der gesamten Verhältnisse außerordentliche StaatSbei- träge auch hiefür gewährt. Der Staatsaufwand für die gewerbl. Fortbildungs-Schulen in Württemberg beschränkte sich im Jahre 1843/54 auf 4000 fl., im Jahre 1864/65 auf 19 000 fl. Im Jahre 1874/75 war er auf 90000 Mk. und im Jahre 1891/92 auf 182000 Mk. angewachsen. Da der Aufwand der Gemeinden ebenso groß bezw. mit Hinzurechnung der Lokal- und Jnventarkosten noch größer ist, so dürfen wir annehmen, daß Württemberg gegenwärtig für das gewerbliche Fortbildungs-Schulwesen eine jährliche Summe von rund 400000 Mark aufwendet. Im Jahre 1891 92 bestanden in Württemberg 188 gewerbliche Fortbildungsschulen mit zus. 22511 Schülern.
* Der Sitz des Revieramts Thumlingen ist nach Dornstetten verlegt worden. — Am Samstag war im Hirsch in Thumlingen die Abschiedsfeier des Hrn. Oberförsters Maier bei zahlreicher Beteiligung der Einwohnerschaft. Aus den hiebei gehaltenen Reden ging hervor, daß der scheidende Beamte sich allgemeiner Beliebtheit erfreute, wodurch ihm der Aufenthalt in der Gemeinde ein angenehmer gewesen ist. Der Ortsvorstand führte aus, man hörte oft sagen, „wenn es lauter solche Beamte gäbe, so würde es auch viel weniger Sozialdemokraten geben." Thumlingen werde der ganzen Familie ein treues Andenken bewahren.
* Freudenstadt, 14. August. Die Zahl der gegenwärtig hier anwesenden Kurgäste beträgt nach der amtlichen Ausstellung 672 (gegen 615 am 12. August 1892 und 316 am 8. August 1889).
* Freudenstadt, 14. Aug. Am letzten Samstag fand hier eine vom Ausschuß des hiesigen Gewerbevereins veranstaltete Versammlung statt zum Zweck der Besprechung des Projekts einer elektrischen Anlage in hiesiger Stadt. Der Vorstand des Gewerbe- Vereins, Herr Stadtvorstand Hartranft, gab einen kurzen Ueberblick über die Thättgkeit des Vereins in der Lösung der Frage der Einführung der elektrischen Beleuchtung und der Aufstellung von Elektromotoren. Aul Grund der im letzten Winter durch Ausgabe von Zirkularen, auf welchen 30 hiesige Gewerbetreibende vorläufig einen Bedarf von 60 Pferdekräften gezeichnet haben, gewonnenen Erhebung ist ein Plan ausge- arbeitet worden, der Nachweise, daß sich das Unternehmen zu 4Vs Prozent rentieren würde. Ueber diesen Plan spreche sich auch der mit der Revision desselben betraute Sachverständige, Herr Telegrapheninspektor Ritter, in einem eingehenden Gutachten sehr günstig aus. Die Versammlung beschloß, der Einladung des Gewerbevereins Nagold zur Besichtigung der dortigen elektrischen Anlage Folge zu geben und einen Ausflug nach Nagold zu machen, an dem sich auch Mitglieder der hiesigen bürgerlichen Kollegien beteiligen werden.
* Wie Zeitungen aus Regierungskreisen erfahren wollen, erwartet man dort aufs bestimmteste, daß Herr v. Häberlen die gegen seine Versetzung von der Stelle eines Regierungspräsidenten des Neckarkreises erhobene Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zurückziehen werde.
* Hetlbronn, 14. Aug. Vor einigen Wochen erschien im Schwarzwälder Boten eine Annonce, wonach ein angeblicher W. L ange, Schneidermeister in
faltet sich ein reges Leben und Treiben. Da wimmelt es von eleganten Spaziergängern, da rollen Hunderte von schönen Equipagen die Straße hinab, dem Zentral- Park zu, und der herrliche, grünbewachsene, elegante Platz bietet ein lebhaftes Schauspiel dar.
