Verenberg (Zentr.) und Dr. Bürklin (nat.-lib.) durch Akklamation wierergewählt. Dieselben nahmen die Wahl dankend an. Zu Schriftführern wurden gleich­falls durch Zuruf gewählt die Abg. Braun (kons.), Cegielski (Pole), Dr. Hermes (fr. Vp.), v. Holl- euffer (kons.), Krebs (Zentr.), Merbach (Reichsp.), Dr. Kropatscheck (kons.), Dr. Pieschel (nat.-ltb.), zu Quästoren die Abgg. Boettcher (nat.-lib.) und Rin- telen (Zentr.) Die schleunigen Anträge auf Ein­stellung von schwebenden Strafverfahren gegen die Abgg. Frhr. v. Hammerstetn (kons.), Ahlwardt (Antis.) und Förster (Antis.) werden ohne Diskussion ange­nommen. Eingegangen ist die Verordnung betr. Zoll­erhöhungen gegenüber Rußland. Ferner sind einge­gangen schleunige Anträge der Abgg. Auer und Gen. (soz.) auf Einstellung von Strafverfahren gegen die Abgg. Herbert und Bueb (soz.) Damit war die Tagesordnung erschöpft. Auf Antrag des Abg. Bachem (Zentr.), ein gründliches Studium der Han­delsverträge zu ermöglichen, wurde die nächste Sitzung auf Donnerstag anberaumt.

Larckessachrichtell.

* Altensteiv, 20. Nov. Mit dem ersten Ad­ventsfest am 3. Dezember beginnt die sogenannte stille oder geschlossene Zeit. Nach § 9 der K. Verordnung vom 27. Dezember 1871, betr. die bürgerliche Feier der Sonn-, Fest- und Feiertage, ist insbesondere das Abhalten öffentlicher Tanzbelustig­ungen an den Sonntagen in der Adventszeit ganz verboten, während das Tanzen an Werktagen der Adventszeit nur mit Genehmigung der König!. Ober­ämter stattfinden darf. Die gleichen Grundsätze finden Anwendung auf Tanzunterhaltungen geselliger Vereine und geschloffener Gesellschaften, welche in Räumen veranstaltet werden, in denen ein Wirtschaftsbetrieb, sei es ein öffentlicher, sei es ein auf die Mitglieder der betr. Gesellschaft beschränkter, stattfindet. Die Adventszeit endet mit dem Christfest.

* Der Militäretat für bas württembergische Kontingent weist ein Mehr in den fortdauernden Aus­gaben von 547 797 Mk. auf.

* Die Finanzkommisston der Kammer der Ab­geordneten beantragt, die Petition um Heranziehung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften zur Gewerbesteuer und um Abschaffung der Wertzeichen der Konsumvereine der Regierung zur Erwägung und die Bitte, den Staatsbeamten die Beteiligung an Konsumvereinen zu verbieten, zur Kenntnisnahme zu übergeben.

* Vom 20. November an läuft zur Vermittelung deS Lokalverkehrs zwischen Saulg auSigma­ringenR iedlingen ein Daimlerscher Motorwagen.

* (Verschiedeues.) In der Lokomotivwerkstäite in Aalen wurde ein Arbeiter von der Transmisston erfaßt und sofort getötet. Beim Nachhausegehen vom Wirtshaus geriet ein Arbeiter der Papierfabrik in Weißenstein in den Floßkanal und ertrank. Der Malergehilfe Fischer aus Nürnberg hat sich in Kirchberg beim Fallen derart den Bauch aufge­schlitzt, daß die Gedärme aus der Bauchhöhle aus­traten. An ihm hat sich nun die antiseptische Behänd lung trefflich bewährt, denn nach kaum 14 Tagen konnte er als geheilt aus dem Spital entlassen Ver­

nicht fließt bei deinem Anblick? Hans! Hans! O, sprich, o, sage, wessen Hand hat dich"

»Weib!" Fritz Lörrach schüttelte sie von sich wie ein giftiges Reptil. Dann aber zwang er sich schon zu dem, was er für eine vernünftige Auffassung hielt. Dennoch loderte wilder Zorn aus seinen Augen sie an.

