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laffung einer Sicherheilswache, die »och zwei Schläuche zur Verfügung behielt, wieder ein­rücken. Für die Feuerwehr war der gestrige Tag insofern ein besonder» anstrengender, al» sie bekanntlich schon um die Mittagszeit eine« großen Dachstuhlbrand in der Bopserstraße zu bewältige« hatte.

Stuttgart 2. Sept. Gestern abend hat eine Frauentperso« sich in einem Juwelier­lade» Ringe zur Auswahl vorlegen lasten und einrn goldenen Ring mit 3 oder 4 Rubinen und 4 kleine« Brillanten unbemerkt an sich ge­bracht. Heute früh wurde in der Königstraße bei Gtreithändel« ein 19 Jahre alter Bursche von einem Fuhrmann durch Messerstiche in de« Rücken und de« Unterleib bedeutend verletzt. Er mußte nach dem Katharinenhospital verbracht werde». Der Täter ist festgenomme«. Gestern mittag geriet der Dachstock eine» Hause» der Bopserstraße au» »och nicht festgestellter Ursache in Brand. Da» Feuer, da» einen größeren Umfang annahm, wurde von der Hauptfeuerwache gelöscht. Der entstandene Schade» ist sehr be­deutend. Brandstiftung erscheint nicht aus­geschlossen.

Stuttgart 2. Sept. (LiebeStragödie.) Der 27 Jahre alte Ernst Bubeck paßte heute früh seiner Geliebten, der 19 Jahre alten Berta Trautwein vor dem Hause Kleinstraße 28 auf und begab sich mit ihr hinauf in ihre Wohnung. Dort schoß er da» Mädchen in den Hal», die Mutter, die abwehren wollte, in die Hand und «ahm sich dann selbst durch einen wohlgezielte« Schuß da» Lebe».

Stuttgart 2. Sept. An der gestrigen Parade de» Gardekorp» in Berlin hat auch unser Landsmann Voll Möller mit seinem Flug­apparat teilgenommen. Er verließ um 8.30 Uhr in 500 Meter Höhe Johannistal in seinem Ein­decker und erreichte in wenigen Minuten da» Trmpelhofer Feld. Vom östlichen Rand de» Felde» herkommend, steuerte er auf die Kaiser­eiche zu, unter der der Kaiser und seine Um­gebung Aufstellung genommen hatten. Vollmöller umkreiste den Baum mehrmall in engen Schleifen, flog dann die Truppenreihen entlang und kehrte in 550 Meter Höhe zu dem Baum zurück. Plötzlich hörte man den Motor auSsetzen und in glänzendem Gleitflug schoß Vollmöller hernieder. 50 Meter über dem Bode» richtete er den Ein­decker wieder auf und mit voller Tourenzahl stieg da» Flugzeug in wenigen Minuten wieder bi» zu 500 Meter empor. Nach einige» ele­gante» Manövern verließ der Flieger da» Feld und landete um 9 Uhr wohlbehalten in Johannistal. Vollmöller hat, wie er milteilt, auf seinem Flug die einzelnen Truppenteile genau unterscheide» und somit leicht eine Skizze der Aufstellung mache» können.

Zuffenhausen 2. Sept. Gestern abend gegen 7 Uhr wollte der etwa 14jährige Sohn eines hiesigen Einwohner» au» dem Pachtgütle seine» Vater» Birnen holen. Er wurde von drei etwa zwanzig Jahre alte» arbeitsscheue» Bursche» bei der Arbeit beobachtet. Al» er nun da» Obst heimtrage« wollte, drang einer der der Polizei bekannten Gutedel in de» Garten, um ihm den Korb mit Birnen abzunehmen. Der gerade hin­zukommende hiesige Parkwächter wollte dem Jungen beistehen, worauf alle drei Strauchdiebe über den 64 Jahre alte» Mann herfielen und ihn so schwer durch Faustschläge mißhandelten, daß er einige Tage arbeitsunfähig ist. Die Staats­anwaltschaft hat sich der Sache angenommen.

Markgröningen, 2. Sept. (Typhus). Lebhafte Beunruhigung erregt hier die Erkank- ung einer ganzen Familie an Typhu». E» handelt sich um den in der Schloßstraße wohn­enden Bayern Friedrich Speidel, besten zwei erwachsene Töchter und zwei jüngere Söhne. Sie find seit Donnerstag im Stadtspital unter- gebracht und befinden sich unter strenger Be­obachtung, wie überhaupt alle nötige» Vorsichts­maßregeln getroffen wurde«. Die Fra« Speidel» war unlängst ebenfalls typhuskrank.

