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Donnerstag den 28. Dezember

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

18S3.

Der Amtsversammlungs-Ausschuß Calw hat den Korporations- flraßenivärtern Michael Rentschler von Oberreichenbach, Friedrich Blaich von Zwerenberg, Joh. Gg. Schüttle von Oberhaugstett, Christian Bächtle von Oberweiler wegen guter Dienstleistungen Geldprämien verliehen.

Uebertragen wurde die Vorl idsstelle des Wagenkontroll- Bureaus der Gcneraldirektion der Stf ^Meisenbahnen dem Betriebs­inspektor Huzenlaub in Calw.

Gestorben: Carl Störr's Witwe, Calw; Karoline Weikert, geb. Haas, Freudenstadt; Seifensieder Scheu, Künzelsau; Buchbinder Dieterich, Besigheim; Kaufmann Bengel, Bietigheim; Dekan a. D. Huber, Brackenheim.

Die alte Sitte

unter den Kulturvölkern, daß man die Weihnachtszeit als eine Periode der Ruhe und Sammlung auch politisch nicht zu stören beflissen war, scheint Rußland außer Kurs setzen zu wollen. Seine Bevollmächtigten zu den Handelsverftagsverhandlungen haben während der Weihnachtszeit Berlin nicht verlassen die russische Weihnacht, die übrigens nicht so gemütvoll wie bei uns gefert wird, fällt erst in die ersten Tage des Januar und auchdiegroßePolitik Rußlandsmacht noch keine Anstalten, in die Weihnachtsferien zu gehen.

Die russische Freundschaft mit Frankreich und die schwächliche Haltung des alten Gladstone ermutigt das Zarenreich, mit seinen wenig begründeten An­sprüchen im Mittel» und im Schwarzen Meere unver­blümt hcrvorzutreten. Im Mittelländischen Meere sucht es einen Kriegshafen, mindestens aber eine Kohlenstation in seinen Besitz zu bringen und seine Vorherrschaft im Schwarzen Meere ist es neuerdings dadurch zu stärken bemüht, daß es die Herrschaft über die Donaumündungen an sich reißt.

Die Donau, der für den internationalen Handels­verkehr wichtigste Strom Europas, ergießt sich in drei Mündungen in das Schwarze Meer: der nörd­lichste ist die Kilia-Mündung, die zwar am wasser­reichsten, aber trotzdem unschiffbar ist und sich im russischen Besitz befindet, die mittlere Sulina- und die südliche ist die St. Gcorgsmündung. Für den Verkehr kam bisher nur der schiffbare Sulina-Arm in Betracht. Bis zum Pariser Frieden 1856, der den für Rußland ungünstigen Krimkrieg abschloß, waren alle drei Arme in russischem Besitz. Die Bestimmungen jenes Friedens stellten alle drei Donau­mündungen unter den Schutz des europäischen Völker­rechtes; die untere Donau wurde damit ausdrücklich unter die internationalen Ströme ausgenommen, über die schon der Wiener Kongreß (1815) genaue Be­stimmungen getroffen hatte.

Die Schiffahrt auf der unteren Donau soll für alle Nationen frei sein, abgesehen von den allen Schiffen obliegenden Abgaben zur Deckung der Kosten der Regulierungsarbeiten. Behufs Hebung der Uebel- stände, die vorhanden waren, sind zwei Kommissionen eingesetzt worden, dieEuropäische Donau-Kommisston-, aus Delegierten von Frankreich, England, Oesterreich, Preußen, Rußland, Sardinien und der Türkei be­stehend, und dann diePermanente Kommission der Donau-Ufer-Staateu-, zu welcher Abgeordnete von Oesterreich, Bayern, Württemberg und der Türkei, der Moldau, Walachei und Serbiens gehören. Die erste Kommission ist mit der Herstellung und Er­haltung der Schiffbarkeit der Donau von Sulina bis Galatz betraut, die zweite mit der Leitung der Skhifffahrts- und Strompolizei. Durch den Pariser Frieden vom Kilia-Arme abgedrängt, hat Rußland durch den Berliner Frieden, der Bessarabicn von Rumänien losriß und an Rußland gab, wieder mehr Gelegenheit erhalten, mit Ansprüchen hervorzutreten.

