Seeleute in den Raaen riefen:Es lebe Rußland", die russischen Seeleute antworteten:Es lebe Frank­reich!" und die Musikkapellen spielten die russische Hymne.

* Toulon, 13. Oktbr. Bei dem Empfang Avellau aus der Seepräfektur sagte der Marine­minister Rieunter: In dem Augenblicke, wo Sie den Fuß auf französischen Boden setzen, empfinde ich tief die Ehre, Sie Namens der Regierung empfangen zu dürfen. Die denkwürdige Erinnerung an 1891 ist in unser aller Herzen gegenwärtig. Kronstadt und Toulon sind hinfort Gedenktage, die von der Sym­pathie Frankreichs und Rußlands Zeugnis oblegen. Als aufrichtige Freunde werden Sie überall begrüßt werden. Namens des Präsidenten der Republik, Namens der Regierung und des ganzen Landes be­willkommne ich Sie, Herr Admiral, und Sie alle, die Sie hier sind als Vertreter Ihres großen edlen Volkes. Avellan erwiderte, er könne nicht Worte finden, die genügten, für die Worte des Ministers zu danken. Nicht allein das russische Geschwader, sondern ganz Rußland fühle sich von der Herzlichkeit des Empfangs berührt. Als die russischen Offi­ziere das Stadthaus besuchten, empfing der Bürger­meister den Admiral Avellan mit folgender Ansprache: Alle französischen Herzen schlagen Ihnen einmütig entgegen. Die enthusiastischen Hochrufe des ganzen Frankreich werden Ihnen beweisen, wie tief die Freundschaft der Franzosen für die Russen ist. Tou­lon ist stolz darauf, für diesen Besuch auserwählt zu sein, der die Freundschaft zweier großen Nationen besiegelt.

* Toulon, 13. Okt. Der Marineminister Ad­miral Rieunter veranstaltete zu Ehren der russischen Gäste in der Seepräfektur ein Essen, wobei er den Toast aus den Zaren mit folgenden Worten aus- brachte:Ich erhebe mein Glas zu Ehren des Kai­sers Alexander, dessen Name die Loyalität und die Macht bedeutet und den Augen der Welt als Sym­bol des Friedens erscheint. Mit dem gleichen Ge­fühle tiefsten Respekts schließe ich in diese Huldigung die kaiserliche Familie ein, welche für uns unzer­trennlich mit den Wünschen verbunden ist, die wir an das erlauchte geheiligte Haupt des kaiserlichen Hauses richten." Nach dem Hoch spielte die Tafel­musik die russische Hymne. Rieunier erhob sich als­dann zu einem zweiten Toast:Ich erhebe mein Glas auf die russische Armee und Marine, auf die ruhmreichen Erinnerungen, die auf allen Blättern ihrer Geschichte eingetragen sind, auf die Waffen­brüderschaft, die, hervorgegangen aus gegenseitiger Achtung und Sympathie, unsere beiden tapferen Nationen verbindet und allzeit verbinden soll. Die russische Marine und die russische Armee leben hoch!"

* Toulon, 14. Oktbr. In Beantwortung des Toastes auf den Zaren führte Admiral Avellan aus: Als ich heute früh in die Rhede von Toulon, die Schiffe des Geschwaders betrachtend, einfuhr, begriff ich die Stärke der Seemacht Frankreichs; ich zweifle nicht, daß seine Armee ebenso mächtig ist. Mit Stolz erfüllte mich die Wahl des Zaren, daß ich den Besuch von Kronstadt erwidern sollte. Ich bin glück­lich, mich einen Freund Frankreichs zu nennen, und trinke auf die französische Marine, auf das Heer und

ganz Frankreich. Die Worte wurden mit Bravo­rufen ausgenommen.