Aber es herrscht doch ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Faubourg St. Germain und der New- Jorker Fifth Avenue: das erste ist das Heim der stolzen Namen, der vielen Ahnen, die letztere ist freilich auch das Heim der Aristokratie — aber der Aristokratie Amerikas, der Ort, an dem die Mata- dore der Börse, die Millionäre und Geldfürsten ihre Wohnung aufschlagen.
Hier hatte Benjamin Hood zu seinen Lebzeiten gewohnt. Ich warf einen Blick auf das stattliche Haus, das er bei seiner Wohnung gekauft und völlig neu möbliert hatte. Jetzt hatte er keine Freude mehr an irdischem Hab und Gut.
Ich schellte. Die Thüre gab gleichsam unwillig meinem Drucke nach.
Der Port er, ein mürrischer Alter, fragte mit verdrossener Miene nach meinem Begehr.
„Ist Frau Hood zu Hause?"
Er schüttelte den Kopf. Frau Hood empfing heute nicht.
Er hatte den ausdrücklichen Befehl erhalten, jeden, wer es auch sei, abzuweisen. Frau Hood wünschte niemand zu sehen, sie war völlig von ihrem Kummer in Anspruch genommen.
Ohne auf die Rede des Alten zu achten, sprang ich die breite, teppichbelegle Marmortreppe hinan.
Heilbronn, den Meter Buckskin um 2 Mk. feilbot und etwaigen Bestellern Stoffmuster zur Verfügung stellte. Auf die eingelaufenen Bestellungen hin sandte nun Lange Muster, deren reeller Wert in Wirklichkeit sich nach der Schätzung Sachverständiger auf 6—7 Mk. pro Meter belief. Bei Uebersendung der Muster teilte Lange den Bestellern mit, daß er nur gegen Nachnahme, oder, was mit Rücksicht auf das „große" Porto vorteilhafter seie, gegen bar versende. Trotz dieses offenbaren Schwindels liefen von allen Seiten, namentlich von Oberschwaben und Elsaß-Lothringen Geldbeträge ein. Bis heute aber warten die Besteller noch auf Empfang der bestellten Buckskin-Stoffe. Auch die angestellten Nachforschungen verliefen erfolglos, ein Schneidermeister -Lange hat hier niemals existiert. Uebrigens ist man nunmehr dem Lange, der mit so viel Erfolg auf die Leichtgläubigkeit des Publikums spekulierte, auf der Spur, da er sich der Postbehörde gegenüber mit einem Reisepaß legitimierte, was zu seiner Entdeckung führen dürfte.
* (Verschiedenes.) Auf dem Bahnhof in Cannstatt wollte ein junger Mann in den Schnellzug nach Stuttgart einsteigen, als dieser schon im Gange war. Er hatte aber den Tritt verfehlt und wurde nun, sich an der Aufstiegstange festhaltend, eine Strecke weit geschleift. Der Zug wurde durch Hilferufe zum Stehen gebracht. Der junge Mann, der sich in der Todesangst fest angeklammert hatte, ist mit dem Schrecken davon gekommen. Ohne Strafe wirds aber kaum abgehen. — In Erbach wurde dem Landjäger sauter im Gasthaus zum Rößle von 2 Maurergehilfen und dem Wirt der Säbel und das Gewehr abgenommen, und nach dessen Entwaffnung derselbe mit Schlägen traktiert. Der Grund zu diesem Exzeß soll der gewesen sein, daß Sauter die Magd des Wirtes wegen Obstdiebstahls verhaften wollte. — In Geislingen hat sich der Konditor M. am Sonntag abend vom Bühnenraum des Hauses aus abgestürzt und wurde am andern morgen tot aufgefundenq— In einem Orte bei Wald see sollte eine Trauung stattfinden, der Bräutigam erschien aber nicht u.es wurde zum Schrecken der Braut aus derSachenichts.
