verurteilt, hatte sich tm Gefängnis erhängt. Das Reichsbankdepot Mosesmanns in Höhe von 300000 Mark ist beschlagnahmt.

* Berlin, 18. Okt. Die Voruntersuchung gegen die in Kiel verhafteten Franzosen ist so weit abge­schlossen, daß die Untersnchnngsakten schon in den nächsten Tagen der Oberreichsanwaltschaft znr wei­teren Veranlassung werden zugestellt werden können. Nach Lage der Sache erachtet man die Erhebung der Anklage für unzweifelhaft.

' Berlin, 19. Okt. Gutem Vernehmen nach ist General v. Kaltenborn-Stachau vom Amte des Kriegsministers entbunden, General Bron- sart v. Schellendorff zum Kriegsminister e r- nannt worden.

* Ein junges Brautpaar in Berlin, der Sohn eines Töpfermeisters und die Tochrer eines Kauf­manns, hat sich gemeinschaftlich im Plötzensee ertränkt, angeblich, weil durch die Militärpflicht des Mannes eine längere Trennung bevorstand.

* Greisswald, 17. Okt. Ueber ein Attentat auf das Gräfliche v. Blücher'sche Ehepaar werden folgende Einzelheiten gemeldet: Der Thäter ist gleichzeitig Jäger des Grafen gewesen und war als ein sehr sicherer Schütze bekannt. Ec stand in einem intimen Liebesverhältnis zu einem Mädchen im Schloß und um der Liebelei ein Ende zu machen, wurde die Betreffende, bet der das Verhältnis nicht ohne Fol­gen geblieben war, vom Gute entfernt. Der Jäger wollte das Verbleiben seiner Braut bewirken, erhielt aber aus diesem Grunde selbst seine Kündigung. Gestern, gegen Mittag, blickte das gräfliche Paar aus einem Fenster des Schlosses in den Park, als der Jäger aus einem Versteck im Gebüsch mit einem doppelläufigen Gewehr zuerst auf den Grafen schoß. Die Kugel drang durch die Stiry in den Kops und hatte den sofortigen Tod zur Folge. Unmittelbar darauf tras der zweite Schuß die Gräfin in den Hals. Die Verletzung ist leider so schwer, daß das Ableben der Gräfin zu erwarten steht. Schließlich machte der Attentäter durch einen Schuß aus einem Revolver in die Schläfe seinem eigenen Leben ein Ende. Er soll ein so ausgezeichneter Schütze gewesen sein, daß er einen Sperling im Fluge mit der Kugel zu töten pflegte. Graf Adolf Ludwig Leopold August v. Blücher ist am 7. Dezember 1840 zu Fincken als Sohn des am 15. Mai 1877 gestorbenen Grafen Ludwig v. B. geboren. Er war Herr auf Wietzow bei Klempenow und stand früher als Major in der preußischen Armee. Am 8. September '1865 ver­mählte er sich mit der am 11. April 1844 geborenen Tochter Marie des Herrn Ludwig v. Reetzow und dessen Gemahlin Luise geb. v. Heyden.

* Einem großen Uhrenschmuggel aus der Schweiz ist man in Mülhausen im E. auf die Spur gekommen. Dieser Tage fand der Prozeß we­gen dieses Schmuggels statt, der jahrelang von Händ­lern aus Chaux-de-Fonds durch Familien aus Mül­hausen betrieben wurde. Er endigte mit der Verur­teilung von 20 Personen, von denen die meisten ihren Wohnsitz in Chaux-de-Fonds haben, zu Geldstrafen bis zu 126,990 Mk. Diese höchste Strafe erhielt der Anstifter, der Baseler Spediteur Vellard; zwei Frauen und ein Wirt aus Mülhausen wurden zu je 121,864 M.

Kr ist der Kröe!

Roman von L. Haidheim.

(Fortsetzung.)

