nare aus Eigennutz durch allerhand Ränke. Seitdem Jahr 1872, wo die Freilassung der Sklaven erfolgte, blühe die Mission daselbst wieder prächtig auf, die Hauptstadt des Landes allein zähle jetzt schon 14,000 Christen und es sei schon die 4te Kirche erbaut wor­den, Hand in Hand damit habe auch die Zivilisation der eingeborenen Bevölkerung (Indianer und Busch­neger) große Fortschritte gemacht. Hierauf berichtete Hr. Missionar Lehmann, der in der Goldküste Westafrikas thätig war, über seine Erfahrungen da­selbst. Die dortige Bevölkerung lebe in einer schreck­lichen Gleichgültigkeit und Sorglosigkeit dahin, vom Worte Gottes wolle sie nichts wissen.' Nur vor den Krankheiten und den bösen Leuten habe sie Sorge. Der Fetischdienst wurzele noch zu tief in dem Volke. Sodann führte Redner auS, daß auch in Indien und China die Mission leider ein schweres Stück Arbeit sei, indem sie dort aufs schwerste bekämpft werde und wenn auch ermutigende Erfahrungen seither nicht aus­geblieben seien, so werde doch die Geduld und Aus­dauer der Missionare auf eink harte Probe gestellt, die man ohne die Kraft des Evangeliums nicht be­stehen könnte. Redner schloß mit einem ergreifenden Gebete, in welchem er Gottes Hilfe für das Werk der Mission erflehte.

* In letzter Zeit sind die Bahnwärter mit einer Patronentasche ausgerüstet worden, welche an einem Leibriemen mit Schloß befestigt ist. Die Tasche ent­hält Patronen, welche der Bahnwärter, sobald er beim Revidieren einer Strecke eine schadhafte Stelle entdeckt, einige hundert Meter vor dieser an den Schienen zu befestigen hat. Die beim Ueberfahrcn der Patrone verursachte Explosion soll dem Führer des Zuges anzeigen, daß die Strecke langsam zu befahren ist.

*VomEnzbachthal, 19. Juli schreibt man dem N.- und E.-B.: Wie gemein die Not des Neben­menschen von gewissenlosen Händlern unter Umständen gegenwärtig ausgenützt wird, davon nachfolgend nur ein Beispiel. Ein Handelsmann kaufte vor einigen Wochen eine Kuh von der Witwe M. in E. für den ungemein niederen Preis von nur 23 Mk. Er führte sie unmittelbar auf den Bietigheimer Markt (6. Juli) und löste hier aus demselben Stück Vieh 63 Mk., so daß der Handel ihm 40 Mk. Reingewinn eintrug (stark 130 °/o). Damit hatte der edle Mann aber nicht ge­nug: dieser Tage brachte er der Frau, nachdem sich die Futterausficht gebessert hatte, eine Kalbel, die trächtig sein sollte, und wußte durch allerlei Ueber- redungSkünste den Kaufpreis aüf 160 Mk. festzusetzen. Nachdem sich als gewiß und sicher herausgestellt hat, daß es mit der vorgespiegelten Trächtigkeit rein nichts ist, hat sie an Vieh so viel oder so wenig als zuvor, aber an Geld 137 Mk. weniger, und das binnen 10 Tagen. Leider war der Kauf so abgeschlossen, daß er nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Es wäre doch sehr zu wünschen, daß hier das Wucher­gesetz Anwendung finden möchte!

* Oberndorf, 20. Juli. Nach ^monatlichem Aufenthalt in Konstantinopel, wo er, wie bekannt, eine Gewehrlieferung für die hiesige Fabrik erwirkt hat, ist heute nachm. Kommerzienrat Mauser wieder hierher zurückgekehrt. Zu Ehren der glücklichen Wieder­kehr hatten die Fabrikgebäude Flaggenschmuck ange­

legt; am Eingänge des FabrikhofeS war eine Ehren­pforte auS Tannenbäumen und Kränzen errichtet, die von mächtigen türkischen Fahnen flankiert war und auf der Eintrittsseite die Inschrift trug:Willkommen unferm treubesorgten Prinzipal." Die Stadt Obern­dorf hat alle Ursache, dem Manne, der für ihr Wohl­ergehen und gedeihliche Fortentwicklung so manches schon gethan, durch ihren freudigen Willkomm Dank­barkeit zum Ausdruck zu bringen.

