mehr haben, denn wenn auch demnächst sich ein er­giebiger Regen einstellen sollte, so bedarf es wieder einiger Wochen bis nur die verdorrten Pflanzen sich ne« beleben, inzwischen ist aber dann die Zeit so weit vorgerückt, daß Nachtfröste dem Wachstum Einhalt gebieten werden. Die Kalamität ist jetzt, wie erfah­rene Landwirte äußern, noch größer als im Frühjahr. Auch die Obstbäume leiden Not, das meiste Obst fällt ab, selbst die Blätter werden an manchen Bäu­men welk. Es ist ein schweres Jahr, das Jahr 1893, das an den Landmann eine so schwere Prüfung stellt. Die Nachwehen werden leider sich lange Zeit fühl­bar machen. Gegenwärtig finden wieder Ermitte­lungen nach den Mannschaften der Landwehr zweiten Aufgebots statt. Da sie nicht zur Kontrollversamm- lung zu erscheinen brauchen, so glauben sie vielfach auch der Verpflichtung enthoben zu sein, der zustän­digen Stelle (Bezirkskommando, Bezirksfeldwebel) von einem etwaigen Wohnungs- oder Aufenthaltswechsel eine Meldung zu machen. Diese Ansicht ist falsch, die bezeichnte Verpflichtung besteht vielmehr weiter. Indessen ist es nicht erforderlich, daß die Meldung persönlich erstattet wird. Es genügt, wenn sie auf schriftlichem Wege oder durch dritte Personen an der zuständigen Stelle erfolgt.

* Nagold, 21. August. Am gestrigen Sonntag, nachmittags 4 Uhr, brach im Hause des Schreiner­meisters Müller (unweit des Seminars) Feuer aus, welches, durch Holz- und Futtervorräte genährt, so rasch um sich griff, daß das Haus nicht mehr gerettet werden konnte. Das in nächster Nähe gelegene An­wesen des Werkmeisters Döser blieb dank der eifrigen Arbeit der Feuerwehr und der günstigen Richtung des Windes ziemlich unversehrt. Die Ursache des Schadenfeuers ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt.

-p. Besenfeld, 22. Aug. Heute war hier ein größerer Waldverkauf aus der Verlassenschaft des verst. I. G. Sackmann, Kaufmanns. Es standen 118 Morgen in 6 Parzellen zum Verkauf, welche von hiesigen und auswärtigen Liebhabern ersteigert wurden. Der Erlös beziffert sich auf 110105 Mk., also ca. 930 Mk. pr. Morgen. Wenn die Verkaufs- bedingungen leichtere gewesen wären, so hätte, wie man hört, sich die Steigerung jedenfalls noch viel lebhafter gestaltet und wäre ein noch höherer Erlös erzielt worden.

* (Verschiedenes.) In Waiblingen ist der 17 Jahre alte Konditorlehrling Albert Deiß von Schnaith beim Baden in der Rems ertrunken. In Weiler z. Stein (Marbach) feierte Schäfer I. Fr. Walker mit feiner Ehefrau, beide in voller Rüstig­keit, die goldene Hochzeit. In Ludwtgsburg hat sich Lieutenant Schönlein vom 3. Infanterie- Regiment erschossen. Derselbe war in Untersuchung, weil er sich mit blanker Waffe gegen die Sicherheits­organe stellte. In Münklingen sind am Frei­tag nacht 11 Gebäude (worunter das Pfarrhaus) abgebrannt. In Eßlingen schlug am Montag abend während eines Gewitters der Blitz in das Elektrizitätswerk, was zur Folge hatte, daß sämtliche elektrische Lichter mit einem Schlag erloschen. Der angerichtete Schaden war jedoch nicht erheblich, denn nach Verfluß von kaum einer halben Stunde war überall wieder elektrische Beleuchtung. In Weh­

Nein, Sir. Ich habe meine Stelle erst ganz kürzlich angetreten. Aber wenn Sie ein wenig war­ten wollen, Mr. Thomas kommt sicher bald nach Hause, der kann Ihnen vielleicht die gewünschte Aus­kunft geben."