Frau Ella wußte es einzurichten, daß sie mit Fritz Lörrach, ohne daß jemals einer von ihnen die Vergangenheit berührte, eine Art Freundschaft schloß, die er durch seine große Zartheit und seinen Taft ihr leicht genug machte. Daß Hans nichts von ihrem einstigen flüchtigen Liebestraum wußte, bedrückte Fritz, besonders im Anfang, sehr; aber da Ella geschwie­gen, durste er nicht reden und nach und nach sagte er sich beruhigend, wenn auch mit einem gewissen Er­staunen, daß sie einander in der That so vollkommen kühl und fremd gegenüber standen wie nur je zwei Menschen. Ella liebte Hans mit all' seinen Schwächen und er war gut gegen sie.

Dagegen merkte Fritz Lörrach bald mit Unruhe, daß Ella ihn auf alle Weise mit Bettina zusammen­führte und daß sie nichts lebhafter wünschte, als ihn sich für ihre Schwester interessieren zu sehen.

Bettina selbst, von Frau Harterott sehr ver­schieden, benahm sich mit feiner, echt mädchenhafter Zurückhaltung; Fritz Lörrach bewunderte sie darum und fühlte für das reizende Mädchen eine aufrichtige Hochachtung. Aber er sagte sich auch ganz kühl, daß in ihm sich nicht eine Fiber für dasselbe regte, sein Herz keinen Schlag schneller that, und so versetzte Frau Ella ihn in die schwierige Lage, daß er täglich mit großer Vorsicht über sein Benehmen gegen Bet­tina zu wachen hatte, denn wollte er nicht Anlaß zu

verurteilt. Außerdem wurde die Einziehung der Uhren, die beschlagnahmt werden konnten und einen Wert von 14,654 M. 80 Pf- haben, ausgesprochen, sowie erkannt, daß für jene geschmuggelten Uhren, welche nicht mehr eingezogen werden konnten, ein Wertansatz von 210,654 Mk. 41 Pf. zu zahlen ist, für welchen Betrag ein Verurteilter ganz, die übrigen Verurteilten nach Maßgabe ihrer Beteiligung gesamtverbindlich haften.

* Rappoltsweiler (Essaß), 18. Okt. Die Rappoltsweiler Trambahn befördert bekanntlich auch Reichseisenbahnwagen auf sog. Schlitten. Als heute nachm, ein solcher Rsichseisenbahnwagen vom hiesigen Stadtbahnhofe abgelöst wurde, lief der Waggon gegen den herangekommenen Straßenbahnwagen und zer­trümmerte denselben. Sämtliche Passagiere und das Personal, im Ganzen etwa 12 Personen, wurden ver­letzt, darunter einige sehr schwer.

Ausländisches.

* Tarent, 18. Okt. Vom hiesigen Aufenthalt der englischen Flotte ist zu berichten: Admiral Sey- mour besichtigte, nachdem er die Besuche des Unter­präfekten und des Sindaco erwidert hatte, unter Führung des Kontreadmirals Turt das Arsenal. Lord Seymour sprach bei dem obenerwähnten Gegen­besuche dem Bürgermeister den Dank aus für den herzlichen und enthusiastischen Empfang. Die eng­lischen Offiziere werden überall mir Sympathiebe­zeugungen empfangen. Gestern abend fand abermals ein Diner und dann auf dem Mare Piccolo Serenade bei Fackelbeleuchtung Katt.

* Tarent, 18. Okt. Admiral Seymour, Ad­miral Corst und 60 englische und italienische Ma­rineoffiziere begaben sich heute vormittag nach Poli- coro zur Jagd. Admiral Seymour richtete an den englischen Botschafter Lord Vivian eine Einladung, sich anläßlich der Ankunft des englischen Geschwaders in Spezia dorthin zu begeben, indem er dem Bot­schafter den AvisoSurprise" zur Verfügung stellte.

* Nach der Bewegung für das Recht auf Arbeit taucht jetzt in der Schweiz der Plan auf, von der Verfaffungsinitiative des Volks zur Einführung des Tabakmonopols Gebrauch zu machen. Die sozialistische Arbeiterpartei verlangt nämlich eine Lösung der großen Frage der Kranken- und Unfallversicherung, die dem Staat, d. h. der Eidgenossenschaft, eine jähr­liche Ausgabe von 3035 Millionen Franken auf­erlegen würde, und schlägt das Tabakmonopol vor als das bequemste Mittel zur Beschaffung dieser Summe.

