einem Mädchen, welches vorgab, hier eine Stelle zu suchen; er trug ihr seine Begleitung in ein hiesiges Gasthaus an und die reizende Schöne nahm das Anerbieten auch an. Der erfinderische Handelsmann gab nun seine Klientin in dem Gasthaus als seine Tochter aus, bezog ein gemeinsames Zimmer, als er aber am Morgen schlaftrunken erwachte, machte er ein verblüfftes Gesicht, denn die angebliche Tochter war ausgeflogen, nicht ohne ihm die Hosen, die der Vorsichtige zu sich ins Bett genommen hatte, zu untersuchen und sie des baren Inhalts von 300 Mk. zu erleichtern. Wohl fahndet die heilige Hermandat nach der ausgerissenen „treulosen Tochter", ob es ihr aber gelingt, sie dem Strafrichter zu übergeben und dem „gerupften Vater" die fehlenden Moneten zu überliefern, wird die nächste Zeit lehren. Tagsüber mußte der Verlassene, der wohl besser geschwiegen hätte, manchen Spott einsacken. Er soll der Vater einer zahlreichen Familie sein.
-r. Altensteig, 2. Aug. Baumbesttzer, namentlich solche, deren Bäume reichlich mit Obst behängen find, machen die Erfahrung, daß die Bäume wirklich viel Obst fallen lassen, daß auch Blätter welk werden. Da ist es höchst nötig, den Wurzeln solcher Bäume größere Wafsermassen beizuführen, also unter der Baumkrone, möglichst vom Stamm entfernt, Löcher zu graben und diese mehreremale mit Wasser zu füllen. Beim Aafgraben des Bodeus steht man sofort, daß der seitherige Regen nur etwa 10 om tief eingedrungen ist, für die Saugwurzeln also wenig Wert hatte. Während somit noch viel Regen zu wünschen ist, ist andererseits für die Ernte gutes Wetter nötig. Das Erdreich ist durch die anhaltende Dürre so erhitzt worden, daß die beregnete Frucht schon nach wenigen Tagen auszuwachseu beginnt.
"Altensteig, 2. August. Infolge Beschlusses der Ulmer Ausschußsttzung vom 23. Juli l. Js. versammelten sich am Samstag den 29. Juli in Plochingen die Vertreter der Gewerbe-Vereine Eßlingen, Göppingen, Kirchheim, Reutlingen, Stuttgart und Ulm, um in engerer Sitzung die Frage „der Vertretung der Interessen des Kleingewerbestandes" zu besprechen. Man vereinigte sich dahin, dem am 3. und 4. Sept. l. Js. in Cannstatt stattfindenden Verbandstag folgende Sätze zu unterbreiten: 1) Für die Vertretung der Interessen von Handel und Gewerbe sind als einheitliche Verbände die Handels- und Gewerbekammern beizubehalten. 2) Die bestehende Zusammensetzung der Handels- und Gewerbekammer ist dahin auszubauen, daß mindestens V-, ihrer Mitglieder dem Gewerbestand angehört. Das bisherige Recht der Beiwahl ist aufrecht zu erhalten. Für einzelne Beratungen ist fakultative Trennung in Sektionen vorzusehen. 3) Wahlberechtigt ist jeder Gewerbesteuerpflichtige (ohne vorherige Anmeldung zur Wählerliste.) 4) Die Wahl zur Handels- und Gewerbekammer erfolgt getrennt, so daß in gesonderten Wahlgängen 1. die Vertreter der ins Handelsregister Eingetragenen und 2. diejenigen der übrigen Gewerbesteuerpflichtigen gewählt werden und zwar so, daß jede Wähler-Abteilung nur ihre eigenen Vertreter wählt. 5) Die Gesamtzahl der in jedem Kammerbezirk zu wählenden Vertreter ist durchgängig zu vermehren. 6) Die Zahl der Abstimmungsbezirke ist dementsprechend zu
sich auch zeigen — entweiche ihnen, zeige dich niemals schwach! Du mußt Augen und Ohren offen halten. Dein Ohr muß das geringste, undeutlichste Wort auffassen, deine Augen müssen scharf sein wie die des Falken. Und dein Körper muß alle Strapazen ertragen können: strömenden Regen, eisige Stürme, schlaflose Nächte und Tage voller scharfsinniger, logischer, haarfeiner Berechnungen.
