zum Versand bestimmter Mastochse durch und stellte sich auf freier Bahn dem daherbrausenden Schnellzug entgegen. Wohl oder übel mußte der Zug halten; ein Schaffner wollte das Tier wegführen, aber mit gesenktem Kopfe ging dieses zum Angriff vor und der Mann mußte von seinem Vorhaben abstehen. Es währte 67 Minuten bis der Zug seine Fahrt fort­setzen konnte. In demanFornsbach vorbet- fließenden Bach wurde am Samstag ein 84jähriger Schuhmacher tot aufgefunden; nur das Gesicht war im Wasser, während der übrige Körper trocken lag. Ob ein Unglück oder Selbstmord vorliegt, konnte noch nicht festgestellt werden. Am Sonntag nach­mittag wurde in Cannstatt ein frecher Bursche, als er mit einem Wagnerbetl und einem Bierschlegel bewaffnet, in ein Zimmer des Nebenhauses der Polizei­wache einbrechen wollte, auf frischer That ertappt und durch die Polizei verhaftet. An den Haus­reben der Schwetzer'schen Fabrik in Schramberg wurden am Montag die ersten reifen Trauben ge­schnitten. Der Schultheiß H. tnTriensbach (Crailsheim) erkrankte vor wenigen Wochen nach dem Genuß einer Leberwurst. Die Krankheit zog sich nach dem rechten Fuß, der dem bedauernswerten Mann abgenommen werden mußte. In Vaihingen a. Enz fand am Sonntag unter überaus zahlreicher Beteiligung von nah und fern die Einweihung der Stadtktrche statt.

* Karlsruhe, 7. Aug. Den neuesten Bestim­mungen zufolge findet nunmehr ein viertägiges Kaiser­manöver des 14. und 15. Armeekorps bei Kehl statt.

(Schw. B.)

* Gellmersbach, 7. August. Der langersehnte Regen ist nun in reichlichem Maße eingetreten und hat der Futternot mit einemmale ein schnelles Ende de» reitet. Der Ertrag an Obst ist hier ein solch reicher, wie einen solchen die jetzige Generation noch nicht er­lebt hat. Verkäuflich sind etwa 1000 Ztr. Diesen Segen anzusehen wird durch einen Gang hieher be­lohnt. Was den Weinstock betrifft, so hat derselbe, dank der hies. geschützten Lage, vom Winter- und Frühjahrsfrost nur unbedeutend gelitten und ist da­her in Beziehung auf Quantität ein Ertrag von 75 Proz. zu hoffen, während die Qualität eine ausge­zeichnete zu werden verspricht. Die Ernte ist in der Hauptsache zu Ende und darf als eine gute Mittel- Ernte bezeichnet werden.

* Dresden, 6. Aug. Eine strenge Verordnung der kgl. Poltzeidirektion, welche demnächst in Kraft treten wird, bestimmt, daß Kellnerinnen, Kassierer­innen, überhaupt alle in Gastwirtschaften, Weinstuben und Konditoreien beschäftigten weiblichen Bediensteten nachts 1 Uhr die Schankstätten ungesäumt zu ver­lassen haben. Die Wirte find verpflichtet, so lange ihre Wirtschaften im Betrieb find, jederzeit persönlich anwesend zu sein oder für Stellvertretung zu sorgen. In den Schankräumen sind alle Einrichtungen ver­boten, wodurch Räume und Plätze versteckt, verhüllt oder in irgend einer Weise dem freien Ein- und Ueber- bltck entzogen werden. Die Kellnerinnen haben an­ständige und unauffällige Kleidung zu tragen; auch ist ihnen verboten, an den Fenstern oder Thüren der Schankräume zu verweilen, Personen in ote Schank­

räume einzuladen oder Gäste zum Trinken zu bereden. Ebenso ist es ihnen untersagt, an den Gasttischen in Gemeinschaft mit den Gästen Platz zu nehmen. Die Strafen für Verstöße gegen diese Bestimmungen steigen bis 150 Mk. Geld oder 14 Tage Hast.

