die erhöhten Anforderungen des Reiches verursacht worden.
* Im preußischen Abgeordnetenhause beträgt nach der im Bureau des Hauses gemachten Zusammenstellung die Kopfzahl der einzelnen Parteien: 141 für die Konservativen, 95 für das Zentrum, 91 für die Nationalliberalen, 62 für die Freikonservativen, 17 für die Polen, 14 für die freisinnige Volkspartei und 6 für die freisinnige Vereinigung. 7 Abgeordnete find keiner Partei beigetreten, 1 Mandat ist erledigt. Von den Abgeordneten gehören auf Grund königlicher Ernennung 5 dem Staatsrate an. 89 Abgeordnete find gleichzeitig Mitglieder des Reichstags.
* Im religiösen Wahn, so wird der „Freis. Ztg." geschrieben, hat sich am Freitag abend der bet dem Handelsmann Berndt an der Prenzlauer-Chaussee in Berlin dienende 22jährige Kutscher Richter aus Maltsch a. W. eine furchtbare Selbstverstümmelung zugefügt, die seinen Tod zur Folge hatte. Der
zücken und Freude bei seiner zeitweiligen Besitzerin.
Kopfschüttelnd sah Viktoria der lebhaften Cousine zu, die von einem Stück zum andern flatterte, in die Hände klatschte und vor Freuden ordentlich krähte. Dann zog sie sich mit all ihrer vornehmen Ruhe einen Sessel herbei und nahm darauf Platz, während sie halb unmutig sagte: „Aber, Kleine, denke an die Begrüßung mit Onkel Rudolf und fasse dich!"
„Ach ja, ich war wohl wieder zu laut?" fragte Gräfin Ada ganz ruhig und begann ihre Sachen abzulegen, „arme Viktoria, du wirst dich wohl oft noch über mich ärgern müssen, ehe ich eine so vollendete Weltdame werde wie du."
Arm in Arm traten bald darauf beide Mädchen in das behaglich durchwärmte und erleuchtete Wohnzimmer, in dem sich die Herren noch befanden. Der Oberst hatte allerdings schon den Paletot um die Schultern gehangen und Mütze wie Handschuhe bei sich, er wollte sich nur von Tochter und Nichte verabschieden. Neben ihm stand sein Bruder Rudolf, der
Botschafter am Hofe von B.war, eine ebenso
stattliche, imponierende Manneserscheinung wie Graf Hans. Sie sahen sich beide sehr ähnlich, nur war des Gesandten intelligentes Gesicht um mehrere Jahre jünger und nicht gebräunt wie das des Soldaten. Auch trug derselbe nur einen wohlgepflegten, ziemlich langen Schnurrbart, der noch ebenso wie die Haupthaare, wenig graue Haare zeigte.
Es war eine ebenso vornehme wie interessante Erscheinung, auch ohne das Ordensbändchen im Knopfloch, welches der höchsten Auszeichnung des
junge, religiös veranlagte Mensch schwärmte seit einiger Zeit für die Bestrebungen der Heilsarmee und besuchte häufig ihre sog. Buß- und Betversammlungen. Diese Gebetsübungen scheinen auf den jungen schwärmerischen Mann ganz besonders eingewirkt und ihm den Kopf vollständig verwirrt zu haben; denn als derselbe am Freitag abend in der elften Stunde von einer Bußversammlung nach Hause kam, warf er seine Kleider ab und peitschte den bloßen Rücken derartig mit einer Reitgerte, daß das Blut in Strömen floß. Darauf schlug er sich mit einer Kartoffelhacke zwei Finger der linken Hand ab und versuchte dann die ganze Hand abzuhacken. Hieran wurde er jedoch durch seinen Dienstherrn verhindert, im nächsten Augenblick sank aber R. auch schon ohnmächtig zu Boden, und noch ehe ärztliche Hilfe zur Stelle war, hatte er sich verblutet. Aus einem auf dem Futterkasten liegenden, mit Bleistift geschriebenen Zettel ging hervor, daß der Aermste die Geißelung und Selbstverstümmelung verübte, um schnell in den Himmel zu kommen, um dort „Heilssoldat" zu werden, was ihm hier auf Erden nicht vergönnt gewesen sei.