Mein Diener hatte inzwischen meine Zimmer erleuchtet.
Ich sehe nach meiner Uhr, sie zeigt auf halb Zwölf.
Ich strecke mich auf einen langen, bequemen Divan aus, und der milde Genius des Schlafes klopft schon an meine Thür — ich widerstehe nicht.
Ich höre weder die Schritte meines Dieners im Nebenzimmer, noch den Regen, der gegen die Fensterscheiben schlägt, als wolle er sie sprengen; auch den Sturm, der draußen heult, vernehme ich nicht mehr. Zehn Stunden süßen, ungestörten Schlafes liegen vor mir, zehn Stunden ununterbrochener Ruhe-
Da ertönte meine Glocke, es ist ein langes, heftiges, schrilles Schellen.
Ich kann mich nicht sogleich besinnen — ich war bereits halb eingeschlafen.
Ein Augenblick vergeht. Da schellt es abermals, ebenso schrill und anhaltend als vorhin. Henry stürzt hinaus in den Vorsaal, und ich höre halb im Traume die Worte, die er und der Fremde aus- tauschen.
„Ist Mr. Moore zu Hause?"
„Jawohl, mein Herr ist soeben zurückgekommen.
erhöhen. 7) Die Gesamtkosten für die Handels- und Gewerbekammern sind aus Staatsmitteln zu bestreiten.
* Freudenstadt, 31. Juli. Der provisorische Ausschuß des neugegründeten nationalen Vereins hatte die Freunde seiner Sache in Stadt und Land zu einer Hauptversammlung in den Gasthof z. Adler dahier eingeladen. Dieser Einladung waren gestern nachmittag etwa 150 Bürger von hier und Umgegend gefolgt. Als Redner trat Herr Redakteur Stockmayer aus Stuttgart auf. In der aufgelegten Liste haben etwa 80 Bürger ihren Beitritt zum nationalen Volksverein erklärt.
* Freuden st adt, 31. Juli. Bei dem gestern hier gehaltenen Bezirksmisstonsfest redete Pfarrer Hiller von Pfalzgrafenwetler über J-s. 25,8, das er als ein rechtes Äerheißungswort für das Weck der Mission betrachtete, und gab im Anschluß daran den Rechenschaftsbericht, nach dem die Gesamtbeiträge im Bezirk (4273 Mk.) gegen das Vorjahr ein erfreuliches Mehr von 413 Mk. aufweisen. Hierauf sprach Missionar Daur über die Zustände und die Mission in Indien, worauf zum Schluß Misstonsprediger Fritz aus Stuttgart über die Missionsthätigkeit in Afrika (Sansibar, Uganda, Umgebung des Nyassasees, Kamerun u. s. w.) Bericht erstattete.
* (Nette Leute.) Die gestrige „Heilbr. Ztg." stellt fest, daß ein hervorragendes Mitglied der deutschen Partei in Heilbronn zwei Arbeiter, den Zementardeiter Rostert und den Gärtner Wilhelm Dederer, gegen eine Belohnung von 250 Mk. gedungen habe, den Herausgeber des genannten Blattes Dr. Lipp bei der ersten besten Gelegenheit mit einem ordentlichen Prügel ntederzuschlagen." Die beiden Arbeiter erklärten sich bereit, dies eidlich zu bekräftigen und geben zu, in der Nacht vom 10. auf 11. Juni den Versuch gemacht zu haben, den erhaltenen Auftrag auszuführen; nur der Umstand, daß Lipp ihnen in Begleitung eines Arbeiters begegnet sei, habe sie von Tätlichkeiten abgehalten.
