Kamine im Ort auszubrenneu waren, dort zu über­nachten genötigt waren; hiefür find ihnen nun in der Regel 2 weitere Stunden eingeräumt. Dem be­rechtigten Verlangen, daß das Geschäft bei guter Tagesbeleuchtung und so zeitig vorgenommen werde, daß etwa entstehende Brände vor Einbruch der Nacht entdeckt bezw. gelöscht werden können, ist mit der er­weiterten Befugnis der Kaminfeger immer noch Rech­nung getragen.

* Ebh ausen, 9. Okt. Unsere Bahnhoffrage läßt die Gemüter nicht zur Ruhe kommen und nicht blos hier, sondern auch in den interessierten Nach­bargemeinden Ebershardt, Warth, Wenden, Minders­bach rc besteht der lebhafte Wunsch, daß endlich das Provisorium verschwinden und ein dem Verkehrsbe­dürfnis entsprechender Bahnhof gebaut werden sollte. Um diesem allgemeinen Wunsche wiederholten Aus­druck zu verleihen, hat sich nun in letzter Zeit eine Kommission zur K. Generaldirektion der Staatseisen­bahnen begeben und eine diesbezügliche Bitte vorge­tragen. Der Erfolg war diesmal ein besserer, indem der Kommission in Aussicht gestellt wurde, daß das Projekt in naher Zeit zur Ausführung kommen könne. Die Nachricht wurde hier mit Genugthuung begrüßt und wenn der Bau bald zur Ausführung käme, dann würde an Stelle der Verstimmtheit über die von vielen behauptete stiefmütterliche Zurücksetzung, ein Gefühl allgemeiner großer Freude treten.

* Aus dem Uracher Amte wird geschrieben:Wie fast im ganzen Lande herrscht auch bei uns und na­mentlich auf der nahen Alb große Futternot. Manches Bäuerlein ist genötigt, seinen Viehstand auf die Hälfte und noch weiter zu reduzieren. Es wurde daher vor einiger Zeit mit Freuden begrüßt, als von der Kgl. Gestütsverwaltung St. Johann der Ertrag von 50 Morgen an Futterwicken zum Verkauf ausgeschrieben wurde und mancher Bauer freute sich schon im stillen, daß es ihm jetzt vielleicht, wenn auch mit großen Kosten möglich sei, ein Stück Vieh mehr durch den Winter zu bringen. Aber schätzen kann fehlen! Als beim Verkauf des Futters der Anschlag von 80 Mk. nicht erzielt, sondern nur 6070 Mk. pro Morgen geboten wurde, da lies die Gutsverwalung einfach den ganzen Ertrag der 50 Morgen mit den bis zu drei Fuß hohen Wicken unterackern und so das wert­volle, von manchen Bauern so heiß begehrte Futter als Dünger benützen.* Hiezu bemerkt dieWürtt. Volksztg.":Ob diese Geschichte wahr ist oder nicht müssen wir dem Berichterstatter überlassen. Wenn sie aber wahr ist, so würden wir sie für eine sozial durchaus verfehlte Handlung der betreffenden Ver­waltung halten. Es kann nicht in Betracht kommen, ob der Wert der Wicken als Dünger ein größerer war, als wenn sie zu dem Preise von 70 Mk. pro Morgen verkauft worden wären; es kann auch das nicht in Betracht kommen, daß das Unterpflügen von Wicken oder ähnlichen Gewächsen technisch betrachtet eine durchaus richtige Maßregel ist, sondern in Be­tracht kommt lediglich die Thatsache, daß im heurigen Jahrgange ein außerordentlicher Futtermangel herrscht, daß ein solidarisches Interesse auf seiten der Land­wirtschaft besteht, daß dieselbe diesen Notstand mög­lichst gut überdaure. Der einzelne darf nicht denken, wenn nur ich über den Graben komme, mögen die

andern ruhig hineinfallen. Insbesondere für den Staat besteht die soziale Aufgabe, diesem Notstand mit allen geeigneten Mitteln entgegenzutreten. Dieser Aufgabe wird man nicht gerecht, wenn man eine be­trächtliche Futtermenge zuerst ausschreibt und dann wegen eines kaum in Betracht kommenden Minder­erlöses in einer Weise verwendet, welche zwar an sich technisch gerechtfertigt, aber der besonderen Notstands­aufgabe gegenüber unbegreiflich ist.*

