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1893.
Amtliches.
Auszug aus der Geschworenenliste des Schwurgerichts Tübingen pro IV. Quartal 18S3. Heinr. Bäßler, Gem.-Rat und Ladwirt in Altensteig Stadt; Joh. G. Bechtle, Gem.-Rat in Enzklösterle; Joh. Gauß, Gem.-Rat und Landwirt in Bondorf; Lbersörster Gönner in Langenbrand; ObersörsterHirzel in Schwann; Fr. Holzapfel, Bierbrauer in Neuenbürg; Joh. Ceeger, Privatier in Ealw.
Di« zweite Lehrerdienstprüsung haben u. a. bestanden: Ehr. Brönnle, Schulamtsvcrweser in Rodt, Bez. Freudenstadt; Ehr. Frey, Unterlehrer in Rohrdorf; Eduard Kämpf, Unterlehrer in Gechingen, Bez. Calw; Karl Oelschläger, Unterlehrer in Höfen, Bez. Neuenbürg; Chr. Steck, Unterlehrer in Efsringen.
Uebertragen wurde die erledigte evangelische zweite Stadti'farrstelle an der Dreifaltigkeitskirche in Ulm dem zweiten Stadtpfarrer Eytel in Calw; die erledigte evangelische Pfarrei Affaltrach, Del. Weinsberg, dem Pfarrer Storz in Neuweiler.
Gestorben: Prof. a. D. Kauffmann, Ulm; Kaminfegermeister Fiedler, Künzelsau; Louis Leo, Mitglied der Handelsund Gewerbekammer Calw, Stuttgart; Hafner z. grünen Baum, Geislingen; Stadtförfier a. D. Schmecke, Möckmühl; Jak. Burg- hard, alt Bärenwirt, Neuenbürg.
D Kaluoky in Italien.
Der österreichisch-ungarische Minister des Auswärtigen, Graf Kalnokh, ist zu seiner Erholung nach Norditalien gereist. Die Jahreszeit ist zu einer solchen Reife nicht ungewöhnlich, denn gerade für einen strapazierten Diplomaten ist das Verlassen unseres nebligen Herbstklimas und das Aufsuchen des blauen Himmels von Italien eine recht zweckdienliche Sache. Nur glaubt man nicht so recht an das Erholungsbedürfnis dcS leitenden Ministers der habsburgischen Monarchie; man weint vielmehr, politische Ursachen hätten ihn über die Alpen getrieben.
Eine scheinbare Bestätigung dieser Vermutung ist durch den Umstand gegeben worden, daß Graf Kal- voky von Mailand aus einen Abstecher nach Monza gemacht hat, woselbst sich gegenwärtig König Hum- bert auihält. Eine volle Stunde währte die Audienz, die Kalnokh bei dem Herrscher Italiens hatte. In Mailand aber waren inzwischen auch der italienische Minister des Auswärtigen, Brin, und der italienische Botschafter in Wien, Ritter Nigra, eingctroffen und alle vier Staatsmänner hatten längere Konferenzen miteinander. Das steht allerdings nicht danach aus, als ob Graf Kalnokh bloß zur Erholung nach Italien gegangen wäre, im Gegenteil: diese Zusammenkünfte haben ein völlig diplomatisches Acußere und das ent- >
schuldigt denn auch einigermaßen die Phantasien vieler Zeiturigsberichterstatter, die sich bemühen, jene Zusammenkünfte zu politischen Ereignissen großen Stiles aufzubauschen.
Italien weiß ganz genau, wie cs zu Oesterreich steht, und auch Oesterreich kann den Wert der italienischen Freundschaft nicht gering anschlagen. Seit» dem sich Italien aus der französischen Vormundschaft befreit hat, die keine ehrliche war (siehe Zollkrieg und Tunis) geht Frankreich mit voller Kraft darauf aus, Italien finanziell zu ruinieren. Die italienische Rente ist beträchtlich gesunken und wird von Pariser Häusern an der Berliner Börse mit auffälliger Geflissent- lichkeit zu immer weichendem Kurse In großen Posten ongekoten. In Wien zeigt sich dasselbe Schauspiel. Französische Quellen stehen die inneren Zustände Italiens als unhaltbar dar, um den Kredit der jüngsten Großmacht erst recht zu erschüttern. Der Handelsverkehr zwischen Italien und Frankreich ist auf ein Minimum herabgesunken. Da lernt denn Italien den Wert freundschaftlicher Beziehungen zu Oesterreich und Deutschland immer mehr schätzen,' welche beiden Reiche ihm durch Handelsverträge mit niedrigen Zollsätzen für die Hauptausfuhrartikel Italiens ihre Grenzen geöffnet haben.
