Nagold, die Anwesenden auf, durch Erheben von den Sitzen dem Vorstand Hrn. Bihler für die rege Tätigkeit, mit welcher er die Interessen des Obstbauvereins jederzeit vertrete, den Dank darzubringen, was bereitwilligst geschah.
§ Bern eck, 14. Okt. An einer Kammerz am Hause des Franz Großh ans hier befinden sich über 300 schöne, vollständig ausgereifte Trauben. Dem Freiherrlich v. Gültlingen'schen Rentamtmann wurden aus dem gutsherrlichen Garten dieser Tage 4 Aepfel gebracht, die zusammen 1 Kilo 40 Gramm wogen, der größte 280, der kleinste 230 Gramm. Soll mir wieder einer kommen und fingen: „Schlehen im Oberland, Trauben im Unterland!"
* Die von den Beamten der staatlichen Brandkafse besorgte Abschätzung der in Nagold abgebrannten Gebäude ist nun zu Ende. Die Gesamtschadensumme an Gebäuden beträgt 167000 Mk.
* Stuttgart, 12. Okt. Um zu erkunden, in wie weit die privaten Feuerverstcherungsgeftllschaften bereit wären, zur Leistung freiwilliger Beiträge an den Kosten des örtlichen Feuerlöschwesens, veranstaltete man in Stuttgart eine Enquete, die ergeben hat, daß sämtliche Gesellschaften mit Ausnahme von zwei, die noch nicht geantwortet, absolut sich freiwillig nicht zu irgend einer Leistung herbeilassen wollen. Unter diesen Umständen beschloß der Bürger- ausfchuß einstimmig die vom Stuttgarter Gemetnde- rat im Sinne sämtlicher größerer Städte des Landes an die Kgl. Regierung gerichtete Petition um Einbringung eines Gesetzentwurfs, welcher die Versicherungsgesellschaften zur Zahlung von Beiträgen zwingt, zu unterstützen.
* (Verschiedenes.) Einem Schafknechte in Marbach ist seine ganze Ersparnis von 300 Mk. gestohlen worden. — In letzter Zeit find in einer Mühle in Oberschwaben sämtliche Mahlknechte erkrankt. Der Distriktsarzt konstatierte Bleivergiftung, welche dadurch verursacht wurde, daß die Knechte Most tranken, der durch eine bleierne Röhrenleitung in den Keller geleitet worden war. — In Obermittelried (Leutkirch) schoß ein Bauer in der Aufregung 3 RevolversHüffe auf seinen Knecht ab. Eine Kugel drang in den Hals. Der Getroffene wurde in das Spital gebracht und der Thäter hat sich dem Gericht freiwillig gestellt. — Gegenwärtig wird in Horb neuer Horber Wein geschenkt. Bisher galt Rottenburg als äußerste Grenze des Weinbaus im Neckarthal. — Im Kapuzinergäßchen in Rottenburg find 2 Wohngebäude abgebrannt. — Das Spielen mit Schießpulver hatte in Plattenhardt einen schweren Unglücksfall zur Folge. 4 Kinder des Schultheißen und des Kronenwirts hatten sich in den Besitz von 3 Päckchen Pulver gebracht und wollten damit einen sog. Feuerteufel machen. Beim Nachschütten von Pulver explodierte das Päckchen in der Hand des einen und ein zweites Päckchen, in der Tasche des andern, so daß die Kleider beider Kinder, des 13jähr. Knaben und eines lOjähr. Mädchens des Kronenwirts lichterloh brannten und die beiden schwer verletzt wurden. Beide werden dauernd verunstaltet bleiben. Den Krämer trifft schwere Verantwortung, welcher an die Kinder in gesetzwidriger Weise Pulver verkaufte. —
Kr ist der Kröe!
Roman von L. Haidheim.
(Fortsetzung.)
Die so liebenswürdig Gelobte dankte errötend; man plauderte ein wenig hin und her, Frau Ella lud in gastlicher Weise den Baron und seine Tochter ein, an ihrem kleinen Diner teilzunehmen, was diese aber dankend ablehnten, da der Pastor des Dorfes ihr Gast sein werde.
