den Schutz des landwirtschaftlichen Unfallverstcherungs- gesetzes, nur muß der Unfall mit der landwirtschaftlichen Thätigkett in ursächlichem Zusammenhang stehen und nicht herbeigeführt werden durch Gefahren des gewöhnlichen Lebens. Die Gefahr des Fallens auf dem Wege ist aber eine Gefahr des gewöhnlichen Lebens, weshalb der Entschädigungsanspruch abgewiesen wurde. (Schw. B.)
* Stuttgart, 2. Dez. Der St. A. schreibt: Wir sind in der Lage mitzuteilen, daß seit Ende August ds. Js. zu Gunsten von mehr als 1000 Personen, welche unter dem Drucke der Futter- und Streunot sich des Forstdiebstahls oder des Forstwaidefrevels schuldig gemacht hatten. Allerhöchste Gnadenakte ergangen sind. Diese Gnadenakte bestanden zum weitaus größten Teil in völligem Strafnachlaß, bezw. in Niederschlagung des Strafverfahrens. In den schwereren Straffällen hat wenigstens eine namhafte Ermäßigung der Strafe stattgefunden. Weitere zahlreiche Gnadengesuche, im ganzen mehr als 500, befinden sich derzeit in Behandlung.
* Ravensburg, 1. Dez. Der hies. Handels- und Gewerbeverein hat sich entschieden gegen die geplante Quittung?- und Frachtbriefsteuer ausgesprochen und eine Eingabe an den Reichstag zur Unterzeichnung in Umlauf gesetzt.
* (Verschiedenes.) In einem zuThalheim gehörigen Steinbruche stürzte ein Arbeiter haushoch über eine Felswand hinab, wobei er am Kopfe schwer verletzt wurde, ein anderer wurde mitgerisssn, blieb jedoch hängen und brach das Kreuz, so daß der Tod sofort eintrat. — In Leonberg fiel der 90jähr. Hutmacher Kirn aus dem einen Stock hohen Fenster seiner Wohnung auf das Steinpflaster ohne sich ernstlich zu verletzen. — InRottweil erlegte der Jagdpächter Josef Platz mit 3 Schuß 3 prächt-ge Rehe im Gewicht von 153 Pfund. — In Thieringen wurde bei der Verakkordierung der Aufbereitung des Gemeindeholzes der Raummeter um 19 Pfennig vergeben. — Seit etwa 14 Tagen zeigt sich die Influenza wieder stark im Zabergäu, in einigen Gemeinden sollen V» der Bevölkerung darniederliegen. Vielfach treten Lungenerkrankungen im Gefolge der Influenza auf, die unter den älteren Leuten manches Opfer fordern.
* Eine grausame Lhat hat in der Nacht vom 26. auf 27. November die in Baden-Baden wohnende Ehefrau des Agenten Sch. aus Rastatt verübt. Die Frau lebte von ihrem Mann getrennt und sollte den sechs Jahre alten Sohn an den Ehemann abtreten ; um dies zu vereiteln, ermordete sie den armen Knaben dadurch, daß sie nachts die Ofenröhre verstopfte, so daß an dem Kohlengase das Kind erstickte. Nach begangener That wollte sie sich die Pulsadern öffnen, wurde jedoch dabei ertappt und verhaftet.
* Jena, 29. Nov. Auf kuriose Weise ist der Musketier Bernhard Schulze aus der hiesigen Garnison entwischt. Er betrat mit einem Schuhmachergehilfen ein Restaurant am Steinweg. Im Laufe der Unterhaltung machte der Kriegsmann dem Schuhmacher in scherzhafter Weise den Vorschlag, die Anzüge zu tauschen. Gesagt, gethan! Die Uwkleidung ging vor sich, konnte aber nicht rückgängig gemacht
Gr ist der Grße!
Roman von L. H a i d h e i m.
(Fortsetzung.)
Am Nachmittag des letzten regnerischen Augusttages kam der Großvater, sichtbar von einem aufregenden Gedanken ganz in Anspruch genommen, von den Schafen zurück.
