* Wilna, 15. Aug. Infolge wiederholter Wolken­brüche sind viele Stadtteile überflutet; gegen 30 Per­sonen kamen um. Die Ueberschwemmung hat hier und in den benachbarten Dörfern beträchtliche Ver­heerungen angerichtet.

* Paris, 14. August. DerTemps" meldet: Sonntag nachmittag gab ein der revolutionären Partei angehörendes Individuum zwei Revoloerschüsse auf Lockroy ab, als dieser zur Sitzung seines Wahlkomites sich begab. Lockroy ist an der linken Brust ver­wundet, scheinbar nicht erheblich.

* Das gegen Lockroy verübte Attentat wird auf ein politisches Motiv zurückgeführt, da Lockroy's Kandidatur von den Revolutionären energisch bekämpft wird. Thäter ist der Kutscher Moore, ein Volks­dichter und revolutionärer Sozialist. Er wurde so­fort vom Untersuchungsrichter verhört. Moore scheint keinerlei Reue zu spüren. Die Nachbarn halten ihn für verrückt.

* Der Rückzug der Franzosen in der Chicagoer Weltausstellung von der Teilnahme um die Prets- bewerbung ist einer der merkwürdigsten Züge in diesem internationalen Wettkampf. Der französische Re- gterungskommisssar rechtfertigt in einem Schreiben an die französischen Aussteller die Aufgabe oes Wett­bewerbes durch folgende Gründe: Erstens sei die Verleihung von Ehrendiplomen und abgestuften Di­plomen von der Ausstellungs-Kommission abgelehnt worden; zweitens habe dieselbe sich geweigert, eine obere Jury als Revisions-Instanz einzusetzen, welche den französischen Interessen eine zuverlässige Bürgschaft gebe. Da alle anderen Nationen den Wettbewerb angenommen haben, nachdem ihre Hauptbeschwerden gegen das ursprüngliche Reglement Berücksichtigung gefunden hatten, so bleibt der Schritt der Franzosen um so auffallender. Die amerikanische Presse ist ein­stimmig der Ansicht, daß die Franzosen sich zurück­gezogen haben in der Besorgnis, daß sie gegenüber der Ausstellung der Deutschen geschlagen werden würden. Es ist dies ein neuer Triumph der deutschen Ausstellung in Chicago.

* London, 15. Aug. Der Minister des Innern erhielt eine von 103000 irischen Frauen gezeichnete Eingabe, worin sie gegen die Errichtung eines Parla­ments in Dublin protestieren, weil das Parlament aus alle unabhängigen und protestantischen Iren eine unerträgliche Tyrannei ausüben würde. Die Eingabe geht weiter an die Königin Viktoria.

* Petersburg, 15. Aug. Das heutige Gesetz­blatt veröffentlicht einen kaiserlichen Befehl, wonach die Annahme von Silber in Barren oder in alter Münze durch den Münzhof zum Austausch oder zur Umprägung in neue Münze eingestellt wird. Die Einfuhr ausländischer Silbermünzen, ausgenommen chinesische Jamben, nach Rußland ist verboten. Der Finanzminister setzt den Termin des Inkrafttretens durch Verordnung fest.

* Bukarest, 14. Aug. Das heutige Cholera- Bulletin lautet: Vom 12. bis zum 14. Aug. kamen in Braila 27 Erkrankungen und 15 Todesfälle, in Sulina 43 Erkrankungen und 17 Todesfälle, in Cernavoda 9 Erkrankungen und 3 Todesfälle und in Galatz 3 Erkrankungen und 1 Todesfall vor.

* Die infolge der Silberkrisis beschäftigungslos gewordenen Arbeiter der zahlreichen Schmelz- und Minenwerke der nordamerikanischen Südwest-Staaten drängten sich in erschreckender Anzahl um Denver zusammen und haben eine so drohende Haltung an­genommen, daß man eine Plünderung der Stadt be­fürchtet. Die Bankhäuser der Stadt haben die Re­gierung aufgefordert, vom Fort Logan 700 Soldaten zu senden, um Stadt und Umgegend zu schützen. Vor­läufig ist die gesamte Miliz des Staates bewaffnet und in Bereitschaft gestellt.

