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Donnerstag dm 24. August
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
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auswärts je 8 ^ die 1spalt.Zeile
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1893.
Amtliches.
Uebertragen wurde die Pfarrei Altheim, Dekanats Ulm, dem Pfarrer Bendel in Wittendorf, Dekanats Freudenstadt.
Unter Bezugnahme auf die im „Staatsanzeiger" und im „Wochenblatt für die Landwirtschaft" veröffentlichte Bekanntmachung vom 28. Juli ds. Js. wird hiedurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß zunächst an folgenden Orten und Tagen der Aufkauf von Artillerie-Zugpferden stattfinden soll: am 20. September in Münsingen,
„ 21. „ „ Ehingen,
„ 22. „ „ Saulgau,
„ 23. „ „ Ebingen,
„ 25. „ „ Trossingen.
Näheres ist aus dem .Staatsanzeiger" Nro. 196 ersi chtlich.
Gestorben: Schullehrer Reinöhl, Illingen; Privatier Lipp, Stuttgart; Papierfabrikant Raitelhuber, Gemrigheim; Güterbeförderer Straffer, Balingen; Dr. Ritter, Rottenburg: Ober- amtmann a. D. Camerer, Tübingen.
D Zur Orgamsatiou des Handwerks.
Nachdem die Entwickelung der Industrie viel energischer als die ihr nur langsam folgende bürgerliche Gesetzgebung die frühere zünftlerische Form des Handwerks gänzlich zertrümmert hat; nachdem aber anderseits die Erkenntnis gewachsen ist, daß das »freie Spiel der Kräfte* nicht im stände ist, den dem Staat so notwendigen Mittelstand zu erhalten, find schon verschiedene Anläufe gemacht worden, die Entwickelung der Verhältnisse des Kleingewerbes durch gesetzgeberische Maßnahmen in günstiger Weise zu beeinflussen.
Der neueste Versuch auf diesem Gebiete ist eine Reihe von Vorschlägen, die der preuß. Handelsminister von Berlepsch den Oberprästdenten zur Begutachtung hat zugehen lassen und die, wie es in der Einleitung heißt, „das unverbindliche Ergebnis vorläufiger Erwägungen darstellen." Tie wesentlichsten Punkte dieser Vorschläge sind: Es werden für das Kleingewerbe (Betriebe bis zu 20 Arbeitern) Fachgenossenschaften und Handelskammern errichtet. Die Bildung der Fachgenossenschaft erfolgt wie die der Berufsgenossenschaften; jeder Gewerbetreibende gehört seiner Fachgenossenschaft kraft des Gesetzes an. Stimmberechtigt ist jeder, der Schöffe werden kann. Die Aemter der Fachgenoffenschaft werden von Stimmberechtigten im Alter von mindestens 30 Jahren verwaltet.
Aufgabe der Fachgenossenschaften ist: 1) die Pflege des Gemeingeistes sowie die Aufrechterhallung
und Stärkung der Standesehre unter den Genossen, 2) die Förderung eines gedeihlichen Verhältnisses zwischen Meistern und Gesellen, sowie die Fürsorge für das Herbergswesen der Gesellen und für die Nachweisung von Gesellenarbeit, 3) die nähere Regelung des Lehrlingswesens und die Fürsorge für die technische, gewerbliche und sittliche Ausbildung der Lehrlinge, der Erlaß von Vorschriften über das Verhalten der Lehrlinge, die Art und den Gang ihrer Ausbildung, die Form und den Inhalt der Lehrverträge, sowie über die Verwendung von Lehrlingen außerhalb des Gewerbes, 4) die Entscheidung über die zwischen den Mitgliedern der Fachgenossenschaft und ihren Lehrlingen entstehenden Streitigkeiten, die sich auf den Antritt, die Fortsetzung oder Aufhebung des Lehrverhältnisses, auf die gegenseitigen Leistungen aus demselben, auf die Erteilung oder den Inhalt der Arbeitsbücher oder Zeugnisse beziehen, 5) die Bildung von Prüfungsausschüssen für einzelne Gewerbe oder Gewerbegruppen zu dem Zwecke, Lehrlinge und Gesellen auf ihren Antrag einer Prüfung zu unterziehen und über den Erfolg derselben e,n Zeugnis auszustellen.