„Leg mir mein Zeug zurecht, ich will zur Stadt, sobald wirKaffee getrunken haben," befahl erjseinerFrau.
Vergeblich widersetzte diese sich in seinem Vorhaben, er sehe ja aus, als könne er keine zwanzig Schritte weit gehen; der Alte wies sie ärgerlich zurück, wollte auch nichts davon hören beim Doktor vorzusprechen, und beruhigte sie nur, der Müller führe zur Stadt, der würde ihn mitnehmen.
Einige Stunden später, es ging stark gegen Abend, schritten der Alte, Preuß und sein Sohn, einem seitwärts von der Stadt gelegenen Steinbruche zu.
Am Fuße des Berges konnte der Alte nicht mehr weiter; ein Bauer nahm ihn und den Restaurateur auf den Wagen und brachte sie so den Berg hinan. Vor einem kleinen Hause, in desfen beiden Fenstern zur Seite der Hausthür ein paar hölzerne Zitronen, ein Glas mit Stärke, eins mit Waschblau, ein paar Päckchen Cichorien und einige andere der gewöhnlichsten Haushaltungsartikel sich befanden, stiegen sie ab; da wohnte der Mann, den sie sprechen wollten. Sein Name stand über der Thür auf einem mächtigen Schilde: Kolonialwaren bei Ludwig Rohlfs.
Der Besitzer des kleinen Hökerhandels trat ihnen
werden, denn bald darauf war unser Soldat verschwunden. Vergeblich wartete der Schuhmacher auf seine Rückkehr, Schulze hat sich nicht wieder sehen lassen und wird jetzt steckbrieflich verfolgt.
* Berlin, 1. Dez. In der Reichstagskommisston für die Handelsverträge erhoben Dr. Lieber und Graf Kanitz (kons.) Klagen darüber, daß russisches Getreide aus Vertragsländern mit gefälschten Ursprungszeugnissen eingeführt werde und alsdann Zollermäßigung genieße. Die Vertreter der Regierung wiesen nach, daß die Beschwerde» unbegründet seien. Nicht ein einziger derartiger Fall sei zur amtlichen Kenntnis gelangt.
* Berlin, 1. Dez. Der Reichstagsabgeordnete Lmß (Antis.) brachte einen Antrag ein betreffend das Verbot der Einwanderung ausländischer Juden und ferner einen Antrag auf die Betäubung der Schlachttiere vor der Blutentziehung (sogenanntes Schächteverbot).
* Berlin, 1. Dez. Die Nationalzettung berichtet: Bet der gestrigen Feier des amerikanischen Thanksgiv'ng Day im Kaisechofe toastierte der Botschafter der Vereinigten Staaten zuerst auf den deutschen Kaiser und hob dessen rastlose Bemühungen um die soziale Lage und die Linderung der Armut, sowie seine oft bewiesene freundliche Gesinnung für Amerika, namentlich bei der Weltausstellung von Chicago, hervor und streifte dann in wenigen Worten die glückliche Bewahrung des Kaisers vor der Gefahr des Attentatsversuchs. Dann toastierte der Botschafter auf Cleveland.
* Berlin, 2. Dez. Am Dienstag beginnt im Reichstag die Beratung der Steuergesetze mit der Börsensteuer.
* Die „Nat.-Ztg." will wissen, die Reform der Militärgerichsbarksit sei bisher am Widerstande eines um die Reichsgründung in m litärischer und um die Befestigung des Reiches auch in politischer Hinsicht besonders verdienten Bundesfürsten gescheitert, der die Oeffentlichkeit des Militär-Strafverfahrens erfolgreich bekämpft habe. (Wahrscheinlich ist der König Albert von Sachsen gemeint.)