* Durch Spielen mit dem Schießgewehr ist wieder einmal ein entsetzliches Unglück herbeigeführt worden. In Wolters darf bei Luckenwalde hatte ein Ber­liner Jagdpächter sein geladenes Gewehr in sein Zimmer gestellt. Nachdem er sich entfernt, ergriff der etwa 15jährige Sohn das Gewehr und legte durchs Fenster auf seinen etwa 7jährigen Bruder an. Der Schuß krachte und der Kleine lag mit zerschmetter­tem Kopfe am Boden.

* Dem einheitlichen Packetporto, dessen angebliche Gefährdung durch die Reichsfinanzreform einem all­gemeinen Widerspruch begegnet ist, widmet auch die Nordd. Allg. Ztg." einen Verteidigungsartikel, um zu zeigen, wie der nun bald zwei Jahre bestehende Postpackettarif nach den verschiedensten Richtungen unseres wirtschaftlichen Lebens dem Ganzen wie dem Einzelnen, namentlich auch den weniger bemittelten Volkskreisen und den kleineren Geschäften durch die Förderung des gesamten Güteraustausches und Er­leichterung aller Verkehrsbeziehungen unschätzbaren Nutzen gebracht, zur Pflege der Wohlfahrt des deutschen Volkes betgetragen und sich allgemein die Anerkennung einer durchaus volkstümlichen Einrichtung erworben habe, wie er denn auch von vielen fremden Postvcr- waltungen der unseligen nachgeahmt worden sei.

* Kiel, 7. Aug. Auf dem PanzerschiffBaden" wurden heute Versuche gemacht, das im Rohr des betr. Geschützes steckende Geschoß auszutreiben. Der erste Versuch mit einer Salutkartusche mißglückte, da der Holzkeil in Stücke riß. Alsdann wurde eine Kartusche von 48 Pulver und der Verschlußkeil von einem anderen Geschütz eingesetzt, worauf die Granate glücklich hinausflog. Bet dem Versuch wurde die größte Vorsicht angewendei.

* Helgoland, 8. Aug. Der Kaiser ist heute vormittag um 9 Uhr an Bord der NachtHohen- zollern" hier eingetroffen. Um 10Vs Uhr betrat der Kaiser die Landungsbrücke, von dem Kommandanten und den Behörden der Insel empfangen, von den Bewohnern und den zahlreich versammelten Badgästen begeistert begrüßt. Sämtliche Straßen, die meisten Häuser und Boote sind mit Flaggen und Guirlanden geschmückt.

Ausländisches.

* Wien, 7. Aug. Die offiziöseMontagsrevue" bespricht den Zollkrieg zwischen Deutschland und Ruß­land, bedauert denselben und hofft auf baldige Be­endigung. Was Oesterreich anbelange, so werde es sein zollpolttisches Verhältnis naturgemäß nach seinen eigenen Verkehrs- und Produktionsverhältnissen regeln; das sei Oesterreichs Recht und Pflicht, Oesterreich müsse seine Vorteile ausnützen und sie nicht den Fran­zosen und Engländern überlassen.

* Zürich, 7. August. Der Sozialistenkongreß ist gestern zusammengetreten. Die deutsche Gruppen- versammlung beschloß unter stürmischen Szenen, keine Unabhängigen anzuerkennen, ebenso beschloß dieSchweizer Gruppe. Die Unabhängigen appellieren an den Ge­

samtkongreß. Am gestrigen Festzuge nahmen 8000 Personen teil. Auf dem Kantonsschulplatz fand ein großes Meeting statt. Es sprachen: Greulich für die Schweiz, Volders für Belgien, Hopson für Eng­land, Bebel für Deutschland, Turati für Italien. Kein Zwischenfall.

* Zürich, 8. August. Die gestrige Nachmittags­sitzung des Sozialistenkongresses ist äußerst stürmisch verlaufen. Aus Antrag der Engländer und Belgier wurde die Debatte schnell geschlossen und nach Natio­nalitäten abgestimmt; 16 Teilnehmer stimmten für den Ausschluß der Anarchisten. Me Franzosen weiger­ten sich, abzustimmen, und verursachten ununterbrochen Störungen. Als das Resultat der Abstimmung ver­kündet wurde, entstand ein ungeheurer Tumult, der mit der gewaltsamen Entfernung von 12 Anarchisten, darunter 7 deutschen, endete.

