unter der Fahne stehenden Bürgerssöhne erfreut. Dieser Bürgernutzen ist in diesem Jahr umsomehr zu schätzen, als der Futterausfall auch in Dornstetten ein sehr bedeutender ist.
* Calw, 12. Nov. Im Laufe der letzten Wochen wurde der Grund zu einem Werke gelegt, das mehr und mehr die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Orte auf den Höhen des Schwarzwaldes, Aichelberg mit Hühnerberg und Meistern, Oberweiler, Hornberg, Zwerenberg, Hofstett, Agenbach, Würzbach mit Nais- lach, Altburg, Spindlershof, Alzenberg, Oberried, Monakam und Unterhaugstett, die stets und im heurigen Sommer insbesondere unter ihrer Wasserarmut zu leiden hatten, entschlossen sich, dem Gedanken an eine gemeinsame Wasserleitung nach dem Vorbild der Albwaffcrversorgung näher zu treten; auch 6 Ge- meindendesO.A.Bez.Nagold: Simmersfeld, Ettmanns- weiler, Ueberberg, Altensteig Dorf, Beuren und Gaugenwald zeigen sich einem Anschluß geneigt. Des weiteren handelt es sich um den Beitritt von etwa 6 Gemeinden des Bezirks Neuenbürg und selbst jenseits der badischen Grenze soll sich neuerdings Lust zu einem Anschluß geltend machen. Alles in Allem wird die Gruppe, wenn sie in dem geplanten Umfang zu Stande kommt, etwa 35 Wohnplätze mit über 10000 Einwohnern umfassen. Die Quellen, die am Fuße des Hühnerbergs entspringen und treffliches Wasser in überreicher Menge spenden, wurden von dem Staatstechniker für das Wasserversorgungswesen, Baurat Ehemann in Stuttgart, bereits einer eingehenden Untersuchung unterworfen, ebenso die Wasserkraft der kleinen Enz, die das Wasser auf die umliegenden Höhen treiben soll. Zwei Hauptreservoire, das eine links des Flusses auf dem Aichelberg, das andere rechts auf der Höhe bei Agenbach, sollen dasselbe aufnehmen und den einzelnen Gemeinden zuleiten. Wir können dem großen Werke, dessen Beginn sich so verheißungsvoll gestaltet hat, nurGlückund fröhliches Gedekhenwünschen. (Schw.M.)
* Reutltngen, 12. Nov. Eine schauerliche, blutige That ist zwischen 12 und 1 Uhr in der vergangenen Nacht hier verübt worden. Bei Bäckermeister Bertsch, in der Nähe des Karlsplatzes, ist ein Raubmörder eingebrochen und versetzte dem im Bette liegenden Bäcker mit einem Beile fünf Streiche auf den Kopf und seiner Frau ebenfalls einen wuchtigen Beilhieb. Beide sind so schwer verletzt, daß es sehr fraglich ist, ob sie mit dem Leben davonkommen. Der Raubmörder erbrach die Geldkaffe und entwendete etwas mehr als 400 Mk. Näheres konnte bis jetzt nicht ermittelt werden, weil die schwerverletzten Eheleute fast immer bewußtlos sind.
* Reutlingen, 13. Nov. Bäckerknecht Diemer aus Neckarsulm, 19 Jahre alt, seit einigen Monaten bei Bäckermeister A. Bertsch hier im Dienst, wurde heute unter dem Verdacht, die Blutthat begangen zu haben, in Haft genommen. Derselbe wollte heute von hier abreisen. Er war im Besitz von 400 Mk., welche er unter einer Holzbeize gefunden haben will, leugnet übrigens, seinen Dtenstherrn bestohlen und diesen, sowie dessen Fra« mit dem Beil niedergeschlagen zu haben. Die Verletzten sind noch am Leben, jedoch nicht beim Bewußtsein.