* Paris, 17. Okt. General Saussier erließ zu Ehren der russischen Gäste alle im Pariser Mili­tärgouvernement verhängten Disziplinarstrafen. -

* Paris, 18. Okt. Der Zar richtete an Präsi­dent Carnot folgendes Telegramm: »Auf Ihr liebens­würdiges Telegramm fühle ich mich gedrungen, Ihnen das Vergnügen auszudrücken, das ich darüber em­pfinde, daß unser Geschwader den Besuch erwidern konnte, den die tapferen französischen Seeleute in Kronstadt abstatteten. Alexander."

* Paris, 18. Okt. Aufsehen erregen die von russischen Journalisten ausgebrachten Toaste auf dem Bankett, welches die französischen Journalisten gaben.

dem Glauben geben, er liebe Bettina, so wollte er dieselbe noch viel weniger kränken.

Zuweilen fragte Fritz sich selbst, was an Bettina fehle und er konnte darüber nicht ins Klare kommen. Daß häufig mitten in ganz anderen Gedanken vor ihm eine schlanke, fast zu schlanke Mädchengestalt auf­tauchte, mit braunrotem, welligen Haar und braunen, treuen Rehaugen, daß er schneller ging, wenn vor ihm auf der Straße ein hellblaues Kleid auftauchte, das gestand er sich nie und hätte er's gethan, er würde sich selbst bespöttelt haben.

Dennoch durchzuckte es ihn wie ein Blitz, als eines Tages Harterott ihm mitteilte:

»Der Müller Wiebrecht hat mir sagen lassen, die Enten seien jetzt gut; wir wollen ein paar Tage nach Warmenau, wenn du Lust hast ?"

Ob er Lust hatte!

Aber sie sprachen schon öfter davon er hatte kein Gewehr. Die seinigen waren in England, fremde ihm nicht handgerecht.

Schadet gar nichts, ich gebe dir meine lange Entenflinte, sie ist ein wenig altmodisch, aber du wirst sehen, sie trifft gut und das ist am Ende die Hauptsache," überredete Hans, schon ganz jagdeifrig.

Angenommen! Und für die Rehjagü habe ich mir schon bei deinem Lieferanten das Gegenstück zu deiner Büchsflinte bestellt," erwiderte Fritz.

Willst du so viel anlegen? Sie ist teuer," fragte Harterott uno wieder einmal sah Lörrach den neidischen Zug über sein Gesicht fliegen.

Ja, sie ist mir nachher sehr nützlich; wir gehen

Der Direktor desSwet" sagte, er hoffe, daß die Allianz, welche heute besiegelt wurde, demnächst eine Abänderung der geographischen Karte Europas als Resultat haben werde. Der Direktor einer Peters­burger Zeitung sagte: »Wir haben soeben eine erste Schlacht gewonnen, ich hoffe, daß wir bald andere liefern werden." Die Pariser Presse verschweigt diese Reden.

* Parts, 18. Okt. Zu Ehren der russischen Offiziere ist die Illumination allgemein. Beim Eintreffen der Nachricht vom Tod des Herzogs Mac Mahon telegraphierte Präsident Carnot an die Witwe: Ich höre mit tiefem Bedauern, daß Frankreich soeben einen seiner ruhmvollsten Söhne in dem Augenblicke verlor, der seinem patriotischen Herzen teuer wäre. Erlauben Sie mir, meine Teilnahme an Ihrem großen Schmerze auszusprechen."