Die Fachgenossenschasten sind befugt: 1) Ver-? anstaltungen zur Förderung der gewerblichen, technischen und sittlichen Ausbildung der Gesellen, Gehilfen und Lehrlinge zu treffen und Fachschulen zu errichten und zu letten, 2) über den Besuch der von ihnen errichteten Fortbildung?- und Fachschulen Vorschriften zu erlassen, soweit dieser Besuch nicht Lurch Statut oder Gesetz geregelt ist. Die Vorschriften der Fachgenossenschaften, die auch für einzelne Gewerbe erlaffen werden können, unterliegen der Genehmigung der Handelskammer und dürfen deren Vorschriften und Beschlüssen nicht zuwiderlaufen.
Die bei den Mitgliedern der Fachgenoffenschaft beschäftigten Arbeiter wählen den Gehilfenausschuß, über den gleichfalls ausführliche Bestimmungen vorgeschlagen wurden, die aber in einem späteren Artikel dargelegt werden sollen.
Als obere Instanz für die verschiedenen Fach- genossenschaften größerer Bezirke sind die Handwerkskammern gedacht, die die Aufsicht über die Fachgenossenschaften und Innungen zu führen, den Behörden Anregungen zu geben und Veranstal
tungen zur Förderung der gewerblichen, technischen und sittlichen Ausbildung der Gesellen, Gehilfen und Lehrlinge zu treffen haben.
Die Vorschläge erstrecken sich ferner auf Regelung des Lehrlingswesens. Lehrlinge darf nur halten, wer sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte und nicht im Konkurs befindet, dabet 24 Jahre alt und selbst in dem Gewerbe, das er treibt, eine Gesellenprüfung bestanden hat und drei Jahre selbständig ist. Die Gesellenprüfung erfolgt durch einen Prüfungsausschuß. Die Befugnis, Lehrlinge zu halten oder anzuleiten, kann solchen Personen überhaupt oder für bestimmte Zeit untersagt werden, die sich grober Pflichtverletzungen gegen die ihnen anvertrauten Lehrlinge schuldig gemacht haben oder gegen welche Tatsachen vorliegen, die sie in sittlicher Beziehung zum Halten oder zur Anleitung von Lehrlingen ungeeignet erscheinen lassen. In gleicher Weise kann die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen solchen Personen untersagt werden, die wegen geistiger oder körperlicher Gebrechen die sachgemäße Unterweisung und Erziehung eines Lehrlings nicht selbständig zu leiten vermögen.
Wer den selbständigen Betrieb eines Handwerks cimangt, darf den Meistertitel mr führen, wenn er eine Gesellen- und eine Meisterprüfung eines Handwerks bestanden hat. Die Prüfung darf sich nur auf den Nachweis der Befähigung zur selbständigen Ausführung der gewöhnlich vorkommenden Arbeiten des Gewerbes oder Gewerbezweiges und auf das Vorhandensein der zum selbständigen Betriebe des Gewerbes notwendigen gewerbliche Kenntnisse erstrecken (Buch- und Rechnungsführung.) Die unbefugte Führung des Meistertitels ist strafbar.
LaodeSrachrichteo.
* Altensteig, 23. Aug. Die enorme Hitze der letzten Loge, die trotz aller gegenteiligen Prognosen bis heute keine wesentliche Milderung erfahren hat, verursacht dem Viehbefitzer ein unheimliches Bangen. Das wenige Oehmd, das er einheimsen durfte, ist er genötigt jetzt schon zu füttern, denn unter den Strahlen der sengenden Sonne und bei der großen Trockenheit kann kein Gläschen mehr wachsen, alles ist wieder ausgedorrt wie zu Ende des Monats Juni. Nun kann der Viehbefitzer keine große Hoffnung auf Nachfutter
HlNk WOHL. ('Nachdruck verboten.)
Kriminal-Roman von M... .
(Fortsetzung.)
> Ich stürzte mich in das dichteste Gedränge und l' ^ mich willenlos mit fortreißen. Ich mußte den Tag totschlagen. Und endlich nach langen, langen Stunden senkte die Dämmerung sich auf die Riesenstadt herab — es wurde Nacht.
8 .
