* Stuttgart, 5. Juli. (Notstandskommisston.) Gestern fand unter Vorsttz des Präsidenten der Zentralstelle für die Landwirtschaft, Frhrn. v. Ow, wieder eine Sitzung der engeren Kommission für den Notstand statt. Der Vorsitzende machte Mitteilung über die angekauften, bezw. zur Verfügung gestellten Futtermittel, Sämereien und Düngmittel. Von dem Ankauf von Heu wurde Abstand genommen, weil zu den bestehenden gegenwärtigen Preisen kein Absatz möglich war. Die übrigen Futtervorräte, welche angekauft wurden, repräsentieren zusammen den Wert von 423,000 Mk. inkl. Saatgut. Von 400 Wagenladungen angekauftem Mais sind nur noch 48 Wagenladungen vorrätig; alles andere verkauft. Es hat deshalb die Kommission gestern beschlossen, weitere 152 Wagenladungen anzuschaffen. Von den übrigen Futtermitteln übersteigen die Bestellungen zum Teil den Vorrat, dagegen sind Mohn- und Baumkuchen noch bedeutend vorrätig. Das verfügbar gewesene Saatgut ist bis auf weniges verkauft, besonders Sommerwicken, wovon 3000 Zentner abgesetzt sind. Nachfrage nach Torfstreu ist sehr groß. 4200 Ztr. sind verlangt. Es war die Kommission noch nicht in der Lage, Ankäufe zu machen, da es an Angebot mangelt. Es wurde deshalb mit dem Schuffenrieder Torflager der Versuch gemacht, im Spätsommer und Herbst von dort ein großes Quantum Torfstreu zu beschaffen, wozu eine besondere Maschine angeschafft werden soll. Die Notstandskommission hat bei Oberförster Frank in Schufsenried sämtliche Torfstreu, die in den nächsten Monaten zu haben sein wird, fest bestellt. Auf die frühere Bitte der Kommission an die Eisenbahnverwaltung, es möchten die Entladungsfristen verlängert, bezw. unentgeldliche Lagerplätze in Güterschuppen gewährt werden, ist die Antwort erfolgt, daß man das thunlichste Entgegenkommen angeordnet habe.
* (Futternot.) Der „Verein zur Hilfe in außer - ordentlichen Notstandsfällen auf dem Lande" hat gestern wieder eine Sitzung seiner Unterstützungskommisston gehalten, in der zahlreiche dringende Bittgesuche für den Notstand auf dem Lande Vorlagen, so daß die dieswöchentlichen Verwilligungen die Höhe von 6808 Mk. erreichten. Der Verein freute sich, diese Summe zur Verfügung zu haben, hofft aber umsomehr auf einen schönen Fortgang der Sammlung, auf ein reiches Fortflteßen der Gaben, da nach übereinstimmenden Berichten seine Inanspruchnahme hauptsächlich vom Herbst bis Frühjahr nächsten Jahres statlftnden wird, so daß er in der Lage sein sollte, bis dahin einen entsprechenden Betrag aufzusammeln.
* Eßlingen, 5. Juni. Ein Gang durch unsere Weinberge erhebt von den Sorgen und der Kümmernis, die unsere ausgedorrten Fluren uns schon brachten, das Herz zu neuem Hoffen und zu neuer Freude. In den Lagen, in denen die Reben im Winter bedeckt waren, .sind die Traubenansätze so reichlich, gesund und weit vorangeschritten, daß bei gnädiger Bewahrung ein schöner Herbst nicht ausbleiben kann. Am allerschönsten stehts im Uhlbacher Thalkeffel. Dort gibts Rebengelände mit solch außerordentlich vielen Trauben, daß auch ältere Weingärtner sich ähnlicher Menge nicht erinnern. Auch die höheren Lagen der Neckarhalde -und Mettinger Berge stehen schön und
gesund, ebenso die Hänge im Hainbachthal von Kenneu- burg bis Oberthal. Dazu giebts auf den Höhen, da und dort auch im Thale, sehr viel Stein- und Kernobst. So darf, wenn Gott den in Aussicht stehenden Segen einheimsen läßt, mancher Mann auf eine schöne Einnahme hoffen, womit er andere Ausfälle, die ihm auf der Flur leider nicht erspart blieben, einigermaßen decken kann.