^ (Verschiedenes.) In der Stadtktrche in Vaihingen a. E. stürzte der 34 Jahre alte Steinhauer Johannes Hücker von Aurich von einem Gerüst herab und erlitt einen Schädelbruch. Er wurde in das Beztrkskrankenhaus verbracht und wird nach Ausspruch der Aerzte wohl seinen Verletzungen erliegen müssen. — In Althengstett ereignete sich am Samstag morgen ein höchst bedauerlicher Unglücksfall. I. Schwarz, welcher den obersten Teil des Giebels eines Hauses zugemauert hatte, wollte die Verschalungsbrelter entfernen, bekam dabei das Ueber- gewicht und stürzte etwa 15 Meter hoch herab. Er trug so schwere Verletzungen davon, daß er in das Krankenhaus nach Tübingen überführt werden mußte. — In Ulm wurden einem Bäckermeister aus seiner Wohnstube 130 Mk. in Gold gestohlen. — Am Montag abend ist in Zuffenh ausen ein Mann von Stuttgart, der während der Fahrt den Bahnzug verlieb, unter den Zug gekommen und wurde so schwer verletzt, daß er nach seiner Ankunft auf dem Bahnhof in Stuttgart gestorben ist.
* Heidelberg, 31. Juli. Auf eine Anfrage beim Fürsten Bismarck, ob er geneigt sei, eine Abordnung von Heidelberg zu empfangen, antworte der-
Er ist völlig erschöpft von der Reise. Sie müssen morgen wtederkommen I"
„Der Chef schickt mich!"
Im Augenblick war ich wach. Ich sprang so hastig auf, daß ich mich fast in meinen langen, warmen Schlafrock verwickelte, in den ich mich gehüllt hatte. Mit wenig Schritten war ich im Flur, aber meine Gedanken waren weit schneller als ich; ich sah ein, daß es aus war mit der ersehnten Nachtruhe, deren ich so sehr bedurfte, ich mußte wieder hinaus in Sturm und Regen, trotz der vorgerückten Stunde.
Jetzt stand ich dem unwillkommenen Ruhestörer gegenüber. Er war ein junger Mann, ein Neuling im Dienst. Er hatte ein offenes Gesicht mit ein paar Hellen, klugen Augen. In seinem Ausdruck, seiner Haltung, in jeder Bewegung, die er machte, spiegelte sich eine nervöse Ungeduld ab. Er war jugendlich an Jahren und jugendlich im Dienst, d. h. noch viel zu heftig, zu wenig vorsichtig. Man sah ihm an, daß er Karriere machen wollte, gleichviel um welchen Preis! Und da er der Adjutant des Chefs und auch sein Günstling war, so ward es ihm nicht schwer, sich bemerkbar zu machen.
Er schien ein wenig befangen, weil er mich um diese Zeit und unter diesen Umständen hatte stören müssen, und entschuldigte sich mit vielen Worten.
Ich unterbrach ihn jedoch und fragte: „Ein Diebstahl, ein Raub?" —
„Ein Mord!" erwiderte er, „und zwar ein Mord, von dem ganz New York morgen sprechen wird!"
Ich warf meinen Schlafrock ab und stürzte in
selbe gestern telegraphisch, daß ihm die Herren aus Heidelberg ganz willkommen sein werden. Unter der Führung des Reichstagsabgeordneten Weber begaben sich heute einige Heidelberger nach Ktsstngen, um den Altreichskanzler zu einem Besuche in Heidelberg ein. zuladen.
* Berlin, 1. August. Eine Extra-Ausgabe des Reichsanzeigers publiziert eine Bekanntmachung des Retchsschatzsekretärs, wonach die für von Zollzuschlag betroffenen Waren geltenden allgemeinen Zolltarifs- bezw. Vertragstarif-Zollsätze nur insoweit Anwendung finden, als die Abstammung der Waren aus andern Ländern als Rußland mit Ausschluß Finnlands glaubhaft nachgewiesen wird.
Ausländisches.
* Paris, 1. August. Der Figaro versichert, die abgemachte Thatsache der Wiedereinführung eines russischen Geschwaders im Mittelmeer sei ein neuer Beweis des vollkommenen Einverständnisses zwischen Rußland und Frankreich.