Wieder ist ein Tag beendet. Mittwoch der zweite März ^gehört der Vergessenheit an. Die Zeit geht ihren Gang, die Menschen müssen sie nach ihrem Gutdünken verwenden. Ich meinerseits kann mich nicht rühmen, daß ich den gestrigen Tag sonderlich nutzbringend angewendet hätte.
Aber ich spreche mir selbst Mut zu. Es wird heute schon besser gehen! Und es wird die höchste Zeit, denn die Stunden verfliegen heute so merkwürdig schnell. Es ist bereits vier Uhr. Daß Archi- bald Förster noch nicht zurückgekehrt ist, weiß ich. Ich bin soeben im Begriff, meinen dritten Besuch im Hause abzustatten. Vielleicht gelingt es mir endlich doch, dem alten mürrischen Graukopf etwas zu entlocken. Denn daß er mehr weiß, als er sagen will, davon bin ich fest überzeugt.
Wenn aber auch dieser Tag zu Ende geht, ohne daß Förster heimkehrt? Wenn er verschwunden ist und bleibt, was dann?
Dann gilt es zu handeln. Und in diesem Falle! ist handeln gleichbedeutend mit Reisen, ich muß ohne Aufschub reisen, Förster nachreisen, ihn aufsuchen, verhaften und ihn zum Geständnis bringen.
So ganz leicht ist die Sache nicht, und gleich im Anfänge tritt mir die Frage entgegen: nach welcher Himmelsgegend soll ich reisen? Nach Norden oder Süden, Osten oder Westen?
Niemand kann mir Aufschluß darüber geben!
Da kommt mir eine Idee. Der alte Starrkopf hat sicher Mißtrauen gefaßt. Meine häufigen Besuche sind ihm verdächtig geworden. Nun gut! Heute soll er einen anderen Besuch erhalten, und doch will ich ihn in eigener Person besuchen.
Ich stehe ver der Toilette in meinem Zimmer. Jetzt mache ich Gebrauch von dem Inhalt der kleinen Dosen, die ich am ersten Abend zu mir steckte. Man klagt so oft, daß die Schauspieler es nicht verstehen, sich zu maskieren — sie sollten Unterricht bei einem Detektiv nehmen!
Als die Uhr fünf schlägt, ertönt die elektrische Klingel bei Mr. Archibald Förster. Es ist ein langgezogenes, ungestümes Schellen und verrät, daß der Besucher große Eil: hat oder auch mit elektrischen Klingclapparaten nicht allzu vertraut ist. Hier war offenbar letzteres der Fall, denn der Besucher war, wenn nicht alle Anzeichen trügten, ein Land mann. Die einfache Kleidung, die plumpen Stiefel, der breit- krämpige Hut — alles deutete darauf hin. Und unter dem Hut guckte ein breites, rotwangiges, phleg- ^ malisches Gesicht hervor.
Der alte Murrkopf würde mich wohl in dieser Kleidung sicher nicht erkennen, und wenn dies dennoch der Fall war — nun so hatte ich meinen Plan gemacht, daun war es das einzig richtige, direkt auf die Sache loszugehen.
Die Thür wurde geöffnet.
„Ist Mr. Förster zu Hause?" Die Frage kam im treuherzigen, offenen Ton mit einem leichten Anstrich von Provinz-Dialekt heraus.
„Nein, Sir, er ist nicht zu Hause. Und wird auch wahrscheinlich —"
Ich hörte nichts mehr. Ich wäre beinahe vor Staunen die Treppe hinabgestürzt. Es sauste vor meinen Ohren. Ich traute meinen eigenen Augen kaum. Denn wen sah ich hier vor mir? Wer beantwortete meine Fragen?
Vor mir stand Mr. Morrison, der Adjutant des Chefs!
Morrison hier? Was in aller Welt Namen hatte er hier zu thun? Und in der Verkleidung eines Dieners! Cr, der so sehr viel auf seine Würde, auf seine vornehmen Beziehungen gab — der Adjutant des Chefs, der Verwandte des Chefs —
Ich besann mich und trat ein.
„Mr. Förster ist also nicht zu Hause!" Ich wußte wirklich nicht, was ich sagen sollte; im stillen frohlockte ich jedoch über meine wohlgelungene Verkleidung.
„Nein, Sir! Und es ist sehr ungewiß, wenn er wiederkommt, er ist nämlich verreist."
„Vielleicht wissen Sie, wie lange er schon fort ist ?"