* Zuffenhausen, 4. Juli. Die Diphtheritis grassiert hier seit einigen Wochen und hat fchon verschiedene Opfer unter der Jugend dahingerafft; auch junge Leute über 14 Jahren unterlagen der bösartigen Krankheit. Auf sanitätspolizeiliche Anordnung wurden die Schulen geschlossen.
* Marbach, 2. Juli. Heute mittag hielt hier im Gasthaus z. Adler eine Abteilung der Heilsarmee eine Versammlung ab und zogen die sonderbaren Gesänge und Gebetsauslassungen dieser Sekte viele Neugierige an. Trotz der harten Seelenkämpfe der männlichen und weiblichen Reltgionssoldaten wurden keine namhaften Eroberungen gemacht, da bei uns kein Boden für derartige religiösen Ausschreitungen vorhanden ist.
* Hetlbronn, 4. Juli. Da in letzter Zeit hier 2 Kinder sich dadurch lebensgefährliche Verletzungen zugezogen, daß sie die Treppengeländer hinabrutschten, so wurden hier in allen Schulhäusern auf den Geländern Messingknöpfe angebracht, welche diesen Unfug verhindern.
* Ulm, 4. Juli. Heute beginnt vor der hiesigen Strafkammer die Verhandlung gegen den Güterhändler Adolf Schepacher von hier wegen Kapitalsteuerdefraudation. Derselbe ist vom Steuerkollegium zu 28 600 Mk. Geldstrafe verurteilt worden und hat htegegen Berufung an die Strafkammer erhoben. Die Verhandlung findet im Schwurgerichtsfaale statt, wozu über 30 Zeugen geladen sind, und dauert 4 Tage.
* (Verschiedenes.) Bei einem am Mittwoch in Waldenbuch stattgehabten Gewitter schlug der Blitz in den Kirchturm ein, warf das ca. 3 Meter hohe steinerne Kreuz, auf welchem sich eine Wetterfahne befindet, herab und schleuderte eine Anzahl Dachplatten auf den Boden. Glücklicherweise ist der Schaden kein zu großer. — In Lustnau fiel der ledige H. Kull beim Laden eines Heuwagens von demselben herab und brach das Genick. Der Tod trat fofort ein. — In Reutlingen ist der bei dem am Mittwoch stattgehabten Brandunglück so schwer verletzte Kaufmannslehrling Sulzer gestorben. — In Bietigheim stürzte ein Zjähriges Knäblein aus der im 2. Stock gelegenen Wohnung zum Fenster heraus, wobei es den Hinterschädel derart verletzte, daß es tags darauf starb, ohne wieder zum Bewußtsein gekommen zu sein. — In Ober-Riexingen bei Vaihingen ist in den letzten Monaten eine Masern- eptdemie sehr bösartig aufgetreten und hat neben zahlreichen Opfern aus der Kinderwelt auch das 6. und letzte Kind eines Schmieds gefordert. Ebendaselbst wurde der Farrenhalter Schäle, einer der beliebtesten und geachtetsten Bürger, vom Farren im Stall erfaßt und so schwer verletzt, daß er nach 3tägtgen großen Schmerzen starb. Schäle hinterläßt eine Witwe mit 10 Kindern. — In der Pianofabrik in Hetlbronn ereignete sich ein bedauerlicher Unglücksfall. Ein
„wir wollen darüber beraten, wie er am besten verwirklicht werden kann. Wollen Sie dort wohnen bleiben, wo Sie jetzt ihre Heimat haben, so muß ich versuchen, ob ich mich nicht dahin versetzen lassen kann —"
„Das wäre mit zu großen Schwierigkeiten und mancherlei Unannehmlichkeiten für Sie verknüpft," erwiderte Hallstädt kopfschüttelnd; „ich kann wohnen, wo ich will und bei meinem Kinde finde ich überall eine Heimat. Wir können's ja später noch beraten, einige Tage bleiben wir wohl beisammen, da finden wir also Zeit genug, über dies und anderes zu reden. Und nun kommen Sie, Theodore erwartet Sie, sie wünschte nur einige Minuten allein zu bleiben, um sich ganz in das Glück hineinzufinden, das so unerwartet sie betroffen hat."