* Urach. Nach Angabe desErmsthalboten" soll auf der Honau-Münstnger-Bahn Dienstag mor­gens während der Bergfahrt auf der Zahnradbahn­strecke der Zug ins Stocken und auf einen Kilometer thalabwärts statt hinauf in Bewegung geraden sein. Der vollbesetzte Zug, der viele Passagiere zum Engstinzer Markt hatte, habe sich, zum Stehen gebracht, rasch geleert.

* Stuttgart, 5. Oktbr. Der kommandierende General v. Wölckcrn trat heute einen Urlaub nach Italien an. Zum Stellvertreter wurde Generallieute­nant v. Lindequist bestimmt.

* Stuttgart, 6. Oktober. (Mordversuch.) In einem Hause der Karlsstraße wohnt im dritten Stock­werk eine ältere Frau mit ihrem 18jährigen Neffen, dessen Pflegemutter sie von seiner Kindheit auf ge­wesen ist. Der junge Mensch, nach der Schilderung seiner Tante ein verschlossener, nicht besonders gut­artiger Charakter, stellte oft an den Geldbeutel der Frau, die ohnehin da er noch Lehrling war, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen hatte, oft derartige An­forderungen, daß dieselben in mehr als einem Falle zurückgewiesen werden mußten. Hierdurch scheint de: Bursche nun erbittert worden zu sein und schließlich den teuflischen Plan gefaßt zu haben, seine Wohl- thäterin zu ermorden und sich in den Besitz ihrer Bar­mittel zu setzen. Mit unheimlichem Schweigen schloß er heute morgen, als er mit der Frau allein in der Wohnung war, die Vorplatzthüre und die Fenster und fiel dann plötzlich über die ahnungslose Frau her. Er legte ihr einen unter seinen Kleidern verborgen gehaltenen Strick um den Hals und versuchte die Schlinge desselben zuzuziehen. Aber die noch rüstige, kräftige Frau wehrte sich mit den Kräften der Ver­zweiflung, da sie sah, daß es ihr Leben galt. Sie schleuderte den Burschen beiseite und ergriff einen Schlüssel, mit dem sie unter lautem Hitfsschrei auf den Fußboden klopfte, um so die Nachbarschaft her­beizurufen. Als der Bursche seine unheimliche That solchergestalt vereitelt sah, sprang er in sinnloser Angst vor der gerechten Strafe schnell in das Nebenzimmer, riß das Fenster auf und stürzte sich aus dem dritten Stockwerk herab auf die Straße. Mit Entsetzen sahen die Vorübergehenden den Sprung und hörten den wuchtigen Aufschlag des Körpers auf das Straßen­pflaster. Man eilte herbei und schaffte den blutüber­strömten und entsetzlich stöhnenden Menschen ins Katharinenhospital. Er befindet sich zwar noch am Leben, hat jedoch nach eingezogenen Erkundigungen so schwere Verletzungen bei dem Sturz erlitten, daß sein Aufkommen mehr als zweifelhaft erscheinen muß. Die bedauernswerte Frau, deren Hals deutliche Spuren der versuchten Erdrosselung zeigt, befindet sich, wie leicht begreiflich, infolge der furchtbaren Aufregung in sehr leidendem Zustand.

hochbeladene Wagen, von der Straße kommend, früher durch das Haus in den Hof gefahren waren.

Lörrach blieb erstaunt stehen und sah sich um.

Die beiden ihm wohlbekannten Seitenflügel des Hauses waren verlängert worden, ein sehr großes, viereckiges Gebäude von Backsteinen erhob sich da, wo sonst der Garten gewesen war, und die daneben liegende alte Fabrik mit verschiedenen Erweiterungen sah dagegen beinahe klein aus.

Das ist ja ein Palast von einer Weberei, Hans! Aber du läßt nicht arbeiten?"

Die Leute streiken! Es ist zum Tollwerden. Seit zwei Wochen liegt alles still!" sagte der Fabri­kant verstimmt.