* Nach derN. Zür. Ztg." ist das deutsche sozial. Vereinshaus zur Eintracht in Zürich zu Ehren des Kongresses ganz besonders auffallend aufgeputzt. Die Mauerflächen sind mit Sprüchen in roter Schrift überdeckt, unter denen folgende zu lesen sind:Ohne Fürsten glücklich leben, ohne Pfaffen freudig sterben." Der Mensch soll als Mensch dem Menschen ein Gott sein."Die Arbeiter sind der Fels, auf welchem die Kirche der Zukunft gebaut werden soll." Auch der in der Oeffentlichkeit und zu Wahlzeiten so oft verleugnete Satz:Den Himmel überlassen wir den Engeln und den Spatzen" prangt an hervorragender Stelle.

* Paris, 6. Aug. Der Appetit kommt beim Essen! Es scheint, daß das zweite Ultimatum an Siam die Annexionslust gewisser Patrioten und Ko­lonialschwärmer immer noch nicht befriedigt hat. ebenso wenig als sie, wenn sie heute Elsaß Lothringen wieder bekämen, damit zufrieden wären, sondern mindestens das ganze Rheinufer verlangen würden. Nur wird, da es doch unanständig wäre, einen so kolossalen Appetit zu zeigen, die Sache hinter die Kambodschaner gesteckt. Nach demTemps" herrscht in Kambodscha eine große patriotische Aufregung. Die Königin- Mutter hat erklärt, daß sie bereit fei, Frankreich alles zu verzeihen, wenn Kambodscha die Provinzen Bat- tambang und Angkor zurückerhalte, welche im Jahre 1867 von den Siamesen abgenommen worden seien. Der König Norodom hat gestern aufs energischste erklärt, er werde Battambang wieder nehmen, und wenn Frankreich eine so vortreffliche Gelegenheit nicht benützen wolle, um seine Versprechungen zu halten, so werde er auch ohne franz. Ermächtigung Vorgehen, denn Kambodscha, enttäuscht, daß man nichts für es gethan, sei bereit, seine Rechte selbst geltend zu machen. Es scheint also, daß Kambodscha auf eigene Faust einen Krieg mit Siam führen will. Passieren kann ihm ja nichts, dafür wird Frankreich sorgen, es kann nur gewinnen und nichts verlieren.

* Paris, 7. August. Unter dm sozialistischen Gruppen und an der Arbeiterbörse herrscht eine leb­hafte Agitation, um am 1. Okt. einen allgemeinen Ausstand vorzubereiten.

* Paris, 7. Aug. Das Schwurgericht verurteilte wegen Fälschung von Urkunden Norton zu dreijähri­gem Gefängnis und lOO Francs Geldstrafe, Ducret zu einjährigem Gefängnis und 100 Francs Geldstrafe.

lebt hatte, mir so fern, als könne es sich unmöglich in der Weltstadt, in der zivilisierten Weltstadt New- Aork zugetragen haben.

4.

Daß der April unbeständig und launenvoll ist, das ist eine längst bekannte Thatsache. Aber auch auf seinen älteren Bmder, den März, ist nicht recht Verlaß.

Als ich am Morgen des 2. März erwachte, war es bereits Heller Tag. Ich sah nach der Uhr, der Zeiger stand auf neun. Ich hatte folglich volle sechs Stunden geschlafen. Ich fühlte mich frisch und er­quickt. Ohne mich lange zu besinnen, sprang ich aus dem Bett Beschluß und Handlung sind eins beim Detektiv. Ich zog den Vorhang auf und blickte hinaus. Strahlend blauer Himmel, herrlicher Sonnen­schein. Aber kalt war es heute; das Thermometer zeigte 5 Grad unter dem Gefrierpunkt.