Mr. Thomas? So hieß also der alte Murr­kopf. Ich mußte folglich ein wenig warten, denn der Zweck meines Kommens war ja, mit ihm zu sprechen. Inzwischen konnte ich ja eine Unterhaltung mit Morrison anknüpfen.

Ja, dann hilft es wohl nicht! Dann muß ich einen Augenblick warten. Ich bin nämlich ein Be­kannter von Mr. Förster. Ein alter guter Freund von Mr. Förster! Was ich ihm zu sagen hatte, war nicht gerade so besonders wichtig, aber doch. Ja, und nun ist er verreist! Davon wußte ich allerdings nichts. Nun ja! Thomas wird wohl Bescheid wissen, wenn er zurück kommt!"

Während ich sprach, beobachtete ich Morrison unverwandt. Er stand da, lang und schlank mit linkischer Haltung in seiner eleganten Livree. Als er meinen Blicken begegnet, errötete er und forderte mich sehr eindringlich auf, doch im Vorzimmer Platz zu nehmen.Bitte, setzen Sie sich, Mr. Thomas muß gleich da sein."

BJa, wenn er nicht zu lange fortbleibt, kann ich wohl einen Augenblick warten. Aber dann müssen Sie mir Gesellschaft leisten. Ich bin vom Lande Md komme nicht allzu oft in die Stadt. Aber Sie sind gewiß aus New-Aork und können mir wohl et­was Aufklärung über Straßen und Personen geben?"

ingen hat sich ein 58jähriger verheirateter Mann durch einen Schuß in den Kopf plötzlich das Leben genommen. Auf einem gehobelten Brettchen standen neben der Leiche die Worte:Krankheit, Schwermut und täglicher Verdruß trieben mich zu diesem Schritt; liebe Kinder betet für mich." Der bedauernswerte Mann litt seit Jahren an einer unheilbaren Krank­heit. In Kandenwetler wollte der 13jährige Sohn des Straßenwärters Riek beim Baden über die Jagst schwimmen; derselbe sank unter und konnte erst nach längerem Suchen als Leiche herausgezogen werden.

* Ueber die Macht des Gesangs hat sich Fürst Bismarck in Kissing en bei dem Empfang der Sänger aus Barmen so schön und treffend geäußert, daß wir nicht umhin können, das wesentlichste seiner Ansprache wiederzugeben. Nachdem der Fürst zuerst daran erinnert, daß sein erstes Erscheinen auf dem Gebiet der Politik des Reichs als Reichstagsabgeord­neter für Elberfeld stattgefunden, fuhr er, wie wir der M. Mg. Ztg. entnehmen, fort:Auf dem Ge­biet der Musik bin ich Ihnen leider nicht ebenbürtig. Bei der Ueberbürdung im Unterricht in meiner Jugend ist die Musik zu kurz gekommen. Trotzdem fühle ich nicht weniger Liebe zu ihr. Aber dankbar bin ich der Musik, daß sie mich in meinen politischen Be­strebungen wirkungsvoll unterstützt hat. Des deutschen Liedes Klang hat die Herzen gewonnen; ich zähle es mit zu den Umständen, die den Erfolg unserer Einig­keitsbestrebungen vorbereitet und erleichtert haben. Nehmen Sie das Beispiel derWacht am Rhein" und Ihrer Komposition. Wie manchem Soldaten hat die Anstimmung des damaligen Kriegsliedes auf dem winterlichen Krtegsfelde und bei materiellem Mangel vor dem Feinde eine wahre Herzensstärkung gewährt, und das Herz und dessen Stimmung ist ja alles im Gefechte. Die Kopfzahlziffern machen es nicht, wohl aber die Begeisterung machte es, daß wir die Schlach­ten gewonnen haben; bei einigen waren wir in der Mehrheit; aber auch da, wo wir in der Minderzahl waren, haben wir durch die Qualität unserer Truppen gesiegt. Was war der Grund unserer Ueberlegenheit? Er lag im Herzen, in der Begeisterung, die unsere Disziplin auch da erhielt, wo sie unter ähnlichen Um­ständen bei den Franzosen schon gelockert worden war. Und so möchte ich das deutsche Lied als Kriegsver­bündeten für die Zukunft nicht unterschätzt wissen. Ihnen aber meinen Dank aussprechen für den Bei­stand, den die Sänger mir geleistet haben, indem sie den nationalen Gedanken oben erhalten und ihn über die Grenzen des Reichs hinausgetragen haben. Unsere Beziehungen zum verbündeten Oesterreich, unserm mächtigsten Bundesgenossen, beruhen doch wesentlich auf Unterlagen im kulturellen Gebiete und nicht zum wenigsten auf den musikalischen Beziehungen. Wir wären kaum in gleich enger Verbindung mit Wien geblieben, wenn nicht Haydn, Mozart, Beethoven dort gelebt und ein gemeinsames Band der Kunst zwischen dem Niederrhein und Wien geschaffen hätten. Ja selbst unsere Beziehungen zu unserm dritten Bundes­genossen Italien waren musikalischer Natur früher wie politischer. Die ersten Eroberungen, die Italien bei uns gemacht hat, sind musikalische gewesen. Ich