Arm in Nun schritten die beiden Herren hinaus; wer ihnen in die leuchtenden Augen schaute, der konnte sie beneiden um das Glück, das rein und ungetrübt in ihnen sich spiegelte.
Am andern Morgen nach diesem Abend brachte der Portier des Schweizerhofes in gewohnter Weise den Gästen die mit der Post eingetroffenen Briefe.
Varnay hatte sich nach dem Frühstück in sein Zimmer zurückgezogen, um einige Anfragen seines Stellvertreters zu beantworten; er wollte hier die Rückkehr des Freundes erwarten, um mit ihm über die Heimreise zu beraten.
Gustavs Mission war beendet, sobald die Nachrichten des Versicherungs-Agenten eintrafen; die Sehnsucht nach der Geliebten zog ihn zur Heimat zurück.
Was sollte er hier noch? Der Prozeß gegen
Elisabeth und ihren Bruder ging auch ohne ihn seinen gewohnten Gang, das Ende desselben konnte er ohnehin nicht abwarten.
Das Schiff von Brunnen mußte gleich eintreffen, Gustav wollte seine Arbeit beeilen, um bei der Ankunft des Freundes zur Verfügung zu stehen.
In dieser Arbeit wurde er durch den Eintritt des Portiers gestört: hastig öffnete er den Brief, den der Eintretende ihm überreichte.
Das Schreiben enthielt die sehnlichst erwarteten Nachrichten.
Machen Sie sich darauf gefaßt, Kenntnis von einem Schurkenstreich zu erhalten, wie er wohl selten vorgekommen ist" schrieb der Agent. „Ich hätte Ihnen telegraphiert, aber da ich nicht wissen kann, in welchen Beziehungen die Gauner dort zu den Telegraphenbeamten stehen, so zog ich vor, es zu unterlassen; Sie erhalten dadurch die Nachrichten einige Stunden später, aber um so ausführlicher.
„Die Staatsanwaltschaft trug anfangs einige Bedenken, meinem Anträge Folge zu geben, aber auf Grund Ihres Briefes wurde die Oeffnung des Grabes beschlossen.
„Und nun raten Sie, was wir gefunden haben! Einen mit Sand gefüllten Sack, einen ganz entsetzlich bemalten Haubenkopf, mit Blut befleckt und mir einem falschen Bart und dito Perrücke bekleidet, ferner die Ueberreste der Eingeweide irgend eines Vierfüßlers. Sie sehen, alles war schlau berechnet; die Verwesung der Eingeweide berechtigte zur sofortigen Schließung des Sarges und zur raschen Beerdigung; wer durch
Schreiner erhielt durch ein Brett, das er an der Zirkular- säge bearbeitete, einen Stoß gegen den Unterleib, so daß das Bauchfell verletzt wurde. Der Verletzte mußte in das Spital verbracht werden, wo er bald darauf gestorben ist. — In der Gegend von Reutlingen ging am Mittwoch ein furchtbares Gewitter nieder, das über 2 Stunden anhielt und leider auch starken Hagel brachte. Welcher Schaden angerichtet worden, läßt sich noch nicht genau feftstellen.
* Mannheim, 4. Juli. Auf einem von Antwerpen gekommenen Schiff sind die schwarzen Pocken ausgebrochen. Das Schiff liegt auf dem offenen Rhein bei Coblenz.
* Die im verflossenen Jahre wegen der Cholera ausgefallene 65. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Asrzte findet unter Beibehaltung des Vorjahr. Organisationsplanes in der Zeit vom 11. bis 15. September in Nürnberg statt.