* In Edenkoben (Rheinpfalz) kam dieser Tage der gewiß seltene Fall vor, daß ein Pferd auf offener Straße von einem Schwarm Bienen überfallen und so zugerichtet wurde, daß es alsbald zusammenbrach. Das verendete Pferd hatte einen Wert von 1000 Mk.
* München, 12. Aug. Ein hervorragendes Prachtstück deutscher Goldschmiedekunst ist in der Werkstatt von Th. Heiden hier fertig geworden: die goldene Bürgermeister-Kette, welche der Kaiser für das Stadtoberhaupt von Metz fertigen ließ. Der herrliche Schmuck ist nach einem Entwurf von Prof. Seder in Straßburg gefertigt; als die Zeichnung dem Kaiser vorgelegt wurde, schrieb dieser auf das Blatt: „Originell und korrekt im Stil ist der Entwurf ein Muster von Schönheit und Geschmack."
* Kissingen, 14. Aug. Am nächsten Sonntag werden wieder größere Deputationen zur Begrüßung des Fürsten Bismarck hier eintreffen. Massenbesuche sind aus Meiningen, Hfldburghausen und Coburg angemeldet.
* Bayreuth, 13. Aug. In dem Nachbarstädt
chen Creussen sind 37 Wohngebäude und 13 Nebenhäuser in voriger Nacht niedergebrannt. Ein Feuerwehrmann kam dabet umS Leben, einer wurde schwer verletzt und einer wird noch vermißt. Das Feuer wurde durch ein 3jähriges Kind verursacht, das mit Zündhölzchen spielte.
* Berlin, 15. August. Der Zentralverein der deutschen Lederindustrie lehnte eine Teilnahme an der 1894er internat. Antweipener Ausstellung ab. — Der nächsten Session des Reichstags soll ein Gesetz über die Errichtung von Handwerkerkammern bestimmt vorgelegt werden.
* „Gegen Rußland", betitelt sich ein bemerkenswerter Artikel in der Berliner Fachzeitschrift „Export", in welchem allerdings eine so tiefe Abneigung gegen Rußland zum Ausdruck kommt, wie wir derselben in der deutschen Presse noch selten begegnet sind. Die Regierung wird darin aufgefordert, den Zollkrieg mit aller Entschiedenheit, eventuell mit einem Einfuhrverbot gegen alle russischen Waren zu Ende zu führen, da sie sich sonst um alles Vertrauen bringen würde. Endlich einmal muß ein Kampf zu Ende geführt werden, der seit Anfang des Jahrhunderts für uns eine Schmach gewesen ist, weil er deutscher-, speziell preußischerseits niemals mit der Energie ausgenommen wurde, wie unsere Interessen es verlangten, und weil immer und immer wieder feige politische Rücksichten es verhindert haben, der russischen Politik scharf und rücksichtslos gegenüberzutreten. Der „Export" führt dann aus, daß die russischen hohen Tarife nur den 200 bis 300 reichen Russen und den mit ihnen „finanziell liierten" hohen russischen Beamten Vorteile bringen, welche an den großen industriellen Unternehmungen in Moskau beteiligt seien. Der „Export" schließt seinen Artikel: „Wir müssen den Kampf durchführen. Wird Rußland gewahr, daß wir dies in unbeugsamer Weise zu thun beabsichtigen, so giebt es nach. Htnter- thüren hat es sich genug dazu offen gelaffen."
"(Der deutsche Adel.) Seit 1878 besteht ein Zentralhilfsverein von der deutschen Adelsgenoffenschaft, der im vorigen Jahr über ganz Deutschland ausgedehnt worden ist, „um der Verarmung des deutschen Adels oorzubeugen und seine Wiedergeburt anzustreben." Jetzt ist von diesem Verein über die ersten fünf Jahre seines Bestehens ein Bericht veröffentlicht worden, der „den nicht wegzuleugnenden Niedergang des Adels" zugesteht und um Unterstützung der adligen Genossen bittet.
* Aus Danzig wird gemeldet: Das russische Heu- Export-Verbot wird bestätigt. Die Einfuhr war deutscherseits wegen der Choleragefahr längst beschränkt.