* Pariser Händler verkauften Fahnen mit der Inschrift: Es lebe Elsaß-Lothringen! Der Polizei­präfekt untersagte den Verkauf. Die Regierung kündigt an, daß kein Emblem, das auf 1870 an- spiele, geduldet werde. In Toulon sind bis jetzt 20,000 Personen angekommen. Gestern abend fand großer Zudrang der Bevölkerung zur Probe-Illu­mination statt. Zahlreiche Italiener wurden dabei bemerkt.

* General Brialmont, der 72jährige Abgeordnete der Stadt Brüssel, hat während der Parlaments- ferien den vollständigen Plan einer belgischen Heeres­reform ausgearbeitet, den er in der bevorstehenden Kammersession in Form eines Gesetzentwurfs einzu­bringen beabsichtigt. Damit Belgien im Stande sei, seine Neutralität wirksam zu verteidigen, müsse es seine Armee auf 246,000 Mann erhöhen, von denen 80,000 zur Verteidigung der Maasbefestigungen, 15,000 zur Verteidigung Antwerpens, 116,000 für die Feldarmee und 35,000 Mann für die Aushebungs­reserve erforderlich seien. Das Stellvertretungssystem müsse rin- für allemal abgeschafft, die Losziehung aber beibehalten werden; die überzähligen diensttaug­lichen Leute, die durch Ausloosung vom Militärdienst befreit werden, müssen dafür sofort in die Bürger­garde etntreten. Die Bürgergarde, die ohne Ver­fassungsänderung nicht abgeschafft werden kann, be­absichtigt General Brialmont in eine Art von Land­wehr umzugestalten. Sie soll in eine aktive und in eine nichtaktive Bürgergarde zerfallen; aktiv in den Gemeinden von mehr als 5000 Einwohnern, nicht- aktiv in allen übrigen Gemeinden. Die nichtaktive Bürgergarde ist bestimmt, die im Kriege in der Aus­hebungsreserve entstehende Lücken auszufüllen. Die Mannschaften der nichtaktiven Bürgergarde müssen außerdem eine jährliche Wehrsteuer von 10100 Francs, je nach den Vermögensverhältnissen des ein­zelnen, bezahlen. Dieser Brialmont'sche Reformplan soll nur eine ganz geringe Mehrbelastung des Mili­tärbudgets zur Folge haben.

* London, 13. Okt. 52,000 Grubenarbeiter nahmen die Arbeit zu den alten Lohnsätzen wieder auf.

- London, 14. Okt. Aus New-Aork wird ge­meldet: Ein schweres Eisenbahnunglück fand bei Jacksow (Mississippi) statt. Zwei völlig besetzte Ver­gnügungszüge der Michigan Central Railway stießen infolge falscher Weichenstellung zusammen, zehn Wag­gons stürzten einen hohen Abhang hinab. Infolge der Explosion der Maschine gerieten die Trümmer in Brand. Die Zahl der bisher festgestellten Toten be­trägt 21, die der Verwundeten 60.

* Kopenhagen, 12. Okt. Der Zar wird mor­gen die hier ankernden französischen Kriegsschiffe be­suchen. Es werden große Demonstrationen vorbereitet.

" St. Louis, 26. Sept. Einer imAnz. d. W." veröffentlichen Aufstellung gemäß sind im ver­gangenen Jahre im ganzen Gebiet der Ver. Staaten 236 Personen der Lynchjustiz zum Opfer gefallen, davon 200 in den südlichen Staaten. Von diesen 200 waren 160 Neger. In diesem Jahre find bis jetzt 142 Personen gelyncht worden, wovon 120 im Süden, unter diesen 110 Neger. Im gegenwärtigen

Monat sind bisher bereits 25 Personen gelyncht, alle­samt tm Süden, und 24 derselben waren Neger.