* Die freisinnige Volkspartei beschloß in ihrer Fraktionssitzung einstimmig, gegen alle vorliegenden Steuergesetzentwürfe zu stimmen in Erwägung, daß, soweit neue Deckungsmittel überhaupt erforderlich sind für die Kosten der Heeresorganisatioa, dieselben reichlich gewonnen werden können durch Aufhebung der „Liebesgaben für die Brenner" und der Prämien für die Zuckerausfuhr. Desgleichen beschloß die Fraktion, den Gesetzentwurf über die Finanzreform abzulehncn, weil derselbe, auch ganz abgesehen von der dadurch bezweckten Vermehrung der Steuerlasten, geeignet ist, das Budg-trecht, insbesondere das Einnahmebewilliz- «ngsrecht des Reichstages in verschiedenen Richtungen herabzumindern.
* Falsche 50 Mk.-S cheine. In neuerer Zeit sind nach der M. A. Z. falsche Reichskassenscheine zu 50 Mk. zum Vorschein gekommen und angeh alten worden. Die Reichsschuldsnverwaltung sichert demjenigen, welcher einen Verfertiger oder wissentlichen Verbreiter solcher Falschslücke zuerst ermittelt und der Polizei- oder Gerichtsbehörde dergestalt nach weist, daß der Verbrecher zur Untersuchung und Strafe gezogen
entgegen, erstaunt, die beiden ihm bekannten Männer hier zu sehen; als sie ihn dann aber allein zu sprechen verlangten und ihn ernsthaft nach dem Aufenthalt seines Bruders fragten, wurde er unruhig.
„Ich weiß nicht, wo er ist" — schwor er heftiger als nötig.
„Seien Sie still, Herr Rohlfs, machen Sie ja keinen unnötigen Lärm, wir wissen ja ganz genau, daß der Willem alle Ursache hat, den Steuerbeamten aus dem Wege zu gehen und sich ganz ruhig zu verhalten. Aber jetzt muß er heran, und wenn er das schönste Schmuggelgeschäftchen darüber verlieren sollte. — Es geht einem ans Leben, wenn wir nicht jetzt Farbe bekennen," sagte der ältere Preuß.
„Ah — Sie meinen den Herrn Lörrach?"
„Wie? Hat der Willem doch geschwatzt?" fuhr der Alte auf.
„Mir hat er's erzählt, sonst keinem, und daß ich mir den Mund nicht verbrennen werde mit unnützen Reden, das wissen Sie wohl!"
„Ja, ja, haben auch gute Ursache, sich ruhig zu verhalten, just wie Ihr Herr Bruder," meinte der Restaurateur.
„O, es giebt Leute, die ihren Genever auch ganz gern billig kaufen und sich gar nicht zieren!" erwiderte empfindlich der Krämer.
„Na — und nun sagen Sie uns, Rohlfs, können Sie den Willem nach Gasberg schicken?"
Der Wirt brachte seine Gäste jetzt in eine Hinterstube und holte eine Steinkruke von dem bewußten trefflichen Genever, sowie einige Gläser herbei.
werden kann, eine von ihr nach den Umständen zu bemesftnde Belohnung bis auf die Höhe von 3000 Mk. zu.
* Wie nach der „Allgem. Mil.-Korr." verlautet, werden in diesem Winter ganz besondere militärische Uebungen stattfinden, um so die Truppen auf einen schwierigen Winterfeldzug, der stets eine harte Probe für eine Armee sein wird, vorzubereiten. Namentlich werden ausgedehnte Uebungsmärsche zur Ausführung gelangen, auch Uebungen auf Schlittschuhen, die im kleinen Kriege sowie bei der Uebermittelung von Befehlen eine Rolle spielen werden, vorgenommen.