»Der Schmerz macht Sie unzurechnungsfähig, Frau Harterott, aber selbst dem Wahnsinn verzeiht man solche Worte kaum, und wahnsinnig sind Sie nicht!" rief er.

,,O, nein! Ich bin nicht wahnsinnig, ich bin sehr bei Verstände! Warum mußte er denn gerade jetzt sterben?" Die äußerste Maltation lag in ihrem ganzen Wesen.

Er wandte sich stumm ab mit einem unbeschreib­lichen schwindelnden Gefühl. Ihm das?

Sie aber schrie ihm fast triumphierend zu:O, ich bin völlig bei Sinnen und du du bist ja der Erbe!"

Wie er hinausgekommen wußte er nicht; er fand sich auf seinem Zimmer wieder und eifrig beschäftigt, seine Sachen nicht zu packen, sondern in seinen Koffer zu werfen.

Da öffnete die Thür sich sachte und Fräulein Lina schlüpfte kreidebleich herein, die Klinke in der Hand behaltend.

Herr Lörrach, o, Herr Lörrach, es ist zu schänd­lich, zu niederträchtig!" flüsterte sie ihm atemlos zu. Sie sollen den Herrn erschossen haben, die Gerichts­leute sind unten, sie haben einen Wagen mitgebracht,

den. Die Diphtheritis tritt in einzelnen Gegenden des Landes wieder bösartig auf. JnHaslach muß­ten die Schulen geschloffen werden. Mehr als 20 Kinder sind daselbst in den letzten Wochen dieser heim­tückischen Krankheit erlegen. Auch in Herrenberg, Winnenden hat die Diphtheritis Opfer gefordert. In den Gemeinden Flochberg und Schloßberg (Neresheim) starben 16 Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren an der gleichen Krankheit. Das Stutt­garter »Neue Tagblatt" wird demnächst sein fünfzig­jähriges Jubiläum begehen.

* Berlin, 16. Nov. Die elsaß-lothringischen Protestabgeordneten des Reichstags haben den Ein­tritt in die Zentrumspartei, der in jüngster Zeit in Vorschlag gekommen war, abgelehnt. Formell wird dadurch eine neue Vergrößerung der Zrntruarsfraktioa verhindert, sachlich ändert sich dadurch nicht viel, da die Betreffenden, wenn sie, selten genug, überhaupt im Reichstag erschienen, stets mit dem Zentrum stimmten. Immerhin ist in der Ablehnung jedes Anschluffes an eine altdeutsche Partei eine Verschär­fung des Protestandpunktes z» erblicken. Auch der bevorstehende Antrag auf Abschaffung aller Aus nahmemaßregeln in den Reichslanben kann nur in dieser Richtung gedeutet werden. Von den elsaß- lothringischen Reichstagsabgeordneten gehören 8 die ser klerikalen Protestgruppe an, 3 sind Gäste der Konservativen, 1 Mitglied der Rsichspartei, 1 Gast der Nationalliberalen, 2 Sozialdemokraten.

* Berlin, 16. Nov. Das Zentrum hat im Reichstag den Antrag auf Außerkraftsetzung des Jesuitengesetzes wieder eingebracht.

* Berlin, 16. Nov. Die Ansprache, welche der Kaiser bei der Vereidigung der Rekruten hielt, lautete nach derNat.-Ztg.": »Ihr habt soeben vor Gottes Antlitz Mir Treue geschworen und seid hiedurch in demselben Augenblick Meine Soldaten und Meine Kameraden geworden. Ihr habt die Ehre, zu Meiner Garde zu gehören und in und um Meinen Wohnort, Meine Hauptstadt zu stehen, Ihr seid berufen, Mich in erster Linie vor dem äußeren und inneren Feind zu schützen; seid treu und vergeßt nicht, daß Eure Ehre dte Meinige ist." Nach anderen Blättern sprach der Kaiser noch die Worte:Ich brauche christliche Soldaten, die ihr Vaterunser beten. Der Soldat soll nicht seinen Willen haben, sondern Ihr habt alle einen Willen, und das ist Mein Wille; es giebt für Euch nur ein Gesetz, und das ist Mein Gesetz."

