Kredit von 100 000 Mk. zu gewähren. Die Anlehen find unverzinslich bis zum 1. Dez. 1895. — In Hochdorf (Waiblingen), ist die Mühle des Getreidemüllers Karl Schmalzried vollständig abgebrannt. — In Nußdorf (Vaihingen a. E.), einer Gemeinde mit 1100 Einwohnern, find seit 1. Nov. d. I. 30 Personen gestorben, ältere Personen an Influenza, Kinder an der Diphtheritis. — In Brettheim bei Kirchberg a. I. wurde der Gastwirt Trumpp beim Holzfällen am Schädel so schwer verletzt, daß an seinem Aufkommen gezwetfelt wird. — Das 2jähr. Kind eines Taglöhners inBörstingen (Horb) fiel von einem Wagen und war sofort tot.
* Der „Preuß. Staatsanz." schreibt: Der Minister des Innern bringt anläßlich der politischen Gegensätze und Kämpfe der Gegenwart namentlich auf wirtschaftlichem Gebiete den allerhöchsten Erlaß vom 4. Januar 1882 in Erinnerung und macht dessen Beobachtung wiederholt zur Pflicht. (In diesem Erlaffe heißt es: „für diejenigen Beamten, welche mit der Ausführung meiner Regierungsakte betraut find und deshalb ihres Dienstes nach dem Disziplinar- gesetze enthoben werden können, erstreckt sich die durch den Diensteid beschworene Wicht auf die Vertretung der Politik meiner Regierung auch bet den Wahlen. Die treue Erfüllung dieser Pflicht werde ich mit Dank anerkennen und von allen Beamten erwarten, daß sie sich im Hinblicke auf ihren Eid der Treue von jeder Agitation gegen meine Regierung auch bei den Wahlen fernhalten.")
* Die Mafleopetittonen gegen den Entwurf eines Tabaksteuergesetzes haben bis jetzt 995000 Unterschriften aus allen Geschäftsklassen und allen Gegenden Deutschlands erreicht; sie wird in 80 Foliobänden von je 1200 Seiten in den ersten Tagen des Januar dem Reichstage eingesandt werden.
* Zur Jesuitensrage läßt sich der „Hannov. Cour." aus Berlin schreiben: In gut unterrichteten Kreisen gilt es als feststehend, daß der Kaiser nach wie vor entschieden gegen die Aufhebung des Jesuitengesetzes ist.
Berlin. Mit acht Tagen Gefängnis ist die Gattin eines Fabrikanten bestraft worden, weil sie während eines Sommeraufenthaltes in Eberswalde aus den Betten ihrer Mietsleute etwa anderth alb Pfund Federn entwendete, um damit die mitgebrachten eigenen Betten aufzufüllen.
* Köln, 19. Dez. Heute wurde der Doppelmörder A. Winckel, der am 9. Oktober seine Braut vorsätzlich, mit Ueberlegung, die Ehefrau Nelles mit Ueberlegung tötete und den Ehemann Nelles ohne Ueberlegung zu töten versuchte, zum Tode verurteilt. Der Angeklagte erklärte sich mit dem Urteil einverstanden und lachte cynisch vor sich hin.
* Solingen. Die sämtlichen Eheschließungen, die im letzten Herbst vor dem hiesigen Standesamt vollzogen worden find und über die seiner Zeit berichtet wurde, find nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts zu Köln für rechtsungültig erklärt worden. Die betreffenden Eheleute werden in den nächsten Tagen die Aufforderung erhalten, sich nochmals trauen zu lassen.
* Paderborn, 22. Dezember. In der gestrigen Nacht haben Diebe im Union-Hotel einen vier Ztr.
schweren Geldschränr geflöhten, auss Mo geicyreppr und seines Inhalts beraubt.
