hat. Die daselbst noch herrschende Kasteneinteilung der Bevölkerung sei der MisstonSthätigkelt ganz hin­derlich. Missionar Fritz von Stuttgart sprach eben­falls über die Mission, aber über die in Afrika, be­sonders über den Fortschritt der Mission auf der Insel Sansibar an der Ostküste Südafrikas, über die Wirksamkeit der Missionare in Südafrika und auf der Westküste Afrikas. Ueber den eben noch immer vorkommenden Sklavenhandel, der der Ausbreitung des Evangeliums ganz besonders hinderlich ist, verbreitete sich Redner eingehend. Mit einem Mahnwort, daß jeder Christ verpflichtet sei, die Mission zu fördern, schloß dieser Redner, worauf Schlußgebet und Schluß­gesang die Feier beendete.

* Stuttgart, 9. Sept. Aus Anlaß der An­wesenheit des Kaiserpaares findet, wie wir hören, am nächsten Donnerstag abend großer Zapfenstreich im Hofe des Rssidenzschloffes statt. Am Freitag nach der Parade ist im Schlöffe Marschallsfrühstück. Abends halb 6 Uhr findet im weißen Saal des Rest- denzschlofles großes Paradediner statt.

* Stuttgart. Die treue Anhänglichkeit unserer Landsleute an ihre Heimat und ihre herzliche Teil­nahme an dessen Geschicke hat sich wieder im schönsten Lichte gezeigt. Beim Rechner des Vereins zur Hilfe in außerordentlichen Notstandsfällen auf dem Lande ist ein Schreiben aus Rochester (New-Aork, Amerika) eingelaufen, in welchem es heißt: »Ihr Hilferuf an die hier wohnenden Württemberger ist nicht an taube Ohren gekommen; denn die Schwaben haben das Herz auch in Amerika immer auf dem rechten Fleck. So hat denn der Rochester Schwabenverein die hier mitfolgende hübsche Summe von 204 Dollars 841 Mk. zusammengsbracht und wünscht, daß dieser Be­trag in geeigneter Weise verteilt werde." Unterzeich­net war das Schreiben: August Glückte, Schatz­meister des Rochester Schwabenvereins.

* Aus dem KirchheimerOberamt, 6.Sept. Während heute der evangelische Bund Württembergs in unserer Oberamtsstadt Kirchheim seine Hauptver­sammlung hielt, durcheilte hoch auf dem Zweirad ein sozialdemokratischer Sendling, sportsmäßig und hochfein weiß gekleidet, die oberen Thalorte des Lenuinger Thals, überall mit freigebiger Hand Num­mern der Tagwacht austeilend und ausstreuend. Ehe die Beschenkten sich von ihrem Erstaunen erholt hatten, war der weiße Umstürzler verschwunden, anders­wo seine Saat auszustreuen. Wie es scheint, hat sich der in der soz.-dem. Presse aufgetauchte Vorschlag, Rad- sahrerveretne in die Dienste der Umsturzpartei zu stellen, solchergestalt in Württemberg bereits ver­wirklicht.

* Auf eine recht schelmenhafte Weise brachten die Stammgäste eines etwas knickerischen Restaurateurs einer Stadt des württ. Unterlandes, dessen behäbige Frau dieser Tage sich nach Kissingen zur Kur begeben hatte, dazu, etliche Flaschen Champagner zu wichsen. Der Stammtisch, dessen Mitglieder zum Teil Angestellte einer dortigen Druckerei waren, stellte nach dem Schwarzwälder-Boten in wenigen Exem­plaren ein »Extrablatt" her des Inhalts: »Extra­blatt. Frau Restaurateur X, die heute in Kissingen ankam, hatce wenige Stunden nach ihrer Ankunft eine mehrstündige Audienz beim Fürsten Bismarck;

^ZAber ein anderer muß im Besitz eines zweiten belastenden Gegenstandes sein.