Von den Fildern 2. Sept. (Stei­gende Preise.) Die anhaftende Dürre hat die Preise für Futtermittel gewaltig in die Höhe

getrieben. Oehmd ist sehr spärlich. Für gute» Wiesenheu wird per Zentner bis zu 4.20 ^ bezahlt, für Stroh per Zentner 2.502.70

Die Erntrerträgniste ergaben einen schönen

Drusch bei recht guter Qualität. Haber kostet 9.209.50 Gerste 8.808.90 Dinkel 9.309.50 Kartoffel» gebe» bessere

Erträge als gehofft und kosten 4 604.80

Da» so reichlich angesetzte Steinobst ist zum größte» Teil obgefallen.Nur «och wenige» hängt auf den Bäumen. Filderkraut kostet per Zentner 89 per 100 Stück 3540

Mittel tal OA. Freudrnstadt 2. Sept. In dem Sägewerk von KlumppLMöhrle brach Feuer au», da» durch Warmlaufen eine» Lager» entstanden war. Da die Feuerwehr als­bald zur Stelle war, konnte da» Feuer so wirksam bekämpft werden, daß da» Gebäude selbst erhalten blieb. Der Schaden im Innern, an Maschinen usw. beträgt einige 1000

Heilbronn 3. Sept. (Graf PassyS Helfershelfer.) ImInternationalen Kriminal-Polizei-Blatt", da» in Frankfurt a. M. in den drei Sprachen deutsch, französisch und englisch erscheint, sucht der Untersuchungsrichter von Heilbronv mittel» Extrablattes die Helfers­helfer de» entflohenen Grafen de Paffy: Otto Alber» und Saila (Flore« ce) Ullendorf in Berlin. Al» beide in Berlin verhaftet werde» sollten, fand die Polizei das Nest leer. ES steht fest, daß Alber» wenige Tage vor der Flucht in einem Heilbronner Gasthof mit dem Gefängni»- gehilfen Metzger zusammen war. Dem Extrablatt sind 4 Photographie» beigegeben. Es hatte einen lebhafte» Telegrammwechsel zur Folge. Eine weitere Folge war die gestern verbreitete, aber leider unzutreffende Nachricht, daß die ganze Gesellschaft in London verhaftet worden sei.

Baden-Oo» 4. Sept. Da» Luftschiff Schwaben" machte am Sonntag eine Zielfahrt mit 18 Paffagiere» nach Landau, woselbst e» 9.46 eintraf. Von dem dortigen Landungsplatz stieg es wieder auf mit 13 Paffagiere» zu einer einstündigen Rundfahrt und gegen 1 Uhr mittag» trat e» die Rückfahrt mit 11 Passagieren nach OoS an, wo e» 2.49 glatt landete. Am Diens­tag, den 5. Sept. geht die Fahrt nach Gotha.

Etngesanvt.

Daß zu einem so tief einschneidenden Problem wie Neubau eine» Realprogymnasium» öffentlich wie in Nr. 196 d». Bl. von bürger­licher Seite au» Stellung genommen wird, ist sehr erfreulich, nur hätten wir die« in einem weit negativeren Sinne gewünscht.

In erster Linie müssen wir ins Auge fasse», daß wir in punkto Steuer auf einer Stufe an­gelangt find, die von dem Klein-und Mittelstand nicht mehr höher ertragen werden kann. Wenn un» vom Rathaus der billige Trost gegeben wird, daß wir noch nicht an der Spitze der höchst be­steuerten Städte marschieren, so ist die» auch gar nicht notwendig, und ist diesem ferner noch ent- gegevzuhalte», daß unsere Mittel- und Klein­gewerbetreibenden, die am beste» gefaßt werden könne« in unseren Verhältnisse«, eben auch nicht so leistungsfähig find wie die Meisten in unseren Schwesterstädten, dazu spielt auch »och eine nicht zu unterschätzende Rolle der Grad der Ein­schätzung, wobei wir nicht zu kurz gekommen sind. Bi»her habe» wir un» damit abgefunden, daß wir in Manchem rückständig waren, die» wird aber jetzt im Ernste niemand mehr sage« könne«, und wenn mit »nseren Schulen noch Wünsche übrig bleiben oder gesetzlichen Vorschriften »och nicht Genüge geleistet wurde, so wird die obere Schulbehörde mit den Herren Lehrern in An­betracht unsererfinanziellenLage einer Dispensation gewiß nicht evtgegentreten, dev» beide Teile müssen doch endlich auch auf die Zahlenden Rück­sicht nehmen.

Im Uebrigen halten wir auch den frag­lichen Schulbau absolut nicht für so dringend notwendig, und die» ganz analog der vom Bürgertum geforderten Hauptbedingung aber «als. dsns ohne Mehrausgabe» in laufender Rechnung. E» stehen auf der Schwelle und stud teilweise schon eingetreten al» Sonder­

ausgaben: Die Stuttgarter Straße und ins­besondere da» neue Krankenhau». Dasselbe wird L lg. Nagold auf verschiedene 100000 ^ komme», wovon der Löwenanteil nebst manch anderem Angebinde der Stadt zufällt. Die» sind Mo­mente die un« keine neue Steuerquellen erobern. Wenn wir unsere Steuerzettel und diese Riesen- ! außgabev, die vor der Tür stehe», betrachte», so müssen wir sage», so kan» es nicht weiter gehe», ! und dem bürgerl. Kollegium könne» wir nicht laut genug zurufen:

Halt, vorher auSschnaufen!" _Bürger und Steuerzahler.