* Ueber die Ermordung der beiden schwedischen Missionare Wickholm und Johanson in Sungpu, China, sind jetzt genauere Nachrichten eingetroffen. Sungpu ist eine Stadt von 20000 Einw., ungefähr 100 Kilom. von Hankau entfernt, auf der groben Straße nach Peking. Die Bevölkerung war bisher den Fremden nicht feindlich gesinnt und die beiden schwedischen Missionare glaubten daher, in Sungpu einen günstigen Boden für ihre Bestrebungen zu fin­den. Sie mieteten ein Haus, allein es entstand bald eine Agitation gegen sie, und die Eingeborenen, die ihnen das Haus vermietet hatten, wurden ins Ge­fängnis geworfen und geschlagen. Ende Juni sollte, wie der Ostastat. Lloyd meldet, in Sungpu ein großes Fest mit Prozession stattfinden, und der Taotai be­nachrichtigte die beiden Missionare, sowie den in Hankau residierenden schwedisch-norwegischen Konsul Thyen, daß ihm das Gerücht zu Ohren gekommen sei, der Pöbel gehe mit dem Gedanken um, die Mis­sionare zu ermorden. Der Taotai riet dem Konsul, den Missionaren anzuempfehlen, Sungpu zu ver­lassen, bis sich die Gemüter wieder beruhigt hätten. Der Konsul that, wie ihm geraten, doch erhielt er von den Missionaren die Antwort, daß sie beide, da ihrer Ansicht nach keine Ausschreitung zu befürchten sei, beschlossen hätten, Sungpu nicht zu verlassen. Die Festlichkeiten begannen am 28. Juni und der Ort wurde von Tausenden von Personen besucht. Am Samstag 1. Juli sollte die große Prozession stattfinden. Schon früh morgens belagerte ein großer Pöbelhaufen das Haus der Missionare, warf Steine hinein und versuchte es zu stürmen. Die beiden Insassen flüchteten sich in das Nächstliegende Gebäude, worauf der Haufe in das Missionshaus einbrach, es plünderte und alles demolirte. Der Pöbel machte sich daran, das Haus zu stürmen, in das sich die beiden Missionare geflüchtet hatten; diese zogen sich hierauf in ein anderes Gebäude zurück, wo man sie aber bald entdeckte. Nun stürzte sich der Haufe auf die beiden Fremden, die, von 4 Männern mit eisernen Stangen angegriffen, sofort zu Boden geschlagen wurden; der rasende Pöbel fiel über die Unglücklichen her und schlug sie mit Pfählen, Karsten und dergl. tot. Dann wurden die Leute, die den Missionaren das Haus vermietet hatten, aufgesucht und arg miß­handelt. Das Missionshaus selbst setzte man in Brand. Von einer Bestrafung der Schuldigen hört man nichts.

Handel «nd Verkehr.

* Stuttgart, 14. Aug. (Landesprodukteu-Börse.) Die anhaltend günstige Witterung der vergangenen Woche ermöglichte das Einbringen der Brotfrüchte

sehr. Am Weltmärkte blieb die Stimmung für Ge­treide aller Art lustlos, gegen Ende der Woche wurden höhere Preise gefordert. Die süddeutschen Märkte er­hielten schon Zufuhren neuer Ware und war dieselbe etwas billiger zu kaufen. Der diesjährige Herbst­saatenfruchtmarkt findet am Montag den 4. September im Börsenlokal statt. Die Börse ist gut besucht. Geschäft von keinem großen Belang. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, La klats, Mk. 17.95 bis 18.40, Dinkel Mk. 12.40, Gerste, Ungar, neu Mk. 17.70 bis 19.10, Hafer, alter Oberl. Mk. 18.25. Mehlpreise per 100 Kilogr. inkl. Sack bei Wagenladung: Suppen­gries Mk. 30.50, Mehl Nr. 0: Mk. 29.50 bis 30, Nr.1: Mk. 27.50 bis 28.50, Nr. 2: Mk. 26 bis 26.50, Nr. 3: Mk. 23.50 bis 24.50, Nr. 4: Mk. 19.50 bis 20. Kleie mit Sack Mk. 11 per 100 Kilo je nach Qualität.