Bezüglich dieser Ansprüche hat die russische Presse in den letzten Tagen einen bedeutsamen Fühler aus­gestreckt. Me Russen empfinden es nämlich schmerz­lich, daß sie für ihre Handelsschiffe auf dem Sulina- Arme gleich allen andern, Strombau-Abgaben zu zahlen haben und llen daher den wasserreichen Kilia-Arm, der durch d<e russische Dobrudscha führt, schiffbar machen. Die betrefftoden Wasserbau-Arbeiten sollen

bereits genau ausgearbeitet sein und die Kosten der Anlage sind auf nur neun Millionen Rubel berechnet, so daß der Gewinn Rußlands ein ganz bedeutender wäre. Aber darauf kommt es politisch an und darauf kommt es natürlich in erster Linie auch Ruß­land an die Ausführung des Planes hätte zur Folge, daß das Zarenreich Alleinherrscher der Donau­mündungen würde, denn die Vertiefung des Kilia- Armes müßte der Sulinamündung soviel Wasser ent­ziehen, daß diese für die große Schifffahrt einfach unbrauchbar würde.

Das kann kein Staat dulden der irgendwie an der Donauschifffahrt interessiert ist und der Vorschlag Rußlands ist geradezu ein Faustschlag in das Gesicht des übrigen Europas. Während aber bisher, so oft der Vertreter Rußlands in der Donau Kommission auf derartige Projekte anspielt, sich ein einmütiger Widerspruch geltend machte, woran dann die Aus­führung selbstverständlich scheiterte, hofft Rußland jetzt durch die französische Freundschaft eine gewichtige Stimme mehr für seine Absichten zu haben. Damit jetzt hervorzutreten, das ist die Weihnachtsgabe, die das Zarenreich dem übrigen Europa diesmal be- scheert hat.

Landesuachrichteu.

* Altensteig, 27. Dez. Auch Heuer wieder huldigte die Schuljugend der altherkömmlichen schönen Sitte am Vorabend des Christfestes auf dem Helles­berg einen Fackelzug auszuführen unter dem Gesang von Weihnachtsliedern. Verschiedene Privathäuser, namentlich die Apotheke, wurden gleichzeitig bengalisch beleuchtet, was einen wohlgefälligen Eindruck mochte. Die Feiertage waren diesmal wegen der ungünstigen Witterung zu Ausflügen in die Umgegend per Schusters Rappen wenig geeignet, dagegen war der Verkehr per Dampfroß ein ansehnlicher. Von den Vereinen hat der Turnv erein gestern abend mit Abhaltung einer Christbaum feier den Anfang gemacht. Die Feier war sehr zahlreich besucht und bot den Teilnehmenden vielen Stoff zu guter Unterhaltung. Es wirkte wieder der Liederkranz in dankbarer Weise mit und außer dessen wohldurchgeführten Gesängen kamen einige Sopransolos und Couplette zum Vortrag. Auch erheiternde komische Vorträge wurden vom Stapel gelassen; die Turner führten mehrere mit Beifall auf­genommene Pyramiden auf und den Schluß bildete das Schwingen der Tanzbeine.

* In Spielberg wurde am Sonntag den 17. Dezember nachmittags ein im dortigen Pfarrhaus eingerichteter Betsal eingeweiht. Es galr bei dem Bau, einen Stall in einen Saal zu verwandeln. Ende August war die Gerehmigung des Plans und Kostenvoranschlags seitens der höheren Behörde ein­getroffen; so konnte anfangs September mit dem Bau begonnen werden. Der Saal, dessen Wände mit Oelsarben gemalt und mit Bibelsprüchen geziert sind, faßt 80100 Personen. An der regen Beteili­gung der Gemeindeglieder von Sptelberg und dem Filtal Egenhausen war zu erkennen, wie das Ge­lingen dieses Werkes viele mit Freude erfüllte. Die Einweihungsfeier begann mit Gemeindegesang und schloß nach der Rede des Ortsgeistlichen mit dem Gesang eines großenteils aus Gliedern der Pfarr- familie gebildeten Quartetts. Wegen des großen Andrangs wurde die Fortsetzung der Feier in die Kirche verlegt, wo Pfarrer Groß von Böstngen und Pfarrer Dieter von Stuttgart die zahlreiche Gemeinde mit trefflichen Ansprachen erfreuten. Die gesellige Nachfeier fand wiederum im Saal statt, wo den Arbeitern ein Imbiß gereicht wurde. (St. Anz.)

Bös in gen, 24. Dez. (Einges.) Gestern fand die probeweise Ingangsetzung des neuerbauten, den Zwecken der Gemeindewasserversorgung dienenden Pumpwerks statt, welche flott und ohne jeglichen Zwischenfall zur großen Freude der Einwohnerschaft von statten ging. Dieser freudig begrüßte Akt

wurde der Nachbarschaft durch Böllersalven verkündet. Da die definitive Eröffnung des Werkes durch die Bauoberleitung. Herrn Baurat Ehmann in Stuttgart in den nächsten Tagen bevorsteht, so behalten wir uns vor, eingehenden Bericht Nachfolgen zu lassen.