Ausländisches.
* Nach einer Meldung des Couriers verlautet in Wien, die ungarischen Corpsmanöver, an denen auch Kaiser Wilhelm teilnehmen wollte, würden wegen der Choleragefahr verschoben.
* Budapest, 14. Aug. Aus Oberungarn werden große Ueberschwemmungen, durch Wolkenbrüche herbeigeführt, gemeldet. In verschiedenen Ortschaften sind viele Häuser eingestürzt, sowie Menschen und Vieh umgekommen. Post- und Telegraphen - Verbindungen sind unterbrochen.
Auf jedem Absätze standen Statuen, von Blumen und Blattpflanzen umgeben. Benjamin Hood war ein Km.stmäcen gewesen, er hatte stets eine offene Hand für alle Künstler gehabt.
Oben angelangt, schellte ich abermals.
Ein Diener öffnete mir.
„Ist Frau Hood zu Hause?"
Frau Hood empfängt niemand. Wir haben so viel Trauriges durchgemacht. Wir bedürfen der Ruhe —" Und der Schlingel wollte mir die Thür vor der Nase zumachen.
Ich verstand in diesem Augenblick keinen Spaß, und ehe er es versah, kam ich ihm zuvor.
Ungeniert stieß ich die Thür auf, schob den Diener unsanft beiseite und legte ganz gemächlich Hut und Ueberrock ab.
„Ueberbringen Sie Ihrer Herrin sofort diese Karte!" befahl ich ihm, indem ich ihm eine Visitenkarte reichte, auf die ich einige Worte geschrieben hatte.
Der Diener verschwand.
Ich blickte um mich. Wohl hatte ich viel von der Pracht gehört, die Benjamin Hood bei der Einrichtung seiner Wohnung entfaltet hatte, aber was ich jetzt sah, überstieg meinen kühnsten Vorstellungen.
Vor mir lag eine lange Reihe von Sälen, und in allen glänzte und schimmerte es.
Alles, was unbeschränkte Mittel nur anschaffen können, alles, was das Auge entzückt und erfreut, alles, was schön, angenehm und bequem ist, hatte ein vorzüglicher Geschmack hier vereint.
Noch stand ich verloren in der Betrachtung aller
dieser Herrlichkeiten da, als ich hinter mir das Rascheln von Frauengewändern vernahm. Es war Anny Hood.
Ich ging ihr einige Schritte entgegen und stand im nächsten Augenblick der schönsten Fra« gegenüber, die ich je gesehen. Ihre bewundernswerte Figur und Haltung, die Eleganz ihrer Bewegungen, die großen, tiefen, jetzt verschleierten Augen, die klassische Nase — ich kann es nicht leugnen, mein Herz schlug laut, als sie mir nach einer leichten Verbeugung die Hand reichte.
„Bitte, nehmen Sie Platz, Mr. Moore! Verzeihen Sie, daß ich Sie warten ließ, aber ich war gerade beschäftigt, einen Brief an meine Schwester in Chicago zu schreiben und ihr von gem—". Ihre Augen füllten sich mit großen Thränen.
„Mrs. Hood," begann ich, Sie haben aus meiner Karte ersehen, wer ich bin und aus welcher Veranlassung ich komme. Seien Sie überzeugt, daß ich den großen Verlust, den Sie erlitten haben, begreife und aufrichtigen Anteil an Ihrem Kummer nehme. Aber selbst auf die Gefahr hin, rücksichtslos zu erscheinen, gebietet meine Pflicht mir, gewisse Fragen an Sie zu richten, die ich Sie zu beantworten bitte."
Sie neigte ihr Haupt ein wenig.
„Ich weiß freilich," fuhr ich fort, „daß es Ihnen in der Sache selbst keinen Trost gewähren kann, wenn — der Mörder entdeckt wird. Benjamin Hood wird deswegen nicht von den Toten auferstehen. Das Ge- fetz aber muß seinen Gang gehen."
(Fortsetzung folgt.)