* Knittlingen, 13. Aug. Gestern wurde hier das Gemeindeobst im öffentlichen Aufstreich verkauft. Angeschlagen war das Simri Aepfel zu 1 Mk!, das Simri Birnen zu 70 Pf., Gesamtanschlag 1514 Mk., Erlös 1613 Mk. Diese Gemeindeeinnahme wird aber fast ganz absorbiert durch die der Gemeinde Heuer erwachsenen Ausgaben für Vertilgung von Mäusen, Maikäfern, Hornissen, Wespen und schädlichen Vögeln, welche sich bis jetzt auf nahezu 1600 Mk. belaufen.

* Großbottwar, 14. August. Heute wurden rund 700 Simri Allmandobst auf den Bäumen im öffentlichen Aufstreich versteigert und hieraus 776 Mark erlöst. Durchschnittlich kommt somit 1 Simri auf 1.10-1.20 Mk. zu stehen. Auf­fallend ist bei uns das plötzliche Absterben der Gur­kenpflanzen. Ein befeuchtender Regen wäre für alle Pflanzen, vornehmlich auch für junge Bäume, welche sichtlich unter der Trockenheit leiden, von größtem Werte.

Briefkasten der Redaktion.

An Hrn. Sch. in M. Wir nehmen für gewöhnlich von vorkommendem Wirtshaus-Ulk keine Notiz. Da Sie aber augeben, daß Sie seit dem Bestehen des BlattesAus den Tannen" ein treuer Abonnent sind, so wollen wir doch Ihrem Ersuchen um Abdruck Ihrer Einsendung, wenigstens in gekürzter Form, ent­sprechen. Nachstehend das wesentlichste:

(Die Macht des 6. und 7. Buch Mosis.) Im schö­nen Thale der Kleinen;, am Fuße des Berges von A. kehrten dieser Tage in der dortigen Wirtschaft nach vollbrachter Arbeit in N. 3 Maurermeister von C. ein und gaben an, es sei ihnen in N. verschiedenes Handwerkszeug gestohlen worden, die Ent­wendung werde aber dem Diebe schlecht bekommen, denn er müsse die Gegenstände nach dem 2 Stunden entfernten C. ab­liefern, sie besäßen das 6. und 7. Buch Mosis und dadurch die Zauberkraft, daß der Dieb unter allen Umständen kommen müsse. Früher abhanden gekommeue Werkzeuge hätten sie dadurch zurück­erhalten, und die Schmerlen, die der Dieb dabei auszuhalten habe, seien keine kleinen. Wirklich zeigte einer der Maurer die betr. Bücher vor, in welchen allerhand Zauberkünste schwarz auf weiß zu lesen waren. Zwei anwesende Männer bezweifelten aber die hochbeteuerte Zauberkraft derselben und um den gehörten Galima- tias zu entkräften, versteckten sie unbeachtet von dem von den Meistern vor der Wirtschaft niedergelegten Handwerkszeug. Jetzt sollten die Zauberer ihre Kunst erproben, sie wurden von ihr jedoch vollständig im Stich gelassen, was großes Gelächter her- oorrief. DieZaubermaurer", die diesmal keinen Speis aufzu­tragen verstanden, sind gründlich hereingefallen und unter vielem Spott zogen sie von dannen. Sie können nun darüber Nach­denken, daß man im Kleinenz-Thal auch zu Hause ist und nicht an jeden Hokuspokus glaubt.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Mensteig.

Haus- und Landwirtschaftliches.

* (Zehn Gebote der Pferdefütterung.) 1. Füttere reichlich im ersten Lebensjahre. Die Füllen nehmen in diesem Alter an Körpergewicht und Höhe ebenso­viel zu, als in den übrigen Entwicklungsjahren zu­sammengenommen. Wenn die zum Wachstum nötigen Stoffe aber im Futter nicht geboten werden, leidet die Entwicklung. Versäumnisse in kurzer Zeit lassen sich nicht wieder gut machen. 1. Füttere oft und regelmäßig, um Verdauungsstörungen zu verhüten. Der Pferdemagen ist verhältnismäßig klein, er faßt beim mittelgroßen Reitpferd nicht viel mehr als der Magen eines Hundes. Namentlich müssen die Füllen oft gefüttert werden. 3. Füttere nicht nur kräftig während des starken Gebrauches, sondern auch längere Zeit vor demselben. 4. Füttere nicht stark un­mittelbar vor starker und rascher Arbeit. Das Pferd arbeitet wohl mit dem Futter des Tages zuvor, aber nicht mit dem Futter des Tages.Das Morgen­futter findet man im Mist, das Abendsutter im Kreuz, in den Muskeln der Pferde," darum gebe man das Kraftfutter in der Hauptsache, also zu zwei Drittel des Abends nach der Arbeit. Es wird dann während der nächtlichen Ruhe gut verdaut und assimiliert. Mangelhaft ist die Verdauung, wenn das Pferd nach der Aufnahme von Kraftfutter gleich zu starker und schneller Arbeit herangezogen wird. 5. Je raschere Arbeit verlangt wird, desto konzentrierter muß das Futter sein. 6. Für edle Reit- und Kutschpferde muß Hafer das Hauptfutter bilden. 7. An lang­same Schritlpferde kann man vorteilhaft voluminösere