* Paris, 19. Okt. Gestern abend demonstrierten Studenten und einige Bürger mit dem Rufe: »Nach Berlin" vor dem Militärkastno, dessen Balkon mit russischen Offizieren angefüllt war. Die Polizei ver­haftete sofort die Manifestanten. Die russischen Offiziere kritisieren unmutig die kalte Reserve der offiziellen Welt, besonders Carnots und sämtlicher Minister und Würdenträger gegenüber dem begeister­ten Enthusiasmus der Volksmenge. Die Wappen der Patriotenliga wurden an der Straßburg-Statue und am Gambetta-Monument auf ministeriellen Be­fehl entfernt, um Manifestationen vorzubeugen.

* Charlerot, 14. Okt. Die Erbitterung der Arbeiter gegen die Anstifter des Ausstandes kam am Mittwoch abend in einer hier stattgefundenen Massenversammlung gewaltsam zum Ausbruch. Als der Sozialistenführer Calewaert die Mitteilung machte, daß alle Hoffnung auf Erfolg vergebens sei, brach ein Sturm der Entrüstung aus und er wurde von der Tribüne heruntergerisscn.Schlagt ihn tot!" rief es von allen Seiten und wer weiß, wie es dem Manne, den die Arbeiter noch vor acht Tagen wie einen Gott verehrten, ergangen wäre, wenn nicht ein Polizei-Offizier mit vier Polizisten sich in's Gedränge geworfen und ihn mit Mühe und Not ins Freie gebracht hätten. Auf der Straße standen mehr als 200 Bergarbeiterfrauen; als dieselben Callewaert, von Polizisten umgeben, herauskommen sahen, stürz­ten sie sich auf ihn, spieen ihm ins Gesicht, rissen ihm Büschel Haare aus und die Kleider in Fetzen, bis zwei Kompagnien Bürgergarde einschritten und den unseligen Mann zur Polizeiwache geleiteten, wo er vorläufigen Schutz fand, während auf der Straße die Menge immer mehr anschwoll und heftige Drohungen ausstieß. Noch ein paar solcher Aus­stände, und nicht nur Callewaert, sondern auch alle übrigen sozialistischen Führer der Bergleute in Bel­gien werden ihre Rolle ausgespielt haben.

* London, 17. Okt. Daily News meldet aus New-Iork vom 16. Okt.: Die Chancen für ein Ueber- einkommen in der Silberfrage sind geringer als je­mals. Cleveland und seine Anhänger im Senat er­klärten, sie seien entschlossen, nur die Aufhebung der Sherman-Akte zu acceptieren; sie würden den Kampf nicht aufgeben und wenn er ein Jahr dauern sollte.

* London, 18. Okt. In einer konservativen Versammlung zu Preston hielt Lord Salisbury eine

im Spätherbst oft an die See und schießen wilde Gänse, Möven oder dergleichen, da habe ich mir längst solch ein gutes Gewehr gewünscht," sagte er ruhig.

Eine eigentümliche freudige Unruhe überkam ihn.

Es ist die Jagdlust!" erklärte er sich dieselbe.

Ich bin froh, wieder einmal aus dem Gesell­schaftsgetriebe heraus zu kommen," argumentierte er eine halbe Stunde später, da das seltsame Frohgefühl immer lebhafter wurde.

»Und wirklich diese Geschichte mit Bettina! Frau Ella geht unverantwortlich ins Zeug," war sein dritter Grund.

Sie wollten gegen 11 Uhr morgens am andem Tage fahren.

Als Lörrach in bester Laune in das Frühstücks­zimmer herab kam, fand er Frau Ella, blaß und nervös aussehend, allein.

»Die Arbeiter haben eine Deputation geschickt, Hans ist mit ihnen in seinem Zimmer; hören Sie nur, wie heftig er spricht."

In der That drang Harterotts Stimme laut und schrill bis zu ihnen.

Fritz erschrack.Ich wollte, er thäte das nicht! In England würde das kein Fabrikherr thun! Diese Art, mit den Leuten zu reden, demütigt sie, Hans sollte das vermeiden!"

»Das sehe ich nicht ein! Diese Leute find un­verschämt," sagte sie ebenso heftig.

Die Arbeiter sind Menschen, mühselig ringende Menschen; ihr gutes Recht ist, sich auf gesetzlich,.« Wege die Last des Lebens zu erleichtern, sie können