Wenige Augenblicke bevor Benjamin zum letzten Mal sein Haus verließ, saß er auf dem Sofa und schrieb in ein in blaue Seide gebundenes Notiz­buch. Ein solches Buch habe ich bis dahin noch nicht gesehen. Und ich glaube sicher, daß mir bei der Visitation nichts entgangen ist. Eins ist mir klar, dieses Buch muß für den Mörder von großem In­teresse gewesen sein. Er hatte die Brieftasche aus dem Rock des Opfers gezogen, hatte sie geöffnet und

den Verstorbenen bestohlen.-Was hatte die

Brieftasche enthaltend Was stand auf den dünnen Papierblättern ? Für wen konnten Benjamin Hoods Auszeichnungen von Interesse sein? Wem konnten sie nützen oder schaden? Ob sich das kleine Buch »och in unversehrtem Zustand befand? Oder war es zerstört, verbrannt, zerrissen worden?

Den Fall gesetzt, Archibald Förster besäße das kleine Notizbuch mit dem blauseidenen Umschläge!

12 .

Ein weiser Mann hat einstmals gesagt, die schwierigste Wissenschaft sei die Selbsterkenntnis.

Ich möchte diese lakonische Behauptung doch be­richtigen. Wenn ein Mensch sich selbst wirklichen Ernstes erkennen will, so ist das sicherlich nichts Un­erreichbares. Aber sich selbst besiegen, sich selbst de­mütigen das ist tausendmal schwerer, das ist in Len meisten Fällen undurchführbar.

Ich will mich mit dem alten Thomas in Ver-

die Audienz soll sich namentlich um die neue Wein­steuer gedreht haben. Der Fürst äußerte sich hoch­befriedigt über die gesunden Ansichten der Frau Re­staurateur X. Man erwartet große Wirkung von der Audienz." Da die Nachricht »gedruckt" vorlag, waren die Zweifel des biederen Gastwirts über die Echtheit des »in Stuttgart am Bahnhof gekauften Extrablatts" bald überwunden und das schäumende Naß floß dem Stammtisch gratis. Der Wirt wurde nicht müde einmal um das andere zu versichern, daß er nie geglaubt hätte, daß er noch einmal »eine be­rühmte Frau kriegen würde." Der Schwindel stellte sich natürlicherweise durch einen Privatbrtef derbe­rühmten Frau" anläßlich eines Glückwunsches des Gemahls bald heraus. Doch machte der biedere Gastwirt gute Miene zum bösen Spiel und meinte: »Es sind halt scho Malefizkaiba, die Stammtischler."

* (Verschiedenes.) In Ebingen wurde eine etwa 17 Jahre alte Kellnerin, die in einem dortigen Gasthause seit 3 Wochen bedienstet war, wegen Diebstahls verhaftet und dem Kgl. Amtsgericht Balingen eingeliefert. Dieselbe soll ihrem Diensthrrrn in dieser kurzen Zeit ca. 170 Mk. entwendet haben. Ein Brief ihrer Mutter, worin dieselbe sich für ge­sandtes Geld bedankte, sowie ein dem Hausknecht des betreffenden Gasthauses übergebener Brief mit Geld­einlage sind die Verräter der unehrlichen Person ge­worden. Aus Furcht vor einer Strafe sprang ein 16jähctger Bursche von Fellbach über den Eisen- bahnoiaoukt bei Neustadt hinunter. Mit ge­brochenem Arm und Fuß und sonstigen schweren Ver­letzungen wurde er nach Hause getragen. Für die Gcfrieranstalt in Slraßburg wurden in Gaildorf von der Ankauf Ko.»Mission 33 Ochsen und Kühe ausgekauft zum Preis von 2526 Pf. pro Piund lebendes Gewicht; wie man hört, sind die Verkäufer über den bezahlten Preis befriedigt. Ein 60 Jahre alter Bauer mit Nimm Ottering in Hevsack wollte in einer Wirtschaft einen Streit schlichten, wobei ihm ein 23jäh:iger Bursche das Messer in den Bauch stieß und ihn so schwer verletzte, daß er bald darauf starb.