* Stuttgart, 14. Nov. I. Kats. H. die Frau Herzogin Albrecht ist heute früh 4 Uhr von einem
tausenderlei Entschuldigungen für den Vetter und dachte nur an ihre einstige fröhliche Knabenfreundschaft.
Es war endlich alles bereit zur Abfahrt. Auf dem kleinen Jagdwagen fuhr der Geistliche des Dorfes, den der Baron dazu bestimmt hatte, schon voran, in des Barons Wagen Lörrach mit dem Ackerwagen, auf den man die Leiche gebettet, gleich hinter dem Geistlichen her, nur daß dessen Gefährt ihn rasch voran trug.
Als der Baron dann ganz hingenommen von dem schrecklichen Vorfall nach Hause ging, stand der alte Preuß am Wege.
Sie sprachen natürlich darüber.
„Herr Baron," sagte der Alte in seiner entschiedenen Weise, „es ist für den Mann ein Glück, daß er so weg mußte, wenn er es nicht am Ende selbst gethan hat."
„Welche Idee, Preuß! Sie müssen sich nicht von Ihrem Groll gegen Harterott beherrschen lassen. Das ist nicht recht — das ist nicht christlich," erwiderte der Gutsherr.
„Ja, Herr Baron, das mag wohl sein, aber das Christentum allemal zu üben, ist eine Kunst. Na, Gott weiß es ja am besten. Und nun ist Herr Lörrach Harterotts Erbe!"
„Wie das?" Der Baron blieb stehen.
„Er hat ja keine Kinder mit seiner Frau. In dem Testament aber war verordnet, daß, wenn Harterott ohne Leibeserben stürbe, so kriegte Herr Lörrach oder dessen Kinder alles."
„Wissen Sie das so genau, Preuß?"
Prinzen entbunden worden. Mutter und Kind befinden sich wohl. An der Freude, in welche das Königliche Haus durch die Geburt eines württem- bergischen Prinzen versetzt worden ist, nimmt das gesamte Land innigen Anteil.
* Kirchheim u. T., 14. Nov. Die hier seit 1. Dez. 1885 eingerichtete Gemeindekrankenverstcherung erhob bis jetzt als Beitrag I V 2 PCt. des ortsüblichen Taglohns. Im Dezember 1892 beschloß der Ge- metnderat, gedrängt von Arbeitern und Arbeitgebern, den bis dahin beibehaltenen Aerztezwang aufzuheben und jedem kranken Versicherten die Wahl unter den 5 hiesigen Aerzten zu lasten. Die Folgen dieses Schrittes ließen nicht lange auf sich warten. War schon unter dem Aerztezwang zweifellos mit Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe Mißbrauch getrieben, so steigerte sich jetzt dieser Mißbrauch ins Unglaubliche, indem in den ersten 9 Monaten zur Deckung der Ausgaben dem Reservefonds 3000 Mk. entnommen werden mußten. Trotz einer stattgefundenen Beiträgeerhöhung konnte das Gleichgewicht nicht hergestellt werden, und deswegen soll jetzt die Errichtung einer Orskranken- kasse in Frage kommen.
* Geislingen, 12. Nov. Der Vertreter der Geisltnger Metallwarenfabrik, M. Wicke, ist in Barcelona infolge des Attentats schwer verwundet worden und liegt dort im Spital. Man hofft, denselben am Leben zu erhalten.
». * Wangen, 10. Nov. S. M. der König haben, wie aus ganz zuverlässiger Quelle verlautet, von Bebenhausen aus dem hiesigen evang. Stadtpfarrer telegraphisch die Uebernahme der Pathenstelle bei der Taufe des erstgeborenen Sohnes huldvollst vermelden lassen; hierüber ist natürlich große Freude in das Pfarrhaus eingekehrt.