Futtermittel, Wurzelgewächse und auch mancherlei Fabrikabfälle füttern. 8. Sehr bewährt haben sich als Futter für sämtliche Dienstleistungen: Pferde­bohnen, Erdnußkuchen, Maiskeime und getrocknete Biertreber. In der vielfach beliebten Maisfütterung können wir bei den verhältnismäßigen hohen Preisen dieses Futtermittels einen Vorteil nicht erblicken. Auch bet Fütterung des edlen Pferdes kann ein Teil des Hafers durch billigere Futtermittel ersetzt werden. Wir haben seit vielen Jahren die halbe Hafer­ration durch Erdnuß-Kuchen bester Qualität ersetzt. 9. Grünfutter muß stets vor dem Kraftfutter und letzteres auch nicht gemischt mit elfterem verab­reicht werden. Ebenso muß das Getränk stets vor dem Kraftfutter gereicht werden; größere Mengen Wassers nach Aufnahme von Hafer würden eine Fort­spülung des Hafers nach dem Dünndarm zur Folge haben. 10. Für Pferde mit normalem guten Ge­biß und unter der Voraussetzung, daß die Nahrung gesund ist, sind Zubereitungen der Futtermittel nicht nur unnötig, sondern meistens nachteilig. Besonders sei gewarnt vor Naßfutter, Einweichen oder gar Dämpfen und Kochen des Futters und dem Schroten des Hafers, wenn die Pferde noch gute Zähne haben. * * * *

* (Verhinderung des Schlagens der Pferde.) Pferden, welche gewohnt sind, mit den Hinterbeinen fortwährend im Stalle gegen feste Gegenstände zu schlagen, soll man oberhalb des Sprunggelenkes einen Gurt schnallen, an welchem durch einen schmalen Riemen eine harte Holzkugel derartig befestigt ist, daß sie etwa bis auf

die Mitte des Schienbeins herabreicht. Beim Aus­schlagen trifft die Kugel das Schienbein und das Tier wird durch den Schmerz, den es dabei empfindet, veranlaßt, seine Gewohnheit einzustellen.

* (Torfstreu gegen Seuchen.) Schon seit Jahren hat der Gutsbesitzer Vibrans-Wendhausen die Er­fahrung gemacht, daß in seinen Stallungen eine Er­krankung an der Maul- und Klauenseuche nicht vor­gekommen, während auf den meisten Gütern seiner Nachbarschaft diese Seuche allgemein in besorgniser­regender Weise aufgetreten war. Derselbe schreibt dies dem Umstande zu, daß bei ihm Torfmull als Einstreumaterial in den Vtehställen benutzt wird und glaubt, daß die Säure des Torfmulls im stände sei, die Bakterien, welche die Maul- und Klauenseuche Hervorrufen, zu töten. Die Beweise, daß dem Torf­mull in der That die Eigenschaft innewohnt, Krank- heitskeime zu löten, sind nun kürzlich durch Arbeiten, welche an der Universität Marburg zur Ausführung gelangten, erbracht worden. Darnach wird der Torf­mull tu Zukunft noch eine wesentlich ausgedehntere Verwendung finden als bisher.

* (Wafferschoffe der Obstbämnc.) Hat ein Baum eine regelmäßige Krone und keine Lücken, so sind Waffer- schoffe überflüssig und sauber wegzuschneiden. Hat dagegen ein Baum Lücken, so dienen die Wafferschoffe zur Bildung von neuen Ersatzzweigen, weshalb man diejenigen, welche sich am besten dazu eignen, stehen läßt und sie nur etwas zurückschneidet. Oft schon in drei, vier Jahren bringen diese neugebilveten Aeste recht schöne Früchte.