* Berlin, 17. Nov. Der »Deutschen Warte" zufolge beabsichtigt die Regierung keine Reform des Klebegesetzes, dagegen erwägt sie aber die Ausdehnung der Unfallversicherung auf das Kleingewerbe.

* Berlin, 18. Nov. Der Vosstschen Zeitung zufolge hat sich in Bundesratskreisen eine Verstim­mung über die diesmal besonders spät erfolgte Ein­bringung der Etats beim Bundesrat kundgegeben. Es heißt, eine Bundesregierung habe darüber Be­schwerde geführt und es sei für die Zukunft Abhilfe verheißen worden. Nach demselben Blatt hat sich der Exjesuit Graf Hoensbroech nach Rom begeben, um mit den obersten Spitzen der katholischen Kirche direkt sich ausetnanderzusetzen.

"Berlin, 18. Nov. Die vom Bundesratsaus­

gewiß für Sie! Machen Sie, daß Sie fortkommen! Durch das Lagerhaus und die kleine Pforte können Sie noch weg!"

Er sah sie an wie im Traume.

Auf einmal fiel es ihm gleichsam wie Schuppen von den Augen. Richtig! Das bedeuteten schon gestern abend alle diese Mienen, diese Blicke!

Taumelnd lehnte er sich an einen Tisch, eine kör­perliche Uebelkeit überfiel ihn vor Zorn, Ekel, grenzen­losester Verzweiflung.

Fräulein Lina hörte Schritte und huschte wieder hinaus, nachdem sie ihm noch einmal ein:Um Got­teswillen, rasch, Herr Lörrach!" zugerufen.

Die Schritte kamen die Treppe heraus, näherten sich. Es klopfte. Er rief herein.

Die Herren vom Gericht sind unten, Herr Lör­rach, und lassen Sie höflichst ersuchen, herab zu kom­men, um einige notwendige Auskunft zu erteilen."

Es war ein Polizist, der diese Worte sprach und sich mit ernsten Mienen im Zimmer umsah, wo Lör­rachs Sachen, wild durcheinander geworfen, auf Tischen und Stühlen lagen.

Ich komme!" war die Antwort, aber seine Er­regung war so groß, daß er gar nicht mal daran dachte, sie den Augen des Beamten zu entziehen.

Ein trauriger Fall," sagte der Mann, während Fritz den abgeworfemn Rock wieder anzog.

Er antwortete nicht, in ihm war ein solcher Zorn, daß davor jede Ueberlegung und Sammlung verflog.

Ein langer fester Blick des ihm von neulich her

schuffe vorgeschlagene Stempelgesetznovelle enthält für Frachtpapiere folgende Aenderung: ») Konnossemente über ganze Schiffsladungen 30 Pf., bei Teilsendungen von oder nach Häfen der Nordsee und Ostsee 10, nach anderen30Pf.; b)Ladescheinebezw.Einlieferungs­scheine im Flußschifffahrtsverkehr über ganze Schiffs­ladungen 30 Pf., Teilsendungen 10 Pf.; o) Fracht­briefs-Gepäckscheine, Packetadreffen bei ganzen Eisen­bahnwagenladungen 20, sonst 10 Pf. Umfaßt ein Papier mehrere Schiffs- oder Wagenladungen oder umfaßt eine Ladung mehrere Empfänger, so ist der Stempel für jede Ladung oder jeden Empfänger zu entrichten. Frei sind Frachtberräge, welche 1 Mk. nicht übersteigen, und Reisegepäckscheine. (Dadurch bleibt der ganze Verkehr der 50 Pf.-Postpackete von dem Stempel frei.)