" Siam hat sich allen französischen Forderungen unterworfen. Ob auch die ganze Affaire damit aus der Welt geschafft ist, wird fraglich sein.
* Paris, 30. Juli. Alle Blätter sprechen ihre Freude aus über den Steg, den die französische Diplomatie in der siamesischen Frage davongetragen habe, und rühmen die Haltung und die Geschicklichkeit des Ministers des Auswärtigen Develle.
* London, 31. Juli. Nach einer Meldung der „Times" aus Shangai wurde die italienische katholische Mission am Mianiang, 90 englische Meilen südöstlich von Hankon, während eines Aufruhrs zerstört.
* London, 1. August. Die gesamte Presse heißt den Kaiser Wilhelm als stets gern gesehenen Gast, der in liebenswürdigster, kameradschaftlicher Weise mit den Seeoffizieren verkehre, willkommen.
" London, 1. August. Der Gräfin Hove wurden 100 000 Franken und ihre Diamanten entwenvet. Der Thäter ist vorläufig unbekannt.
* Co wes, 1. August. Kaiser Wilhelm wohnte einer Nachtwettfahrt an Bord der Nacht des Prinzen von Wales „Britannia" bet, um das Segeln des „Meteor" beobachten zu können. Der Kaiser war an Bord der gewinnenden Nacht. Abends war große Familientafel: der Kaiser saß rechts von dem Prinzen von Wales, links von der Königin Viktoria.
* St. Petersburg, 31. Juli. Durch einen Kaiserlichen Ukas ist der Finanzminister ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Minister des Auswärtigen spezielle Zollzuschläge zu den Sätzen des Max mal- tarifs einzuführen, welche auf Provenienzen aller Länder anzuwenden sind, wo von russischen Waren höhere Zölle als die des betreffenden Generaltartfs erhoben werden. (Hiedurch wird die Einfuhr aus Deutschland nach Rußland geradezu verboten.)
* (Russischer Großgrundbesitz.) Wie traurig es um den russischen Großgrundbesitz bestellt ist, beweist der Umstand, daß die Adel-Agrarbank in 47 Gouvernements 1785 Güter, deren Besitzer zahlungsunfähig sind, zum Verkauf stellt. Auf die einzelnen Besitzungen hat die Bank 100000 bis 850000 Rubel geliehen.
* Folgendes Räuberstück wird aus Belgrad ge
mein Arbeitszimmer, um einen dicken Rock und Schaftstiefel anzuziehen. Dann nahm ich von meiner Toilette mehrere kleine Dosen — man wußte ja nie, was geschehen konnte — und eilte wieder zurück in den Flur, wo der junge Mann ungeduldig wartete. Mein Diener hielt meinen langen „Ulster" in Bereitschaft und schließlich drückte ich mir einen breitkrämptgen Hut tief in die Stirn hinein.
Noch einmal kehrte ich in mein Zimmer zurück, und im nächsten Augenblick glitt ein kleiner, sonderbar aussehender Gegenstand in meine Tasche, es war ein sechsläufiger, geladener Revolver.
Jetzt war ich bereit, mochte kommen, was da wollte! Wir eilten die Treppe hinab. Die Thür stand offen. Wir traten hinaus — hinaus in Sturm und Regen. Aber ich empfand keine Müdigkeit mehr, mein Blick war scharf wie immer, eine gewisse, unbestimmte Freude erfüllte mein Herz. Plötzlich stand ich einen Augenblick stille. Ich knöpfte den Rock auf und zog meine Uhr hervor.
„Der erste März, 11 Uhr 55 Minuten," murmelte ich vor mich hin. Und im nächsten Moment stürmten wir weiter.
2 .
Es geht durch enge Gaffen, durch überbaute
Passagen-je weiter wir kommen, desto schmutziger,
unfreundlicher, schreckeinflößender werden die Straßen; die elenden Mauersteinhütten, an denen wir soeben vorüber eilten, haben den armseligsten Holzbuden Platz gemacht.(Fortsetzung folgt.)
Auflösung des Rätsels in Nr. 88: „Ameise, Meise, Eis."