* In der Budget-Kommission des Reichstags ist vom Grafen Limburg-Stirum beantragt worden, die Forderung von 1100000 Mk. als erste Rate für das Kaiser Wilhelm-Denkmal abzulehnen und folgende Resolution anzunehmen: „In em der Reichstag an seinem Beschluß vom 2. Juli 1890 festhält, wonach die Entscheidung über den Platz, auf dem d«s Nationaldenkmal errichtet werden soll und über die Gestaltung des Standbildes lediglich Sr. Maj. dem Kaiser anheimgegeben ist, ersucht er den Reichskanzler, einen anderen Entwurf ausarbeiten zu lassen, in dem die Architektur nur eine dem Umfange und der Umgebung des Platzes entsprechende Ausgestaltung findet." (Der Begassche Entwurf begegnet allseitigem Widerspruch.)
* Wie die „Tägl. Rundschau" erfährt, hat der Kaiser in der Neujahrsrede an die kommandierenden Generale noch einmal Gelegenheit genommen, auf den Hannoverschen Spielerprozeß zurückzugreifen und allen höheren Vorgesetzten dis sorgfältigste Auswahl der zur Offizier-Reitschule zu kommandierenden Offiziere ans Herz gelegt. Ferner kam der Kaiser auf die Modeausschreitungen der Offiziere zu sprechen, erkannte zwar eine Besserung in dieser Beziehung an, empfahl jedoch, mit der an einzelnen Stellen heroorgetretenen großen Strenge auch dort, wo es noch fehlt, vorzugehen, um das Uebel endlich vollständig auszurotten. Desgleichen befahl der Kaiser, daß ihm von jetzt ab über jede in der Armee vorkommende Soldatenmiß- handlung von dem unmittelbaren Vorgesetzten sofort und noch vor Beginn der Untersuchung direkt telegraphisch Meldung zu erstatten sei.
* Emden. Ein am Anfang dieses Monats von der Ems abgegangenes Segelschiff, das über 300 Ztr. Dynamit an Bord hat, wurde an der Emsmündung vom Frostwetter überrascht und sitzt nun mit seiner gefährlichen Ladung im Eise fest. Ein etntretender ungünstiger Wind kann für das Schiff höchst verderblich werden.
* Die Abgrenzungsverhandluugen für das Hinterland von Kamerun zwischen den deutschen und französischen Bevollmächtigten sollen einen sehr
l Reiches angehörte und vor all den andern Dekorationen, I die seine Stellung mitbrachte, ihm lieb und wert war.
„Ah, hier kommen meine Kinder," rief der Oberst heiter und wandte sich den Eintretenden zu, „Ada, mein Herz, hier ist der gefürchtete Onkel Rudolf, vor dem dein kleines Herz erbebt."
Lächelnd streckte der Gesandte seine Rechte der neuen Nichte entgegen und sagte belustigt:
„Ada Hohenburg, wie ich höre. Ich freue mich, dich kennen zu lernen und hoffe, mich weniger als „schwarzer Mann" zu präsentieren, als du denkst."
Das junge Mädchen knixte sehr verlegen und wollte, wie sie es bei Papa und Onkel Hans so oft that, auch des fremden Onkels Hand küssen, doch dieser geriet dadurch offenbar in große Verlegenheit und wehrte hastig: „Aber Ada, nicht so! Komm, laß dich als Nichte umarmen."
Viktoria blickte sehr verwundert zu, wie Onkel Rudolf Ada auf die Stirn küßte, und dachte in ihrem Innern, daß sie sich dies wohl kaum gefallen lassen möchte. Sonderbar! Zu solch väterlicher Begrüßung war er auch noch nicht alt genug.
Doch die Umarmung des gefürchteten Onkel schien allen Respekt vor ihm bei Ada überwunden zu haben. Lachend legte sie ihren Arm in den seinigen und zog ihn zu dem runden Theetisch, an dem Viktoria kühl und ruhig den Kaffee einschenkte.
„Onkel Hans," rief Ada lustig, „bleibe doch hier und plaudere mit uns, du bekommst, wenn du lieb bist, auch noch eine Tasse Kaffee. Ich muß dir so viel von der Hohenburg erzählen."