* Köln, 2. Dez. Die Kölnische Zeitung meldet aus Sofia: In den letzten Tagen fanden verschiedene Verhaftungen statt wegen eines Mordanschlags gegen den Fürsten, welcher für den Tag vor der Ankunft der Leiche des Grafen Hartenau geplant war. Der Hauptschuldige ist der frühere bulgarische Offizier Jwanoff. Durch einen Zufall wurde der Mordplaa zwei Tage vor Ankunft der Leiche entdeckt. Jwanoff wurde im Elsenbahnzug von einem früheren Kameraden erkannt und entfloh auf der Station Kasttschane, verfolgt von Gendarmen und Bauern, auf die er wiederholt feuerte. Der Polizei von Sofia, unter Führung des Polizeichefs, gelang es nach langer Verfolgung, Jwanoff zu verhaften. Er legte ein völliges Geständnis ab. Er war danach auf Anraten der beiden bulgarischen Flüchtlinge Grujeff und Bendereff in den bulgarischen Dienst getreten, um es von der Schreckensherrschaft des Fürsten und Stambuloffs zu befreien. Unter den Mitschuldigen scheint sich sein Bruder noch in Sofia zu befinden. Verhaftet find auch mehrere Studenten der Universität Sofia, die des Anarchismus verdächtig sind.
* Heber den Erfolg der Arbeiten an dem Unglücks- brunnen in Schnei demühl ist dem Oberberghauptmann Freund von dem Vorsitzenden der Baudeputation des Magistrats der Bericht zugegangen, daß schon nach Aufschüttung von nicht ganz 1,5 m über dem Terrain die Quellen des alten Brunnenlochs ganz versiegten. Der „Preuß. Staatsanz.", der das Schreiben genauer wiedergiebt, bemerkt dazu: Der Erfolg der Arbeiten ist hiernach als ein vollkommener anzusehen.
* In Niederbruck i. E. brannte dieser Tage ein Haus nieder, ohne daß die Einwohnerschaft sich dazu herbe lkß, helfend einzuschreiten. Trotz aller Mühe der Octspolizei und der Gendarmerie waren nicht so viele Leute zusammenzubringen, um die Dorfspritze zu speifen.
Ausländisches.
* Wien, 1. Dez. Es verlautet, daß nächstens ein russischer Ministerrat unter dem Vorsitz des Czaren darüber beraten und beschließen werde, welche Stellung Rußland zur Verstärkung der deutschen Armee nehmen und ob die russische Armee vermehrt werden solle.
* Wien, 2. Dezbr. Seit zwei Tagen tritt hier die Influenza mit rapider Ausbreitung auf. Im Parlamente erkrankten viele Abgeordnete, sowie der Präsident und der Vizepräsident. In einzelnen Geschäften und Banken sind ganze Abteilungen infolge der Influenza-Erkrankungen leer.
* Paris, 1. Dez. Die Polizei in Orleans hat
Hier saßen sie und plauderten, sahen zuweilen nach rer Uhr, nach dem Mond und warteten, denn der berüchtigte Schmuggler sollte gerade heute abend kommen.
Es war ganz natürlich, daß sie auf Willy und dessen Fall zu sprechen kamen.
Der Krämer fragte; er wußte wenig von den einzelnen Umständen, es kam ihm recht, sich von dem Vater und dem Großvater die Geschichte erzählen zu lassen.
Willy war also bei dem Streit damals ganz unschuldig gewesen?
So begannen sie denn jede Einzelheit zu berichten; sie hätten es vielleicht schon hundertmal gethan, aber was einem so das Herz zerwühlt, wie das Unglück mit dem Jungen, der der Stolz der ganzen Familie gewesen war, dem kommt immer die gallige Erbitterung wieder hoch, wenn er an die Sache denkt.
Und es war nur ein Glück, daß die Geschichte mit dem Manschettenknops auch anderen Verdacht als möglich hinstellte.
Was für einen Manschettenknopf? Der Krämer wußte noch nichts. Er hatte den Bruder feit Wochen nicht gesehen. Nun, da gab es also erst diese Neuigkeit zu berichten.
Der Krämer Rohlfs horchte auf einmal hoch auf.
„Schwefelfadcn? Ganze Bündchen, und die lagen auch sonst noch verteilt. Und Pulver?" fragte er gespannt.
„Ja, und Lunte genug, daß man die ganze Ar-