* (Ein Schnitt in den Magen für 5000 Dollars.) Durch ein Inserat in einer Nerv- Dorker Zeitung wurde wie derNewyork Herald" be­richtet, jüngst ein Mann verlangt, welcher gegen eine Vergütung von 5000 Dollars Willens sek, sich einer Operation zu unterziehen, die vielleicht den Tod ver­ursachen kann." Dies menschliche Versuchsobjekt wird von zwei Aerzten in Guayaquil, Ecuador, ver­langt, welche die Absicht haben, dem Betreffenden ein Loch in den Magen zu schneiden und in die Oeff- nung ein Glas zu setzen, um auf diese Weise die Thätigkeit des Magens zu beobachten. Auf das von Prof. Edwin I. Osbalderston in New-Aork aufge- gebeae Inserat hatten sich bet diesem 142 Personen, lauter arbeitslose Menschen, gemeldet, die sich der Operation unterziehen wollten. DerGlückliche", der angenommen wurde, war ein junger Faustkämpfer, der bereits zu den Schlächtern Pardon, Aerzten in Guayaquil abgereist ist. Unter den Bewerbern befand sich auch ein Deutscher.

Haudel nrrd Berkehr.

* (Obstpreise.) Nagold, 12. Oktbr. Die Obstpreise gehen bedeutend herunter: Mostbirnen 1 Mk. 50 Pfg. bis 2 Mk., Bratbirnen 2 Mk. 50 Pfg., Aepfel 2 Mk. bis 2 Mk. 50 Pfg; Birnen sind noch viele zu haben. Stuttgart, 12. Okt. Güter­bahnhof. Zufuhr 44 Waggons Mostobst (1 württ., 19 Hess., 21 schweiz., 8 österr.) Preis per Waggon 440520 Mk., per Zentner 2 Mk. 40 Pfg. bis 2 Mk. 90 Pfg. Stuttgart, 13. Okt. Güter­bahnhof. Zufuhr 46 Waggons Mostobst (4 Württ., 9 bayer., 21 Hess., 7 schweiz., 5 österr.). Preis per Waggon 440 bis 520 Mk., per Ztr. 2 Mk. 40 Pf. bis 2 Mk. 70 Pfg. Wilhelmsplatz. Zu­fuhr 8000 Ztr. württ. Mostobst. Preis per Zentner 3 Mk. bis 3 Mk. 30 Pfg.

'(Hopfenpreise.) Nagold, 12. Okt. 200 Mk., 210 Mk., einige bessere Reste 220240 Mk.; noch verschiedene Partien feil.

* Ebingen, 12. Okt. Die Zufuhr zum heuti­gen Viehmarkt war eine sehr starke, auch Händler waren sehr viele erschienen, so daß sich bei verbesser­ten Preisen ein flottes Geschäft entwickelte. Für Ochsen wurden 500800 Mk. per Paar bezahlt, für junge nähige Kühe 2300 Mk., für dto. ältere 120180 Mk. Junge Zugkühe galten 120140 Mk., trächtige Kalbeln 150260 Mk., zweijährige Rinder 120-150 Mk. Jährlinge 70100 Mk., Halbjährltnge 4070 Mk. Fettes Vieh, das sehr gesucht war, wurde nur wenig aufgeführt. Im ganzen waren ca. 800 Stück aufgeführt. Am Schweine­markt wurden für Milchschweine 1632 Mk. bezahlt, vorhanden waren 69 Stück.

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Im ersten Augenblick vermochte er sich nicht gleich zu orientieren; aber da war im Felde eine große Schafherde, weiterhin stand unter grünen Bäu­men ein kleiner Meierhof das war ja das Vor­werk Gasberg, war das nicht der alte Preuß selbst?

Lörrach pfiff in einer besonderen Art. Der alte Mann horchte auf, sah sich um und pfiff, da er nie­mand erblickte, in derselben Weise.

Jetzt tauchte der ermüdete Wanderer aus dem Gebüsch auf und pfiff noch einmal.

Der Alle sah ihn, riß den Hut ab und schwenkte ihn, fuhr mit den Armen telegraphierend in der Luft umher und kam, so eilig er konnte, Lörrach entgegen.