* Stuttgart, 20. Juli. Se. Maj. der König hat dem Verein zur Hilfe in außerordentlichen Not­standsfällen auf dem Lande die Summe von 10000 Mk. aus Privatmitteln zur Linderung des durch den Futtermangel begründeten Notstands für den geeigneten Zeitpunkt der Verteilung zur Verfügung gestellt.

"Stuttgart, 22. Juli. Im großen Saale des Bürgermuseums wurde gestern die konstituierende Gen. Versammlung desSchwäbischen Handwerker­bundes" gehalten; trotz der Schwüle des Abends hatten sich etwa 180 Handwerker eingefunden. Die von Alb. Treiber entworfenen Satzungen wurden angenommen und ein Ausschuß von 15 Mitgliedern gewählt. Aus der Eröffnungsrede Treibers sei hervorgehoben, daß er mit allem Nachdruck betonte, der Handwerkerbund sei kein politischer Verein und müsse hieran festhalten, weil sonst der Keim der Zwietracht und der Auf lösung in den Bund getragen würde. Der Bund aller Handwerker sei nötig, damit die Angriffe auf daS Handwerk unmöglich gemacht werden können; die ein­zelnen Glieder des Mittelstandes müssen sich vereinigen und selbständig organisieren, um getrennt zu maschiren, aber vereint zu schlagen. Die politischen Parteien haben von dem 3gliedertgen Bunde des Mittelstandes, der Kaufleute, der Handwerker, der Bauern, weder etwas zu erwarten, noch zu befürchten. Sowohl die Regierungen, wie die politischen Parteien werden den Forderungen des Bundes Gehör schenken, wenn er erst stark genug sei. Redner erläuterte hierauf nament­lich die W 2, 3, 4 des Entwurfs zu den Satzungen, besonders die Einführung des Befähigungsnachweises, Ordnung und Hebung des Lehrlings- und Gesellen­wesens, Regelung des Submisstonswesens und der Gefängnisarbeit, Einführung einer progresfivenGewerbe- steuer, Errichtung selbständiger Handwerkerkammern. Ferner wurde besprochen die Errichtung von auf Realkredit beruhenden Handwerkerkassen und die Unter stützung der Bestrebungen der großen Handwerksver­bände in Norddeutschland und Bayern, die Verbindung mit dem württ. Schutzverein für Handel und Gewerbe zu einem Mittelstandsbunde und der Beitritt einer wirtschaftlichen Vereinigung der Landwirte in diesen Mittelstandsbund. Auf verschiedene Anfragen wurde die Antwort erteilt, daß der Befähigungsnachweis und die progressive Gewerbesteuer Forderungen seien, deren Verwirklichung jedes Mitglied bedingungslos anstreben müsse. Demnächst wird sich der Ausschuß konstituiren uns zuerst an die Frage der progressiven Gewerbe­steuer gehen.

* Von den in Württemberg existierenden 13 649 Branntweinbrennereien waren im letzten Be­triebsjahr (1. Oktober 1891 bis 1. Oktober 1892) 6637 im Betrieb, welche im ganzen 25 858 Hekto­liter reinen Alkohol produzierten, während die zum niedrigeren Verbrauchsabgabensatze zu versteuernde

Alkoholmenge für Württemberg auf 39495 Hektoliter festgesetzt war; im ganzen wurden hievon 1284793 Mk. Steuern erhoben. Bemerkt sei noch, daß der bekannte württembergische Schwarzwälder Kirschengetst unter allen deutschen nach der Zusammenstellung (mit 5570 °/y Gehalt) weitaus der gehaltreichste ist.

* Oehrin gen, 20. Juli. Der Fürstliche Hof­kellermeister Knoll. der älteste Mann Dehlingens, der vor wenigen Wochen sein 94ftes Lebensjahr an­getreten hat, bis vor kurzem stets gesund war und sich rühmte, nie einen Tropfen Bier getrunken zu haben, ist heute nacht um 1 Uhr sanft verschieden.