Das Ende der lebhaft gewechselten freundlichen Reden war, daß der Baron sich von den Nachbarn versprechen ließ, zeitig ihren Nachmittagskaffee auf Gasberg zu trinken.
Dann gingen Vater und Tochter; das Ehepaar und Bettina blieben sehr angenehm berührt von der Begegnung zurück, nur Lörrach fühlte sich unbehaglich; es kam ihm vor, als habe man ihn mehr als nötig übersehen.
Die junge Baronesse hatte ihm in ihrer beinahe gesuchten Einfachheit besser gefallen als seit langer Zeit ein Mädchen; das einfache hellblaue Kattunkleid, der schlichte Schifferstrohhut mit einem dunkelblauen Band umwunden, das war, was er liebte; — aber freilich, es mußte dies einfache Kostüm so vornehm und anmutig getragen werden, wie sie es that.
Ihr rotbraunes Haar war anscheinend ebenso schmucklos frisiert, ihre Züge fein, dir blauen Augen groß und treuherzig, der Teint blütenzart; bei alledem war sie nicht, was man ein schönes Mäd-
Jn Weinsberg hat sich der Weingärtner M. in seiner Scheuer erhängt.
* Der ehemalige Predigtamtskandidat und jetzige sozialdemokratische Agitator Th. v. Wächter aus Stuttgart bereist gegenwärtig Kurhessen und hält in den größeren Städten, Hanau, Kassel u. a., in sozialdemokratischen Volksversammlungen Vorträge, in denen er „die sittliche Berechtigung der sozialdemokratischen Bestrebungen" erörtert und ferner nachzuweisen sucht, daß recht wohl ein Sozialdemokrat ein guter Christ sein könne. Er erklärt es für den größten taktischen Fehler der Sozialdemokratie, daß dieselbe bis jetzt einen großen Teil ihrer Agitations- kraft auf den Kampf gegen Religion und Kirche verwandt hat. Wegen seiner versöhnlichen Stellung zum Christentum hält sich v. Wächter für die allein geeignete Person, einen sozialdemokratischen deutschen Bauernverein ins Leben zu rufen, was er in aller Kürze auszuführen gedenkt.
* Berlin, 12. Okt. Es ist nicht daran zu denken, daß die Ausführungsbesttmmungen für die Sonntagsruhe der Gewerbetreibenden mit Beginn des neuen Jahres, wie ursprünglich beabsichtigt war, in Kraft treten. Die Verhandlungen darüber sind noch lange nicht beendet, und als zeitigsten Termin des Inkrafttretens bezeichnet man jetzt das nächste Frühjahr.
* Ueber die ^berühmte soztaldemokrat. G e - nossenschaftsbäckeret in Berlin finden wir in einem Berliner Blatt folgende kurze, aber vielsagende Notiz: Der Geschäftsbetrieb der sozialdemokratischen Genossenschaftsbäckerei scheint zurückgegangen zu sein, denn der Äorstand derselben hat sich veranlaßt gesehen, die Filialgeschäfte eingehen zu lassen. Die Geschichte dieses Versuches, die sozialdemokratischen Ideen zu verwirklichen, ist überhaupt sehr interessant. Schon bald nach der Gründung der Genossenschaft trat die größte Unordnung in der Verwaltung ein. In einer Versammlung erklärte der Bäcker Kretschmer, daß die von der Genossenschaft beschäftigten Arbeiter unter sich einen Ausschuß zur Schlichtung der Lohnstreiligkeiten gewählt hätten, der aber von der Geschäftsleitung wenig beachtet worden sei. Wenn ein Arbeiter eine eigene Meinung habe, werde er gemaßregelt. Ein „Genosse" erklärte das gelieferte Brot für „Schweinefutter", und ein anderer verlangte, daß die Genossenschaft die Arbeiter nicht in so schroffer Weise behandeln und ausbeuten dürfe. Der Brotverkäufer Möller teilte mit, „die Kundschaft habe ihm dieses Brot vor die Beine geschmissen." Trotz des schlechten Geschäftsganges erhielt der Buchhalter Littmann ein Jahresgehalt von 3000 Mk., der Geschäftsführer Scholz bekam wöchentlich 48 Mk. Der Kassier „Genosse" Lazarus ließ sich von dem Wein- Händler Lachmann durch ein „Geldgeschenk" von 500 Mk. bestechen. Nur noch durch die strengsten Kontroll- maßregeln, durch die der Geschäftsgang nicht sonderlich erleichtert wird, versucht man die ganze Wirtschaft über Wasser zu halten. Daß jetzt auch die Filialen eingehen müssen, zeigt, wie sehr es mit der Geschichte bergab geht.