* Posen. Wie ein Roman klingt folgende Geschichte, die hier am Mittwoch ihren Abschluß gefunden hat. Ein nahe an der deutschen Grenze wohnender, reicher russischer Rittergutsbesitzer hatte sich trotz seines griechisch-katholischen Glaubens Ende der sechziger Jahre mit einer römisch-katholischen Polin verheiratet. Der Ehe entsprossen drei Töchter, die auf Verlangen der Mutter römisch-katholisch getauft und erzogen wurden. Auf Grund eines kürzlich erlassenen kaiserlichen Ukas, wonach die Kinder in dem Glauben des Vaters zu erziehen sind, forderten nun die Behörden, daß die drei Töchter zur orthodoxen Religion übertreten sollten. Wahrscheinlich auf Betreiben des dortigen römisch-katholischen Geistlichen ergriffen daraus die jungen Damen heimlich die Flucht und es gelang ihnen, ohne angehalten zu werden, über Eydtkuhnen deutsches Gebiet zu erreichen. Der Vater unternahm mit einem Kriminalbeamten allerdings sogleich die -Verfolgung, doch glückte es ihm erst in Bosen, die Spur seiner Kinder aufzufinden. Mit Hilfe eines Kaufmanns in Jrrsitz, der zufällig von der Sache gehört hatte, wurden die Mädchen in einem geistlichen Stift in der Nähe des Bromberger Thors entdeckt und durch die Polizei ihrem Vater wieder zugeführt. Derselbe ist bereits nach seiner Heimat mit den Flüchtlingen abgereist.
* Straßburg, 22. Dezbr. Ein hiesiger Geschäftsmann erhielt nach der „Str. Post" mit der Post aus Mühlhausen ein in braunes, fest!? Packpapier gehülltes Packet. Auf dem Abschnitt der Begleitadresse stand als Absender: „Jerom: Kasti, Wefferling" und auf der Rückseite: „Veihnachts- gescheng". Da der Geschäftsmann weder in Wefler- ltng noch in Mühlhausen Beziehungen M, so fiel ihm die Sendung auf. Er löste behutsam die Umhüllung und fand in derselben ein Kistchen in der Form eines 100-Stück-Zigarrenkistchens. Er bemerkte, daß aus dem Kistchen kleine, braunschwarze Körner herausfielen und warf einige Körnchen auf eine heiße Ofen- platte; sie gingen in weißglühenden Funken in die Höhe und verbreiteten einen eigenartigen Geruch von Phosphor und Schwefel. Der Empfänger des Kist- chens, um noch einen Versuch zu machen, warf den ganzen Kehricht in das Feuer des Ofens. Der Druck der alsbald erfolgenden Explosion war so stark, daß sich die Ofenplatte hob. Eine weiße Flamme schlug hervor, und weiße Funken sprühten nach allen Seiten. Dem Geschäftsmann waren nun weitere Experimente zu gefährlich. Er nahm das Kästchen und trug es zur Polizei. Diese wird nun die Sache untersuchen.
* Nicht ohne Spannung steht man dem Anträge der Elsaß-Lothringer über Aufhebung der jetzt in dem Reichslande geltenden Ausnahmegesetze entgegen. Thatsächlich finden zur Zeit Verhandlungen über den Antrag an den maßgebenden Stellen statt, und die Annahme liegt daher nahe, daß auch der kaiserliche Statthalter Fürst Hohenlohe gelegentlich seines Besuches in Berlin zu diesen Verhandlungen hinzugezogen worden ist. Wie zuverlässig verlautet, soll es nicht an sehr gewichtigen Stimmen fehlen, welche der Einführung des Paßgesetzes in Elsaß-Lothringen das Wort reden. Dagegen heißt
es, oie arrgirrmig u-crur »tu,» >/»»,«>, g» auf den Diktaturparagraphen zu verzichten und die Bestimmungen über das Versammlungsrecht aufzuheben. Es stehen sich in diesen Dingen zwei Strömungen gegenüber. Es wird sich bet den Verhandlungen der nächsten Zeit um Ausgleichung dieser Gegensätze handeln.