'Mergentheim, 20. Juli. Während sonst in Deutschland fast überall ein befriedigendes Erträg­nis der Weinberge in Aussicht zu stehen scheint, ist im Tauberthal kaum ein Viertelherbst zu erwarten. Schuld mag wohl sein, daß es zu viel alte und zu wenig junge Weinberge giebt; ecstere sind in den letz­ten kalten Wintern fast alle erfroren.

* Ulm, 21. Juli. Heute nacht sind gelegentlich der Entleerung einer Abortgrube in einem Hause der Ulmergasse, welche nicht mittels der EntleerungS- maschiue entleert werden kann, der hiezu konzessionierte Unternehmer Binzinger, ein Mann im Alter von 60 Jahren und Vater von 4 Kindern, und dessen ihm hiebei helfender Schwager, der 50 Jahre alte Dienst­mann Georg Eberhardt, Vater eines Kindes, der dem in der Grube befindlichen Binzinger zu Hilfe kommen wollte, infolge der sich entwickelnden Gase erstickt. Deren Leichname konnten heute früh, nachdem die Gase mittels einer Feuerspritze aus der Grube ge­pumpt waren, geborgen werden. Binzinger hatte wegen eines Schadens an seinem Bentilmotor versäumt, die ihm vom Gemeinderat zur Anwendung vorge­schriebene Maschine zu benützen, «sein Bruder kam vor 4 Jahren auf die gleiche Weise ums Leben.

* U ! m, 21. Juli. Gestern abend kam das Ur­teil in der Strafsache gegen den Güterhändler Adolf Steppacher von Ulm wegen Kapitalsteuerhinterziehung zur Verkündigung. Derselbe wurde hienach zu der Strafe von 17,182 Mk. 70 Pf. für den Staat und von 3579 Mk. 60 Pf. für die Korporation, zusammen 20,762 Mk. 30 Pf. verurteilt. Außerdem hat Step­pacher sämtliche Kosten des Verfahrens zu tragen. Von Rechts wegen!

* (Verschiedenes.) InMömlingen wurde der 20jährige I. Vogel ohne alle Veranlassung von einem vagierendeu Metzgerburschen überfallen und der­art mit dem Messer zugerichtet, daß der Tod alsbald eintrat. In Oßweil fiel ein Mhriger Knabe beim H-rabwerfen des Heues vom Scheuernbarn so unglücklich auf die Tenne herab, daß ihm die Hirn­schale zerschmettert wurde und er bald darauf eine Leiche war. In Ulm stürzte sich die Frau des Bremsers Frei in einem Anfall von Geistesstörung aus dem Bühnenladen auf die Straße und war als­bald eine Leiche. Am Mittwoch wurde das Wasser- versorgungswerk der aus den Gemeinden Oellingen, Nerenstetten, Wettin gen und Setzin gen bestehenden Albwasserversorgungsgruppe von dem tech­nischen Bauleiter, Baurat Ehmann, in Gang gesetzt und den betreffenden Gemeinden übergeben. Das Quellengebiet liegt auf der Markung Oellingen; von

Kompagnon Edward Barmore vermacht hatte, außer­dem ein nicht unbeträchtliches Kapital zum Geschäfts­betriebe ; der alte Schotte war gestorben, ohne nähere Verwandte zu hinterlassen. Edward war ihm wie ein eigener Sohn gewesen, obwohl er ihm dies bei seiner trockenen Natur nicht so gezeigt hatte. Aber seine Liebe und sein Vertrauen zu Edward war so roß gewesen, daß er ihm schon in den letzten Jahren ie Leitung des ungeheuren Geschäftes ganz allein überlassen hatte Er wußte es bei Edward in guten Händen Und er drückte in seinem Testament nur den Wunsch aus, es möge die Firma unter dem bis­herigen Namen fortgeführt werden.

So war Edward Barmore fünf Jahre nach seinem Eintritte als einfacher Korrespondent bei Mc. Pherson alleiniger Eigentümer des enormen Handels­hauses geworden. Sein Freund Antonio wollte nach wie vor seiner Abneigung gegen den Handelsstand nicht untreu werden er hatte es auch nicht nötig und er begnügte sich damit, in entsprechendem Maße am Reingewinn zu partizipieren.