* Bonn, 13. Okt. Der „Generalanzeiger" meldet: Der nachts 1 Uhr 22 Min. von Köln hier eintreffende Personenzug überfuhr bei dem Bahnübergang in
chen nannte, kaum hübsch, aber außerordentlich anziehend.
Deshalb, weil sie ihm so sehr gefiel, ärgerte ihn auch die Thatsache so bitter, daß man ihn anscheinend ganz und gar übersehen hatte; denn daß der Baron ihn flüchtig gefragt, er sei wohl ganz fremd in der Gegend und, als er verneint, hinzugesetzt hatte, er habe ihn für einen Ausländer gehalten, das war doch sehr wenig, unter Umständen ein zweifelhaftes Kompliment.
Sie setzten sich zu Tische, ohne daß er sich seinen heimlichen Aerger merken ließ. Hans und Ella waren sehr animiert, der „Umgang" mit dem Baron von Jhlefleth und seiner Tochter schmeichelte ihnen; Fräulein Bettina, zu elegant gekleidet für einen Sommerausflug, sprach nur von dem blauen Kattunkleide und fand es zu einfach.
„Man merkt die Absicht," sagte sie, nahm sich aber im stillen vor, die Baronesse zu kopieren.
Hans hatte gestern eine Andeutung gemacht, als habe er dem Baron Geld geliehen. Er wiederholte dieselbe heute und meinte, Jhlefleth hätte alle Ursache, sparsam zu sein, das Gut sei Majorat und der Besitzer in der mißlichen Lage, noch immer an den Schulden aus seiner flotten Jugendzeit zu würgen. Wenn er stürbe, so sei Baronesse Hedwig auf die Einnahme aus ihrem Stiftsplatz angewiesen, falls sie nicht eine gute Partie mache.
Die Mahlzeit war vortrefflich, die Laune die beste; aber sie trübte sich einigermaßen, als Fritz
Brühl ein Fuhrwerk. Von den Insassen sind drei getötet, Zwei verwundet. Die Verwundeten wurden in die hiesige Klinik überführt.
* Von der Lahn, 9. Okt. Von dem Zugpersonal der Bahnstrecke Deutz Gießen war wiederholt auf der Station Dillenburg gemeldet worden, daß ein Mann überfahren worden sei, ohne daß man je den Körper des vermutlich Äerunglückten gesunden hätte. Als nun kürzlich der Führer einer einzeln daherkommenden Lokomotive wiederum einen Körper auf dem Bahngeleise bemerkte, brachte er die Maschine zum Stehen; es gelang ihm in Gemeinschaft mit dem Heizer in dem vermeintlichen Selbstmordkandidaten einen Dillenburger Arbeiter zu ermitteln, der aus sträflichem Uebermut nach seiner eigenen Aussage schon acht Bahnzüge über sich hatte dahtnbrausen lassen.
* Hamburg. Eine Probesendung von 50,000 Pfund austraulischem Fleisch kam in dieser Woche im hiesigen Hafen an. Das Fletsch war in Fässern verpackt, in gefrorenem Zustande und hatte sich trotz der weiten Reise gut erhalten. Es wurde vorläufig im Kühlhause des Schlachthauses untergebracht. Wenn sich die Sendung als gewinnbringend erweist, soll regelmäßige Einfuhr stattfinden.