* Ettlingen (Baden), 10. Nov. Der Bau einer Bahnlinie von hier nach Pforzheim, ein seit Jahren schon bestehendes Projekt, soll nunmehr ernstlich in Angriff genommen werden. Die beteiligten Gemeinden, darunter auch verschiedene württem- bergische (Ober- und Unter-Niebelsbach, sowie Gräfen- hausen) haben bereits namhafte Beiträge zu den Vorarbeiten bewilligt, mit welchen alsbald begonnen werden soll. Man glaubt, daß die Bahn zu einem rentablen Unternehmen sich gestaltet, da sie wohlhabende Gebiete dem allgemeinen Verkehr zu erschließen bestimmt ist.
* Mainz, 10. Nov. Eine große Versammlung von Weinbauern und Weinhändlern schloß sich einstimmig dem Gesuche der Handelskammer von Mainz an, das hessische Ministerium um grundsätzliche Ablehnung der Weinsteuer in jeder Form als verderblich und verhängnisvoll für die weitesten Kreise zu ersuchen.
* Mainz, 11. Nov. Auf die Trottoirs der Straßen und öffentlichen Plätze, besonders auch vor dem großherzoglichen Palais, waren heute morgen mit roter Farbe durch Schablonen die Worte geschrieben: „Hoch lebe die Anarchie! zum 11. November 1893." Die Inschriften wurden, so gut es eben gehen wollte, durch die Polizei entfernt.
* Berlin, 13. Nov. Ueber die in der Spieler- Angelegenheit ergangene kaiserliche Kabinettsordre
schreibt die Tägliche Rundschau: Der Kaiser hat tu der soeben erlassenen Ordre lediglich befohlen, daß auf Grund der Verordnung über die Ehrengerichte vom 2. Mai 1874 gegen alle Offiziere, die auch nur im geringsten in den Spieler- und Wucherprozeß verwickelt gewesen sind, aus ehrengerichtlichem Wege eingeschritten und daß jeder Offizier «nnachsichtlich und ohne Ausnahme zur Verabschiedung etngegeben werden soll, der hierbei die Standesehre irgendwie verletzt hat. Im weiteren Verlauf der Ordre hat der Kaiser seinem Unwillen Ausdruck gegeben, daß die genannte alte und eine ähnliche, bei seinem Regierungsantritt gegebene neuere Ordre über die Notwendigkeit einer einfacher» und sparsamern Lebensweise so wenig beachtet worden ist, und hat an die Generalkommandos den Befehl erlassen, ihm diejenigen Regimentskommandeure namhaft zu machen, welche in der Befolgung dieser Ordres nicht mit der nötigen Strenge vorgegangen sind und die ihnen anvertrauten Offizierkorps nicht mit der erforderlichen Sorgfalt überwacht haben.
* Berlin, 14. Nov. Der Bundesrat genehmigte sämtliche Etats und stimmte den Gesetzentwürfen über die Feststellung des Reichshaushalts für 1894/95 und über die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichshcers und der Marine, sowie dem Handelsverträge mit Rumänien zu.
* Berlin, 14. Nov. Laut Nationalzeitung er- öffnete Admiral Avellan Verhandlungen mit Griechenland wegen einer Station für die russische Flotte. Man wird die Insel Milo oder Rio wählen.
* Mühlhausen, 10. Nov. Die hiesige Strafkammer hat in ihrer gestrigen Sitzung fünf Wähler aus Treffurt, die in einer Wahlversammlung beim Ausbringen des Hochs auf den Kaiser sitzen geblieben waren, freigesprochen. Der Gerichtshof hat nicht zu der Ansicht kommen können, daß, wenn auch einige von den Angeklagten sitzen geblieben seien, hierin eine Majestätsbeletdigung zu erblicken sei. Es sei das allerdings ein Verstoß; um eine Majestätsbeletdigung zu vollenden, müßten aber — außer dem Nichtauf- stehen — Nebenumstände, wie Aeußerungen oder Handhabungen kommen.