Was wollen sie?"

Lohnerhöhung oder Abkürzung der Arbeitszeit, die bekannte Geschichte! Das ärgerlichste ist, daß mehrere von meinen Konkurrenten nachgeben wollen."

Und jetzt fetzte Harterott dem jungen Freunde in kurzen Worten die Lage der Dinge auseinander.

Die Leute wissen, daß die Nachfrage sich stei­gert, daß man mir ein gutes Gebot auf bedeutende Lieferungen gemacht hat."

So gib nach, vergleiche dich mit ihnen; besser ein mäßiger Vorteil als"

Da kennst du mich denn doch schlecht, wenn du meinst, ich ließe mir etwas abzwingen," erwiderte, ihm ins Wort fallend, mit ganz unmotivierter Hef­tigkeit der Fabrikherr.

Fritz Lörrach schwieg.

Sie besichtigten das vortrefflich angelegte und

mit großem Kostenaufwande erbaute neue Fabrikge­bäude, dann auch das alte; überall gähnende Leere und beklemmende Stille.

Lörrach hatte diese Fabrik aus kleinen Anfängen sich immer mehr erweitern sehen; seiner Mutter Bru­der, Johann Harterott, war damals der Besitzer; er, der mit seiner verwitweten Mutter bei dem Onkel lebte und heranwuchs, kannte sowohl in dem alten Hause wie hier jeden Fuß breit Raum. Alle Welt war des Glaubens gewesen, der alte Harterott werde seinen geliebten Neffen F.itz zum Erben eins.tzen; der Alte selbst versprach es der sterbenden Schwester, um ihr den Tod zu erleichtern und schickte gleich da­rauf seinen Neffen nach England, an dessen Ausbil­dung nichts sparend.

Inzwischen nahm er seines Bruders Sohn, seinen anderen jüngeren Neffen, in das Kontor, und als auch dieser dem alten Manne lieb wurde, glaubten die Nachbarn und Bekannten, er werde sein Geld unter beide teilen. Als aber eines Tages es war vor etwa drei Jahren, Fritz war eben zum Besuch dagewesen und wieder abgereist der alte Harterott starb, da fand sich, daß sein Pate Johann Harttrott, genannt Hans, sein Universalerbe war und Fritz nur ein sehr mäßiges Legat erhielt.

Die L.ute waren außer sich; man nahm Partei für den fernen Fritz, redete von Erbschleicherei, aber die Sache war unabänderlich und der junge Harterott trat das reiche Erbe mit kühler Ruhe an, heiratete bald darauf das schöne Mädchen der Altstadt, bekam als Mitgift ein nicht unbedeutendes Kapital und ward

Stuttgart, 7. Okt. Der Küfer Karl Reyher,

Lerchenstr. 13 hier, geriet gestern abend mit einem seit 3 Jahren bei ihm beschäftigten Arbeiter in Dif­ferenzen, weshalb letzterer seinen Lohn forderte. Statt dieses gab ihm der Meister mit der Schippe einen so scharfen Hieb über Stirn und Nase, daß der Arbeiter schwer verletzt und blutüberströmt zusam­menbrach und mittels des Sanitätswagens nach dem Katharinenhospital verbracht werden mußte. Der Thäter, welcher ruhig weiter arbeitete, als wäre nichts geschehen, ist in Untersuchung gezogen.

"Stuttgart, 5. Okt. Die Ausbildung der Einjährigen wird dem Vernehmen nach insofern von dem früheren Modus abweichen, als dieselbe gemein­sam mit den in den nächsten Tagen einrückenden Rekruten erfolgt. Bereits tritt der Kasernenhumor dabei in Blüte und die Herren Einjährigen werden auf die Neuheit aufmerksam gemacht von den Unter­offizieren mit Monierungen wie z. B.:Geben Sie man acht, Herr Doktor, daß Sie sich nicht blamieren vor den nächstens einrückenden Rekruten, worunter sehr intelligente Leute sind."

(Verschiedenes.) Einem Weingärtner in Vai - h i n g e n a. E. wurde an einer Weinbütte der Zapfen gezogen und sind ihm dadurch ca. 2 Eimer Wein zu Grunde gegangen.