Edward lebte ganz seinem Geschäfte. Es er­forderte auch seine ganze Kraft. Nur hin und wieder tauchte noch zuweilen das Bild Delias vor seinem inneren Auge auf. Ater er hatte resignieren gelernt und gab sie fast verloren. Was hätte er auch thun sollen, da alle Schritte zu ihrer Auffindung, alle Nachforschungen vergebens waren. So führte er mit um so größerem Eifer sein großes Geschäft weiter und prosperierte. Nie schien das Haus Mc. Pherson und Co. fester zu stehen, selbst damals nicht, da sein

Gründer mit Hinterlassung von Millionen das Zeit­liche gesegnet hatte.

Nirgends gibt es jedoch so gewaltige Schwank­ungen und Wandlungen, als in der Handelswelt. Was heute felsenfest, unzerstörbar geschienen, bröckelt in der folgenden Zeit langsam ab und zerfällt. Un­günstige Verhältnisse aller Art, plötzliche, unerwartete Schicksalsschläge, Katastrophen, Elementarereignisse, das Zusammenbrechen anderer Handelshäuser rc. ver­mögen ein blühendes Handelsunternehmen mit er­schreckender Raschheit an den Abgrund zu bringen, den millionenreichen Handels krösus im Nu zum Bett­ler zu machen, unbedeutende Existenzen in die Höhe za bringen, und wenn auch die Handelswelt bei den sich immer gleichbleibenden Bedürfnissen der übrigen Welt ungemindert und ungeschwächt bestehen bleibt, die Individuen, die einzelnen Handelshäuser sind dem Wandel aller Dinge unterworfen und müssen sich dem beständigen Wechsel fügen, und dies mußte auch der Inhaber der alten, soliden, anscheinend so festgegründeten FirmaMc. Pherson und Co." er­fahren.

Im ersten Jahre nach dem Tode des alten Schotten waren seinem Nachfolger Barmore mehrere große Operationen geglückt, der Gewinn war bedeutend gewesen und es schien, als wollte der junge Nachfolger den alten ruhigen Vorgänger noch stark verdunkeln. Dann trat der plötzliche Wechsel ein.

Die weitaus bedeutendsten Kunden des Handels­hauses waren die Kaffeepflanzer eines großen Teiles Brasiliens und der benachbarten Republiken. Diese

machten große Einkäufe an Landwirtschafts-Maschinen und Industrie-Erzeugnissen auf den üblichen Jahres­kredit und tilgten ihre Schuld zum größten Teile durch die Kaffeeernte. Da zeigten plötzlich die Kaffeesträucher gewisse Abnormitäten, die Blüten fielen karger als sonst aus und waren mit früher nie wahrgenommenen Eigenheiten behaftet. Naturforscher u. dergl. stellten genaue Untersuchungen des Kaffeestrauches an und bald waren die Tages- und Fachblätter von der Kunde der geheimnisvollen Krankheit erfüllt, welche die Kaffeepflanze Brasiliens ergriffen hatte. Selbst­verständlich thaten die Kaffeepflanzer und die damit gleichfalls gefährdeten brasilianischen Exporteure ihr möglichstes, um diese Fatalität nach Gebühr als nicht bestehend htnzustellen, diegeheimnisvolle Krankheit" der Kaffeepflanze wurde geleugnet, ihre gelehrten Ent­decker verlacht und bekämpft, andere Gelehrte traten auf, stellten eingehende Untersuchungen an und wußte n von keiner Abnormität zu berichten; in den Zeitung n entspann sich ein Krieg um den Kaffeestrauch und seinen Zustand und die Beweise für und gegen wurden mit einer Heftigkeit und Erbitterung ins Treffen ge­führt, wie es nur bei so einschneidenden Interessen an Geld und Gut der davon betroffenen Kreise und Schichten der Einwohner Brasiliens möglich fein konnte. (Fortsetzung folgt.)

(Lesefrucht.) Schweig nur und leid, es kommt die Zeit, daß dies dein Leid, wird werden Freud'.

Auflösung dcs Logogryphs in Nr. 85: Flachs, Lachs."