* Kissingen, 7. Sept. Das Befinden des Fürsten Bismarck hat sich wesentlich gebessert, jede Gefahr ist gänzlich ausgeschloffen.

* Es finden Verhandlungen zwischen der bay­rischen und württembergi scheu Regierung zur Herbeiführung gemeinsamer Schritte statt, um zu erreichen, daß das von den süddeutschen Notenbanken ausgegebene Papiergeld an allen öffentlichen Kaffen Preußens angenommen werde.

* Berlin, 8. September. Der Finanz- und der Kriegsminister in Petersburg verfügten, laut der »Kreuzz.", eine sehr bedeutende Verstärkung der Zoll­wache an der Weichsel, dem Niemen und der Düna wegen Anwachsens des Schmuggels.

* Berlin, 9. Sept. Das »Berliner Tagblatt" hält gegenüber dem offiziösen Dementi seine Meldung aufrecht, daß in Regierungskretsen der Plan einer Verdoppelung der Brausteuer aufs neue erwogen werde.

* Ein Berliner Geschäft, das 120 Angestellte beschäftigte, ist, wie derKonfektionär" erfährt, in 1200 Mk. Strafe genommen worden für jeden

bindung setzen. Die Not kennt kein Gebot. Und wer sollte Archibald Förster wohl besser kennen als dieser grämliche Greis ? Wer weiß vielleicht war er ein Vertrauter seines Herrn, denn es ist sehr schwer, einen großen Kummer allein zu tragen.

Aber wie in aller Welt wird es mir möglich sein, in wenigen Stunden mit dem alten Thomas Freundschaft zu schließen? Der Alte war das ver­körperte Mißtrauen; es wird mir nicht leicht gelin­gen, ihm die Zunge zu lösen. Wo soll ich ihn nur treffen? Wie soll ich vor allen Dingen die Bekannt­schaft anknüpfen.

Es gab nur ein einziges Mittel und das war kein sehr angenehmes! Doch Not kennt kein Gebot.

Wie würde der junge Mann triumphieren, wenn ich ihm vorschlüge, daß wir beide gemeinsame Sache machen wollten! Vielleicht würde er meine Bitte ganz einfach abschlagen! Aber das war nicht anzu- nehmen. Ich hatte freilich meinen Scherz mit ihm getrieben, aber das mußte vergessen werden. Er sollte sich geschmeichelt fühlen; er sollte das Aner­bieten mit Freuden annehmen und auf meinen Vor­schlag eingehen.

DieserEr" war natürlich kein anderer, als der Adjutant des Chefs, Archibald Försters neuer Diener.

Ja, in dieser Stunde fühlte ich wirklich, daß es sehr, sehr schwer ist, seinen Stolz zu besiegen.

Und dies Opfer sollte mir erspart werden. Der Zufall oder hatte hier eine höhere Macht die Hand im Spiele begünstigte mich. Ich erreichte das er-

Angestellten 10 Mk., weil es diese am Sonntag über die gesetzlich erlaubte Zeit hinaus beschäftigt hat. Ein anderes Geschäft hat aus eben demselben Grunde 500 Mk. Strafe zu zahlen.

* Der neue Herzog von Ko bürg-Gotha be­zieht noch die Summe von 25,000 Pfund jährlich, die ihm vor ungefähr 20 Jahren vom englischen Parlament bewilligt worden sind. In der nächsten Parlamentssesston wird, wie es heißt, die Aufmerk­samkeit der englischen Regierung auf diesen Gegen­stand gelenkt werden.

* Hagen. Das Dorf Langschede, das ungefähr 300 Einwohner hat und an der Eisenbahn von Hagen nach Arnsberg liegt, hat seit kurzer Zeit nicht allein elektrische Straßenbeleuchtung, sondern ist auch in der Lage, sämtliche Wohnhäuser mit elektrischem Lichte zu versorgen. Letzteres wird von einer dortigen Fabrik kostenfrei abgegeben. Langschede dürfte das hellste" Dorf Deutschland sein.