* Bei der elsässischen Bevölkerung hat sich, namentlich seit 1870, ein Unfug eingebürgert, daß die ursprünglich rein deutschen Familiennamen in willkürlicher Weise französiert wurden. Der alte Gerber ließ seinen Sohn auf dem Standesamt als „Guerber", der Burger als „Bourger", der Häfele als „ Haefele", der Gokel als „Coquel", der Selig - sohn gar als „Zeliquezons" eiiucagen. Diese Namensänderungen führen in Familiensachen, Erbschafts- Angelegenheiten, Prozessen re. im Laufe der Zeit endlose Wirren herbei, und es darf daher mir Ge- nugthuung ausgenommen werden, daß die Standesbeamten angewiesen worden sind, vom 1. Januar ab keine französierte Namen mehr in ihre Listen einzutragen.
* Wien, 22. Dez. Aus Rom wird gemeldet, daß der Sturz des Kabinetts Erispi für den Tag als sicher angesehen werde, an welchem dasselbe neue Steuervorlagen einbringen wird.
* Der italienische Senat beschloß mit 102 gegen 10 Stimmen, eine Kommission von 5 Mitgliedern zu ernennen, die darüber Bericht erstatten soll, ob in der Banken-Affäre auch Senatoren sind.
* London, 20. Dez. Ein Buch, das nicht verfehlen wird, in der politischen Welt Aufmerksamkeit zu erregen, wird in kurzem unter dem Titel „Rußlands Marsch gegen Indien" von einem indischen Offizier, der aus Dienstrücksichten seinen Namen nicht nennt, herausgegeben werden. Das Buch schildert den allmählichen Fortschritt, den Rußland seit dem Anfänge dieses Jahrhunderts gegen das britische Indien hin gemacht hat. Der Verfasser hält den Ausbruch eines großen Krieges zwischen Großbritannien und Rußland für unvermeidlich. Wann derselbe ausbrechen wird, lasse sich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber er würde nicht überrascht sein, falls derselbe innerhalb der nächsten 5 Jahre ausbrechen sollte.
* Aus Columbien trifft die Nachricht ein, daß
auf der Insel Nouvelle - Bretagne ein Aufstand der Eingeborenen gegen die deutschen Ansiedler ausgebrochen sei. Erstere grrffen die Deutschen zu wiederholten Malen an, wurden jedoch v"" '
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auch schwer» zu verzeichnen.
Obgleich durch me,e Niederlage die Zahl der Eingeborenen erheblich vermindert wurde, haben sie dennoch geschworen, die Deutschen niederzumachen.
* (Heldentod einer Lehrerin.) Aus Runda im Staate New-Aork wird berichtet: In dem nahegelegenen kleinen Orte Cooperville hat die 22 Jahre alte Lehrerin May Porter bei dem heroischen Versuche, einen kleinen Knaben, Willard Johnson, vor dem Flammentode zu bewahren, ihr Leben eingebüßt, und auch der Knabe, de» sie retten wollte, kam um. Die entsetzliche Szene spielte sich in einem
Gr ist der Grve!
Roman von L. Haidheim.
(Fortsetzung.)
Des alten Hauswarts Gesicht strahlte vor Mitfreude und er fügte Hinz«: „sie" seien nachmittags gekommen und der Herr Baron habe sich sofort den alten Preuß holen lassen, schrecklich gewettert und getobt und auf die verwünschte Klatscherei geschimpft.
„Aber die Hauptsache ist, daß sie erst mal wieder da sind — der gnädige Herr muß sich zuletzt wohl geben!" hatte Preuß zu Melcher gesagt.
Die ganze Nacht schlief Fritz nicht.
Er war fest entschlossen, sah seinen Weg klar vor sich — aber sein ganzes Gefühl sträubte sich dagegen, sich hochmütig und grob abweisen zu lassen, und daß dies geschehen würde, sah er voraus.