* Besenfeld, 21. Dezember. Bei der heute vorgenommenen Gemeinderatswohl haben von 92Wahl­berechtigten 61 abgestimmt und wurden gewählt: Hirschwirt Sackmann, Urnagold, mit 30 und Schmied- meißer Volz mit 26 Stimmen. Die nächstfolgenden in der Stimwenzahl find: David Rothfuß mit 14 und M. Fr. Sockmann, Bauer, mit 14 Stimmen.

* (Ein gewerbsmäßiger Dieb.) Auf den Landorten unserer Gegend treibt zurzeit ein 2024 Jahre alter Bursche fein Unwesen, der es hauptsäch­lich auf die Beraubung der Wirte abgesehen hat. Er erkundigt sich eingehend nach den Vermögensverhält- nissen der Wirte, indem er vorgtbt, Geschäfte mit denselben machen zu wollen, hält sich dann längere Zeit in der Wirtschaft auf und entfernt sich abends, nachdem er wahrscheinlich zuvor die Fensterriegel ge­löst hat. In der Nacht kehrt er zurück, drückt daS Fenster ein und führt den beabsichtigten Diebstahl aus. Auf diese Weise stahl er in Liebelsberg einem Wirte 50 Mk., und auch in anderen Orten, sowohl der Gäu- als der Waidseite, konnte seine Anwesen­heit festgestcllt werden. Bemerkt sei noch, daß der Bursche in den einzelnen Orten verschieden gekleidet ist und sich als Handlungsreisenden, stellenlosen Buch­drucker re. ausgiebt.

* Stuttgart, 22. Dez. Der kgl. württemb. Generallieutenant v. Dettinger, bisher Kommandeur der 52. Infanterie-Brigade (2. wörtt.) wurde behufs Verwendung als Divisionskommandeur nach Preußen kommandiert und gleichzeitig zum Kommandeur der Schützendivision Magdeburg ernannt. Der bisherige Kommandeur dieser Division, v. Jena, wurde in gleicher Eigenschaft zur 31. Division versetzt. Der kgl. württ. Generalmajor von Bilfinger L 1a suits des 13. (württ.) Armeekorps wurde unter Entbindung von dem ihm übertragenen Kommando der 32. Jnf.- Brigade von seinem Kommando nach Preußen ent­bunden.

' Der kommandierende General des württemb. Armeecorps, General v. Wölckern, wird sich Ende dieses Monats nach Berlin begeben, um dem Kaiser zum Neujahrsfest die Huldigung des württ. Armee­corps darzubringen.

* DerStaats-Anz." bespricht die Auslassungen des Reichs anzeigers" bezüglich der Militärkonvevtion und fügt hinzu, daß in keinem Stadium der Ver­handlungen eine Aenderung der Militqrkonvention in Frage gekommen sei. Die letzte Reise des württ. Kriegsministers nach Berlin bezweckt nur, mit dem preußischen Kriegsminister gemeinsam und entgültig festzustellen, in welchen Dienstaltersverhältntssen die württembergischen Offiziere zu den Offizieren gleicher Rangstufe der preußischen Armee zu stehen kommen sollen. Die Verhandlungen seien aber noch nicht ganz zum Abschlüsse gekommen. Die vielfach durch die Presse gegangenen Gerüchte, wonach die Ab­schaffung des württ. Kriegsministeriums und die Er­richtung einesMilitärkabinetts beabsichtigt gewesen sein soll, ferner, daß massenhafte Kommandierungen nach Preußen bevorständen rc. rc., alle diese Gerüchte ent­behren nach anscheinend offizieller Quelle desStaats- Anzeigers" jeder tatsächlichen Grundlage.

* Die letzten noch vorhandenen Bahnhofglocken unseres Schwabenlandes find um 1000 Mk. angekauft worden und find auf dem Wege nach Kamerun, wo sie, mit Ungeduld erwartet, als Kirchenglocken Verwendung finden sollen.

* (Verschiedenes.) In Münster (Gaildorf) wurde am Rechen des Mühlekanals der Leichnam eines Mannes gefunden. Die Amtsversammlung in Nercsheim beschloß, den unter dem diesjährigen Notstand leidenden Gemeinden des Bezirks einen