* Neiße. Ferida, die kleine Tochter Emin Paschas, hat es in der deutschen Sprache, obgleich sie sich in derselben erst seit ungefähr acht Wochen übt, schon ziemlich weit gebracht, nur das Verstehe» wird ihr noch etwas schwer. Schwere Tage hat ihr die Seekrankheit bereitet, die sie fast drei Wochen nicht verlassen hat und an die sie mit Schrecken zu- rückdeakt. Große Schwierigkeiten verursachen ihr die die Füße beengenden Schuhe, da sie bisher nur Sanvalen zu tragen gewohnt war; dazu kommt noch das ihr ungewohnte Pflaster. Beim Ausgehen er­regen die Schaufenster ihr besonderes Interesse. Ferida, die am 18. November 1884 in Lado in Ober-Aegypten geboren ist, soll einer höheren Töchter­schule in Neiffe erst dann überwiesen werden, wenn sie der deutschen Sprache vollständig mächtig sein wird. Bis jetzt gehört sie noch der mohammedani­schen Religion an, und ihre Verwandten werden vor­läufig andere Bestimmungen nicht treffen.

* Bremen, 7. Sept. Die Hauptversammlung des Gustav-Adolf-Vereins sprach die große Liebesgabe im Betrage von etwa 18000 M. der Gemeinde Troppau in Oesterreich-Schlesien zu. Als Ort der nächstjäh­rigen Haupt-Versammlung wurde Darmstadt gewählt.

* M e tz, 8. Sept. Der Prinz von Neapel folgte auch heute den Manövern mit größtem Interesse und verweilte speziell bei der bayerischen Division. Er wird vom Kaiser bei jeder Gelegenheit ausgezeichnet. Der Prinz bewohnt im Bezirksprästdium die für den Kaiser hergerichteten Zimmer. Auf dem Gebäude ist auf spezielle Anordnung des Kaisers die Kaiser­standarte gehißt worden. Für Freitag ist der Prinz von Neapel vom Kaiser nach den Manövern nach Urville zum Frühstück eingelaoen. Den Armen der italienischen Kolonie spendete der Kronprinz eine größere Summe; er empfängt täglich hochstehende Personen in Audienz.

Auslälldisches.

* Rußland zeigt sich Oesterreich gegenüber sehr zuvorkommend. Das russische Generalkonsulat in Wien erhielt jvom Zolldepartement des russischen Finanzministeriums die Mitteilung, daß nach dem neuen Reglement des genannten Departements für die Einfuhr jener Waren österreichisch-ungarischer Her-

sehnie Ziel, ohne einen Finger darnach auszustrecken.

Ich hatte mich also entschlossen, durch Hilfe des Adjutanten Morrison die Bekanntschaft des alten Tho­mas zu machen. Zu dem Zwecke schrieb ich folgende Zeilen:New Jork, den 4. März 1870.

Mr. Henry Morrison!

Ich weiß, daß Sie sich wenigstens im An­fang über diesen Brief wundern werden. Und ich versichere Sie, daß nur die Not mich zu diesem Schritte treibt. Aber, Mr. Morrison, es gilt die gemeinsame Sache, es handelt sich um die Ehre des Korps und da ist ja jeder Streit vergessen! Sie arbeiten ja außerdem in derselben Sache, wenngleich Sie keinem höheren Befehl Folge leisten.

Wie weit Sie gekommen sind, weiß ich nicht. Aber ich glaube, es würde für uns beide von Vor­teil sein, wenn wir gemeinsame Sache machten. Den Dienst, welchen Sie mir heute leisten, werde ich Ihnen ein anderes Mal nach besten Kräften vergelten.

Aber die Zeit ist kurz uav die Sache hat Eile. Könnten Sie sich deswegen nicht vorausgesetzt, daß Ihre Zeit es erlaubt wenn möglich vor sechs Uhr bei mir einfinden?

Ich versichere Sie, daß die Entdeckungen, die wir gemeinsam machen werden, auch unser gemein­sames Eigentum sein sollen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

John Moore."

(Fortsetzung folgt.)

Auflösung des Rätsels in Nro. 108 :

Adler.