* Die Beurteilung der deutschenThronrede in außerdeutschen Blättern ist noch ziemlich spärlich. Ein größerer Aufsatz der WienerN. Fr. Pr." über dieselbe enthält u. a. folgende Stellen: Die deutsche Thronrede stärkt den Friedensglauben, aber daneben mahnt der größere Teil ihres Inhaltes daran, wie teuer dieser Glaube erkauft ist. Denn sie kündigt fast nur neue Steuern an, deren Ertrag dazu oestimmt ist, die gesteigerten Kosten der Heeresvermehrung zu decken, und auch die große Finanzreform, mittels deren die finanziellen Beziehungen des Reiches zu den Einzel­starten gestellt werden sollen, hat den nämlichen Zweck... Die Militärlast verbürgt den Frieden, in­dem sie das Volk erdrückt; der Handelsvertrag mit Rußland würde den Frieden fördern, ohne daß das Volk eine neue Anspannung seiner Opferfähigkeir zu beklagen hätte. Im Reichstage wird es sich zeigen, ob nur immer die Energie vorhanden ist, militärische Forderungen um des Friedens willen durchzusetzen, und nicht auch diejenige, dem Frieden durch handels­politische Aktionen eine neue Bürgschaft zu sichern.

* tzannooer, 17. Nov. Ja dem Wucherprozeß sprach der Gerichtshof die Angeklagten Krain, Guhl und Schwietzer frei und verurteilte Hvllmmn zu 2Vr und Hirsch zu 2 Jahren Gefängnis, je 3000 Mk. Getdstraße und je 5 Jahren Ehrverlust. Ec beschloß zugleich die sofortige Verhaftnaz von Hollmann und Hirsch.

* Lübeck, 17. Nov. Gegen 12 Ruhestörer, die bei der letzten Reichstagsstichwahl verhaftet worden waren, wurden gestern wegen Landfriedensbruch und Sachbeschädigung Strafen von 6 Wochen bis IV» Jahr Zuchthaus erkannt.

Ausländisches.

* Eine bestialische Rohheit ließ sich inWien ein desertierter Soldat auf dem Transport zur Wache zu schulden kommen. Während der Eskorde erfaßte er plötzlich seine Geliebte, die eben vorüberging, um den Hals und rief dem erschrockenen Mädchen die Worte zu:Wenn ich Dich nicht haben kann, soll Dich auch ein Anderer nicht haben!" Nach diesem Ausrufe biß er dem Mädchen die Nase vollständig ab. Schwer verletzt und blutüberströmt wurde die Arme ins Spital gebracht.

* Graz, 17. Nov. Graf Alexander Hartenau, der frühere Fürst von Bulgarien, ist heute mittag gestorben. Seit 7 Uhr morgens war Agonte einge-

wohlbekannten Untersuchungsrichters empfing ihn und erinnerte ihn daran, daß er gewiß ganz entstellt vor Wut und Aufregung aussah.

Er suchte sich zu fassen, sich Haltung zu geben; es war ihm unmöglich und dabei war er sich sofort bewußt, daß er einen ungünstigen Eindruck mache« müsse.

Der Beamte trat höflich einen Schritt näher und sagte ernst:

Es ist ein schweres Unglück, was uns schon wieder zusammenführt, Herr Lörrach; Sie werden uns einige Aufklärung geben können, ich bitte Sie also, meine Fragen zu beantworten!"

Fritz Lörrach verbeugte sich. DaS Verhör be­gann; der alte Herr Wiedner trat in demselben Augenblicke ein, ohne ihn anzusehen, was Fritz mit neuer Bitterkeit erfüllte.

Es galt also zuerst den Thatbestand festzustellen; Lörrach wurde gebeten, zu erzählen.

Erst jetzt fiel ihm ein, daß er das Zusammen­sein mit Hedwig nicht erwähnen konnte. Indes, viel­leicht war das ja auch gar nicht nötig.

Fritz hatte berichtet, wie Hans seinen Standort wählte und wie er wegging, um den setnigen zu nehmen.

»Und wohin gingen Sie also?"

Er gab den Platz so genau wie möglich an.

(Fortsetzung folgt.)

Auflösung des Rätsels m Nro. 138:

Maulwurf.