Ich kleidete mich ganz langsam an. Ich hatte ja keine besondere Eile. Und dann hatte ich so viel zu denken!

Ich dachte an den Gemordeten-Benjamin

Hoods ganzes Leben zog an meiner Seele vorüber. Ich verfolgte im Geiste die Spur, die meiner Mei­nung nach zum Ziele führen mußte, ich suchte mir die dunklen Punkte zu erklären, ich zog meine Schluß­folgerungen.

Benjamin Hood war eine der bekanntesten Per­sönlichkeiten in ganz New-Aork. Vor zwei Jahren war sein Name in aller Leute Munde. Auf den

Straßen verkaufte man Flugblätter, die seine Lebens­schicksale enthielten. Heute sollte sein Name abermals in aller Munde sein und ich war auserlesen, das dunkle Rätsel zu lösen, ich sollte unter den Hundert­tausenden von Bewohnern dieser Weltstadt ein Indi­viduum ausfindig machen und sagen:Du bist der Verbrecher. Du hast Benjamin Hood ermordet!"

Doch ich will Thatsachen berichten.

Benjamin Hood war der Sohn reicher Eltern und erhielt eine seinen Verhältnissen entsprechende Erziehung; er war ein schönes Kind und wurde von seinen Eltern sehr verzärtelt. Als er älter wurde, begann er ein ausschweifendes Leben zu führen. Er nahm schon lange vor der Zeit an allen möglichen Vergnügungen teil, die nur einem gesetzten Alter zu­kamen. Kaum zum Jüngling herangereift, hatte er sich schon einen Namen in der jouiwssa äorss von New-Aork gemacht. Seine Geschicklichkeit als Billard­spieler war allgemein anerkannt und im Reiten nahmen es nicht viele mit ihm auf.

Aber dem alten James Hood, Benjamins Vater, fing die Sache an bedenklich zu werden. Er selber war sein ganzes Leben lang strebsam und fleißig gewesen, und obwohl im Besitze unermeßlicher Retch- tümer, war ihm jeder Dollar, den er ausgcben mußte, ein Kummer. Als nun der Sohn dem Vater eines Tages einen ganz beträchtlichen Wechsel vorlegte, den er in vierundzwanzig Stunden einlösen mußte, da geriet der alte Herr dermaßen außer sich, daß er einen Schlaganfall bekam.

Aber James Hood war zähe, er erholte sich

bald wieder und stand seinem Geschäfte mit ununter­brochener Kraft vor; er kaufte und verkaufte mit derselben Berechnung und Klugheit wie früher und verbrauchte unendlich viel mehr. Alle seine Vorstellungen waren fruchtlos. Der Sohn setzte sein ausschweifendes Leben fort.

Da, in der elften Stunde erschien ein Retter in der Not! Benjamin Hood hatte ein Jugendfreund, Archibald Förster, der in jeder Beziehung das Gegen­teil von ihm war. Er sah bleich und mager aus und war sehr zurückhaltend, seine blauen Augen drück­ten aber so viel Kraft und Verstand aus, daß man ihn unwillkürlich betrachten mußte. Sein Körper war sehnig und elastisch. Schon mit zwölf Jahren hatte er mit eigener Lebensgefahr einen Kameraden vom Ertrinken errettet. Mit fünfzehn Jahren bändigte er ein scheugewordenes Pferd, das in wahnsinnigem Galopp den Broadway hinabstürmte.

Archibald Förster war rastloser Natur. Der bleiche, stille Jüngling wollte hinaus in die Welt, er sehnte sich danach, seine Kräfte zu erproben, in seiner Seele brannte ein Feuer, das zugleich der Fluch und der Segen des Menschen ist der Ehrgeiz.

Er ging zur See und war viele Jahre fort, ohne daß man das geringste von ihm hörte. Seine Eltern waren gestorben. Weitere Angehörige hatte er nicht.

So verfloß eine Reihe von Jahren, und dann kehrte Archibald Förster eines Tages in seine Vater­stadt zurück.

(Fortsetzung folgt.)