* Berlin, 5. Juli. Der Antrag auf Aufhebung des JesuttengesetzeS ist im Reichstag- vom Zentrum bereits wieder eingebracht.
* Die Unsumme von Stichwahlen, die die letzte Reichstagswahl gebracht, scheint von der Zahl der Wahlproteste noch übertroffen werden zu sollen. Die Wahlprüfungskommission des Reichstags, der es ohnehin schon an Arbeitsstoff nicht fehlt, muß sich diesmal auf eine besonders große Arbeit gefaßt machen. Bereits sind eine lange Reihe von Wahlprotesten angekündigt und die geringen Mehrheiten, mit denen in zahlreichen Fällen die Kandidaten den Sieg errungen haben — es sind sogar Mehrheiten von 3 Stimmen vorhanden — fordern geradezu zum Widerspruch heraus.
* Nach dem Ergebnis des diesjährigen Musterungsgeschäfts beläuft fich, der ,Mil. Pol. Korr/ zufolge, die Zahl der wirklich diensttauglichen zur Einstellung in den aktiven Dienst vorgemusterten Mannschaften um 90000 bis 100000 Mann höher, als der gesamte Rekrutenbedarf.
* Berlin, 5. Juli. Ein Sohn des kaiserlichen Wtldmeisters Weber in Potsdam, dessen Tochter unlängst in Athen durch Sturz vom Panthenon Selbstmord verübte, erschoß sich in dem elterlichen Garten mit demselben Gewehr, mit dem sich vor einigen Jahren sein älterer Bruder, welcher gleich ihm Soldat war, tötete. Die Familie verliert damit das vierte Kind durch Selbstmord.
* Berlin, 5. Juli. Die Kosten der neuen Militärvorlage sind zunächst bei den fortdauernden Ausgaben 44 300 000 Mk. (gegen 56000000 Mk. der ursprünglichen Vorlage) und an einmaligen Ausgaben 48 050 000 Mk. (gegen 61800 000 Mk.)
* Berlin, 5. Juli. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Nachdem ein Einverständnis mit der spanischen Regierung über die Verlängerung des handelspolitischen Provisoriums nicht erzielt wurde, unterliegen spanische Produkte seit 1. Juli bei der Einfuhr nach Deutschland dem deutschen Generaltarif. Die Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsvertrags-Provisoriums dauern fort.
' Der Reichstagsabgeordnete Ahlwardt sprach dieser Tage vor etwa 400 Zuhörern in einer vom deutschen Antisemitenbunde etnberufenen Versammlung in den Konkordiasälen zu Berlin über das Thema: „Phari-
den kleinen Schieber noch einen Blick auf die Leiche werfen wollte, der sah ein verzerrtes, blutiges Gesicht, und daran, den Sarg wieder öffnen zu lassen, dachte unter solchen Umständen voraussichtlich niemand. (Fortsetzung folgt.)
Juli.
Wie prangt das Gold der Früchte,
Des Sommers Feierkleid,
Und in dem Strahlenlichte Der Sonne Herrlichkeit!
Schon reift der Volker Segen,
Und jede Hoffnung glüht;
Schon winkt uns Frucht entgegen,
Von Bäumen, kaum verblüht.
Schon winkt dem muntren Schnitter Der Aehre Segen zu;
Doch ach! ein Ungewitter Stört unsrer Hoffnung Ruh'.
Der Donner rollr! es bebet Die schwache Kreatur;
Zagt nicht, auch dies belebet Den Segen unserer Flur.
Die Blume stand in Trauer,
Nun haucht sie stärkern Dust:
Der Himmel färbt sich blauer,
Und reiner wird die Lust.
Thal, Hügel, Feld und Wiese Preist laut nun Gottes Ruhm;
Ec schuf zum Paradiese Verwelkte Fluren um.
Aenkspruch.
Juwelen sprechen oft mit stummer Kunst,
Gewinnen mehr als Wort des WeibeS Gunst.