* Ueber Helgoländer Verhältnisse bringt ein holsteinisches Blatt folgende interessante Notiz: „Auf Helgoland fällt nicht nur das Durchschnittsalter der in einem Jahr Verstorbenen selten unter 50 Jahre, sondern auch die Dauer der Ehen scheint eine weit längere zu sein als anderswo. Seit dem 1. April 1891 haben bereits 7 Paare ihre goldene Hochzeit gefeiert, und zwar von 36. die in dem gleichen Zeitraum vor 50 Jahren hier getraut wurden. Da aus den früheren Jahren (seit Januar 1891 bis Oktober 1893 haben 11 Paare ihre goldene Hochzeit gefeiert) noch 2 Jubelpaare am Leben find, so haben dir Helgoländer jetzt deren 9 unter circa 2000 Bewohnern. Ein solcher Fall dürfte kaum anderswo Vorkommen.
Ausländisches.
* Wien, 13. Nov. Das Amtsblatt veröffentlicht ein kaiserliches Handschreiben, wodurch das Entlassungsgesuch des Gesamtministeriums Taaffe angenommen und Fürst Alfred Windischgrätz zum Mi-
„Ach, Herr Baron, ich habe über dreißig Jahre bei dem alten Herrn Harterott gedient, mein Sohn auch an die fünfzehn, da hat man seinen Sinn noch oft auf die alte Zeit gerichtet und sragt, was man nicht so erfährt. Wären wir damals noch auf der Fabrik gewesen, dann hätte der junge Harterott, der nun tot ist, die Erbschaft nie gekriegt,' das weiß ich gewiß. — Nun fällt sie doch an den Rechten — das ist sichtbar Gottes Finger."
Dann trennten sie sich. Der Baron schritt nachdenklich nach Hause, seine Tochter kam ihm aufgeregt schon entgegen. Sie hatte natürlich bereits alles erfahren.
„Und wo warst du denn, Hedwig?" fragte er, sich erinnernd, daß er die Tochter nachmittags vergeblich gesucht halte.
Er fühlte, wie ihr Arm in dem seinigen zuckte.
„Ich? O — ich war spazieren gegangen."
Er nahm die Antwort für gut hin; sie schritten schweigend weiter.
Auf einmal stand Hedwig vor ihm still: „Papa, ich will es dir doch lieber sagen!" kam es verzagt von ihren Lippen.
Es war schon dunkel — aber so dicht vor ihr stehend, erkannte er in seiner Tochter Gesicht etwas Ungewöhnliches.
„Nun, was gtebt's denn?" fragte er noch völlig arglos.
„Papa, ich war mit Herrn Lörrach auf der Füllenwiese."
„Dummes Zeug — er ist ja mit Harterott aus den Anstand gegangen."
„Ja, Papa, aber dann hat er sich weggeschlichen, j weil — weil er mit mir einen Gang nach dem Kranich- ! Holze verabredet hatte."
„Weggeschltchen?" Bei dem Worte schon packte der Baron den Arm seiner Tochter. „Verabredet?
Du verabredest Rendezvous? fuhr er sie heftig an.
„Rendezvous?" erwidert empört die Tochter.
„Ich gebe mir kein Rendezvous, das solltest du wissen!"
„Na, was ist das denn anders?"
Sie schwieg. Sie erkannte mit Schrecken, daß ! ihres Vaters Frage berechtigt war.
„Hast das öfter schon gethan?" forschte er tu immer größerem Zorn.
„Nein! — Ja! — Ich — wir —"
„Heraus mit der Sprache, Mädchen, was hast du mit dem Mann zu schaffen?" donnerte er sie au und schüttelte ihren Arm.
„So sei doch still, Papa," fing sie an zu weinen, und da er sein Kind nicht in Thränen sehen konnte, fragte er etwas sanfter zum zweiten Male.
Hedwig bekannte alles, erzählte Wort für Wort, und wie sie so viel Vergnügen an dem Verkehr mit Herrn Lörrach gefunden hätte. Es war alles so harmlos, diese Zusammenkünfte so unschuldig.
Aber der alte Herr ärgerte sich und war ein heftiger Charakter.
(Fortsetzung folgt.)