Aber auch Oesterreich kann zufrieden damit sein, daß es mit dem offiziellen Italien auf bestem Fuße lebt. Parmo, Modena und Toskana, die man als österreichische Anhängsel betrachten durfte, find längst dem Königreich Italien verfallen, ihnen folgte nach Solferino und Magenta die Lombardei und 1866 auch Venetier. Noch immer sind Gebiete mit italienischer Bevölkerung In österreichischem Besitz, Gebiete, die für Oesterreichs Großmachtsstellung unentbehrlich sind vnd deren Bevölkerung doch teilweise mit Italien sympathisiert. Das Treiben der „Jtalia irredenta" hat diese Sympathien stets wach erhalten und erst das Bündntsverhältnis zwischen Oesterreich und Italien hat den Oesterreichern die Ruhe und Sicherheit des Besitzes gewährleistet; denn bekanntlich ist der Zweck des Dreibundes das Garantieren des bestehenden Landbesitzes.
Dos alles sind aber so selbstverständliche und auf der Hand liegende Thatsachen, daß ihre neuerliche Erörterung nicht nötig war. Die Berichterstatter
hatten daher die Aufgabe, ihre Köpfe wegen weiterer Zwecke der Audienzen und Konferenzen zu zerbrechen. Der Possierlichkeit halber seien hier einige Perlen von Erfindungen, die verschiedene Zeitungen der Oeffentlichkeit übergeben haben, zusammengestellt: 1) Kalnokh kommt, um zugleich im Namen Deutschlands Italien die Abschaffung einiger Armeekorps zu gestatten. 2) Kalnokh bringt . - . Geld (wohlgemerkt aus Oesterreich!) 3) Kalnokh kommt, um zu erklären, daß der Ministerwechsel in Oesterreich ohne Einfluß auf das Dreibundsverhältnis sei. 4) Kalnokh hat die Lage im Milteimeer besprochen. Der Kampf in Marokko, — die russischen Kriegsschiffe, die im Mittelländischen Meere Stationen anlegen wollen, — daS gierige Auslugen Frankreichs nach Tripolis — alles das mußte gründlich besprochen werden.
Die Liste könnte noch fortgesetzt werden. Dem Leser aber bleibe die Wahl überlassen, welche der verschiedenen Erklärungen er für die dümmste hält.
Deutscher Reichstag.
In der ersten Sitzung am Donnerstag übernahm der Präsident der vorigen Session, Abg. v. Levetzow (kons., bei keiner Fraktion) gemäß der Geschäftsordnung den Vorsitz und ernannte zu provisorischen Schriftführern die Abgg. Mirbach (Reichsp.), Krebs (Zentr.), Dr. Kropatscheck (kons.) und Dr. Pteschel (nat.-lib.). An Vorlagen find eingegangen die Handelsverträge mit Spanien, Serbien und Rumänien, der Etat nebst Anlcihegesetz und eine Reihe kleiner Vorlagen, Denkschriften rc. Die Verlosung der Mitglieder in den Abteilungen sollte auf Vorschlag des Präsidenten nach Schluß dieser Sitzung durch das provisorische Büreau vorgenommen werden. Hierauf wurde der Namensaufruf vorgenommen. Derselbe er^ab die Anwesenheit von 215 Mitgliedern. Das Haus war somit beschlußfähig. Eingegangen sind noch schleunige Anträge aus Einstellung der gegen die Abgeordneten Bhlwardt, Dr. Förster und Frhr. v. Hammerstein schwebenden Strafverfahren.
Auf der Tagesordnung der Freitagsfitzung stand zunächst die Wohl der Präsidenten und der Schriftführer. Auf Vorschlag des Abg. Grafen v. Hompesch (Zentr.) wurde das Präsidium der vorigen Session Abgg. v. Levetzow (kons.), Frhr. v. Buol-
Gr ist der Kröe!
Roman von L. H a i d h e i m.
(Fortsetzung.)
Gern wäre er noch einmal wieder hinab gegangen, nach Ella zu sehen, aber er fühlte sich doch mehr verletzt, als er sich eingestehen wollte.