ö. Die Invaliden- und Hinter- bliebenenversicherung nach den Bestimmungen

der Reichsversicherungsordnung.

(Nachdruck verboten.)

6. Freiwillige Znsatzverficherung.

HinterSttebeneasürsorge.

Alle Versichernngspflichtigen und alle Versiche- rungsberechtigteu können zn jeder Zeit und in be­liebiger Zahl Zusatzmarke» einer beliebigen Ver­sicherungsanstalt in die QuittungSkarte einkleben.

Sie erwerben dadurch Anspruch auf Zusatzrente für den Fall, daß sie invalide werden. Die Zusatz- verstcherung gilt also nur für die Invalidität, sie bewirkt nur eine Erhöhung der Invalidenrente, nicht auch der übrigen Leistungen (Hinterbliebenen­renten).

Der Wert der Zusatzmarke beträgt eine Mark.

Die durch Zusatzmarke» erworbene Anwart­schaft erlischt nicht.

Für jede Zusatzmarke, die der Versicherte ein­geklebt hat, erhält er als jährliche Zusatzrente so vielmal 2 Pfennig, als beim Eintritt der Invalidität Jahre seit Verwendurg der Zusatzmarke ver­gangen find.

Gezählt wird von dem Kalenderjahr, in dem die Qsittungskarte aufgerechnet worden ist, bis zu dem, wo die Invalidität eintritt. Der Wert der Zusatzmarken, die danach ausfallen, wird dem Ver­sicherten oder seinen Hinterbliebenen erstattet.

Beispiel:

Ein Versicherter hat im Alter von 25 Jahren HO Zusatzmarken, im Alter von 26 Jahren 30 Zusatzmarken geklebt, für jedes Jahr die QnittungSkarte aufrechnen lassen und wird im Alter von 60 Jahren invalide

Beim Eintritt der Invalidität würde er jährlich als Zusatzrente erhalten:

(6025) 35 Jahre . 2 . 20 14 00 »kL

(6026) 34 . 2 . 30 ^ 20 40

Zusatzrente 34,40

Je mehr Zusatzmarken in den einzelnen Jahren geklebt sind, um so höher wird selbstverständlich für den Versicherten die im Falle seiner Invalidität ihm zustehende Zusatzrente.

Die Zusatzrente wird gezahlt, solange die In­validität dauert.

Die Znsatzrente wird stets voll ausgezahlt und ^ zwar entweder mit der Invalidenrente zusammen > oder für sich monatlich im voraus, jedeSmal auf volle 5 Pfennig oufgerundet.

Beträgt die Zusatzrente nicht mehr als 60 ^ !

jährlich, so wird auf Antrag eine einmalige Ab­findung in Höhe des Kapitalwertes gezahlt.

Geben die Empfänger ihren Wohnsitz im In­land auf so können sie mit dem Kapitalwert der Zusatzrente abgefunden werden.

Die Berechnung der Kapitalwerte regelt der Bundesrat. >

Die wichtigste Neuerung der ReichsverficherungS- ordnung ist die HinterbliebenenfSrsorge. die Ge­währung von Renten (Witwenrente, Witwerrente, Waisenrente), Witwengeld und Waisenaussteuer für Hinterbliebene. Hinterbliebenenfürsorge wird ge­währt, wenn der Verstorbene zur Zeit seines TodeS die Wartezeit für die Invalidenrente erfüllt und die Anwartschaft aufrecht erhalten hat, Witwengeld »nd Waisenau-steuer nur, wenn außerdem die Witwe zur Zeit der Fälligkeit der Bezüge selbst die Wartezeit für die Invalidenrente erfüllt und die Anwartschaft aufrecht erhalten hat.

Witwenrente erhält die dauernd invalide Witwe nach dem Tode ihres versicherten Mannes.

MS invalide gilt die Witwe, die nicht imstande ist, durch eine Tätigkeit, die ihren Kräften und Fähig­keiten entspricht und ihr unter billiger Berücksichtig­ung ihrer Ausbildung und bisherigen Lebensstellung zugemutet werden kann, ein Drittel dessen zu er­werben, was körperlich und geistig gesunde Frauen derselben Art mit ähnlicher Ausbildung in derselben Gegend durch Arbeit zu verdienen pflegen.

Witwenrente erhält auch die Witwe, die nicht dauernd invalide ist. aber während 26 Wochen ununterbrochen invalide gewesen ist, oder die nach Wegfall des Krankengeldes invalide ist, für die