Es lag eine gewisse Wahrheit in meinen Wor­ten umAufklärungen" war es mir einzig und allein zu thun!

Morrison schien unschlüssig, ob er meinem Wunsche Nachkommen sollte. Schickte es sich, daß er, ein Diener, einen Besuch seines Herrn, den er heute zum ersten Male sah, unterhielt? Nein, es war auf alle Fälle unpassend, und Thomas konnte ja jeden Augen­blick zurück sein. Oder doch --Sein Gesicht

drückte eine große Unschlüssigkeit aus. Er sah mich mit einem Blick an, als wollte er mir zu verstehen geben, daß er im Grunde ein anderer sei, als er schien. Er wollte reden, hielt aber gleich wieder inne. Ich hatte Mitleid mit ihm und wollte der Sache so bald als möglich ein Ende machen. Ich hatte etwas anderes zu thun, als über Morrisons Anwesenheit und seine merkwürdige Verkleidung nach­zudenken.

Das ist liebenswürdig von Ihnen!" Ich klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter, und im näch­sten Augenblick saßen wir einander gegenüber im Zimmer.

Ich ging direkt auf die Sache los.

Mr. Förster ist wohl ein guter Herr?"

Morrison schien sich zu besinnen, ehe er ant­wortete.

Das kann ich nicht beurteilen!"

Ehe ich meine nächste Frage stellte, sah ich mich im Zimmer um. Es war ein großer, lustiger Raum. Die Einrichtung war sehr einfach und in düsterem Stil gehalten, die Tapeten und die Möbel waren grau. Dasselbe farblose Gepräge trugen die übrigen

bin kein Gegner der italienischen Musik trotz meiner Vorliebe für die deutsche; im Gegenteil, ich btu ein großer Freund derselben. In diesem Sinne spreche ich Ihnen meinen Dank aus als den Pflegern der Musik. Pflegen Sie sie deshalb auch ferner."

* Berlin, 22. Aug. Am Sonntag abend er­tranken bei Grünau ein Mann und 2 Frauen, deren Boot durch einen Dampfer mitten durchschnitten worden war.

* Berlin, 22. August. DerNationalzettung" zufolge werden sämtliche in Berlin accreditierten frem­den Milttärattachss als Gäste des Kaisers den in der Rheinprovinz und in Elsaß Lothringen stattfinden­den Manövern beiwohnen, mit Ausnahme des fran­zösischen Militärattaches, der auf Urlaub verbleibt.

* Ueber Soldatenmißhandlungen soll, WiedenM. N. N." aus Berlin gemeldet wird, Prinz Heinrich kürzlich folgenden Ausspruch gethan haben:In manchen Unteroffizieren steckt ein Gift, das verdirbt uns die Mannschaften. Doch ich werde es austreiben. Meine Macht reicht weit." Es liegt kein Anlaß vor, daran zu zweifeln, daß Prinz Heinrich sich in diesem Sinne geäußert hat. Es ist ja bekannt, daß die Mißhandlungen der Soldaten um so schärfer beur­teilt werden, je höher die Stelle ist, zu deren Kennt­nis sie kommen.