Stundenlang schritt er schlaflos in seiner Stube auf und ab; es wurde noch immer im Hause nicht ruhig.
Es lag doch etwas Furchtbares in diesem plötz lichen Auslöschen eines in voller Kraft stehenden Menschenlebens. Lörrach wurde sich erst jetzt der Erschütterung bewußt, die er in den Anforderungen des Augenblicks nicht beachtet hatte. Alles erlebte er noch einmal, jeden Umstand bis zu dem Augenblick, wo Ella, statt in ihm den Freund zu sehen, sich von ihm abwendete.
Es war unsinnig, sich so zu gebärden; selbst in ihrem grenzenlosen Schmerze mußte Ella anders sein, wenn sie richtig fühlte.
Und was sollte nun werd n
Die Fabrik, Hans Harterotts wahrscheinlich mißliche Lage — -
Jetzt erst kam Lörrach plötzlich der Gedanke, daß er, wenn Harterott keine Kinder hinterließ, der Erbe sei. Er kannte die Testamentsklansel sehr wohl, aber er hatte sie nie für etwas anderes als eine juristische Formel gehalten, denn Harterott war jung, verheiratet; daß er und Ella Kinder haben würden, war die Nächstliegende Annahme gewesen.
Er war vielleicht der Erbe? Vielleicht auch nicht, wer konnte das wissen? Und was mochte auch für ihn zu erben sein nach Harterotts verschwenderischer Lebensweise? Außerdem sich hier in den iür ihn immerhin kleinstädtischen Verhältnissen zu bewegen, das konnte ihn nicht locken; wer, wie er, in dem großartigen Getriebe des überseei'chen Großhandels sich eben erst einen Platz errungen hatte, einen beneidend- und achtungswerten Platz, den konnte Harterotts Fabrik kaum noch locken.
Ach nein, nein! Von Herzen würde er dem armen Hans auch ferner des Onkels Erbschaft gegönnt haben.
Und wenn die Verhältnisse schlecht waren, mußte er sie überhaupt antreten?
Ellas Mitgift würde ihr ausgezahlt werden; aber sollte Hans nicht oorgesorgt haben? Die verwöhnte Frau konnte sich im Elternhause kaum noch wohl fühlen. Würde er nötigenfalls zu ihren Gunsten auf die ganze Erbschaft verzichten können?
Endlich war un Hause tiefe Stille eingetreten; die Müdigkeit überwältigte auch Lörrach, ater unruhige, beklommene Träume ließen ihn im Schlaf keine Erquickung finden.
Als er am nächsten Morgen herab kam, war eben die Totenfrau mit dem Leichenbestatter in dem Zimmer Harterotts fertig.
Fritz gin, hinein und es fiel ihm auf, wie neugierig ihm die beiden nachsohen.
In tiefe Gedanken versunken blieb er neben dem Sarge stehen — wie «chig der arme Hans jetzt dalag.
Auf einmal öffnete sich hinter ihm die Thür. Es war Ella, schon ganz in Trauerkleider gehüllt. Sie fuhr zurück, als sie ihn sah, er aber trat ihr, alles vergessend, in herzlichem Mitleid entgegen.
„Ella! arme Ella!"
Fast wider Willen schien sie ihm zu folgen. Sie sah so furchtbar blaß und elend aus, daß er sie stützen wollte; aber er rührteste kaum an, so fuhr sie zurück, wie von einer Natter gestochen.
Ein großer, verwunderter Bl ck aus seinen Augen traf sie. Wie war es möglich, daß eine Frau in so tiefem Schmerz noch nicht lassen konnte von der Gewohnheit, in allem und jedem Huldigung oder gar noch mehr zu erblicken?
Ob sie seine Gedanken erriet?
Sie richtete sich empor und sah ihn fest, bohrend, inquisitorisch an, mit so heißen, gebieterischen Blicken, daß er sie fragte:
„Was wollen Sie, Ella? Sprechen Sie zu mir! Bin ich nicht Ihr und des armen Hans treuer Freund?"
„Des armen Hans auch?" fragte sie mit tiefer Bitterkeit.
„Ella!" Weiter konnte er vor Schrecken und Entrüstung nichts sagen; ihr Blick und Ton beleidigten ihn viel mehr noch als ihre Worte.
In ihr brach die fieberhafte Aufregung aber jetzt hervor.
Sie ergriff seine Hand und zog ihn an den Sarg.
„Hierher! Hierher! Laß sehen, ob das Blut