Einem Weingärtner in Nordheim sind 150 Liter Rot­wein gestohlen worden. JnSindelfingen ist nun auch die Farrenscheuer mit Stallung abgebrannt. An Milz­brand-Vergiftung starb eines raschen Todes der Metzger Alois Ott in Sigmaringe n darf. In Biberach spielten Kinder vor einer Gerberei in harmloser Weise mit Kastanien. Plötzlich sprang ein Geselle heraus und schwärzte mit ätzender Farbe einen der Knaben. Sogleich schwoll das Gesicht auf, die Augen ent­zündeten sich und furchtbare Schmerzen sind die Folgen der rohen That, der eine gerichtliche Sühne folgen wird. Aus gering­fügigem Anlaß hat in Mengen ein Arbeiter dem andern mit einer Spate den Schädel gespalten. Der Verletzte wird kaum mit dem Leben davonkommen. Einem Bauern von Schwennin­gen , der in der Restauration auf den Zug wartete, welcher ihn in seine Heimat befördern sollte, und eingenickt war, wurde in dieser Zeit sein« Brieftasche mit 200 Mark gestohlen.

* München, 7. Okt. Die Kammer der Abge­ordneten erörterte heute die sozialistische Interpellation, betr. die Soldatenmißhandlungen. Vollmer gegenüber erwiderte der Kciegsminister, das zitierte Aktenstück sei echt, jedoch in indiskreter Weise in die Oeffentltch- keit gelangt. Das Menschenmöglichste geschehe zur Ausrottung des Nebels solcher Mißhandlungen. Auch für die Zukunft werde alle Fürsorge getroffen. Am Montag wird die Debatte über diese Interpellation fortgesetzt.

* Kissingen, 7. Okt. Fürst Bismarck durch­fuhr heute vormittag in offener Equipage die beflaggten Straßen. Sein Aussehen ist gut, er schien tief be­wegt. Die Menschenmaffen begrüßten ihn lebhaft. Um 11 Uhr 40 Minuten ist der Fürst mit seiner Familie und Gefolge über Hanau-Kassel mittelst Sonderzugs nach Friedrichsruh abgereist.

* Wiesbaden, 6. Okt. Die Handelskammer Wiesbaden, die Vertreterin des vornehmsten Wein­baubezirks, erläßt einen Aufruf an alle Bürgermeister und Weininteressenten des Rhcingaus behufs Stellung­nahme gegen den Weingesetzentwurf, durch welchen

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ein gemachter Mann, während man von Lörrach vor der Hand nichts mehr hörte.

Niemals, außer bet dem Empfang der Nachricht von der Erbschaft, die Haas zugcfallen, hat Fritz sich einen bitteren Gedanken über die unerklärliche Bevor­zugung seines Vetters gestattet. Kam ihm je ein un­behagliches Gefühl darüber, das Neid oder Unwillen ähnlich sah, so wies er es sofort energisch von sich und so hatte er sich die vornehme Denkungsart des Charakters erhalten, die ihm für sein inneres Gleich­gewicht und Wohlbefinden Bedürfnis war.

Dennoch, als er heute diese stolzen Fabriken, seines Vetters glänzende Lage sah, konnte er ein in ihm aufsteigendes Schmerzgefühl nicht unter­drücken.

Hatte sich dasselbe auf seinem Gesicht verraten? Aufbltckend sah er Ellas Augen beobachtend auf sich gerichtet, so scharf, so durchdringend.

Ah! Sie erwartete Neid?

Und nun hatte sie ihn schwach gesehen?

Eine heiße Zornesglut auf sie, auf sich stieg in ihm auf.

Lag nicht hinten in ihcen Augen fast etwas wie Triumph, daß sie diese Schwäche erraten?

Ah, auch sie, die sie stets gewesen! Froh, als habe sie einen Vorteil errungen, sobald sie den Feh­ler eines anderen entdeckt.

(Fortsetzung folgt.)

Auflösung deS Rätsels in Nro. 118: Italien. Tanne, Altan, Leinen, Jll, Ente, Niete.

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