Endlich erreichten sie sich unter lautem Hurra des Alten.

Da ist er! Ich wußte es schon! Aberdaß du Sie gleich kämen, Herr Lörrach"

Und er reichte in großer Freude Fritz die schwie­ligen Hände entgegen.

MWas fällt dir ein, Großvater, zwischen uns blerbt's doch wohl beim alten. Und laß dich erst mal grüßen. Wie gut du aussiehst, ganz wie sonst, kein weißes Haar mehr bekommen!"

Der Alte lachte glücklich.Nee, wie ich mich freue, daß man dich doch 'mal wiedersieht. Soll ich denn wirklich noch Fritz sagen? Es schickt sich eigent­lich aber doch gar nicht! Früher na, da konntest du mich ja Großvater nennen, aber so ein seiner Herr hat doch nicht einen alten Schäfer zum Groß- water."

Während der alte Preuß aber so protestierte,

hielt er Lörrachs Hand fest in seinen beiden und sah ihn mit glücklichem, stolzen Lächeln an.

Und kein weißes Haar mehr, sagt er, der Aller­weltsjunge! Mehr soll ich wohl nicht kriegen, eher weniger. Aber wo kommst du denn her, Fritz? Nun geh' gleich mit zu Muttern. Wird die sich wundem!"

Fritz schritt neben dem Alten her, nach allem fragend, was ihm von früher lieb und vertraut war.

Er war froh.

Erkanntest du gleich unfern alten Pfiff, Groß­vater Preuß?" fragte er dann.

Gleich erkannt' ich ihn; aber freilich, ich wußte ja von Willy, daß du da warst. Willy ist eben wie­der fortgegangen, der hat uns alles von dir erzählt und von gestern mit seinem Herrn"

Er ist ein fixer Bursch geworden. Machte mir einen guten Eindruck" sagte Fritz, da er die düstere Wolke des Aergecs auf des Alten Gesicht sah. Sicher hatte Willy die Szene von gestern erzählt.

Ein fixer Bursch und ein so guter, braver Junge! Und ärgert sich nun halb tot, daß du ge­hört hast, wie der Prinzipal ihn abkanzelte. Und um nichts! Bloß weil er auf Willy einen Spahn hat, seit"

Der Alte schwieg, sah Lörrach von der Seite an und machte sein vielsagendes Gesicht. Fritz kannte das von früher auch noch.

Seit ? Hat der Jnnge etwas versehen?"

Versehen? Der Willy? Nichts, rein gar nichts! Im Kontor nennen sie ihn schon den Prügelknaben,

weil Harterott allen Aerger an ihm ausläßt; es ist eine Schande."

Nun aber Harterott wird nicht ungerecht sein: der Willy hat einen trotzigen Sinn, das Hab' ich gesehen."

Als wenn einem da der Trotz nicht kommen soll! Der Junge hat die Prima durch, ist fleißig wie eine Biene und in seinen Arbeiten kann er ihm nie etwas anhaben."

Ja, was liegt denn aber vor, Vater Preuß? Du thust Harterott in deiner Liebe zu dem Enkel doch wohl zu viel?"

Gar nichts thue ich! Wir müssen ganz still halten, bis Willy ausgelernt hat. Aber so viel weiß ich, hätte ich Harterott das Geld nicht abge­schlagen"

Welches Geld?"

Mein Geld, meine siebentausend Thaler, dir ich mir verdient und Zins auf Zins zusammengespart habe! Die wollt' er von mir leihen; es war vor einem halben Jahr. Ich bitte dich, Fritz, leihen! Eben hatte er die große Erbschaft gemacht, wobei er und sein Vater dich betrogen und beerbschleichert haben! O, man hört so allerlei! Man ist nicht so dumm!"

Harterott wollte Geld von dir leihen?" fragte Lörrach ganz verblüfft und ungläubig.

(Fortsetzung folgt.)

Auslösung des Rätsels in Nro. 121: Mais. Siam.