*JnGra«denz kam es bei der Wahl des Kirchenvorstandes der katholischen Pfarrgemeinde nach dem „Geselligen" zu wüsten Auftritten. Die Polen hinderten die deutschen Wähler, an den Wahlttsch heranzutreten. Es fielen Schimpforte und Rufe wie „Wenn Ihr nicht polnisch sprechen könnt, so bellt polnisch!" „Die deutschen Hunde müssen totgeschlagen werden!" u. dergl. Da über 100 Deutsche den Saal verließen, so siegten die Polen mit 186 Stimmen über die Deutschen, welche es nur auf 36 brachten. Bei der Verkündigung des Wahlergebnisses brachen die Polen in ein Jubelgeschrei aus und riefen: „Es lebe Polen!" Vor der Wahl waren die polnischen Agitatoren auf den Dörfern umhergezogen und hatten die Wähler mit der gänzlich falschen Angabe aufgereizt, der erste Geistliche der Gemeinde, der deutsche Dekan Kunert wolle ihnen ihre Nationalsprache rauben. Die Folge dieses Vorganges ist Me, daß nunmehr der ganze katholische Kirchenvorstand der deutschen Stadt Graudenz, in der die Polen eine ganz verschwindende Minderheit bilden, bis auf einen Einzigen aus Polen besteht. „Es ist leider, so sagt das genannte Blatt, nicht zu leugnen, daß die Deutschen selbst durch ihre Lauheit hieran mit schuld sind. Möchten sie sich endlich ausraffen, um der bodenlosen Anmaßung und Rohheit der polnischen Wähler ein Ende zu machen."
Ausländisches.
* Das „Tageblatt" meldet aus Rom: Der Lnftschiffer Charbonnet, welcher im Ballon seine Hochzeitsreise unternommen hat, stürzte infolge Platzens des Ballons aus bedeutender Höhe mit seiner Frau und seinem Freunde ab. Charbonnet ist tot, der Freund und die Frau sind schwer verwundet.
* Toulon, 13. Okt. Das russische Geschwader passierte die Einfahrt in den Hafen um IIV 4 Uhr und wechselte Salutschüsse mit den französischen Schiffen und Hafenbatterien. Sodann defttirte das Geschwader zwischen den französischen Schiffen, um seinen Platz im Hafen etnzunehmen. Die französischen
plötzlich erklärte, er werde nicht mit nach dem Schlosse gehen, sondern die Gegend durchstreifen.
Der lebhafte Widerspruch, den seine drei Gefährten erhoben, richtete nichts bei ihm aus; das einzige, was er als Grund für seine Weigerung angab, war, daß er sich, völlig fremd bei den fremden Leuten, unbehaglich fühlen würde.
„Seht es doch nur ein, ich kenne ihre Verhältnisse nicht, sie sind nicht die weinigen; für euch haben Vater und Tochter ein begreifliches Interesse, für mich nicht," sagte er, als sie sich darin ergeben hatten, ihn seine eigenen Wege gehen zu lassen.
So schritt er denn, etwas später als die drei sich nach dem Schlosse auf den Weg machten, allein durch den Wald auf die Berge.
Die kleine Gereiztheit war längst verflogen. DaS Bild Hedwigs v. Jhlefleth blieb wohl in ihm haften wie etwas, was seine Sympathie erregt hatte, aber im Grunde dachte er nicht weiter an sie, sondern freute sich des einsamen Manderns wie seit langer Zeit nicht.
Die Heimatsfreude wuchs wieder stark in ihm empor; es war doch ein schönes, gesegnetes Land, sein kleines enges Vaterländchen, und so eigenartig, so ganz besonders in Sitte und Menschenschlag, Bauart und Kleidung, so grün in seiner Waldespracht, daß er sich mit innerlicher Erhebung sagte: „So ist eS nirgends sonst! Gott segne dich, mein Heimatland!"
Die Sonne senkte sich stark nach Westen, als er einigermaßen ermüdet von der steilen Bergwand herabkletternd im Thale anlangte.