* Am Donnerstag wurde in Berlin eine Fra« mit ihrem angeblichen Ehemann verhaftet, der sich durch zahlreiche Zeitungsannoncen Frauen und Jung­frauen zur Erteilung von Ratschlägen indiskreten Angelegenheiten" empfahl. Der Frau, einer ehe­maligen Hebamme, strömten aus allen Teilen Deutsch­lands Aufträge zu. Die Berliner Kriminalpolizei war schon seit längerer Zeit auf thr Treiben auf­merksam geworden und stellte ihr, um sie endlich fassen zu können, eine Falle. Frau B. ging in die­selbe ahnungslos hinein und überlieferte sich so selbst der Behörde, die nunmehr eine Haussuchung in ihrer Wohnung abhielt. Dort fand man die ordnungs­mäßig geführten Geschäftsbücher der weisen Frau, die ein geradezu verblüffendes Resultat ergaben. Dieselbe hatte die Namen und Wohnungen aller derjenigen Damen genau ausgezeichnet, die von ihrer Hilfe Gebrauch gemacht hatten, und sogar die Be­träge ausgezeichnet, die ihr für ihre Bemühungen ge­zahlt worden waren. Für Viele wird der Verkehr mit dieser Frau ein recht unangenehmes Nachspiel haben.

* Dortmund, 19. Aug. Heute vormittag-stmd- auf der ZecheKaiserstuhl" eine Explosion schlagen­der Wetter statt, wobei über 50 Bergleute ihren Tod fanden. Das Unglück ist wahrscheinlich durch einen Sprengschuß hervorgerufen worden. Die sehr heftige Explosion verbreitete sich über die ganze Bauabtetlung, in der 100 Bergleute arbeiteten. Davon ist mehr als d>e Hälfte tot. Ueber 30 sind noch iu der Grube; da Verschüttung eingetreten ist, so wird die Leichen­bergung erst an den folgenden Tageu möglich. Die Mehrzahl der Verunglückten ist verheiratet. Der Jammer der Hinterbliebenen ist entsetzlich. Bis jetzt (8stz) sind 52 Leichen zu Tage gefördert.

* Danzig. Wegen eines Kusses hatte sich dieser

Zimmer, in die ich durch die geöffnete Thür blicken konnte. Es war, als habe jemand der ganzen Woh­nung einen Stempel aufgedrückt, ein gebrochener Mann, ein unheilbarer Kummer.-

Also das wissen Sie nicht? Sie sind wohl noch nicht lange hier im Dienst?"

Morrison wurde dunkelrot. Das WortDienst" berührte ihn sichtlich unangenehm.

Ich habe meinen Platz erst ganz kürzlich an­getreten."

Ach so! Dann haben Sie natürlich keine nähere Bekanntschaft mit Mr. Förster machen können?"

Ich habe ihn noch gar nicht gesehen."

Das ist doch merkwürdig! Und doch sind Sie in seinem Dienst?"

Ja, ich suchte eine Stelle und Mr. Thomas engagierte mich. Sie wissen vielleicht, daß Mr. För­sters langjähriger Diener, der Neger Sam, vor wenigen Tagen ermordet wurde? Da ich zufällig keinen Platz hatte, so fragte ich hier an und wurde angenommen."

Sam, ja! Ermordet-Ja, ich las davon

in der Zeitung. Aber das ist wahr, da stand noch von einem anderen Morde zu lesen, von einem Mr. Hood, oder wie hieß er doch: Ben Hood, ja, Ben­jamin Hood, der mit Mr. Försters früherer Frau ver­heiratet war. Ich bin so lange nicht mehr in der Stadt ge­wesen, daß ich die ganze Geschichte schon vergessen hatte."

Morrison schwieg. Er war scheinbar nicht auf­gelegt, über die Sache zu sprechen, aber ich hatte es mir nun einmal vorgenommen. (Forts, folgt.)