„Gut! Dann bin ich ihm nichts mehr schuldtg, dann, Hedwig, ist es au dir, zwischen dem Vater und dem Geliebten zu wählen!" dachte er, leidenschaftlich erregt in seiner Stube auf und abgehend.
Ganz erschöpft warf er sich endlich ans sein Bett und war sehr froh, beim Erwachen zu finden, daß er bis neun Uhr geschlafen habe.
„Wie wird das Ende dieses Tages sein?" seufzte er dann. Noch fast drei Stunden, ehe er den Baron sprechen konnte.
Er warf die Flinte über und ging hinaus.
Ein schöner Morgen — ine Hühner hielten wie gebannt und er puffte zweimal, dreimal glänzend vorbei.
Na, das war niedlich, ein recht verheißungsvolles Vorzeichen.
Auf einmal sah er den Baron auf sich zuschreiten; derselbe kehrte offenbar vom Felde zurück, auch er stand, im Begriff nach Hause zu gehen, schon ans der Landstraße — ein Ausweichen war unmöglich.
„Am Ende ist es auch einerlei, ob ich mein Urteil hier oder in seinem Hause empfange," dachte Lörrach.
Die Mienen deS Herankommenden verrieten nicht viel Gutes, und ganz erschrocken war Fritz über die kalte Begrüßung, die ihm zu teil wurde, als er, den Hut in der Hand, auf jenen zutrat und ihm: „Willkommen daheim, Herr Baron!" bot.
„Danke sehr, Herr Lörrach! Freue mich. Sie so vergnüglich beschäftigt zu finden!" war die Erwiderung, und nur lose lag die Hand des alten Herrn in der sich ihm entgegenstreckenden des jungen Mannes.
„Ich war auf dem Wege, mich zu einem Besuch bei Ihnen zurecht zu machen, Herr Baron, um Ihnen von ganzem Herzen Dank zu sagen für Ihre gütige Intervention —"
„Bitte sehr! Einfache Pflicht!" klang es kühl zurück.
„Und darf ich fragen, wie das gnädige Fräulein sich befindet?" wagte Lörrach kaum zu fragen.
„Danke! Vortrefflich!"
Und damit schwieg der Baron, rauchte stark aus seiner geliebten kurzen Pfeife und schritt, zornig vor sich hinblickend, neben dem Jäger her.
Was war das? Wollte der Vater Hedwigs ihm zeigen, daß jedes Wort weiter, das zu sprechen er sich vielleicht gedrungen fühlte, unnötig sei?
Aber sollte er sich so behandeln lassen?
Doch — wie einlenken? Wie jetzt anfangen von dem, was das ganze Herz erfüllte?
Ohne daß er es gewollt, völlig unwillkürlich, brach er in die Worte aus:
„Sie waren früher gütiger gegen mich, Herr Baron! Hat dieser unglückliche Verdacht mir Ihr Wohlwollen so gänzlich entzogen?"
„Hoffentlich werden Sie mich nicht für so mürrisch halten, mein Herr!" rief dieser grollend, blieb stehen und sah mit finsteren Blicken fest in die Augen seines Begleiters, der jetzt den Kopf trotzig und kühn erhob.
„Ihre Stimmung gegen mich, Herr Baron, ist nicht danach angethan, mich zu ermutigen, es war auch nicht meine Absicht, Ihnen ein Anliegen vorzutragen, zu dem weder hier der Platz noch die Zeit ist, nach dem gewöhnlichen Maßstabe. Aber wie mir scheint, wollen Sie mir den Mut nehmen, Ihr Haus zu betreten —"
„Thut mir sehr leid, Herr Lörrach, dazu „Ja* sagen zu müssen. Habe genug —!"
„Von mir? Herr Baron! Woher nehmen Sie sich das Recht zu einer solchen Sprache?
Beide Männer waren heftig geworden.
„Das Recht haben Sie mir gegeben, junger Herr und ich bin nicht der Mann, der —"
Nicht weiter, Herr Buron, wenn ich Sie bitten